LVwG-150236/2/MK/WP

Linz, 23.02.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde der L P, vertreten durch Dr. B Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Stadtsenats der Landeshauptstadt Linz vom 15. April 2014, GZ. PPO-RM-Bau-140003-04 (0001856/2014 PPO/RM), betreffend Zurückweisung eines Baubewilligungsantrages wegen entschiedener Sache

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Verfahrensgang, Sachverhalt:

 

1. Mit Ansuchen vom 11. Juli 2012, beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: Magistrat) am 12. Juli 2012 eingelangt, beantragte die nunmehrige Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) die Baubewilligung für die „Revitalisierung des Turmes X ‚C‘“ am Standort K, Grundstücksnummer x. Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Grundstücks ist der D.

 

2. Mit Bescheid des Magistrats vom 28. November 2012, GZ 0032402/2012 ABA Nord 501/N120126, wurde der Baubewilligungsantrag der Bf wegen Widerspruchs zur Neuplanungsgebietsverordnung bzw wegen Widerspruchs zum Flächenwidmungsplan (bezüglich der Übergangsbauwerke), abgewiesen. Der  Verfahrensgegenstand wurde wie folgt umschrieben:

 

Nach den dem Antrag angeschlossenen Bauplänen und den am 30.08.2012 vorgelegten Änderungsplänen sollen in den 3 oberirdischen Geschossen des Turmgebäudes 13 Wohnungen eingebaut werden. Im Kellergeschoss des Gebäudes ist die Errichtung von 13 PKW-Stellplätzen, eines Abstellraumes für Fahrräder, eines Wasch- und Trockenraumes, eines Müllraumes, eines Heizungsraumes sowie von 13 Kellerräumen geplant. Nach den am 30.08.2012 vorgelegten Änderungsplänen soll der Zugang zum Turmgebäude über zwei in baulicher Verbindung mit diesem stehenden Übergangsbauwerken in Form einer beidseitig von Mauern eingefassten Erdanschüttung erfolgen. Im Flächenwidmungsplan Linz – Teil Urfahr Nr. x sind die Flächen, auf denen diese Bauwerke zuliegen kommen, als ‚Grünland – Grünzug‘ ausgewiesen“.

 

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2012, beim Magistrat am 14. Dezember 2012 eingelangt, Berufung an den Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde). Begründend führte die Bf darin aus, das Projekt sei hinsichtlich des Zugangs zum Gebäude insofern verändert worden, als nun an die Stelle der „Brücken“ eine Erdanschüttung zwischen zwei Stützmauern trat, weshalb ein Widerspruch zum Flächenwidmungsplan nicht (mehr) gegeben sei. Hinsichtlich des Widerspruchs zur Neuplanungsgebietsverordnung brachte die Bf vor, diese sei gesetz- und verfassungswidrig. Da sich der Bescheid auf diese Verordnung stütze, sei er bereits deshalb gesetzwidrig.

 

4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. Jänner 2013, GZ. PPO-RM-Bau-120085-04 (0052498/2012-PPO/RM), wurde die Berufung der Bf als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid „dahingehend abgeändert, dass in dessen Spruchabschnitt I. die Wortfolge ‚und in der Errichtung von zwei Übergangsbauwerken‘ entfällt“. Der Verfahrensgegenstand wurde wie folgt umschrieben:

 

Nach dem Einreichplan sollen in den erwähnten historischen Befestigungsturm der ‚M. Turmlinie‘ insgesamt 13 Wohnungen eingebaut werden, die sich als Maisonettewohnungen auf das Erdgeschoß (Wohnstock), 1. Obergeschoß (Schartenstock) und 2. Obergeschoß erstrecken. Im Kellergeschoß (Magazinstock) ist eine Garage mit 13 PKW-Stellplätzen sowie Nebenräume (Kellerabteile, Fahrradabstellraum usw.) vorgesehen.

Im Bauplan sind weiters zwei Zugänge vom umliegenden Gelände in das 1. Obergeschoß und das 2. Obergeschoß dargestellt, wobei diese Zugänge aus Erdaufschüttungen bestehen, die von jeweils zwei in einem Abstand von 1,30 m parallel laufenden Stahlbetonmauern abgestützt werden“.

 

Zu den raumplanungsrechtlichen (Flächenwidmung) Vorschriften führte die belangte Behörde aus:

 

2. Der im fraglichen Bereich seit 11.06.2003 rechtswirksame Flächenwidmungsplan Linz-Teil Urfahr Nr. x (kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Linz Nr. 11/2003), widmet das Grundstück .x, KG U, auf dem sich der verfahrensgegenständliche Turm befindet, als ‚Sondergebiet des Baulandes – Lagerfestung Linz Turm X mit Wohn- und Kulturnutzung‘. Die an den Turm angrenzenden Flächen sind als ‚Grünland – Grünzug‘ gewidmet.

 

3. Am 02.10.2012 trat die vom Gemeinderat am 13.09.2012 beschlossene und im Amtsblatt der Stadt Linz Nr. x vom 01.10.2012 kundgemachte Verordnung betreffend das Neuplanungsgebiet Nr. x zum Flächenwidmungsplan Linz-Teil Urfahr Nr. x ‚K – Turm XX‘ in Kraft.

Der dieser Neuplanungsgebietsverordnung zugrunde liegende Flächenwidmungsplanentwurf sieht bei der Parzelle .x, KG U, eine Änderung von Sondergebiet des Baulandes ‚Lagerfestung Linz Turm X mit Wohn- und Kulturnutzung‘ in Sondergebiet des Baulandes ‚Lagerfestung mit Turm X mit Kulturnutzung, Wohnanteil 0%‘ vor“.

 

5. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf mit Schriftsatz vom 21. Jänner 2013, beim Magistrat am 23. Jänner 2013 eingelangt, Vorstellung an die Oö. Landesregierung. Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 26. Februar 2013 wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen.

 

6. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf mit Schriftsatz vom 11. April 2013 Bescheidbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof wegen Anwendung der gesetzwidrigen Neuplanungsverordnung „K– Turm X“ des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 13. September 2012, rechtswirksam seit 2. Oktober 2012. Mit Beschluss vom 6. Juni 2013 lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde mit der Begründung ab, „[d]ie gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung eines einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen. Die Sache ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen“.

 

7. Mit Beschluss vom 25. Juli 2013 trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde über nachträglichen Antrag der Bf dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Mit Beschluss vom 28. Oktober 2013 stellte der Verwaltungsgerichtshof das durch den nachträglichen Abtretungsantrag eingeleitete Verfahren ein, da der Abtretungsantrag zurückgezogen worden sei.

 

8. Mit Ansuchen vom 8. Oktober 2013, beim Magistrat am selben Tag eingelangt, beantragte die Bf wiederum die Baubewilligung für die „Revitalisierung des Turmes X ‚C‘“ am Standort K, z, KG U, EZ x, Grundstücksnummer .x. Den Projektunterlagen angeschlossen waren eine Baubeschreibung vom 19. August 2013 und Einreichpläne vom 2. Mai 2012 bzw 16. August 2012 (Änderung).

 

9. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Magistrats vom 10. Dezember 2013, GZ. 0049102/2013 ABA Nord, wegen Widerspruches zu zwingenden Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes Linz Nr. x abgewiesen.

 

10. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf durch ihre rechtsfreundlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2013, bei der belangten Behörde am 2. Jänner 2014 eingelangt, Berufung. Begründend brachte die Bf vor, der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Flächenwidmungsplan sei gesetz- und verfassungswidrig und diene die Berufung (lediglich) der Eröffnung des Rechtsweges zum Verfassungsgerichtshof.

 

11. Mit dem – nunmehr in Beschwerde gezogenen – Bescheid der belangten Behörde vom 15. April 2014, GZ. PPO-RM-Bau-140003/04 (001856/2014 PPO/RM), wurde der erstinstanzliche Bescheid des Magistrats behoben (Spruchpunkt I.) und der verfahrenseinleitende Baubewilligungsantrag vom 8. Oktober 2013 (Eingangsdatum) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Den Verfahrensgegenstand umschrieb die belangte Behörde wie folgt:

 

Mit Eingabe vom 08.10.2013 (Eingangsdatum) stellte die Berufungswerberin bei der Baubehörde erster Instanz neuerlich einen Baubewilligungsantrag, wobei das eingereichte Projekt fast vollständig mit jenem Vorhaben ident ist, welches dem Verfahren zur GZ 501/N120126 zu Grunde lag (siehe oben Pkt. 1.1). Auch nunmehr sollen im Befestigungsturm 13 Maisonett-Wohnungen und eine Garage mit 13 PKW-Stellplätzen zur Ausführung gelangen“.

 

Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensgangs führt die belangte Behörde begründend aus:

 

1. Der Abspruch über einen Baubewilligungsantrag in Form einer meritorischen Entscheidung – etwa durch Abweisung des Antrages nach § 30 Abs 6 Oö. BauO 1994 – ist nur dann zulässig, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über die Baubewilligungsantrag (in letzter Instanz) keine ‚entschiedene Sache‘ im Sinne des § 68 Abs 1 AVG gegeben ist.

 

1.1. Identität der Sache als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 AVG ist nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, welcher dem formell rechtskräftigen Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat (VwGH 26.02.2004, 2004/07/0014; 27.06.2006, 2005/06/0358; 21.02.2007, 2006/06/0085). Bei der Beurteilung der ‚Identität der Sache‘ ist in primär rechtlicher (und nicht etwa in rein technischer oder mathematischer [VwGH 26.02.1974, 500/72; 09.07.1992, 92/06/0062; 27.06.2006, 2005/06/0358]) Betrachtungsweise festzustellen, ob in den entscheidungsrelevanten Fakten eine wesentliche Änderung eingetreten ist (VwGH 22.11.2004; 2001/10/0035; 21.06.2007, 2006/10/0093). Maßgeblich für die Entscheidung der Behörde ist dabei nicht nur § 68 Abs 1 AVG und für die Berufungsbehörde im Hinblick auf ihre Entscheidungskompetenz § 66 Abs 4 AVG. Vielmehr hat die Behörde die Identität der Sache im Vergleich mit dem im Vorbescheid angenommenen Sachverhalt im Lichte der darauf angewendeten (insbesondere materiellrechtlichen) Rechtsvorschriften zu beurteilen und sich damit auseinander zu setzen, ob sich an diesem Sachverhalt oder seiner ‚rechtlichen Beurteilung‘ (an der Rechtslage) im Zeitpunkt ihrer Entscheidung über den neuen Antrag eine wesentliche Änderung ergeben hat (VwGH 31.03.2005, 2003/20/0536; vgl auch VwGH 23.05.1995, 94/04/0081; 07.05.1997, 95/09/0203).

 

Wesentlich ist eine Änderung des Sachverhalts nur dann, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde lagen, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwGH 28.01.2003, 2002/18/0295; 05.07.2005, 2005/21/0093; 25.04.2007, 2004/20/0100) und daher die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides zumindest möglich ist (vgl. VwGH 03.11.2004, 2004/18/0215; 05.07.2005, 2005/21/0093; 12.09.2006, 2003/03/0279). Die Behörde hat eine Prognose zu erstellen, ob die geänderten Umstände geeignet sein könnten, zu einer neuen rechtlichen Beurteilung zu führen. Zu beurteilen ist die Wesentlichkeit einer Sachverhaltsänderung dabei nach der Wertung, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen rechtskräftigen Entscheidung erfahren hat (VwGH 18.05.2004, 2001/06/0038; 25.04.2006, 2006/06/0038; 21.06.2007, 2006/10/0093). Eine Modifizierung der Sachlage (VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391; 30.06.2005, 2005/18/0197), die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (VwGH 22.11.2004, 2001/10/0035; vgl. auch VwGH 07.08.2002, 2002/08/0120; 25.04.2007, 2004/20/0100).

 

1.2.  Identität der Rechtslage als Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 68 Abs 1 AVG liegt vor, wenn seit der Erlassung des formell rechtskräftigen Bescheides, dessen Abänderung begehrt wird, in den die Entscheidung tragenden Normen, in der Rechtslage, auf welche die Behörde den Bescheid gestützt hat (VwGH 29.11.1988, 87/12/0004; 25.04.2003, 2000/12/0055), keine wesentliche, dh die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides ermöglichende oder gebietende Modifikation eingetreten ist (VwGH 18.05.2004, 2001/05/1152; 12.09.2006, 2003/03/0279; 21.06.2007, 2006/10/0093). Dementsprechend stellt eine bloße Neuerlassung der gleichen Norm mit unverändertem Inhalt keine maßgebende Änderung der Rechtslage dar (vgl. VwGH 05.10.1993, 93/11/0130; 14.12.1994, 94/03/0067). Die Behörde hat von dem im Vorbescheid angenommenen Sachverhalt im Lichte der darauf angewendeten Rechtsvorschriften auszugehen und zu beurteilen, ob dieser Sachverhalt nach der neuen Rechtslage zu einem anderen Ergebnis in der Sache (VwSlg 10.285 A/1980; VwGH 15.06.1988, 88/01/0056), zu einem anderen Norminhalt des Bescheides, führen würde (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 68 Rz 32). Von einer geänderten Rechtslage kann nur dann gesprochen werden, wenn sich die Vorschriften, die tragend für die Entscheidung waren, nachträglich so geändert haben, dass sie, wären sie schon vorher existent gewesen, eine andere Entscheidung aufgetragen oder ermöglicht hätten (vgl. VwGH 30.10.1991, 91/09/0069; 29.06.1998, 98/10/0100; 22.02.2006, 2006/17/0015).

 

2. Über das im Verfahren GZ 501/N120126 mit Bauantrag vom 12.07.2012 eingereichte Projekt wurde mit dem im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 10.01.2013 dahingehend entschieden, dass der Baubewilligungsantrag wegen Widerspruchs zur Neuplanungsgebietsverordnung Nr. x zum Flächenwidmungsplan Linz-Teil Urfahr Nr. x ‚K - Turm X‘ abgewiesen wurde. Tragend für die Abweisung des eine Wohnnutzung vorsehenden Bauprojektes war, dass die in der Neuplanungsgebietsverordnung als Planungsabsicht normierte Widmungsfestlegung einen vollständigen Ausschluss einer Wohnnutzung vorgesehen hat.

Die Rechtskraft des letztinstanzlichen Gemeindebescheides vom 10.01.2013 ist – ungeachtet der dagegen (nach der Rechtslage vor Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012) bis 31.12.2013 nach Art. 119a Abs. 5 B-VG möglichen Vorstellung – unmittelbar mit seiner Zustellung eingetreten (vgl. VwGH 17.05.1991, 90/06/0092; 09.11.2004, 2004/05/0013; vgl. auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 9).

 

Der für den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10.12.2013 präjudizielle Flächenwidmungsplan Linz Nr. x hat im fraglichen Bereich die in der vorangegangenen Neuplanungsgebietsverordnung als Planungsabsicht zum Ausdruck gebrachte Festlegung des vollständigen Ausschlusses einer Wohnnutzung vollinhaltlich übernommen. Zwischen dem ‚Vorbescheid‘ vom 10.01.2013 und dem nunmehr angefochtenen ‚Nachbescheid‘ vom 10.12.2013 hat sich somit die – gemäß § 30 Abs 6 Z 1 Oö. BauO 1994 den Prüfungsmaßstab für die Entscheidung über den Baubewilligungsantrag bildende – Rechtslage lediglich in ‚formaler‘ Hinsicht in der Weise geändert, dass die Neuplanungsgebietsverordnung im Lichte des § 45 Abs 4 Oö. BauO 1994 durch den Flächenwidmungsplan ersetzt wurde, in materieller Hinsicht ist jedoch zwischen Neuplanungsgebietsverordnung und Flächenwidmungsplan in Bezug auf den tragendenden Abweisungsgrund des Vorbescheides und dem Abweisungsgrund des nunmehr angefochtenen Bescheides von einer vollständigen Identität der Rechtslage auszugehen.

 

Da im Vergleich zum rechtskräftig abgewiesenen Bauvorhaben auch keine den Abweisungsgrund beseitigende Projektsänderung (Sachverhaltsänderung) vorgenommen wurde – etwa in der Weise, dass das Einreichprojekt keine Wohnnutzung mehr vorsieht –, lag im Zeitpunkt der erstbehördlichen Entscheidung vom 10.12.2013 eine ‚entschiedene Sache‘ vor. Die Erstbehörde war daher nicht berechtigt, über den verfahrenseinleitenden Baubewilligungsantrag meritorisch abzusprechen, sondern hätte diesen Antrag nach § 68 Abs 1 AVG ‚a limine‘ zurückweisen müssen.

 

3. Nach § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde – von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen – immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den erstinstanzlichen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Daraus folgt, dass die Berufungsbehörde, wenn der meritorischen Entscheidung der Vorinstanz ein Antrag der Partei zugrunde lag, über diesen Antrag – gegebenenfalls auch durch dessen Zurückweisung – abzusprechen hat (vgl. VwGH 23.11.2010, 2008/11/0065). Nur dann, wenn die Verwaltungsbehörde erster Instanz aus Formalgründen einen Antrag zurückgewiesen hat, darf die Berufungsbehörde keine Sachentscheidung treffen, weil damit in der Sachfrage der Partei eine Instanz genommen wäre. Umgekehrt hat aber die Behörde erster Instanz, wenn sie eine Sachentscheidung getroffen hat, bereits alle Prozessvoraussetzungen geprüft und somit auch darüber, also etwa auch über die Frage, ob entschiedene Sache vorliege, befunden. Daher kann die zweite Instanz in dieser Frage ihre Auffassung an die Stelle jener der ersten Instanz setzen (vgl. VwGH 28.06.1994, 92/05/0063).

 

Dieser Bescheid wurde der Bf zuhanden ihrer rechtsfreundlichen Vertreter am 17. April 2014 zugestellt.

 

12. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf durch ihre rechtsfreundlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 15. Mai 2014, bei der belangten Behörde am 16. Mai 2014 eingelangt, Bescheidbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht Ober­österreich. Nach Wiedergabe des – unbestritten gebliebenen – Sachverhalts und Verfahrensgangs bringt die Bf auf das Wesentliche zusammengefasst vor: 1) Einem inhaltlichen Abspruch über den (neuerlichen) Baubewilligungsantrag stehe die Rechtskraft des Vorbescheides nicht entgegen, da sowohl eine Änderung hinsichtlich des Sachverhalts sowie eine Änderung der Rechtslage eingetreten sei. An die Stelle der Neuplanungsgebietsverordnung sei nämlich nunmehr der Flächenwidmungsplan Nr. x getreten. Bei diesen beiden Verordnungen handle es sich um „vollkommen selbständige Rechtsvorschriften“. 2) Der in Beschwerde gezogene Bescheid sei nicht ordnungsgemäß gezeichnet, da er nicht zu erkennen gebe, welchem Mitglied des Stadtsenats der Bescheid zuzuordnen sei. Der Bescheidadressat müsse mit „archivischem Fleiß“ in der nicht leicht aufzufindenden Geschäftseinteilung des Stadtsenats selbst forschen, wer das zuständige Mitglied des Stadtsenats sein könnte. Dabei sei nicht klar, ob auch der genehmigende Beamte dasselbe zuständige Mitglied gemeint habe, das der Bescheidadressat aus den schwer zugänglichen Rechtsgrundlagen herauslese. 3) Der angefochtene Bescheid nenne die Bf nicht als Bescheidadressatin, da in der Zustellverfügung angeführt sei: „Ergeht an Dr. B B“. Der Bescheid sei gegenüber der Bf daher nichtig.

Die Bf stellen daher den Antrag, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung den angefochtenen Bescheid aufheben und die Baubewilligung erteilen.

 

13. Mit Schreiben vom 27. Mai 2015, beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 2. Juni 2014 eingelangt, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor und erstattete eine Äußerung zum Beschwerdevorbringen. Auf das Wesentliche zusammengefasst bringt die belangte Behörde dabei vor: 1) Wie die Einreichpläne zeigen würden, bestehe die einzig nennenswerte Abänderung darin, „dass die im Erstprojekt enthaltenen zwei Zugangsbauwerke (Aufschüttungen mit Stützmauern), welche von der Berufungsbehörde in ihrem Bescheid vom 10.01.2013 als nicht bewilligungspflichtig qualifiziert wurden, nunmehr nicht mehr Teil der Einreichung sein sollen“. An der Widmung des Baugrundstückes habe sich durch das Außerkrafttreten der Neuplanungsgebietsverordnung und das Inkrafttreten des Flächenwidmungs­planes in materieller Hinsicht nichts geändert. „Prüfungsmaßstab für das Erstprojekt waren die in der Neuplanungsgebiets­verordnung in Form eines Flächenwidmungsplanentwurfs normativ umschriebenen Planungsabsichten, die unverändert in den für das Zweitobjekt relevanten Flächenwidmungsplan eingeflossen sind“. 2) „Zum Beschwerdevorbringen, der angefochtene Bescheid sei nicht ordnungsgemäß gezeichnet, verweisen wir auf das Erkenntnis des Oö. LVwG vom 27.03.2014, LVwG-150069/2/RK/FE (mit ausführlicher Begründung).“ 3) Zum Beschwerdevorbringen, der angefochtene Bescheid sei nichtig, habe die Bf die Rechtslage verkannt, da aus dem Spruch des Bescheides eindeutig hervorgehe, dass über die Berufung der L P GmbH abgesprochen wurde. „Nach § 5 ZustG hat die Zustellverfügung den Empfänger zu bezeichnen. [...] Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde DIESEN als Empfänger zu bezeichnen“. Da sich der einschreitende Anwalt im Berufungsschriftsatz ganz allgemein auf die „erteilte Vollmacht“ berufe, konnte der Schluss gezogen werden, dass der Rechtsvertreter der Bf auch deren Zustellungsbevollmächtigter für das betreffende Verfahren sei.

Abschließend stellt die belangte Behörde den Antrag, das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich möge gem. § 28 Abs.2 VwGVG die Beschwerde als unbegründet abweisen. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung werde verzichtet.

 

II.            Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde. Daraus ergibt sich der unter Punkt I. dargelegte Sachverhalt widerspruchsfrei.

 

 

III.           Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde im Rahmen des durch §§ 27 und 9 Abs.1 Z 3 und Z 4 VwGVG normierten Prüfungsumfangs durch seinen gem § 2 VwGVG zuständigen Einzelrichter erwogen:

 

1. Unter Punkt 1) bringt die Bf vor, einem inhaltlichen Abspruch über den (neuerlichen) Baubewilligungsantrag stehe die Rechtskraft des Vorbescheides nicht entgegen, da eine Änderung hinsichtlich des Sachverhalts sowie der Rechtslage eingetreten sei. Der Sachverhalt sei geändert, weil nicht dasselbe Projekt, sondern ein abgeändertes Projekt zur Bewilligung eingereicht worden sei. Die belangte Behörde bezeichne das neue Projekt als „fast vollständig ident“, führe aber nicht aus, um welche Änderungen es sich eigentlich handelt und warum diese Änderungen nicht wesentlich sein sollten. Hinsichtlich der Rechtslage sei an die Stelle der Neuplanungsgebietsverordnung nunmehr der Flächenwidmungsplan Nr. x getreten. Bei diesen beiden Verordnungen handle es sich um „vollkommen selbständige Rechtsvorschriften“.

 

Entgegen der belangten Behörde geht die Bf daher vom Nicht-Vorliegen einer entschiedenen Sache aus. Der Beurteilung, ob eine entschiedene Sache, welche zur Begehrenszurückweisung berechtigt, vorliegt, sind nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes drei maßgebliche Kriterien zu Grunde zu legen: Identität der jeweiligen Rechtslage, der Sachlage sowie Identität des Parteienbegehrens [Hengstschläger, Identität der Sach- und Rechtslage als Kriterien der materiellen Rechtskraft, in: Bammer/Holzinger/Vogl/Wenda (Hrsg) Rechtsschutz gestern – heute – morgen (2008) 195ff (195)].

 

2. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Identität der Sachlage ist der im Bescheid getroffene Abspruch über die verwaltungsrechtliche Angelegenheit und zwar auf Grund der Sachlage wie sie in dem von der Behörde angenommenen maßgebenden Sachverhalt zum Ausdruck kommt (VwGH 23.4.2003, 2000/08/0040). Ist der für eine Entscheidung maßgebende Sachverhalt, welcher einem formell rechtskräftigen Vorbescheid zugrunde lag, unverändert geblieben, liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Identität der Sache im Sinne von § 68 Abs.1 AVG vor (VwGH 21.2.2007, 2006/06/0085). Mit anderen Worten geht die ursprüngliche Sachidentität nur durch eine Änderung der die Entscheidung tragenden, der entscheidungsrelevanten Fakten verloren. Nur in diesem Fall ist eine von der res iudicata verschiedene, und daher einem bescheidförmigen materiellen Abspruch zugängliche, Sache gegeben. Ob in den entscheidungsrelevanten Fakten eine derartige wesentliche Änderung eingetreten ist, gilt es bei der Beurteilung der Identität der Sache in primär rechtlicher und nicht etwa in rein technischer oder mathematischer, Betrachtungsweise festzustellen. Die Behörden haben die Sachidentität im Vergleich mit dem im Vorbescheid angenommenen Sachverhalt im Lichte der darauf angewendeten (insbesondere materiellrechtlichen) Rechtsvorschriften zu beurteilen und sich damit auseinander zu setzen, ob sich an diesem Sachverhalt oder seiner „rechtlichen Beurteilung“ (an der Rechtslage) im Zeitpunkt ihrer Entscheidung über den neuen Antrag eine wesentliche Änderung ergeben hat (VwGH 31.3.2005, 2003/20/0536). Wesentlich ist eine Änderung des Sachverhaltes nur dann, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die der angefochtenen Entscheidung zu Grunde lagen, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwGH 18.5.2004, 2001/05/1152; 25.4.2007, 2004/20/0100), und daher die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides zumindest möglich ist (VwGH 12.9.2006, 2003/03/0279). Modifizierungen der Sachlage (VwGH 25.4.2007, 2004/20/0100), die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betreffen, vermögen an der Identität der Sache nichts zu ändern (VwGH 7.8.2002, 2002/08/0120; zur gesamten Thematik siehe ausführlich Hengstschläger, 198ff).

 

3. Die Bf moniert in ihrer Beschwerde, die belangte Behörde habe (bzgl Sachverhalt) nicht ausgeführt, „um welche Änderungen es sich eigentlich handelt und warum diese Änderungen nicht wesentlich sein sollen“. Eigene Angaben darüber, worin – entgegen der Annahme der belangten Behörde – die nach der stRsp des Verwaltungsgerichtshofes erforderliche wesentliche Änderung des Sachverhalts/Projekts bezogen auf die als maßgebend erachteten Erwägungen liegen soll, sind dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen.

 

Im rechtskräftigen Vorbescheid vom 10. Jänner 2013 wird die verwaltungsrechtliche Angelegenheit wie folgt umschrieben:

 

Nach dem Einreichplan sollen in den erwähnten historischen Befestigungsturm der ‚M Turmlinie‘ insgesamt 13 Wohnungen eingebaut werden, die sich als Maisonettewohnungen auf das Erdgeschoß (Wohnstock), 1. Obergeschoß (Schartenstock) und 2. Obergeschoß erstrecken. Im Kellergeschoß (Magazinstock) ist eine Garage mit 13 PKW-Stellplätzen sowie Nebenräume (Kellerabteile, Fahrradabstellraum usw.) vorgesehen.

 

Vergleicht man die dem nunmehrigen Verfahren zugrunde liegenden Einreichpläne vom 2. Mai 2012 (geändert am 16. August 2012) mit jenen, die Grundlage für den Vorbescheid waren (Plandatum: 2. Mai 2012, Änderungsdatum: 16. August 2012), so sind für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich keine wesentlichen Änderungen erkennbar. Auch ein Vergleich der Baubeschreibungen lässt keine wesentliche Änderung erkennen. Beispielsweise finden sich folgende Angaben in den Baubeschreibungen:

 

(Baubeschreibung 8.10.2013) (Baubeschreibung 12.7.2012)

Bauplatzfläche 911m2 911m2

bebaute Fläche Neubau 911m2 911m2

Bruttogeschossfläche 2.494m2 2494m2

oberirdisch umbauter

Raum 9.036m3 9.036m3

Geschossflächenzahl 2,74 2,74

konditionierte Netto-

grundfläche 1.393m2 1.393m2

Wohnungsanzahl

50-100m2 9 9

100-150m2 4 4

Gesamtsumme 13 13

Stellplätze für Kfz 13 14

Treppen (Hauptstiege)

Konstruktion Stahlbeton Stahlbeton

Steigungsverh. 17,1 x 28 17,1 x 28

lichte Durchg.b. 1,20 1,20

Material u. B.v. Stahlbeton Stahlbeton

Bodenbelag Epoxyharzversieglg Epoxyharzversieglg

Wandbekleidung Latex Latex

 

Im Ergebnis lassen die aktuellen Projektunterlagen eben jenes Projekt erkennen, das bereits Gegenstand des (rechtskräftigen) Vorbescheides war. Worin die von der Bf behauptete Änderung gegenüber der verwaltungsrechtlichen Angelegenheit im (rechtskräftigen) Vorbescheid liegen soll, ist für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht erkennbar. Eine – die Durchbrechung der Rechtskraft ermöglichende – (wesentliche) Änderung der Sachlage ist daher nicht eingetreten.

 

4. Identität der Rechtslage ist gegeben, wenn in den die Entscheidung tragenden Normen seit der Erlassung des formell rechtskräftigen Bescheides, also in der Rechtslage, auf welche die Behörde den Bescheid gestützt hat (VwGH 25.4.2003, 2000/12/0055), keine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine solche ist anzunehmen, wenn die Modifikation der Rechtsgrundlage die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides ermöglichen oder gar gebieten würde (VwGH 12.9.2006, 2003/03/0279; 21.6.2007, 2006/10/0093). Der im Vorbescheid angenommene Sachverhalt ist daher von der Behörde im Lichte der darauf angewendeten Rechtsvorschriften dahingehend zu beurteilen, ob er nach der neuen Rechtslage zu einem anderen Ergebnis in der Sache (VwGH 15.6.1988, 88/01/0056) und damit zu einem anderen Norminhalt des Bescheides führen würde. Von einer geänderten Rechtslage kann deshalb nur dann gesprochen werden, wenn sich die für die Entscheidung maßgeblich gewesenen gesetzlichen Vorschriften im Nachhinein so geändert haben, dass sie, wären sie schon vorher existent gewesen, der Behörde eine andere Entscheidung aufgetragen oder ermöglicht hätten (VwGH 22.2.2006, 2006/17/0015). Es vermögen ausschließlich materielle Modifikationen der Rechtslage eine neue Sache zu begründen. Dementsprechend liegt eine Änderung der Rechtslage, welche eine neue Entscheidung erlaubt, auch dann nicht vor, wenn sich im Zuge einer Novelle oder einer Wiederverlautbarung eine inhaltlich gleich gebliebene Anordnung nunmehr in einer anderen Bestimmung wiederfindet, in Zukunft also die Behörde aus formeller Sicht eine andere Rechtsgrundlage heranzuziehen hat (VwGH 5.10.1993, 93/11/0130; zur gesamten Thematik siehe ausführlich Hengstschläger, 195ff).

 

5. Unbestritten gehen sowohl die belangte Behörde wie auch die Bf davon aus, dass die (maßgebliche) Rechtsgrundlage für die abweisende Entscheidung im (rechtskräftigen) Vorbescheid die (mittlerweile außer Kraft getretene) Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz betreffend Neuplanungsgebiet Nr. x zum Flächenwidmungsplan; Linz-Teil Urfahr Nr. x „K– Turm X“; KG x und x (Beschluss des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 13. September 2012), kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. x vom 1. Oktober 2012 (rechtswirksam ab 2. Oktober 2012) iVm § 30 Abs.6 Z 1 Oö. Bauordnung 1994 bildete. In Entsprechung der Vorgabe des § 45 Abs.3 Oö. Bauordnung 1994 hat der Gemeinderat die beabsichtigte Neuplanung in ihren Grundzügen wie folgt umschrieben: „Änderung der Parzelle .x, KG x, von Sondergebiet des Baulandes ‚Lagerfestung Linz Turm X mit Wohn- und Kulturnutzung‘ in Sondergebiet des Baulandes ‚Lagerfestung mit Turm X mit Kulturnutzung, Wohnanteil 0%‘.

 

Der nunmehr gültige Flächenwidmungsplan Linz Nr. x, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. x vom 5. August 2013, rechtswirksam ab 6. August 2013, sieht für das gegenständliche Grundstück die Widmung „Sondergebiet des Baulandes – Lagerfestung Linz Turm X, Kulturnutzung, Wohnanteil 0%“ vor. Seit Erlassung des Vorbescheids hat sich somit die – gem. § 30 Abs.6 Z 1 Oö. Bauordnung 1994 den Prüfungsmaßstab für die Entscheidung über einen Baubewilligungsantrag bildende – Rechtslage lediglich in formeller Sicht geändert, da an die Stelle der (Verordnung zur) Erklärung zum Neuplanungsgebiet der Flächenwidmungsplan getreten ist. In materieller Hinsicht blieb die maßgebliche Norm, nämlich die Festlegung des Wohnanteils mit 0% völlig unverändert. Wie der Verwaltungsgerichtshof (zu einer wiederverlautbarten gesetzlichen Bestimmung) bereits ausgesprochen hat, liegt eine Änderung der Rechtslage, welche eine neue Entscheidung erlaubt, auch dann nicht vor, wenn sich eine inhaltlich gleich gebliebene Anordnung nunmehr in einer anderen Bestimmung wiederfindet, in Zukunft also die Behörde aus formeller Sicht eine andere Rechtsgrundlage heranzuziehen hat (VwGH 5.10.1993, 93/11/0130). Eine materielle Änderung der Rechtslage ist auch insofern nicht eingetreten, als die Anwendung der formell neuen Rechtslage (auf den unverändert gebliebenen Sachverhalt) keinesfalls die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides ermöglichen oder gar gebieten würde (VwGH 12.9.2006, 2003/03/0279; 21.6.2007, 2006/10/0093). Eine – die Durchbrechung der Rechtskraft ermöglichende – Änderung der materiellen Rechtslage ist daher nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich nicht eingetreten.

 

6. Unter Punkt 2) bringt die Bf vor, der in Beschwerde gezogene Bescheid sei nicht ordnungsgemäß gezeichnet, da er nicht zu erkennen gebe, welchem Mitglied des Stadtsenats der Bescheid zuzuordnen sei. Der Bescheidadressat müsse mit „archivischem Fleiß“ in der nicht leicht aufzufindenden Geschäftseinteilung des Stadtsenats selbst forschen, wer das zuständige Mitglied des Stadtsenats sein könnte. Dabei sei nicht klar, ob auch der genehmigende Beamte dasselbe zuständige Mitglied gemeint habe, das der Bescheidadressat aus den schwer zugänglichen Rechtsgrundlagen herauslese.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seiner Rsp bereits mehrfach mit Zuständigkeitsfragen des Stadtsenats der Landeshauptstadt Linz, dessen Geschäftseinteilung sowie der damit im Zusammenhang stehenden Fertigungsklausel auseinander gesetzt (vgl VwGH vom 10.09.1998, 96/15/0266 und vom 24.02.2005, 2004/16/0199) und bislang keinen Anlass gefunden, das von der Landeshauptstadt Linz praktizierte System zu beanstanden. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich sieht sich angesichts der einschlägigen höchstgerichtlichen Rsp nicht veranlasst, an der Erkennbarkeit der bescheiderlassenden Behörde und der Zulässigkeit der diesbezüglichen Fertigungsklausel zu zweifeln. Inwieweit die Geschäftseinteilung „nicht leicht aufzufinden“ sei, ist für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich deshalb nicht nachvollziehbar, da sich die Kundmachung auf der Homepage der Landeshauptstadt Linz an leicht auffindbarer Stelle (Politik/Verwaltung > Politik > Linzer Stadtsenat > Die aktuelle Geschäftseinteilung) befindet. Was die Feststellung des zuständigen Stadtsenatsmitglieds betrifft, ist wohl nicht mehr archivischer Fleiß an den Tag zu legen ist, als beispielsweise bei der Feststellung des zuständigen Bundesministers nach dem Bundesministeriengesetz. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt daher nicht vor.

 

7. Unter Punkt 3) behauptet die Bf, der angefochtene Bescheid nenne die Bf nicht als Bescheidadressatin, da in der Zustellverfügung angeführt sei: „Ergeht an Dr. B B,“. Der Bescheid sei gegenüber der Bf daher nichtig.

Mit diesem Vorbringen ist die Bf nicht im Recht: Nach der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes sind an die Bezeichnung des Bescheidadressaten insofern keine strengen Anforderungen zu stellen, als es für die Gültigkeit des Bescheides (bzw für die Wirksamkeit gegenüber einer Person) hinreicht, dass der Adressat der Erledigung insgesamt eindeutig entnommen werden kann. Diesem Erfordernis ist daher bei schriftlichen Ausfertigungen Rechnung getragen, wenn aus der Zusammenschau von Adressierung bzw Bescheidkopf, Spruch, Begründung und Zustellverfügung in Zusammenhang mit den anzuwendenden Rechtsvorschriften eindeutig erkennbar ist, welchem individuell bestimmten Rechtsträger gegenüber die Behörde einen Bescheid erlassen wollte (vgl dazu mit ausführlichen Hinweisen auf die höchstgerichtliche Rsp Hengstschläger/Leeb, AVG [2. Ausgabe 2014] § 56 Rz 47f [Stand 1.7.2005, rdb.at]). Angesichts der Anführung der Bf als Bescheidadressatin im Bescheidkopf, im Spruch, in der Begründung und vor dem Hintergrund des bisherigen Verfahrensgangs besteht objektiv kein Zweifel, dass die belangte Behörde den in Beschwerde gezogenen Bescheid gegenüber der Bf erlassen wollte respektive erlassen hat. Die von der Bf behauptete Nichtigkeit gegenüber ihr liegt daher nicht vor.

 

IV.          Im Ergebnis konnte die Bf weder eine wesentliche Änderung des Sachverhalts (des eingereichten Projekts) noch eine maßgebliche Änderung der materiellen Rechtslage aufzeigen, die eine Entscheidung in der Sache ermöglichen würde. Auch das weitere Vorbringen der Bf hinsichtlich Fertigungsklausel und mangelnder Nennung der Bf als Bescheidadressatin war nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des in Beschwerde gezogenen Bescheides aufzuzeigen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt war und in der vorliegenden Beschwerde ausschließlich Rechtsfragen aufgeworfen wurden, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, konnte gem § 24 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrages von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden (vgl VwGH vom 6.11.2013, 2011/05/0007; 15.5.2014, 2012/05/0089).

 

V.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Markus Kitzberger

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 11. Juni 2015, Zl.: E 781/2015-4