LVwG-300535/24/BM/PP

Linz, 27.05.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag.a Michaela Bismaier über die Beschwerde des Herrn J P, vertreten durch Rechtsanwälte H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 12. November 2014, Ge96-47-2014, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Arbeit­nehmerInnenschutzgesetz nach Durch­führung einer mündlichen Verhandlung am 23. April 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge geben, als die verhängte Geldstrafe auf 1.350 Euro herabgesetzt wird; die Ersatzfrei­heitsstrafe bleibt unverändert bestehen.

 

II.      Nach § 64 VStG ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verwaltungs­strafverfahren vor der belangten Behörde auf 135 Euro. Für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Ober­österreich ist gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I. und II.

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom
12. November 2014, Ge96-47-2014, wurde über den Beschwerdeführer (in
der Folge: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 118 Abs. 3 und 130 Abs. 5 Z 1 ASchG iVm § 48 Abs. 7 und Abs. 2 Bauarbeiterschutz­verordnung eine Geldstrafe in Höhe von 1.660 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen, verhängt.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Sie haben es in Ihrer Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Brüder R GmbH mit dem Sitz in U, die wiederum unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Brüder R GmbH & Co KG mit dem Sitz in U ist (diese besitzt im Standort U, unter anderem das Baumeistergewerbe), als Arbeitgeber zu verantworten, dass am 10.9.2014 auf der Baustelle: K., im Bereich zwischen D und Einbindung T, die ca. 3,5 - 4,0 m tiefe und ca. 2,5 m breite Künette von zwei Arbeitnehmern betreten wurde, obwohl stirnseitig keine Sicherungsmaßnahmen nach § 48 Abs. 2 Bauarbeitenschutzverordnung durchgeführt wurden.

Stirnseitig betrug der Böschungswinkel bis auf den oberen Kantenbereich ca. 90°, obwohl kein leichter oder schwerer Fels vorhanden war. Zusätzlich gefähr­det wurde die Situation durch eindringendes Wasser im Bereich der Künetten­sohle.

 

Künetten dürfen nur betreten werden, wenn Sicherungsmaßnahmen nach § 48 Abs. 2 Bauarbeitenschutzverordnung durchgeführt sind.“

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vom Rechtsanwalt des Bf rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in der beantragt wurde,

eine mündliche Verhandlung durchzuführen,

das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben,

von einer Bestrafung abzusehen und die Einstellung des Verfahrens zu verfügen; in eventu

es bei einer Ermahnung bewenden zu lassen; in eventu

die Strafhöhe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß herabzusetzen.

 

Zu den Eventualanträgen wurde vorgebracht, dass auf Seiten des Bf jedenfalls ein äußerst geringer Grad der Fahrlässigkeit anzunehmen wäre. So gehe nicht nur die oberösterreichische Tiefbauwirtschaft davon aus, dass bei der Künetten­absicherung durch Verbaue die Stirnseite nicht abzusichern sei, sondern offenbar auch die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt AUVA. Der Bf habe demnach keinen Grund zur Annahme gehabt, dass die zum Zeitpunkt der Inspektion vorgenommene Künettenabsicherung im Sinne der §§ 51 und 52 BauV nicht den Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Z 2 BauV genüge. Zudem habe es aufgrund der allgemeinen Regeln der Physik zu keinem Zeitpunkt eine konkrete Gefährdungssituation in der Künette gegeben, die letztlich § 48 Abs. 7 BauV verhindern solle. Daher wäre auch von einer bloß unbedeutsamen Folge der Verwaltungsübertretung auszugehen. Unzutreffend sei daher, dass zwei Menschen akuter Lebensgefahr ausgesetzt gewesen waren, sodass die Ver­hängung des 10-fachen der Mindeststrafe jedenfalls als unangemessen anzusehen sei.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) vor­gelegt.

 

4. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung am
23. April 2015, zu welcher die Verfahrensparteien eingeladen wurden und mit Ausnahme der belangten Behörde erschienen sind. Das Arbeitsinspektorat Linz wurde durch DI H vertreten.

 

4.1. Nach Erörterung der Sachlage im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde vom Bf die Beschwerde auf die Strafbemessung einge­schränkt.

 

5. Hierüber hat das LVwG erwogen:

 

5.1. Da das LVwG gemäß § 9 VwGVG an die vom Bf angegebenen Beschwerdepunkte gebunden ist und gegenständlich anlässlich der Verhandlung die Beschwerde auf das Strafausmaß eingeschränkt wurde, war auf den Tatvorwurf dem Grunde nach nicht einzugehen.

 

5.2. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von
333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem
9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 48 Abs. 7 Bauarbeiterschutzverordnung dürfen Baugruben, Gräben oder Künetten nur betreten werden, wenn die Sicherungsmaßnahmen nach Abs. 2 durchgeführt sind.

 

Gemäß § 48 Abs. 2 Bauarbeiterschutzverordnung ist beim Ausheben von Gruben, Gräben oder Künetten von mehr als 1,25 m Tiefe unter Berücksichtigung der örtlichen Standfestigkeit des Bodens, der Wasserverhältnisse, der Auflasten sowie auftretender Erschütterungen eine der folgenden Maßnahmen durchzu­führen, sodass Arbeitnehmer durch abrutschendes oder herabfallendes Material nicht gefährdet werden können:

1.   Die Wände von Gruben, Gräben oder Künetten sind entsprechend § 50 abzuböschen

2.   die Wände von Gruben, Gräben oder Künetten sind entsprechend § 51 und 52 zu verbauen oder

3.   es sind geeignete Verfahren zur Bodenverfestigung (§ 53) anzuwenden.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

5.3. Die Bestimmungen des ASchG bzw. der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeit­nehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hierdurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen.

Durch das Betreten der Künette von zwei Arbeitnehmern ohne ausreichende Sicherheitsvorkehrungen wurde das gegenständliche geschützte Rechtsgut intensiv beeinträchtigt.

 

Von der belangten Behörde wurde im angefochtenen Straferkenntnis eine Geld­strafe in der Höhe von 1.660 Euro bei einem Strafrahmen von 166 bis
8.324 Euro verhängt. Bei der Strafbemessung wurden die von der belangten Behörde geschätzten persönlichen Verhältnisse, nämlich monatliches Nettoein­kommen von 2.500 Euro, keine Sorgepflichten und kein Vermögen, heran­gezogen. Es wurden weder mildernde noch erschwerende Umstände berück­sichtigt.

Grundsätzlich ist die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe als nicht überhöht zu betrachten. Allerdings ist dem Bf zugute zu halten, wie in der mündlichen Verhandlung hervorgekommen ist, dass das Unternehmen der Einhaltung der Sicherheitsvorschriften grundsätzlich sehr große Bedeutung beimisst und nicht sorglos handelt. Nach Ansicht des LVwG erscheint daher die nunmehr verhängte Geldstrafe ausreichend, um dem Bf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens vor Augen zu führen und ihn vor weiteren gleichartigen Tatbegehungen abzuhalten.

 

Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG liegen nicht vor, da schon die kumulativ erforderliche Voraussetzung der geringen Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes für die Verwaltungsübertretung nicht gegeben ist.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwal­tungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Michaela Bismaier