LVwG-300619/9/KL/PP

Linz, 26.05.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn A S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Linz-Land vom 21. Jänner 2015, Ge96-144-2014/DJ, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffent­licher mündlicher Verhandlung am 23. April 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Die Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die verletzte Rechtsvorschrift im Sinn des § 44a Z 2 VStG um den Ausdruck „und § 8 Abs. 1 und 2 Z 1 PSA-V“ zu ergänzen ist.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 132,80 Euro zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21. Jänner 2015, Ge96-144-2014/DJ, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 664 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von
62 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG iVm § 3 Abs. 2 PSA-V verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG der Arbeitgeberin I S S Gesellschaft m.b.H. (FNr.: x), Geschäfts­anschrift: T, folgende Übertretung der Verordnung über die persönliche Schutzausrüstung (PSA-V) zu verantworten hat:

Der Arbeitsinspektor R P hat bei einer Unfallerhebung am 15.10.2014 festgestellt, dass am 01.10.2014 in der Arbeitsstätte T, x, der Arbeitnehmer G E, geb. x, mit einem Handhubwagen gegen einen abgestellten Elektrohubwagen stieß und sich dabei den linken Fuß einklemmte. Der Verunfallte trug zu diesem Zeitpunkt keine Sicherheitsschuhe, obwohl diese Tätigkeit nur bei Verwendung geeigneter Sicherheitsschuhe zulässig ist.

Dadurch wurde § 3 Abs. 2 der PSA-V übertreten, wonach die Beschäftigung von Arbeitnehmer/innen mit Tätigkeiten, bei denen eine der im 2. Abschnitt der
PSA-V angeführten Gefahren besteht oder auftreten kann, nur bei Verwendung geeigneter persönlicher Schutzausrüstung zulässig ist.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass vor mehr als 10 Jahren ein Kontrollsystem eingerichtet worden sei, nämlich Informationen an jeden Lehrling vor Arbeitsantritt, Vorstellung der gesamten Unternehmensgruppe für jeden Lehrling, Vorstellung der Lehrlingsbeauftragten, Vorstellung der unmittelbaren Vorgesetzten für Lehrlinge, Einteilung jedes einzelnen Lehrlings in die arbeits­platzbezogene Lehrlingsakademiegruppe, Erstellen von Beurteilungsbögen über das Verhalten und die Entwicklung der Lehrlinge im Betrieb, wöchentliche Besprechungen zwischen Lehrlingsbeauftragten und unmittelbaren Vorgesetzten, regelmäßige Einzelgespräche mit den Lehrlingen über Stärken/Schwächen/
Eindrücke der Vorgesetzten während der Überwachung des Lehrlings, Unterweisungen durch Sicherheitsfachkraft und Arbeitsmedizinerin und vieles mehr. Die Thematik der Verwendung und des Einsatzes von persönlicher Schutzausrüstung sei ganz klar und unmissverständlich im gesamten Unternehmen geregelt. Der Einsatz von persönlicher Schutzausrüstung ist für Arbeiten mit erhöhten Gefahrenmomenten in Bereichen, wo einzelne Arbeitnehmer/innen verunfallen können, selbstverständlich und werde durch klare und deutliche Anweisungen und regelmäßige Kontrollen seitens der Vorgesetzten schriftlich wie mündlich vollzogen. Arbeiten mit besonderen Gefahren werden evaluiert und Unternehmensentscheidungen regelmäßig in Zusammenarbeit mit den Vertretern des Arbeitsinspektorates und des Arbeit­nehmerschutzes im Betrieb überarbeitet. Der Lehrling werde zum Speditions­kaufmann ausgebildet und habe im Rahmen seiner Ausbildung ebenso Tätigkeiten im Speditionslager durchzuführen. Hatte der Lehrling den Auftrag erhalten, eigenständige Arbeiten im Auftrag seines Vorgesetzten im Lager durchzuführen und habe der Lehrling im Zuge dessen einen Handhubwagen oder sonstige Handwerkzeuge zu benutzen, sei der Lehrling vom Lehrlings­beauftragten angewiesen, Sicherheitsschuhe zu tragen. Auch werde der Lehrling vor dem Einsatz im Lager vom unmittelbaren Vorgesetzten überprüft, ob er die Anweisungen einhalte. Kein Lehrling betrete das Lager, ohne vorher vom unmittelbaren Vorgesetzten kontrolliert zu werden. Der Lehrling habe im vorliegenden Fall keine Sicherheitsschuhe angezogen, weil er vom unmittelbaren Vorgesetzten beauftragt worden sei, lediglich Daten an Versandstücken abzulesen. Er sei nicht beauftragt worden, einen Handhubwagen zu benutzen. Er sei von seinem unmittelbaren Vorgesetzten ganz konkret aufmerksam gemacht worden, keinen Handhubwagen zu benutzen. Werde nur für kurze Dauer das Lager betreten, benötige der Lehrling keine Sicherheitsschuhe, sondern geschlossenes rutschhemmendes Schuhwerk und eine Signaljacke. Dies sei in Absprache mit den Präventivfachkräften festgesetzt worden und gelte für jede Person im Unternehmen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem OÖ. Landes­verwaltungsgericht vorgelegt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23. April 2015, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und mit Ausnahme der belangten Behörde erschienen sind. Weiters wurde der Zeuge E G geladen und einvernommen. Der weiters geladene Arbeitsinspektor R P hat sich entschuldigt. Von einer Einvernahme konnte Abstand genommen werden, da der Sachverhalt zum Unfallhergang nicht bestritten wurde.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Der Beschwerdeführer war zum Tatzeitpunkt am 1. Oktober 2014 handels­rechtlicher Geschäftsführer der Internationalen S S GmbH mit Sitz in A. Die Unternehmensgruppe beschäftigt mehr als 400 Mitarbeiter. Die Unternehmensgruppe hat zwischen 15 und 18 Lehrlinge in Ausbildung. Im Unternehmen gibt es eine eigene Lehrlings­akademie und sind zweimal im Jahr Schulungen verpflichtend vorgesehen. Zu Beginn des Beschäftigungs- bzw. Lehrlingsverhältnisses gibt es einen „Welcome Day“, an dem eine allgemeine Einführung in das Unternehmen und auch eine allgemeine Unterweisung hinsichtlich Arbeitnehmerschutz vorgenommen wird. Diese Unterweisung ist nicht bezogen auf den jeweiligen individuellen Arbeitsplatz. Es wird auf allgemeine Gefahren z.B. beim LKW-Verkehr im Hof und auch Gefahren im Lager hingewiesen. In diesen Bereichen hat nahezu jeder auch zu tun. Arbeitsplatzbezogene Unterweisungen erhält der Mitarbeiter vom jeweiligen Vorgesetzten. Diese Unterweisung erfolgt zu Beginn der Beschäftigung. Es gibt auch eine besondere Unterweisung bezogen auf das Lager, welche auch unterschriftlich von den Arbeitnehmern bestätigt wird. Die Betreuung und Anweisung der Mitarbeiter übernehmen der gewerberechtliche Geschäftsführer sowie die jeweiligen Vorgesetzten der Beschäftigten. Der Beschwerdeführer übernimmt Geschäftsführungsaufgaben. Wenn er durch das Unternehmen durchgeht und ihm Besonderheiten auffallen, ermahnt er die Arbeitnehmer.

 

E G war Lehrling für Speditionskaufmann in der Firma S und begann sein Lehrverhältnis mit 1. September 2014. Zu Beginn des Lehrverhältnisses erhielt er eine kurze Einweisung durch den Abteilungsleiter und etwa zwei Wochen später, am 17. September 2014, besuchte er den „Welcome Day“. Dabei wurde das Unternehmen vorgestellt, gab es eine Unterweisung durch die Sicherheitsfachkraft sowie anschließend eine Unterweisung über das Verhalten im Lager durch den Abteilungsleiter für das Lager. Diese Unterweisung war, dass immer Sicherheitsschuhe zu tragen sind und bei den Staplern aufzupassen ist. Der Lehrling war im Oktober 2014 in der Logistikabteilung beschäftigt. Am 1. Oktober 2014 ist neue Ware ins Lager gekommen. Die Lagerarbeiter dort waren alle sehr beschäftigt. Die Ware war im Kommissionier­bereich. Der Lehrling wurde vom Abteilungsleiter beauftragt, die Artikelnummern der Waren abzulesen. Der Lehrling wurde auch darauf hingewiesen, im Lager aufzupassen. Auf Sicherheitsschuhe wurde der Lehrling bei seinem Auftrag nicht ausdrücklich hingewiesen. Sicherheitsschuhe wurden dem Lehrling grundsätzlich zur Verfügung gestellt und hat dieser unter seinem Tisch im Büro stehen. Er hat auch die Dienstanweisung für das Lager erhalten. Mit seinem Vorgesetzten war er einmal im Lager, wobei ihm alles gezeigt wurde. Zum Ablesen der Artikel­nummern war er auch vor dem Unfall schon im Lager. Ansonsten hat er nichts im Lager zu tun. Da der Lehrling nur kurz hinüber in das Lager gegangen ist, um Artikelnummern abzulesen, hat er vergessen, die Sicherheitsschuhe anzuziehen. Beim Ablesen ist ihm ein Elektrohubwagen im Weg gestanden und wollte er diesen zur Seite stellen. Er hat dabei übersehen, dass sich dahinter ein Staplerwagen befand. Er wollte den Elektrohubwagen etwas zur Seite rücken und hat den Knopf betätigt. Dabei stieß er gegen den abgestellten Staplerwagen und klemmte sich den linken Fuß ein. Er wurde vor dem Unfall vom Abteilungsleiter unterwiesen, wie der Elektrohubwagen funktioniert, nämlich das Fahren mit dem Hubwagen. Abladen und Beladen wurde nicht gezeigt. Der Lehrling erlitt einen Fersenbeinbruch und war drei Monate dienstunfähig. Der Abteilungsleiter warnte nur im Lager aufzupassen. Von seinem Arbeitsplatz aus kann er nicht direkt auf den Arbeitsplatz des Lehrlings sehen.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ist durch die vorgelegten Unterlagen sowie durch die Angaben des einvernommenen Zeugen und des Beschwerdeführers bestätigt und erwiesen. Insbesondere ist vom Beschwerdeführer nicht bestritten, dass beim konkreten Arbeitsvorgang durch den Lehrling keine Sicherheitsschuhe getragen wurden. Die Ausführungen des Beschwerdeführers zum Kontrollsystem sowie zu Unterweisungen und Schulungen sind glaubwürdig und wurden auch vom einvernommenen Zeugen bestätigt. Es bestanden für das Landesver­waltungsgericht Oberösterreich keine Zweifel hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Zeugen und der Angaben des Beschwerdeführers. Hingegen ist auch erwiesen, dass zum Unfallzeitpunkt eine Kontrolle des Lehrlings weder durch den unmittelbaren Vorgesetzten noch durch den Beschwerdeführer stattfand.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs. 1 Z 26 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz ‒ ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend persönliche Schutzausrüstungen oder Arbeitskleidung verletzt.

Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung persönliche Schutzausrüstung – PSA-V, in Kraft getreten mit 01.05.2014, gilt diese Verordnung für die Beschäftigung von Arbeitnehmer/innen in Arbeitsstätten, auf Baustellen und auswärtigen Arbeits­stellen.

Gemäß § 3 Abs. 2 PSA-V ist die Beschäftigung von Arbeitnehmer/innen mit Tätigkeiten, bei denen eine der im 2. Abschnitt angeführten Gefahren besteht oder auftreten kann, nur bei Verwendung geeigneter persönlicher Schutzaus­rüstung zulässig.

Gemäß § 8 Abs. 1 PSA-V ist Fuß- und Beinschutz persönliche Schutzausrüstung zum Schutz der Gliedmaßen der unteren Extremitäten vor Verletzungen, vor Schäden durch länger dauernde Beanspruchung, vor anderen schädigenden Ein­wirkungen und zum Schutz vor Ausrutschen (z.B. Sicherheitsschuhe, Schutz­stiefel, Schnittschutzhosen).

Arbeitgeber/innen müssen Arbeitnehmer/innen Fuß- oder Beinschutz zur Verfügung stellen, wenn für diese eine oder mehrere der nachfolgenden Gefahren (§ 4) bestehen: mechanische Gefahren durch Anstoßen an Gegen­stände, Einklemmen, umfallende, herabfallende oder abrollende Gegenstände, Hineintreten oder Hineinknien in spitze oder scharfe Gegenstände oder durch sonstige Kontakte mit spitzen oder scharfen Gegenständen (Abs. 2 Z 1).

 

5.2. Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes, nämlich dass der Lehrling zum Tatzeitpunkt im Lager mit dem Ablesen der Artikelnummern der Waren beschäftigt war und einen Elektrohubwagen verschieben wollte, dagegen stieß und sich einen Fuß einklemmte, ohne dass er geeignete Sicherheitsschuhe verwendete, ist die Erfüllung des objektiven Tatbestandes der Verwaltungsüber­tretung gegeben. Eine solche Arbeit ist gemäß § 3 Abs. 2 iVm § 8 Abs. 2 Z 1 PSA-V nur mit Sicherheitsschuhen zulässig.

Als handelsrechtlicher Geschäftsführer ist der Beschwerdeführer gemäß § 9
Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

 

5.3. Wenn hingegen der Beschwerdeführer ein Verschulden bestreitet und ein Kontrollsystem vorbringt, wonach sowohl allgemeine Unterweisungen als auch Unterweisungen bezüglich des individuellen Arbeitsplatzes erfolgen und auch hinsichtlich des Lehrlings erfolgt seien und der Lehrling auch durch den Vorgesetzten kontrolliert werde, so ist dieses Vorbringen jedoch im Sinne der Judikatur nicht zu einer Entlastung geeignet.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Beschwerdeführer kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschwerdeführer initiativ alles darzu­legen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Wie bereits die belangte Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses angeführt hat, hat im Sinn der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Überträgt er einzelne Angelegenheiten anderen Personen selbstver­antwortlich, so hat die eigene Tätigkeit in diesen Belangen sich auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Der Unternehmer ist dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Beschwerdeführer nach § 5 Abs. 1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177 u.a.). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen eines wirksamen Kontrollsystems genügt (vgl. auch das Erkenntnis des VwGH vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war.“

Im Sinne dieser Judikatur reicht das Vorbringen und das durchgeführte Beweisverfahren nicht aus, den Beschuldigten von seinem Verschulden zu befreien. Eine Kontrolle zum Tatzeitpunkt wurde vom Beschwerde­führer nicht vorgebracht. Auch wurden nicht solche Maßnahmen vorgebracht und nachgewiesen, die mit gutem Grund erwarten lassen, dass die entsprechenden Vorschriften des Arbeitnehmerschutz eingehalten werden. Insbesondere hat der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt und unter Beweis gestellt, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, d.h., sicher­zustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchie-Ebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (vgl. VwGH vom 23.3.2012, 2010/02/0263).

 

Im Grunde dieser Judikatur reicht daher das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht aus, ihn von seinem Verschulden zu befreien. Insbesondere reicht das Vorbringen, dass sowohl allgemeine als auch konkrete Anweisungen durchgeführt worden seien und der Lehrling auch hinsichtlich des Lagers unterwiesen worden sei, nicht aus. Auch reicht nicht aus, dass grundsätzlich Sicherheits­schuhe zur Verfügung gestellt wurden. Im Sinne der aufgezeigten Judikatur hätte gerade für den Fall, dass der Lehrling aus eigenem Antrieb in eigenmächtiger Handlung gegen die Arbeitnehmerschutzvorschrift, dass Sicherheitsschuhe zu tragen sind, verstößt, eine wirksame Kontrolle stattfinden müssen. Dies wurde jedoch vom Beschwerdeführer nicht dargelegt und auch nicht unter Beweis gestellt. Vielmehr hat das Beweisergebnis eindeutig gezeigt, dass der Lehrling zum Tatzeitpunkt nicht kontrolliert wurde, da auch eine Kontrolle durch seinen unmittelbaren Vorgesetzten, nämlich den zuständigen Abteilungsleiter der Logistikabteilung bzw. des Lagers nicht stattfand und dieser keine Einsichtsmöglichkeit zum Lehrling hatte. Wenngleich auch der Vorgesetzte angehalten war, seine Kontrollfunktion auszu­üben, so war auch erwiesen, dass dies nicht ausreichend durchgeführt wurde. Es war daher jedenfalls von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF. BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab
1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermes­sensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechts­verfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nach­prüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat bei ihrer Strafbemessung Immobilienbesitz, Vermögen von zirka 50.000 Euro, verheiratet und ein monatliches Nettoeinkommen von zirka 3.000 Euro zugrunde gelegt und die besondere Gefährdung durch Unterlassung des Schutzes der geschützten Rechtsgüter, Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer gewertet. Strafmildernd war kein Umstand zu berücksichtigen, straferschwerend die nachteiligen Folgen durch den Unfall.

In der mündlichen Verhandlung bringt der Beschwerdeführer die Sorgepflicht für die Gattin und ein Kind vor. Weiters geht aus dem Akt hervor, dass der Beschwerdeführer nicht unbescholten ist, weil vier allerdings nicht einschlägige rechtskräftige Vorstrafen vorliegen.

Im Hinblick auf die angeführten Umstände und Erwägungen, die auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten wurden, kann daher auch das Landesver­waltungsgericht Oberösterreich nicht finden, dass die belangte Behörde bei dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise vorgegangen wäre. Insbesondere war die erhebliche Verletzung des geschützten Rechtsgutes der Unversehrtheit der Arbeitnehmer hervorzuheben und zu berücksichtigen. Auch handelt es sich beim Arbeitnehmer um einen Lehrling zu Beginn seines Lehrverhältnisses, welcher unerfahren war und daher besonders schutzwürdig war. Im Hinblick auf den gesetzlich vorgesehenen Strafrahmen bei erstmaliger Tatbegehung bis 8.324 Euro war die von der belangten Behörde festgesetzte Geldstrafe von 664 Euro im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und daher nicht überhöht. Auch ist hinsichtlich der überdurch­schnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse die Strafe nicht überhöht. Es kann daher sowohl die festgelegte Geldstrafe als auch Ersatzfreiheitsstrafe bestätigt werden.

 

5.5. Im Grunde der gesetzlichen Bestimmungen war der Spruch hinsichtlich der Übertretungsnormen zu ergänzen. Eine Änderung im Sachverhalt ist dabei nicht eingetreten.

 

6. Weil die Beschwerde keinen Erfolg hatte, hat der Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerde­verfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 132,80 Euro, zu leisten.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die ABeschwerdeführerassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt