LVwG-750118/2/Gf/Rt

Linz, 05.02.2014

B E S C H L U S S

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Alfred Gróf aus Anlass der Beschwerde der N, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 18. Oktober 2013, Zl. Sich40, mit dem ihr Antrag auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz abgewiesen wurde,

 

 

 

 

b e s c h l o s s e n:

 

 

 

I.          Der Beschwerde kommt gegenwärtig gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG grundsätzlich aufschiebende Wirkung zu.

 

II.         Gegen diesen Beschluss kann weder eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof noch eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof (vgl. § 25a Abs. 3 VwGG) erhoben werden.

 

III.        Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung zur Hauptsache (vgl. § 28 VwGVG) zu einem späteren Zeitpunkt gesondert ergehen wird.

 


 

 

B e g r ü n d u n g

 

I.

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 18. Oktober 2013, Zl. Sich40, wurde der von der Rechtsmittelwerberin am 29. April 2013 gestellte Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 3 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (im Folgenden: NAG), BGBl.Nr. I 100/2005 in der Fassung BGBl.Nr. I 16/2011, abgewiesen.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die in Aserbaidschan geborene und der armenischen Volksgruppe angehörige Rechtsmittelwerberin im Jahr 2010 illegal in das Bundesgebiet eingereist sei und einen Asylantrag gestellt habe. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 12. Juni 2012 sei dieser jedoch rechtskräftig abgewiesen und unter einem ihre Ausweisung verfügt worden. Darauf hin habe sie am 25. Juni 2012 gegenüber der belangten Behörde niederschriftlich erklärt, einen armenischen Reisepass beantragen und Österreich freiwillig verlassen zu wollen.

 

Dessen ungeachtet habe sie am 29. April 2013 einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung eingebracht und diesen unter Vorlage entsprechender Nachweise im Wesentlichen damit begründet, dass seit der Ausweisungsentscheidung insofern eine maßgebliche Sachverhaltsänderung eingetreten sei, als sie einen Deutschkurs absolviert und diesen auf A2-Niveau abgeschlossen habe, im Falle einer positiven Erledigung ihres Antrages auch eine verbindliche Zusage für ein Arbeitsverhältnis hätte und in ihrem sozialen Umfeld höchst engagiert und bereits hervorragend integriert sei; außerdem sei sie unbescholten und weise sie keinerlei Beziehungen zu ihrem Heimatstaat auf.

 

Dem gegenüber sei jedoch darauf hinzuweisen, dass ihre Deutschkenntnisse und ihre soziale Integration bereits im Asylverfahren berücksichtigt worden seien; da der Zeitraum zwischen der Ausweisung und der Antragstellung auf Erteilung einer Niederlassung nicht einmal zwei Jahre betragen habe, könne sohin auch keine Rede von einer maßgeblichen Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts sein. Außerdem würde sie nach dem von ihr angeführten Vorvertrag lediglich 10 Wochenstunden arbeiten können und hierfür einen Bruttolohn von ca. 318 Euro monatlich erhalten; auch die Nichtausstellung eines armenischen Reisepasses könne ihr nicht zum Vorteil gereichen.

 

Mangels wesentlicher Sachverhaltsänderungen komme daher eine positive Neubeurteilung der in Art. 8 EMRK vorgesehenen Interessenabwägung nicht in Betracht.

 

2. Gegen diesen ihr am 21. Oktober 2013 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 4. November 2013 bei der belangten Behörde eingelangte – und damit jedenfalls rechtzeitige – Berufung.

 

Darin wird eingewendet, dass sie nicht bloß bis zur Ausweisungsentscheidung, sondern auch im Zeitraum danach Deutschkurse besucht und sich ehrenamtlich engagiert habe; dadurch hätten sich sowohl ihre Sprachkenntnisse als auch ihre sozialen Kontakte noch in einem erheblichen Ausmaß weiter vertieft, wie dies auch die erst im Nachhinein abgelegte Prüfung auf A2-Niveau und die zahlreichen Unterstützungsschreiben belegen würden. Dazu komme, dass sie sich vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet auch in Russland illegal aufgehalten habe und nunmehr Österreich schon deshalb gar nicht ordnungsgemäß verlassen könne, weil sie von den Behörden ihres Heimatstaates als Staatenlose angesehen und ihr somit kein Reisedokument ausgestellt werde. Schließlich sei ihr mittlerweile für den Fall einer positiven Erledigung ihres Ansuchens auch eine Anstellung in der Gastronomie im Ausmaß von 40 Wochenstunden angeboten worden, sodass sie durchaus dazu in der Lage wäre, die Kosten ihres künftigen Aufenthaltes aus eigenem zu tragen.

 

Da eine Interessenabwägung i.S.d. Art. 8 EMRK auf Grund der zwischenzeitlichen Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes zweifellos zu ihren Gunsten ausfallen müsse, wird daher beantragt, der Beschwerdeführerin eine Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 3 NAG zu erteilen, in eventu, ihren Antrag dahin umzudeuten, dass ihr nach § 41a Abs. 9 NAG eine Rot-Weiß-Rot-Plus-Karte ausgestellt wird. 

 

3. Mit Schriftsatz vom 21. Jänner 2014, Zl. 165438/3, hat das Bundesministerium für Inneres diese Berufung dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im Hinblick auf die mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle BGBl.Nr. I 50/2012 seit dem 1. Jänner 2014 geänderte Rechtslage zur Entscheidung vorgelegt.

 

 

II.

 

1. Im gegebenen Zusammenhang ordnet die Übergangsbestimmung des Art. 151 Abs. 51 Z. 8 zweiter Satz letzter Halbsatz B-VG explizit an, dass die Zuständigkeit zur Weiterführung der bei „sonstigen Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese“ – gemeint: sonstigen – „Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind“,  (mit Ausnahme von Organen der Gemeinde) auf „die“ Verwaltungsgerichte übergeht (wobei sich in Verbindung mit Art. 131 Abs. 1 B-VG ergibt, dass derartige, nunmehr als auf Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG basierend anzusehende Beschwerden deshalb, weil diesbezüglich in Art. 131 Abs. 2 und 3 B-VG Abweichendes nicht festgelegt ist (vgl. vielmehr § 81 Abs. 26 NAG), in den Kompetenzbereich der Verwaltungsgerichte der Länder fallen).

 

Vor diesem Hintergrund gelten vor dem Ablauf des 31. Dezember 2013 rechtzeitig erhobene und auch sonst zulässige Berufungen – wie dem aus § 3 Abs. 1 bis Abs. 3 des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetzes, BGBl.Nr. I 33/2013 i.d.g.F. BGBl.Nr. I 122/2013, hervorgehenden Sinn entnommen werden kann – nunmehr als Beschwerden i.S.d. Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG.

 

2. Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass die zuvor unter I.2. angeführte Berufung – da diese rechtzeitig eingebracht wurde, auch im Übrigen den Anforderungen des § 9 Abs. 1 VwGVG entspricht und hinsichtlich der ein Berufungsverfahren bei der Bundesministerin für Inneres als sachlich in Betracht kommender Oberbehörde i.S.d. Art. 151 Abs. 51 Z. 8 zweiter Satz letzter Halbsatz B‑VG am 31. Dezember 2013 bereits anhängig war – nunmehr vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich als zulässige Beschwerde i.S.d. Art.  130 Abs. 1 Z. 1 B-VG zu behandeln ist.

 

 

III.

 

Weil im vorliegenden Zusammenhang primär eine Rechtsfrage zu klären ist und keinerlei Hinweise darauf vorliegen, dass die belangte Behörde – hier: der Bezirkshauptmann von Freistadt – intendieren würde, eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG zu erlassen, war daher im h. Rechtsmittelverfahren zunächst gesondert über die Frage zu befinden, ob dieser Beschwerde aufschiebende Wirkung zukommt.

 

In diesem Zusammenhang hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

1. In Entsprechung zu § 64 Abs. 1 AVG ordnet § 13 Abs. 1 VwGVG an, dass eine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG ex lege stets aufschiebende Wirkung hat, und zwar solange, als die belangte Behörde diese nicht im Wege eines auf § 13 Abs. 2 VwGVG gegründeten Bescheides ausschließt (wobei ein solcher Bescheid in begründeten Fällen auch erst nach Abschluss des Verfahrens vor der Verwaltungsbehörde ergehen kann).

 

2. Da im gegenständlichen Fall – wie bereits zuvor ausgeführt – eine auf Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG gegründete Beschwerde vorliegt, bis dato vom Bezirkshauptmann von Freistadt kein Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG erlassen wurde und dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auch keine Hinweise dafür vorliegen, dass von Amts wegen ein Beschluss nach § 22 Abs. 2 VwGVG zu erlassen wäre – weil nämlich weder auf Grund des von der belangten Behörde vorgelegten Aktes noch sonst zu erkennen ist, dass der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides im öffentlichen Interesse wegen Gefahr in Verzug dringend geboten wäre –, ist daher insgesamt zu konstatieren, dass der Beschwerde der Rechtsmittelwerberin gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 18. Oktober 2013, Zl. Sich40, grundsätzlich aufschiebende Wirkung zukommt, bzw. anders formuliert: dass dieser gegenwärtig einer Vollstreckung nicht zugänglich ist.

 

Allerdings ist in diesem Zusammenhang unter einem auf die ständige Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, wonach die subjektive Rechtsposition eines Beschwerdeführers nicht schon allein durch den Umstand, dass dieser ein Rechtsmittel eingebracht hat, vergleichsweise verbessert werden kann, hinzuweisen. Dies bedeutet für den vorliegenden Fall insbesondere, dass die Rechtsmittelwerberin gegenwärtig auch weiterhin nicht über einen wirksamen Aufenthaltstitel verfügt.   

 

3. Da sich diese Rechtsfolge aber bereits unmittelbar aus dem Gesetz, nämlich aus § 19 Abs. 1 VwGVG, ergibt, sodass der Beschwerdeführerin sohin auch kein spezifisches Interesse an einer derartigen Rechtsverfolgung zukommen kann, war es dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich verwehrt, eine entsprechend förmliche Feststellungsentscheidung zu treffen.

 

Die gegenständliche Verfügung ist vielmehr als ein bloß verfahrensleitender Beschluss i.S.d. § 31 Abs. 3 letzter Satz VwGVG zu qualifizieren, gegen den weder eine eigenständige Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof noch eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof (vgl. § 25a Abs. 3 VwGG) zulässig ist.

 


 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Dr.  G r ó f