LVwG-650354/9/Sch

Linz, 21.05.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde des C H, geb. 1989, vertreten durch P, Rechtsanwälte vom 24. März 2015, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 20. Februar 2015, GZ VerkR21-13-2015, betreffend Nachweis der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und Verkündung der Entscheidung am 5. Mai 2015,

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

 

I.          Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene behördliche Bescheid behoben.

 

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.)

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden (im Folgenden: belangte Behörde) vom 20. Februar 2015, GZ VerkR21-13-2015, wurde C H (der Beschwerdeführer – im Folgenden kurz: Bf) gemäß § 24 Abs. 4 FSG aufgefordert, sich binnen vier Wochen, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides amtsärztlich untersuchen zu lassen bzw. die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen.

 

Dieser Bescheid stützt sich auf einen Bericht der PI A. vom 6. Jänner 2015 mit dem der belangten Behörde zur Kenntnis gelangt sei, dass der Bf am 6. November 2014 zwischen 20.55 Uhr und 21.37 Uhr im Regionalzug von Attnang-Puchheim nach Traunkirchen gegenüber einer jungen Frau onaniert habe. Dieses Verhalten unterliege nicht den allgemein anerkannten Verhaltensregeln und es bestehe der Verdacht des Vorliegens eines krankhaften (paranoiden) Erscheinungsbildes.

 

2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 25. Februar 2015, wurde durch den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers rechtzeitig Beschwerde erhoben. Diese ist von der belangten Behörde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt worden.

Dieses hatte gemäß § 2 VwGVG durch den zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

 

3. Am 5. Mai 2015 fand eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung statt, an der der Beschwerdeführer mit seiner Rechtsvertretung teilgenommen hat. Die belangte Behörde hat sich im Vorfeld für das Nichterscheinen bei der Verhandlung entschuldigt.

 

4. Nach der gegebenen Aktenlage ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer am 6. November 2014 abends als Fahrgast in einem Eisenbahnwaggon seinen Penis entblößte und damit hantierte. Ob er sich dabei auch selbstbefriedigt hat, blieb im Beweisverfahren offen.

Die entsprechenden Wahrnehmungen im Hinblick auf das Verhalten des Beschwerdeführers wurden von einem weiblichen Fahrgast gemacht, der auch mittels Handy ein Lichtbild anfertigte. In der Folge wurde von der Zeugin bei der Polizei Anzeige erstattet.

Diesen Vorfall hat die belangte Behörde zum Anlass genommen, Bedenken im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu hegen und deshalb bescheidmäßig die Aufforderung ausgesprochen, dass sich der Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 4 Führerscheingesetz binnen gesetzter Frist amtsärztlich untersuchen zu lassen habe.

Anlässlich der oben erwähnten Beschwerdeverhandlung hat der Rechtsmittelwerber das Entblößen seines Geschlechtsteils eingestanden, den Vorfall aber in einer für ihn günstiger erscheinenden, wohl etwas geschönten Form geschildert.

Im Ergebnis kommt es aber ohnehin auf Details nicht entscheidend an. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 24 Abs. 4 FSG sind Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von KFZ nicht mehr besitzt. Hiebei geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (VwGH 22.6.2010, 2010/11/0067 uva). Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof in einem ähnlich wie dem gegenständlichen gelagerten Fall die Notwendigkeit der Überprüfung der gesundheitlichen Eignung bei einem Inhaber einer Lenkberechtigung für geboten erachtet, allerdings hatte der damalige Beschwerdeführer wiederholt, im Beisein von Autostopperinnen während des Lenkens seines KFZ seine Hose geöffnet und Anstalten zur Selbstbefriedigung gemacht (VwGH 18.1.2000, 99/11/0316).

Gegenständlich ist aber von einem Wiederholungsfall nicht auszugehen und liegt auch kein Bezug zum Benützen eines Kraftfahrzeuges vor.

Zwar muss das Verhalten des Beschwerdeführers als höchst befremdend und sehr fragwürdig, mit welcher Begründung letztlich auch immer, betrachtet werden, solche Umstände rechtfertigen aber noch nicht Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung zum Lenken von KFZ (VwGH 25.7.2007, 2007/11/0024).

Im Hinblick auf jene Vorfälle, die in der Anzeige der Polizeiinspektion
Markt H. vom 13. November 2014 geschildert werden und ebenfalls ein nachteiliges Licht auf die Persönlichkeit des Beschwerdeführers werfen, wird auf das Judikat des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.9.2010, 2010/11/0105, verwiesen. Der gegen den damaligen Beschwerdeführer gehegte Verdacht der beharrlichen Verfolgung seiner Ex-Freundin war im Sinne dieses Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes nicht geeignet, eine Neigung des Beschwerdeführers im Hinblick auf allenfalls auch zu befürchtende Anwendung körperlicher Gewalt zu erkennen. Das gegen den nunmehrigen Beschwerdeführer diesbezüglich eingeleitet gewesene Strafverfahren wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Graz vom 13. Februar 2015 eingestellt, welcher Umstand zwar hier erwähnt werden soll, aber letztendlich mit der Frage der gesundheitlichen Eignung des Beschwerdeführers grundsätzlich nichts zu tun hat, hier ginge es allenfalls um jene der Verkehrszuverlässigkeit.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die hier zu bewerten gewesenen Vorkommnisse noch keine Bedenken im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu rechtfertigen vermögen.

 

 

II.) Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche, d.h. über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

S c h ö n

Beachte:

Verfassungsgrichtshofbeschwerde anhängig