LVwG-150006/3/VG/FE

Linz, 27.01.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Verena Gubesch über die Beschwerde 1. des W. E. und 2. der A. E., beide wohnhaft in x, beide vertreten durch RA x, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde E. vom 6. September 2013, GZ: 810/2-2013, betreffend Anschlusspflicht nach dem Oö. Wasserversorgungsgesetz, den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I.            Die Beschwerde wird mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung wegen Nichtausschöpfung des Instanzenzuges gem. § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG zurückgewiesen.

 

II.          Gegen diesen Beschluss ist gem. § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

B e g r ü n d u n g

I.            Sachverhalt, Beschwerdevorbringen:

 

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde E. vom 5. März 2013 wurde festgestellt, dass die näher bezeichnete Liegenschaft der nunmehrigen Beschwerdeführer zum Versorgungsbereich der behördlich bewilligten, gemeindeeigenen, gemeinnützigen, öffentlichen Wasserversorgungsanlage zählt. Mit Spruchpunkt I. wurden die Beschwerdeführer verpflichtet, bis spätesten zwei Monate nach Rechtskraft dieses Bescheides, ihr Objekt an die öffentliche Wasserversorgungsanlage anzuschließen und die Anschlussleitung herzustellen. Mit Spruchpunkt II. wurde festgelegt, dass die Anschlussleitung und Versorgungsleitung entsprechend der Wasserleitungsordnung der Marktgemeinde E. vom 3. April 2003 herzustellen ist. Begründend wurde ausgeführt, im Erhebungsverfahren sei festgestellt worden, dass für das Objekt der Beschwerdeführer eine Anschlusspflicht bestehe, worüber die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21. Juni 2012 informiert worden seien. Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Anschlusspflicht hätten nicht festgestellt werden können.

 

2. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung und beantragten zugleich ihre Liegenschaft vom Anschlusszwang auszunehmen und das Berufungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens betreffend die Ausnahmebewilligung auszusetzen.

 

3. In der Folge erließ der Gemeinderat der Marktgemeinde E. (in der Folge: belangte Behörde) den Berufungsbescheid vom 6. September 2013 mit folgendem Spruch [Hervorhebung im Original]:

 

„Ihr im Berufungsverfahren eingebrachter Antrag das gegenständliche Berufungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens betreffend Ausnahmebewilligungsanträge (§ 3 Abs. 2 Oö. Wasser-versorgungsgesetz 1997) auszusetzen und dann der Berufung Folge zu geben und den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde E. vom 05.03.2013 aufzuheben und das Verfahren einzustellen wird abgewiesen.“

 

Die belangte Behörde führte in ihrer Begründung aus, der erstinstanzliche Bescheid des Bürgermeisters nehme mangels Vorliegen eines entsprechenden Antrages in keiner Weise auf die Ausnahmebestimmungen des § 3 Abs. 2 Oö. Wasserversorgungsgesetzes Bezug. Die belangte Behörde hielt weiters fest, der (gemeint: im Berufungsverfahren) erhobene Antrag auf Gewährung der Ausnahme vom Anschlusszwang gem. § 3 Abs. 2 Oö. Wasserversorgungsgesetz richte sich zutreffenderweise an den Bürgermeister als Behörde I. Instanz. Mit dem Bescheid des Bürgermeisters sei gem. § 5 Oö. Wasserversorgungsgesetz ausschließlich die Anschlusspflicht für die Liegenschaft der nunmehrigen Beschwerdeführer an die gemeindeeigene Wasserversorgungsanlage festgestellt worden. Dabei handle es sich um ein Feststellungsverfahren, dass (auch) amtswegig bei Vorliegen eines Zweifelfalles iSd § 5 Oö. Wasserversorgungsgesetz geführt und mit Feststellungsbescheid abgeschlossen werde. Ein Zweifelsfall nach § 5 Oö. Wasserversorgungsgesetz liege etwa auch dann vor, wenn ein Grundeigentümer das Bestehen der Anschlusspflicht für sein Objekt bestreite. Eine solche Bestreitung resultiere im vorliegenden Fall aus dem Widerstand der Beschwerdeführer gegen die mit einer möglichen Anschlusspflicht verbundenen Folgen.

 

Die Beschwerdeführer seien mit Schreiben der Erstbehörde vom 21. Juni 2012 über das Bestehen der Anschlusspflicht informiert worden. Da weder der Anschluss hergestellt noch ein Antrag gem. § 3 Abs. 2 oder Abs. 3 Oö. Wasserversorgungsgesetz beim Bürgermeister als Behörde I. Instanz eingebracht worden sei, sei ein Feststellungsverfahren iSd § 5 Oö. Wasserversorgungsgesetz zu führen.

 

Von einem solchen Feststellungsverfahren zu unterscheiden sei der antragsbedürftige Verwaltungsakt der bescheidmäßigen Ausnahme von einer bestehenden Anschlusspflicht, welcher Ergebnis eines eigenen Verwaltungsverfahrens nach § 3 Abs. 2 oder 3 Oö. Wasserversorgungsgesetz sei.

 

Nach dem klaren Spruchinhalt des Bescheides des Bürgermeisters sei ausschließlich die Feststellung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Anschlusspflicht iSd § 5 Oö. Wasserversorgungsgesetzes verfahrens-gegenständlich.

 

Der parallel in der Berufungsschrift an den Bürgermeister als Behörde I. Instanz gestellte Antrag gem. § 3 Abs. 2 Oö. Wasserversorgungsgesetz sei von der Erstbehörde in einem gesondert abzuführenden Verwaltungsverfahren zu erledigen. Ob die Voraussetzungen für die Gewährung einer Ausnahme vom Anschlusszwang nach § 3 Oö. Wasserversorgungsgesetz gegeben seien, sei somit für das gegenständliche Verfahren nicht von Belang und nicht geeignet die Verletzung subjektiver Rechte der Beschwerdeführer aufzuzeigen. Inhaltlich seien bei einem Feststellungsverfahren nach § 5 Oö. Wasserversorgungsgesetz ausschließlich die eine Anschlusspflicht begründenden Tatbestandsmerkmale des § 1 Oö. Wasserversorgungsgesetz maßgeblich, nicht aber die Tatbestandsmerkmale einer antragsbedürftigen Ausnahme nach § 3 Oö. Wasserversorgungsgesetz.

 

Die Erstbehörde habe in dem nach § 5 Oö. Wasserversorgungsgesetz geführten Verfahren ausschließlich zu prüfen gehabt, ob die Tatbestandsmerkmale des § 1 Oö. Wasserversorgungsgesetz vorliegen. Dies sei im gegenständlichen Fall jedenfalls zu bejahen, was von den Beschwerdeführern nicht in Abrede gestellt worden sei.

 

In Anbetracht dieser Sach- und Rechtslage stelle die Frage der Ausnahme nach § 3 Oö. Wasserversorgungsgesetz keine Vorfrage im hier auf Basis des § 5 Oö. Wasserversorgungsgesetz geführten Verfahren dar, weshalb auch die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens gem. § 38 AVG nicht gegeben seien. 

 

 

4. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer rechtzeitig Vorstellung.

 

Nach der Übergangsbestimmung des Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG in der Fassung der am 1. Jänner 2014 in Kraft getretenen Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 ist diese Vorstellung mit Wirkung vom 2. Jänner 2014 (ON 1 des verwaltungsgerichtlichen Aktes) an das mit dieser Novelle neu geschaffene Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen. Diese Vorstellung ist daher als Beschwerde iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG iVm dem Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zu behandeln.

 

Die Beschwerdeführer bringen zunächst vor, der Spruch des Berufungsbescheides vom 6. September 2013 könnte dahingehend interpretiert werden, dass mit diesem lediglich über den Antrag auf Verfahrensaussetzung abgesprochen werde. Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer hätte sich daher mit der Marktgemeinde E. diesbezüglich telefonisch in Verbindung gesetzt und bei der zuständigen Sachbearbeiterin in Erfahrung gebracht, dass der Berufungsbescheid nicht nur über den Aussetzungsantrag abspreche, sondern auch in der Sache selbst über die Berufung der Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters.

 

Sodann wiederholen die Beschwerdeführer ihre bereits im Berufungsverfahren vorgetragenen Argumente für die Gewährung einer Ausnahme von der Anschlusspflicht. Im Wesentlichen wird diesbezüglich vorgebracht, die Herstellung des Anschlusses sei in finanzieller Hinsicht unzumutbar und würde die Beschwerdeführer in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit ihres Eigentums verletzen. Es sei zudem nicht sachgerecht die Verpflichtung zur Herstellung des Anschlusses erst 33 Jahre nach Bewilligung der gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage auszusprechen. Die Gemeinde habe ihr Recht auf Ausspruch der Anschlussverpflichtung verwirkt.

 

Ergänzend wird auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides verwiesen, wonach die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Anschlusspflicht nicht hätten festgestellt werden können. Diese Begründung sei ausschlaggebend für die Berufungsausführungen gewesen. Es widerspreche den Grundsätzen der Effektivität und der Kostenersparnis vorerst ein derartiges wie das verfahrensgegenständliche Verfahren durchzuführen und erst in der Folge zu prüfen, ob eine gesetzliche Ausnahme von der Anschlusspflicht vorliege. Für den Fall, dass die Ausnahmekriterien vorlägen, sei es nämlich nicht erforderlich, die Anschlusspflicht festzustellen und eine Frist für die Herstellung des Anschlusses an die gemeindeeigene Wasserversorgungsanlage zu setzen. Die Anschlusspflicht hätte daher nicht festgestellt werden würfen, weil eine Ausnahme vom Anschlusszwang vorliege.

 

 

II.          Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt erwogen:

 

Gem. § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Gem. § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

 

Vorauszuschicken ist, dass es für die Beantwortung der Frage, ob mit dem angefochtenen Berufungsbescheid über die Berufung der Beschwerdeführer insgesamt, oder nur über den im Berufungsverfahren gestellten Aussetzungsantrag entschieden wurde, nicht auf den Inhalt eines allfälligen Telefongesprächs ankommen kann. Ausschlaggebend ist vielmehr der Spruch des angefochtenen Berufungsbescheides in Zusammenschau mit der Bescheidbegründung.

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH kommt eine Auslegung des Spruchs eines Bescheides nach dessen Begründung nur in jenen Fällen in Betracht, in denen der Spruch für sich allein Zweifel an seinem Inhalt offen lässt. Dagegen kommt eine Umdeutung (oder auch Ausweitung) eines klar gefassten Spruches anhand der Begründung des Bescheides nicht in Betracht. Ist somit der Spruch des Bescheides eindeutig, dann kommt der Begründung eine den Inhalt des Bescheides modifizierende Wirkung nicht zu. Selbst ein Widerspruch der Begründung zum Spruch ist unerheblich, wenn nach dem Wortlaut des Spruchs eines Bescheides über dessen Inhalt kein Zweifel herrschen kann. Eine über den formalen Spruchinhalt hinausgehende Gesamtbetrachtung von Spruch und Begründung findet somit ihre Grenze dann, wenn der formale Spruchinhalt durch Ausführungen im Begründungsteil nicht ergänzt bzw. komplettiert wird, sondern mit diesem in Widerspruch gerät (VwGH 18.10.2012, Zl. 2008/22/0693, mwN).

 

Der Spruch des angefochtenen Bescheides lässt keinen Zweifel daran, dass damit nur über den im Berufungsverfahren gestellten Aussetzungsantrag der Beschwerdeführer entschieden wurde. Im Sinne der obgenannten Grundsätze des VwGH ist es somit unzulässig den formalen Spruchinhalt des Bescheides in Zusammenschau mit der Begründung auszudehnen und etwa davon auszugehen, dass die Berufung der Beschwerdeführer insgesamt abgewiesen worden wäre. Die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde E. vom 5. März 2013 ist daher noch offen und von der belangten Behörde noch zu entscheiden.

 

Für das weitere Verfahren ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführer den erstinstanzlichen Bescheid insgesamt und nicht etwa eingeschränkt auf einzelne Spruchpunkte bekämpft haben. Die belangte Behörde bezieht sich in der hier verfahrensgegenständlichen Bescheidbegründung aber nur auf die Feststellung der Anschlusspflicht durch den Bürgermeister und übersieht dabei, dass mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters nicht nur eine Feststellung getroffen, sondern auch eine konkrete Leistung auferlegt wurde. Konkret wurde den Beschwerdeführern mit dem Bescheid des Bürgermeisters auch die Herstellung des Anschlusses an die gemeindeeigene Wasserversorgungsanlage samt Anschlussleitung entsprechend der Wasserleitungsordnung der Marktgemeinde E. binnen einer näher bestimmten Frist aufgetragen (Spruchpunkte I. und II. des erstinstanzlichen Bescheides). Darauf ist die belangte Behörde in ihrer Bescheidbegründung aber in keiner Weise eingegangen und wird diese daher auch darüber noch zu entscheiden haben (vgl. die Sachverhaltsdarstellung zu einer ähnlich gelagerten Rechtssache: VwGH 18.11.2013, Zl. 2013/07/0165).

 

III.            Ergebnis:

 

Mit ihrer Beschwerde richten sich die Beschwerdeführer nicht gegen die bescheidmäßige Abweisung des im Berufungsverfahren gestellten Aussetzungsantrages, sondern gegen die angenommene Sacherledigung ihrer Berufung.

 

Da die belangte Behörde aber nach dem zuvor Gesagten eine solche Sacherledigung noch nicht getroffen hat, ist der Instanzenzug betreffend die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde E. vom 5. März 2013 noch nicht ausgeschöpft. Die Beschwerde war somit mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung wegen Nichtausschöpfung des Instanzenzuges gem. § 28 Abs.1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss zurückzuweisen (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, K 2. zu § 28).

 

Bei diesem Ergebnis war auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht einzugehen.

 

IV.            Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Beschlusses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Verena Gubesch

Beachte:

Behandlung der Beschwerde wurde abgelehnt.

VfGH vom 05.06.2014, Zl.: E 11/2014-9