LVwG-100021/2/MK

Linz, 08.05.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde des Dr. K S, c/o H, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12.11.2013, GZ. 0043971/2012,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.        Gemäß § 50 VwGVG iVm § 45 Abs.1 Z2  VStG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

 

 

II.     Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Verwaltungsbehörde noch zu den Kosten des  Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1.         Mit Strafverfügung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 22.03.2013, GZ. 0043971/2012 wurde über Herrn Dr. K S (in der Folge: Bf) als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichem handelsrechtlichen Geschäftsführer der (als verantwortlicher Bauführer agierenden) H H- und T m.b.H., P, wegen einer Übertretung des § 57 Abs.1 Z8 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994) iVm § 18 Oö. Bautechnikverordnung (Oö. BauTV) eine Geldstrafe in der Höhe von 200,- Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 2 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung […] zu vertreten:

Die H H- und T m.b.H. hat als Bauführerin bei dem mit Bescheid des Magistrates Linz vom 4.11.2010, GZ 501/N100063, genehmigten Bauvorhaben „Neubau eines Büro-, Geschäfts- und Wohngebäudes mit Tiefgarage“, im Standort K x in L in der Nacht von 11.10.2012 auf den 12.10.2012 in der Zeit von 22.00 Uhr bis 02.00 Uhr Bauarbeiten, die im Freien Lärm erzeugen, nämlich Arbeiten mit einer Glättmaschine durchgeführt.“

 

I.2.       In seinem am 09.04.2013 eingelangten Einspruch führte der Bf zu der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung an, dass er diese deshalb nicht zu vertreten habe, da für das gegenständliche Bauvorhaben „Neubau Wohn- und Geschäftshaus K x, L, GU-Leistungen“ Herr A H als verantwortlicher Beauftragter bestellt worden sei.

 

Nichtsdestotrotz sei in der Sache festzuhalten, dass am 11.12.2012 [gemeint: 11.10.2012] um 06:00 Uhr mit den Betonierarbeiten für die Herstellung einer 25 cm starken monolithischen Bodenplatte im Ausmaß von 900 begonnen worden sei. Die Arbeiten, die – einmal begonnen – nicht mehr gestoppt werden könnten, hätten sich aus Witterungsgründen (der Beton habe nicht entsprechend „angezogen“) verzögert, sodass sie bedauerlicherweise erst um ca. 02:00 Uhr hätten abgeschlossen werden können. Es habe sich dabei aber um eine nicht geplante und einmalige Ausnahmesituation gehandelt.

 

Es würde daher die Auffassung vertreten, dass auch in der Sache der Bf in Ermangelung eines vorwerfbaren  Verschuldens nicht zur Verantwortung gezogen werden könne. Es würde somit die Einstellung des eingeleiteten Strafverfahrens beantragt.

 

Dem Einspruch war ein Bestellungsschreiben vom 31.08.2011 an das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk angeschlossen, in dem Herr A H für das gegenständliche Bauvorhaben als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 23 Abs.1 ArbIG für den Sachbereich der Einhaltung des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 und der Arbeitnehmerschutzvorschriften namhaft gemacht wird.

 

I.3.       Mit Straferkenntnis vom 12.11.2013, GZ. 0043971/2012, wurde der Tatvorwurf der obzitierten Strafverfügung bestätigt und darüber hinaus ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 20,- Euro vorgeschrieben.

 

Begründend wurde – neben der Feststellung der objektiven und subjektiven Tatbestandsmäßigkeit – im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bestellung eines verantwortlichen Vertreters nicht angenommen werden könne, weil der sachliche Verantwortungsbereich den inkriminierten Regelungsgegenstand, nämlich die Einhaltung der baurechtlichen Bestimmungen, nicht enthalte.

 

I.4.       Gegen dieses Straferkenntnis brachte der Bf das Rechtsmittel der Berufung [mittlerweile Beschwerde] ein und begründete dies im Wesentlichen damit, dass auf Grund eines internen Versehens dem Einspruch eine sachlich falsche Bestellungsurkunde beigelegt worden sei. Es würde nunmehr das die Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften betreffende Bestellungsschreiben, welches persönlich, sachlich und räumlich den Angaben im Einspruch gegen die Strafverfügung entsprechen würde, vorgelegt. Der Antrag auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens würde aufrechterhalten.

 

 

II.         Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt. Auf dessen Grundlage konnten weitere Ermittlungsschritte – insbesondere die Durchführung einer mündlichen Verhandlung – unterbleiben, da keine weitere Klärung des Sachverhaltes zu erwarten war.

 

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist unstrittig und steht im Sinne der obigen Ausführungen somit fest.

 

 

III.        Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:

 

III.1.     Verwaltungsstrafverfahren:

 

Gemäß § 9 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Nach Abs.2 der zitierten Bestimmung sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

III.2.     Verfahren vor dem Verwaltungsgericht: 

 

Gemäß § 28 Abs.1  Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

Nach § 45 Abs.4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn […] die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs.1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art.47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

 

 

IV.         Das Oö. Verwaltungsgericht hat erwogen:

 

Im Grunde der Bestimmung des § 9 Abs.2 VStG geht – bei ordnungsgemäßer Bestellung, d.h., wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind – die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit auf die beauftragte Person über (vgl. VwGH vom 29.06.2011, 2007/02/0334).

 

Diese Bestellung muss sich erkennbar (auch) den spezifischen Aspekt der Verantwortung iSd (österreichischen) Verwaltungsstrafgesetzes beziehen (vgl. VwGH vom 28.03.2014, 2014/02/0002).

 

Der räumliche und sachliche Geltungsbereich der Bestellung muss – mit Zustimmung des Beauftragten – klar abzugrenzen sein (vgl. VwGH vom 23.04.2014, 2014/09/0026). Voraussetzung für eine wirksame Bestellung sind ein interner Bestellungsakt und der Nachweis gegenüber der Behörde (vgl. VwGH vom 04.10.2012, 2010/09/0225). Der Bestellungsakt muss vor dem Zeitpunkt der inkriminierten Tatbegehung liegen. Der Zeitpunkt des Nachweises kann – sofern die Verwaltungsvorschriften keine speziellere Regelung treffen (vgl. etwa § 23 ArbIG) – auch (erst) innerhalb eine eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren liegen.

 

Unstrittig ist, dass die Fa. H H- und T m.b.H., P, deren handelsrechtlicher, nach außen zur Vertretung berufene Geschäftsführer der Bf ist, mit schriftlicher Meldung vom 31.08.2011 gegenüber der Baubehörde die verantwortliche Bauführerschaft gemäß § 40 Oö. BauO 1994 angezeigt hat. Diese Meldung wurde (neben einem Verantwortlichen der betreffenden Geschäftsbereichsleitung) auch von Herrn A H, und zwar in der Funktion als Bauleiter, unterzeichnet.

 

Sowohl die im Zuge des Einspruchs (irrtümlich) als auch die gemeinsam mit der Beschwerde vorgelegte Bestellungsurkunde zum verantwortlichen Beauftragten ist mit 31.08.2011 datiert. Es ist deshalb nachvollziehbar und entspricht wohl der gängigen Praxis in einem professionell strukturierten Unternehmen, dass an diesem Tag sämtliche internen Formalitäten im Zusammenhang mit der Übertragung der verantwortlichen Bauleitung an Herrn H erledigt wurden.

 

Dass bei einem Unternehmen dieser Größenordnung die Funktion des Bauleiters auch die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften umfasst, ist ebenfalls zweifelsfrei anzunehmen, bzw. wäre es – von der anderen Seite betrachtet – mehr als ungewöhnlich, wenn die Verantwortlichkeit für im Detail nicht überblickbare Bauvorhaben generell bei der Geschäftsleitung bliebe. Anhaltspunkte dafür, dass dies gerade bei diesem Bauvorhaben anders liegen würde, ergeben sich aus dem vorgelegten Verfahrensakt – der auch die wesentlichen Elemente des Baubewilligungsaktes beinhaltet – nicht.

 

Der sachliche und räumliche Geltungsbereich der vor Tatbegehung erfolgten Bestellung ist eindeutig beschrieben, ihr Umfang umfasst explicit auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung.

 

 

V.        Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass infolge der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Bf nicht gegeben ist.

 

 

VI.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Markus Kitzberger