LVwG-600821/8/MB/SA

Linz, 01.06.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des Herrn U K, geb. 1983, vertreten durch Dr. W Rechtsanwälte & Notare, Deutschland, vom 26. Februar 2015, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 16. Februar 2015, GZ VerkR96-19575-2014, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), aufgrund des Ergebnisses der am 28. April 2015 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung,  

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20 Euro zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen (in der Folge: belangte Behörde) hat Herrn U K (in der Folge: Beschwerdeführer) im angefochtenen Straferkenntnis 16. Februar 2015, GZ VerkR96-19575-2014, die Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 106 Abs. 5 Z 2 vorgeworfen und über ihn gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von 100 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 20 Stunden verhängt. Weiters wurde er von der belangten Behörde zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 10 Euro verpflichtet.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde (auszugsweise Wiedergabe) und wurde dieser wie folgt ausgeführt:

 

„Er habe als Lenker nicht dafür gesorgt, dass die Vorschriften des Kraftfahrgesetzes eingehalten wurden, da festgestellt wurde, dass er Kinder, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und welche kleiner als 150 cm waren, befördert habe und diese dabei nicht mit einer geeigneten, der Größe und dem Gewicht der Kinder jeweils entsprechenden Rückhalteeinrichtung, welche die Gefahr von Körperverletzung bei einem Unfall verringert, gesichert hatte.

 

Tatort: Gemeinde Kematen am Innbach, Autobahn A8, bei km 24.800, Fahrtrichtung Passau

Tatzeit: 03.09.2014, 19:16 Uhr

Fahrzeug: Kennzeichen x, PKW

 

Weiters führte die belangte Behörde aus:

„Aufgrund einer Anzeige der Landespolizeidirektion Oö. vom 13. Oktober 2014 wurde über Sie mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 23. Oktober 2014 zu VerkR96-19575-2014 wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 106 Abs. 5 Z. 2 KFG i.V.m. §134 Abs. 1 KFG (Kraftfahrgesetz) eine Geldstrafe von 100,00 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden, verhängt. Dagegen haben Sie mit Schreiben vom 11. November 2014 - durch Ihre Rechtsvertretung -fristgerecht Einspruch erhoben und begründeten diesen im Wesentlichen damit, dass Sie die zur Last gelegte Tat nicht begangen haben. Mit unserem Schreiben vom 28. November 2014 wurde Ihnen Gelegenheit gegeben, sich zu der Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsüberübertretung zu rechtfertigen und gleichzeitig Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse bekannt zu geben. Mit Ihrem Schreiben - durch Ihre Rechtsvertretung - vom 08. Dezember 2014 brachten Sie im Wesentlichen vor, dass Ihre Kinder zum Tatzeitpunkt angeschnallt waren und es keinen Grund zur Beanstandung gab. Zum Tatzeitpunkt sind Sie ganz normal auf der Autobahn gefahren, im Auto befanden sich Ihre Frau und zwei minderjährige Kinder. Ein Kind war angeschnallt und eins war in einer typischen Schale für Kleinkinder. Plötzlich wurden Sie von einer Zivilstreife überholt und wie sie wörtlich sagten, „ausgebremst“. Die Beamten kamen dann zu Ihrer Autotür und fragten Sie, warum Sie einen Baseballschläger mit haben. Sie gaben zur Antwort, dass Sie nun bereits 4.000 km gefahren sind und man wisse nie, was unterwegs so alles passiert. Während des Gesprächs wurden Ihre Kinder dann unruhig und das jüngste Kind, welches in einer für Kinder dieses Alters typischen Schale gesessen hatte, hat Ihre Ehefrau aus der Schale genommen und auf ihren Schoß gesetzt. Das andere Kind hatte sich abgeschnallt. Nach etwa 10 Minuten, nachdem dies alles geschehen war, hat die Polizei Fotos gemacht.

 

Aufgrund Ihrer Angaben wurde Herr Insp. R H vom Landeskriminalamt OÖ. am 15. Dezember 2014 um eine schriftliche Stellungnahme ersucht.

 

Mit Schreiben vom 07. Jänner 2015 bestätigt Herr Insp. R H nochmals die bereits in der Anzeige festgehaltene Tatsache, dass Sie bereits beim Überholvorgang in Ihrem PKW das ungesicherte Kind wahrgenommen haben. Es sei nicht richtig, dass Ihre Ehefrau das Kind erst während der Amtshandlung aus einer für das Kind dieses Alters typischen Schale genommen hätte.

 

Vom Ergebnis unserer Beweisaufnahme wurden Sie am 16. Jänner 2015 verständigt. In Ihrem Schreiben - durch Ihre Rechtsvertretung - vom 27. Jänner 2015 wiederholten Sie im Wesentlichen die Angaben im Einspruch vom 08. Dezember 2014 und brachten ergänzend vor, dass es für Sie nicht nachvollziehbar ist, wie die Polizisten bereits beim Überholvorgang gesehen hätten, dass das Kind bereits während der Fahrt ungesichert war. Abgesehen davon wäre auch ein kurzfristiges und eigenständiges Abschnallen der Kinder nicht sanktionswürdig, sofern ein umgehendes Anschnallen durch die Eltern wieder veranlasst wird.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Sie haben am 03. September 2014 gegen 19 Uhr 16 in Kematen am Innbach auf der Autobahn A 8 in Fahrtrichtung Passau bei km 24.800 als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x nicht dafür gesorgt, dass die Vorschriften des Kraftfahrgesetzes eingehalten wurden, da Sie ein Kind, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte und welches kleiner als 150 cm war, befördert haben und dieses dabei nicht mit einer geeigneten, der Größe und dem Gewicht des Kindes jeweils entsprechenden Rückhalteeinrichtung, welche die Gefahr von Körperverletzungen bei einem Unfall verringert, gesichert hatten.

 

Beweiswürdiqung:

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die dienstlichen Wahrnehmungen der Polizeiorgane in der Anzeige vom 13. Oktober 2014 und der schriftlichen Stellungnahme von Herrn Insp. R H vom 07. Jänner 2015. Aufgrund der Angaben durch die Polizeiorgane steht für die Behörde zweifelsfrei fest, dass Sie das Ihnen angelastete Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht haben.

 

Hinsichtlich der dienstlichen Wahrnehmung der Polizeiorgane wird festgehalten, dass einem Straßenaufsichtsorgan grundsätzlich zugemutet werden muss, für den Verkehr relevante Tatsachen und Sachverhalte richtig und objektiv festzustellen und wiederzugeben. Hiezu muss zweifellos die Feststellung zählen, ob beförderte Kinder in einem Kraftfahrzeug gesichert sind oder nicht. Zudem ist bei der schriftlichen Stellungnahme des Polizeibeamten zu bedenken, dass diese aufgrund seines Diensteides und seiner verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht unterliegen und der Poüzeibeamte bei wahrheitswidrigen Angaben mit straf- und dienstrechtlichen Sanktionen zu rechnen hätte. Schließlich kann auch nicht angenommen werden, dass Polizeiorgane Vorgänge zur Anzeige bringen, die gänzlich nicht den Tatsachen entsprechen. Der Beschuldigte hingegen kann sich aufgrund seiner verfahrensrechtlichen Position nach Opportunität verantworten, ohne deshalb Rechtsnachteile befürchten zu müssen. Zudem stellt sich die Frage, weshalb der Polizeibeamte den Beschuldigten wahrheitswidrig belasten sollte. Seine Aufgabe ist es ja, wahrgenommene Übertretungen entweder anzuzeigen oder per Organmandat zu sanktionieren.

 

Sie haben auch die subjektive Tatseite der angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt, wobei von einem fahrlässigen Verhalten im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG auszugehen ist. Sie haben auch kein Tatsachenvorbringen erstattet, das geeignet wäre, glaubhaft zu machen, dass Sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Ihre Strafbarkeit ist daher gegeben.

 

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 106 Abs. 5 Z 2 KFG 1967 hat der Lenker dafür zu sorgen, dass Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres, die kleiner als 150 cm sind, in Kraftwagen, ausgenommen Fahrzeuge der Klassen M2 und M3, nur befördert werden, wenn dabei geeignete, der Größe und dem Gewicht der Kinder entsprechende Rückhalteeinrichtungen verwendet werden, welche die Gefahr von Körperverletzungen bei einem Unfall verringern.

Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres die kleiner als 135 cm sind, sind mit einer geeigneten (der ECE-Regelung Nr. 44 entsprechenden) Rückhalteeinrichtung zu sichern (zB. Sitzerhöhung mit abnehmbarer Rückenlehne).

 

Gemäß § 134 Abs. 1 KFG ist für die vorliegende Verwaltungsübertretung ein Strafrahmen bis 5000 Euro vorgegeben, weshalb die verhängte Geldstrafe von 100 Euro im unteren Bereich des Strafrahmens angesiedelt ist. Dieser ist als schuld- und tatangemessen zu betrachten und stellt auch das notwendige Maß dessen dar, um Sie in Zukunft von der Begehung ähnlicher Übertretungen abzuhalten.

 

Zur Strafbemessunq ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Bei der Strafbemessung wurde die behördlich vorgenommene Schätzung (1500,00 Euro monatliches Nettoeinkommen, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) zugrunde gelegt. Zur Schätzung Ihrer Verhältnisse in Bezug auf Einkommen, Vermögen und Sorgepflichten darf in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass Sie bei der Einschätzung dieser Verhältnisse es sich Ihrer unterlassenen Mitwirkungspflicht zuzuschreiben haben, sollte die Behörde bei dieser Einschätzung zu Ihrem Nachteil Umstände berücksichtigt haben, die ohne ihre Mitwirkung dem hs. Amt nicht zur Kenntnis gelangen konnten (VwGH 14.1.1981, ZI. 3033/80).

 

Als Milderungsgrund war Ihre verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Erschwerende Umstände konnten nicht erhoben werden.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.

 

Der Tatbestand ist auf Grund der Ausführungen in der Anzeige als erwiesen anzusehen. Kindersicherung und Personenbeförderung kommt erhebliche Bedeutung zu, da immer mit der Notwendigkeit von abrupten Fahrmanövern zu rechnen ist. Bei unzureichender Sicherung besteht bei zB einem abrupten Bremsmanöver hohe Verletzungsgefahr für die Insassen. Aus diesem Grund ist die verhängte Geldstrafe angemessen und jedenfalls erforderlich, um Sie in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten.

 

ihr Verschulden an den gegenständlichen Übertretungen kann keinesfalls als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen ist, dass die Vermeidung der gegenständlichen Übertretungen eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hat, oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes nur schwer hätte vermieden werden können. Von einem geringfügigen Verschulden kann daher nicht ausgegangen werden

 

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.“

 

b) Gegen dieses Straferkenntnis – zugestellt am 23. Februar 2015 – erhob der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung die Beschwerde vom 26. Februar 2015, welche wie folgt lautet:

 

„Sehr geehrte Damen und Herren,

 

namens und im Auftrag meines Mandanten lege ich gegen das Straferkenntnis vom 16.02.2015 fristgerecht

 

B e s c h w e r d e

ein.

 

Die Beschwerde richtet sich gegen das Straferkenntnis vom 16.02.2015 mit dem Aktenzeichen VerkR96-19575-2014.

 

Das Straferkenntnis ist rechtswidrig, da ein zu sanktionierender Verstoß nicht vorliegt oder jedenfalls besondere Umstände vorliegen, die eine Verfahrenseinstellung rechtfertigen,  da sich das Kind - wenn überhaupt - selbständig abgeschnallt hat und umgehend von dem Betroffenen wieder angeschnallt wurde bzw. von dessen Ehefrau, so dass dem Betroffenen kein Vorwurf zu machen ist.

 

Es wird beantragt, das Verfahren einzustellen.“

 

 

2. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat die Beschwerde des Bf unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 13. März 2015, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt.

 

 

II.

 

1. Mit der Vorlage ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 28. April 2015, an welcher weder die belangte Behörde noch der Beschwerdeführer teilgenommen haben. Es wurde zum Tathergang der Zeuge R H befragt.

 

3. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens ergibt sich der Sachverhalt unstrittig aus den unter Pkt. I. angeführten Schriftsätzen. In den darüber hinaus strittigen Punkten ist folgender Sachverhalt festzustellen:

 

Beim langsamen Vorbeifahren bei dem Auto des Bf konnte von dem Zeugen eindeutig gesehen werden, wie die Gattin des Bf auf der Rücksitzbank auf der Fahrerseite gesessen ist und das verfahrensgegenständliche und zur Anzeige gebrachte Kind auf dem Schoß der Gattin gesessen hatte. Es war klar erkennbar, dass das Kind nicht im entsprechenden Sitz befestigt bzw. angeschnallt war.

 

Für den Zeitraum, wo der Zeuge mit seinem Kollegen bei dem Fahrzeug des Beschwerdeführers vorbeigefahren ist bis zum Zeitpunkt als es zur Anhaltung kam, befand sich das Kind im nichtangeschnallten Zustand.

 

Weiters ist festzustellen, dass auch ein zweites Kind im Auto befindlich war. Dieses Kind war jedoch nicht mit dem nichtangeschnallten, auf dem Schoß der Mutter sitzenden Kind verwechselbar.

 

3. Dieser Sachverhalt ist entgegen den Angaben des Bf festzustellen, da der Zeuge die Aussagen schlüssig und ohne Widersprüche darlegte. Der Einwand der Möglichkeit des Erkennens bei schwarzen Sitzen ist insofern nicht zielführend, da eben das Kind auf dem Schoß der Mutter gesessen ist und sohin die optische Wahrnehmung durch den Zeugen nachvollzogen werden kann. Auch die Dauer des „Nichtanschnallens“ gibt der Zeuge schlüssig an.

 

 

III.

 

 

1. Gemäß § 106 Abs. 5 Z 1 KFG hat der Lenker dafür zu sorgen, dass Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres, die 150 cm und größer sind, auf einem Sitzplatz eines Kraftfahrzeuges, der mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet ist, nur befördert werden, wenn sie den Sicherheitsgurt bestimmungsgemäß gebrauchen.

 

1.1. Hinsichtlich der in der Beschwerdeschrift – wohl – geltend gemachten Ausnahme von der Gurtenpflicht bei ganz geringer Gefahr ist darauf hinzuweisen, dass diese aufgrund der völlig eindeutigen Anordnung in § 106 Abs. 3 Z 1 KFG lediglich für den Lenker (arg. „der Abs. 2 gilt nicht“) Geltung entfaltet. § 106 Abs. 6 KFG, der die Ausnahmen für die Gurtenpflicht für Fälle des Abs. 5 festlegt, enthält eine derartige Anordnung hingegen nicht.

 

2. Darüber hinaus ist das Tatbild des § 106 Abs. 5 Z 1 KFG im Tatzeitraum mit dessen Ende 19.16 Uhr am 3.9.2014 als erfüllt anzusehen.

 

3. Umstände, welche das Verschulden hätten ausschließen können, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, sodass gemäß (§ 38 VwGVG iVm) § 5 Abs. 1 VStG in beiden Fällen zumindest von fahrlässigem Verhalten ausgegangen wird.

 

4. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach der anzuwendenden Verwaltungsstrafbestimmung des § 134 Abs. 1 erster Satz KFG begeht, wer unter anderem diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen.

 

Der Bf verfügt entsprechend der nicht widersprochenen Annahme der belangten Behörde über ein Einkommen von 1.500 Euro netto und besitzt kein Vermögen. Hinsichtlich der Sorgepflichten ist hingegen davon auszugehen, dass der Bf für zwei Kinder sorgepflichtig ist. Der Bf ist aktenkundig verwaltungsstrafrechtlich unbescholten; diese Tatsache bildet einen erheblichen Strafmilderungsgrund. Straferschwerungsgründe liegen nicht vor.

 

Nicht den Vorschriften entsprechende gesicherte Kinder sind bei Verkehrsunfällen besonderen Gefahren ausgesetzt, weshalb derartige Übertretungen durchaus als schwerwiegend anzusehen sind und deren Unrechtsgehalt beträchtlich ist.

 

Vor diesem Hintergrund ist die von der belangten Behörde zu Tatvorwurf 1) verhängte Geldstrafe in der Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Stunden) an sich als tat- und schuldangemessen anzusehen und aus spezialpräventiver Sicht in der festgesetzten Höhe erforderlich, um den Bf künftighin wirksam von weiteren einschlägigen Tatbegehungen abzuhalten. Dies umso mehr, als der Bf über das gesamte Verfahren hinweg die Einsicht seiner Schuld vermissen lässt. Auch aus dem Blickwinkel der Generalprävention steht dieser Strafzumessung nichts entgegen. Die Geldstrafe liegt zudem an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens und beträgt lediglich 2 % der möglichen Höchststrafe.

 

5. Für das Beschwerdeverfahren sind von dem Bf gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG Kosten in der Höhe von 20 Euro (= 20 % der von der belangten Behörde festgesetzten und nunmehr bestätigten Strafe) zu bezahlen.

 

 

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.  Markus  Brandstetter