LVwG-300664/7/GS/PP

Linz, 23.06.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag.a Gabriele Saxinger über die Beschwerde der Frau E. J., x, x, vom 24. März 2015, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 23. Februar 2015, GZ: Ge-1441/14, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30. April 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe gem. § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG i.V.m. § 20 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) auf 1.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 33 Stunden herab­gesetzt werden. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

 

II.      Nach § 38 VwGVG iVm § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde auf 100 Euro; für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.1.       Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 23. Februar 2015, GZ: Ge-1441/14, wurde über die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit.a iVm § 3 Abs. 1 AuslBG eine Geldstrafe in der Höhe von 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 200 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

„Sie haben es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma J. KG in x, x, verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten, dass der x Staatsbürger D. V., geb. x, am 2.6.2014 auf der Baustelle oa. Firma in x, x, von oa. Firma mit Maler- und Spachtelarbeiten beschäftigt wurde, wobei für diesen Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft
(§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeits­erlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine „Nieder­lassungsbewilligung-unbeschränkt (§ 8 Abs. 2 Ziff. 3 Nag) oder ein Aufent­haltstitel „Daueraufenthalt-EG“ (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis
(§ 24 FrG 1997) ausgestellt worden wäre.

Da Sie bereits wegen der Übertretung der Bestimmungen des Ausländer­beschäftigungsgesetzes bestraft wurden, stellt dies eine wiederholte Übertretung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes dar.“

 

I.2.       In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wird Folgendes vorgebracht:

 

„Ich habe keine Kenntnis von einer Anzeige des Team 43.

Das Team 43 hat mich am 26.9.2014 in meiner Firma besucht und eine Nieder­schrift gemacht.

Diesbezüglich wollte ich Ihnen mitteilen, dass wir mit dem Hr. D. V. am 28.05.2014 einen Werkvertrag mit seiner s. Firma D. x d.o.o gemacht haben.

Herr V. hat uns einige Dokumente seiner Firma mitgebracht und hat seriös gewirkt.

Der Auszug aus dem s. Firmenbuchregister bestätigt, dass die Firma D. x d.o.o seit 11.05.2012 existiert und keine Insolvenzverfahren veröffentlicht sind.

Deswegen sehe ich keine Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes.

Im Anhang übermittle ich Ihnen die Niederschrift des Team 43, den Werkvertrag, A. Firmenbuchauszug und Bilanzen der o.a. Firma.“

 

I.3.       Der Bürgermeister der Stadt Steyr hat die Beschwerde samt bezug­habendem Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 1. April 2015 dem Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Das Landesverwaltungsgericht entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch Einzelrichter.

 

I.4.       Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Aktenein­sichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am
30. April 2015, an welcher die Bf sowie ein Vertreter der Organpartei (Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr) teilgenommen haben. In der mündlichen Verhandlung wurde Herr F. J., der Ehegatte der Bf als Zeuge einvernommen.

 

II.         Folgender entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest:

 

Die Bf ist handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma J. KG mit dem Sitz in x, x. Die Firma der Bf erhielt von der Firma H. x GmbH den Auftrag, die Spachtelungs- und Malerarbeiten auf der Baustelle in x, x (Objekt mit drei Reihenhauseinheiten), durchzuführen. Um diesen Auftrag schneller ausführen zu können, wurde zwischen der Firma der Bf und der Firma D. x d.o.o, x, x, S, ein Werkvertrag abgeschlossen. Als Gewerk ist darin „Spachtelung/Anstrich“ vermerkt und als Leistung sind „90 m2 Spachteln ohne Material und 360 m2 Anstrich ohne Material“ bezeichnet. Als Pauschale sind
600 Euro (plus 20 % MwSt.) angegeben. Konkret wird zum Vertragsgegenstand weiter ausgeführt:

Objekt:                   x, x

Ausführung:           Spachtelungsarbeiten

Arbeitsbeginn:        KW22

Hinsichtlich Auftragsumfang und Preis ist genau festgehalten:

„Spachtelungs- und Malerarbeiten, Pauschale Haus 1.“

Zur Gewährleistung ist festgehalten, dass die Gewährleistungsfrist mit der förmlichen Übernahme des Gesamtbauwerkes durch den Bauherrn des AG beginnt und nach Ablauf von drei Jahren zuzüglich 60 Tagen endet. Der AN hat dem AG in gleicher Weise Gewähr zu leisten, wie es der Bauherr vom AG verlangt. Der Haftrücklass beträgt 5 % von der Abrechnungssumme.

 

Seitens der Firma D. erfolgte keine Rechnungslegung an die Firma der Bf.

 

Die Bf wurde auf die Firma D. x d.o.o dadurch aufmerksam, weil ihr Ehegatte auf einer Tankstelle Herrn D. V. kennen gelernt hatte. Herr V. teilte dem Gatten der Bf mit, dass er Arbeit braucht und in S eine Firma besitzt.

 

Am 27. Mai 2014 kam Herr V. ins Büro der Firma der Bf um Unterlagen (Arbeitsbüchlein, ....) für die Erstellung eines Werkvertrages vorzulegen. Dieser Vertrag wurde sodann von der Bf verfasst und am 28. Mai 2014 von beiden Parteien unterzeichnet.

Das Material wurde vom Bauherrn (Fa. H.) zur Verfügung gestellt. Die  Maler- und Spachtelungsarbeiten wurden mit einer speziellen Spritzmaschine durchgeführt. Diese zur Ausführung notwendige Spritzmaschine gehörte der Firma der Bf und wurde auch von Herrn V. mitbenutzt. Herr V. selbst besaß lediglich Kleinwerkzeug (Spachteln, verschiedene Kübeln, ....). Der auf der Baustelle mitarbeitende Gatte der Bf kontrollierte, ob die Arbeitsausführungen durch Herrn V. passen. Laut niederschriftlichen Angaben des Zeugen hätte bei nicht ordnungsgemäßer Ausführung die Firma der Bf dafür gehaftet.

 

Am 2. Juni 2014 fand um 14:00 Uhr auf der Baustelle in x, x, eine Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei statt. Dabei wurden Herr F. J. (Ehegatte der Bf) und der x Staatbürger D. V. bei Maler- und Spachtelungsarbeiten betreten. Herr V. werkte im Reihenhaus Objekt 1 und Herr F. J. im Objekt 3. Für den x Staatsbürger D. V., geb. x, lag keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung vor.

 

III.          Beweiswürdigung:

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2015. Zur Verhandlung sind die Bf sowie ein Vertreter der Legalpartei (Finanzamt) gekommen. Als Zeuge wurde der Ehegatte der Bf, Herr F. J., einvernommen. Dieser sagte glaubwürdig aus, dass die Firma der Bf dafür gehaftet hätte, wenn die Arbeiten nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden wären.

 

Anlässlich der mündlichen Verhandlung zeigte sich die Bf dahingehend einsichtig, dass die gewählte Variante mit dem von ihr erstellten Werkvertrag nicht den gesetzlichen Kriterien entspricht. Sie beteuerte, dass sie ihre Lehren daraus gezogen hat und abgesehen vom gegenständlichen Fall keine weiteren Subfirmen mehr auf diese Weise beauftragt hat.

 

 

IV.          Rechtslage und rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäfti­gungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebe­willigung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt. 

 

Nach § 2 Abs. 2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)  in einem Arbeitsverhältnis,

b)  in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)   in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3 Abs. 5 leg.cit.,

d)  nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)  überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüber­lassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs. 4 1. Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" (§ 8 Abs. 2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" (§ 45 NAG) oder ein Nieder­lassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

In § 2 Abs. 2 AuslBG wurde ein eigener Beschäftigungsbegriff – abweichend vom Sozialversicherungsrecht und Arbeitsvertragsrecht – geschaffen, der vor allem den spezifischen Gegebenheiten und verschiedenen Formen, unter denen Ausländer auf dem Arbeitsmarkt tätig werden können, Rechnung trägt und damit jede Tätigkeit in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit erfasst, gleichgültig ob es sich um ein Arbeitsverhältnis, um ein arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis, um ein Ausbildungsverhältnis oder um eine sonstige bloße Tätigkeit in Österreich handelt (VwGH 21.10.1998, Zl. 96/09/0185).

Was unter arbeitnehmerähnlichen Verhältnissen zu verstehen ist, ist nach Judikatur und Lehre unumstritten. Aufgrund des in § 2 Abs. 4 AuslBG ausdrücklich normierten Grundsatzes der Beurteilung nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt und nicht nach der äußeren Erscheinungsform des Sachverhaltes kommt es auch im Fall eines vorgelegten Werkvertrages zwischen einem Unternehmen und Ausländern nicht darauf an, in welchem Rechtsverhältnis die Vertragsparteien zueinander stehen, sondern auf die Verwendung unter bestimmten Umständen. Arbeitnehmerähnlichkeit ist dadurch gekennzeichnet, dass an sich ein Arbeits-(Vertrags-)Verhältnis nicht vorliegt, d.h. dass die für den Arbeitnehmertypus charakteristischen Merkmale der persönlichen Abhängigkeit zu gering ausgeprägt sind, um daraus ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis ableiten zu können, jedoch in einem gewissen Umfang gegeben sind. Wesen der Arbeitnehmerähnlichkeit ist, dass der Verpflichtete in seiner Entschlussfähigkeit auf ein Minimum beschränkt ist. Es kommt ausschließlich darauf an, ob das konkrete und genau erhobene Gesamtbild der Tätigkeit, die eine Person im Auftrag und für Rechnung eines anderen leistet, so beschaffen ist, dass sich die betreffende Person im Verhältnis zu ihrem Auftraggeber wirtschaftlich in einer ähnlichen Situation befindet, wie dies beim persönlich abhängigen Arbeitnehmer typischerweise der Fall ist.

Die inhaltliche Ausgestaltung der schriftlichen Vereinbarung allein kann die Anwendung der Bestimmungen des AuslBG über das Vorliegen einer bewilligungspflichtigen Beschäftigung nicht beseitigen, vielmehr sind dafür die tatsächlichen Umstände maßgeblich, unter denen der Ausländer verwendet wird (VwGH vom 16.5.2001, 98/09/0353). Das Vorliegen einzelner, auch für einen Werkvertrag sprechenden Sachverhaltselemente ist in diesem Sinne nicht ausreichend, wenn sich aus den Gesamtumständen unter Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Interessenslage Gegenteiliges ergibt (VwGH vom 15.9.2004, 2001/09/0233).

 

Typische Merkmale wirtschaftlicher Unselbständigkeit sind:

1.    die Verrichtung der Tätigkeit nicht in einem Betrieb oder einer Betriebsstätte des Verpflichteten, sondern in einem Betrieb des Unternehmers;

         2.    eine gewisse Regelmäßigkeit und längere Dauer der Tätigkeit;

         3.    die Verpflichtung zur persönlichen Erbringung der geschuldeten Leistung;

         4.    Beschränkungen der Entscheidungsfreiheit des Verpflichteten hinsichtlich der Verrichtung der Tätigkeit (Weisungsgebundenheit, „stille“ Autorität);

         5.    die Berichterstattungspflicht;

         6.    die Arbeit mit Arbeitsmitteln des Unternehmers;

         7.    das Ausüben der Tätigkeit für einen oder eine geringe Anzahl, nicht aber für eine unbegrenzte Anzahl ständig wechselnder Unternehmer;

         8.    die vertragliche Einschränkung der Tätigkeit des Verpflichteten in Bezug auf andere Personen (Unternehmerbindung, Konkurrenzverbot);

         9.    die Entgeltlichkeit und

         10. die Frage, wem die Arbeitsleistung zu Gute kommt.

(VwGH 18.10.2000, 99/09/0011)

 

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art „beweglichen System“, indem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmals durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (VwGH 22.02.2006, 2002/09/0187).

 

Der „Arbeitnehmerähnliche“ ist jedenfalls nicht persönlich vom Empfänger der Arbeitsleistung abhängig; seine wirtschaftliche Unselbständigkeit, derentwegen er als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren ist, muss darin erblickt werden, dass er unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer tätig und daher insofern vom Empfänger der Arbeitsleistung wirtschaftlich abhängig ist. (VwGH vom 15.12.1994, 94/09/0085).

 

Im konkreten Fall ist von einer Verpflichtung zur persönlichen Leistungs­erbringung der geschuldeten Spachtelarbeiten durch Herrn V. auszugehen. Der mitarbeitende Ehegatte der Bf sagte zeugenschaftlich aus, dass ihn Herr V. an einer Tankstelle angesprochen hat, dass er Arbeit braucht. Dabei ist von einer persönlichen Leistungserbringungspflicht von Herrn V. auszugehen. Die Erteilung von Weisungen an Herrn V. bezüglich des arbeitsbezogenen Verhaltens hat sich weitgehend erübrigt, da von einer sogenannten „stillen Autorität“ auszugehen ist. Die Erteilung von nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung an sich unterscheidungskräftigen Weisungen unterbleibt in der Regel dann, wenn und sobald der Arbeitnehmer von sich aus weiß, wie er sich im Betrieb des Dienstnehmers zu bewegen und zu verhalten hat; in diesen Fällen äußert sich das Weisungsrecht in Form von Kontrollrechten (vgl. VwGH vom 17.9.1991, 90/08/0152).

Aufgrund seiner Ausbildung (mittlere Fachbefähigung für Maler) wusste Herr V. von sich aus, wie die aufgetragenen Arbeiten auszuführen waren. Der Ehegatte der Bf sagte dazu korrespondierend zeugenschaftlich aus, dass er am Ende des ersten Arbeitstages nachgesehen hat, ob die Arbeitsausführung durch Herrn V. passte. Herr V. arbeitete mit den Betriebsmitteln der Bf. Die Arbeiten wurden laut Aussagen der Ehegatten J. mit einer Maler- und Spachtelungsmaschine ausgeführt. Dieses zur Ausführung notwendige Gerät wurde von der Firma der Bf zur Verfügung gestellt. Dieser Umstand ist im vorliegenden Fall als ein Wesentliches für das Vorliegen einer Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG sprechendes Moment anzusehen. Die Zurverfügungstellung von geeignetem Werkzeug durch den Auftraggeber spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages, weil ein zumindest arbeitnehmerähnlich Beschäftigter regelmäßig mittels Werkzeug oder Maschinen des Auftraggebers arbeitet (VwGH vom 22.1.1996, 19/05/95006). Das von Herrn V. beigestellte Kleinwerkzeug (Spachtel und Kübel) tritt dem gegenüber in den Hintergrund. Das vereinbarte Pauschalentgelt von 600.- Euro vermag kein Indiz in Richtung Vorliegen eines Werkvertrags darstellen, weil auch bei Arbeitsverträgen im Wirtschaftsleben das leistungsbezogene Entgelt bei abhängiger Arbeit weit verbreitet ist, man denke nur an Akkord-, Stück- und ähnlichen Lohn (VwGH vom 22.1.1996, 19/05/95006). Im gegenständlichen Fall kam es obendrein tatsächlich nie zu einer Rechnungslegung der Firma D. gegenüber der Firma der Bf. In einer wertenden Gesamtschau überwiegen somit die Merkmale für eine wirtschaftliche Unselbständigkeit. Der Ausländer wurde bei ähnlichen sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer verwendet, weshalb vom Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG auszugehen ist. Der von der Bf vorgelegte Werkvertrag stellt sich als Umgehungsversuch der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes dar. Bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung wurde Herr V. unter ähnlichen sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer verwendet, weshalb vom Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG auszugehen ist. Nach Beurteilung der Gesamtumstände kann dem Vorbringen in der Beschwerde nicht gefolgt werden und ist die Beschäftigung des Herrn V. als arbeitnehmerähnliches Verhältnis anzusehen.

 

Da für Herrn V. weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeige­bestätigung ausgestellt wurde, noch dieser im Besitz einer gültigen Arbeits­erlaubnis oder eines Befreiungsscheines oder einer „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ oder eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt-EG“ oder eines Niederlassungs­nachweises war, ist die objektive Tatseite der gegenständlich vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahr­lässigkeit wird bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen sein, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (sog. „Ungehorsamsdelikt“).

 

Nach Abs. 2 leg.cit. entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. VwGH 23.12.1991, 88/17/0010 mwN).

 

Der Bf ist es nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass sie dafür Sorge getragen hätte, einen rechtskonformen Werkvertrag zu schließen und für die Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG zu sorgen. Die angelastete Verwaltungsübertretung ist der Bf daher auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idgF iVm § 38 VwGVG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (statt vieler VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. u.a. VwSlg 8134 A/1971).

Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer zu berücksichtigender subjektiver Umstände. Neben den explizit genannten, wie insbes. Verschulden und Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, findet sich hinsichtlich der Erschwerungs- bzw. Milderungsgründe ein Verweis auf die §§ 32 bis 35 StGB.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 StGB hat das Gericht bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können. Nach Abs. 3 leg.cit. ist maßgeblich, wie intensiv ein Täter durch seine Handlung Pflichten verletzt hat, wie reiflich er seine Tat überlegt hat, wie sorgfältig er sie vorbereitet oder wie rücksichtslos er sie ausgeführt hat. Besondere Milderungsgründe liegen u.a. im Fall eines reumütigen Geständnisses, eines bisherigen ordentlichen Lebenswandels bzw. bisheriger Unbescholtenheit, achtenswerter Beweggründe, bloßer Unbesonnenheit, einer allgemein begreif­lichen heftigen Gemütsbewegung oder, wenn die Tat unter einem Umstand, der einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommt, begangen wurde, vor (vgl. § 34 StGB).

 

Da wegen des Vorliegens einer rechtskräftigen Bestrafung nach dem AuslBG der erhöhte Strafrahmen (2.000 bis 20.000 Euro) zur Anwendung kommt, wurde von der belangten Behörde die Mindeststrafe verhängt. Straferschwerend wurde von der belangten Behörde gewertet, dass die Bf bereits wegen einer Übertretung der Bestimmungen des AuslBG bestraft wurde.

 

Laut Erkenntnis des VwGH vom 18.12.2001, Zl. 99/09/0043, rechtfertigt diese einschlägige Vorbestrafung wohl die Anwendung des 2. Strafsatzes des § 28
Abs. 1 Z 1 AuslBG, hingegen bedeutet das Vorliegen von Strafvormerkungen nicht, dass alleine deshalb bei der Strafbemessung die außerordentliche Milderung nach § 20 VStG nicht anwendbar ist.

 

Die erkennende Richterin wertet als Milderungsgründe, dass die Bf in der Verhandlung reumütig eingestand, dass sie sich im Vorfeld besser über einen gesetzmäßigen Vertragsabschluss informieren hätte sollen und sie diese gegenständliche Vorgangsweise das einzige Mal vorgenommen hat. Als mildernd wirkt sich überdies aus, dass die Bf grundsätzlich vor Abschluss des Vertrages mit Herrn V. Informationen zu dessen Ausbildung und Firma eingeholt hat.

 

Es überwiegen daher die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich, weshalb von der erkennenden Richterin die verhängte Mindeststrafe auf die Hälfte herabgesetzt wurde.

 

Im Ergebnis war der Beschwerde daher insofern stattzugeben, als die Höhe der verhängten Geldstrafe auf 1.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 33 Stunden herabzusetzen war.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bf gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem LVwG vorzuschreiben. Die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens waren gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 1 und 2 VStG mit 100 Euro festzusetzen.

 

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V.        Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Gabriele Saxinger