LVwG-410461/13/FP/HUE – 410462/12

Linz, 15.06.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter         Mag. Pohl über die Beschwerden 1) der B.M. S. s.r.o., x, x, und 2) des H.S., x, x, beide vertreten durch Hrn. Dr. P.R., Rechtsanwalt, x, x, gegen den Bescheid des Landespolizeidirektors von Oberösterreich vom 6. Oktober 2014, Zl. VStV 852700/2014, wegen der Beschlagnahme eines Glücksspielgeräts nach dem Glücksspielgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20. Jänner 2015

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.   Gemäß § 50 VwGVG werden die Beschwerden abgewiesen und der angefochtene Beschlagnahmebescheid hinsichtlich des Geräts "Royal Win" mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch der Tag der Beschlagnahme von "16.07.201" auf "16.07.2014" korrigiert wird.

 

 

II.  Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid des Landespolizeidirektors der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 6. Oktober 2014, Zl. VStV 852700/2014, der sowohl der Erstbeschwer­de­führerin (im Folgenden: ErstBf), dem Zweitbeschwerdeführer (im Folgenden: ZweitBf) als auch dem Finanzamt zugestellt wurde, wurde wie folgt abgesprochen:

 

"BESCHLAGNAHMEBESCHEID

 

Über die am 16.07.201, um 08.30 Uhr, in L., x, im Lokal der S. T., von Organen des Finanzamtes Linz durchgeführte vorläufige Beschlagnahme von einem Glücksspielgerät ergeht von der Landespolizeidirektion als gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz zuständige Sicherheitsbehörde erster Instanz folgender

 

S p r u c h :

 

Gemäß § 53 Abs. 1 Zi. 1 lit. a Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 13/2014, wird von der Landespolizeidirektion zur Sicherung der Einziehung die Beschlagnahme des vorläufig beschlagnahmten Glücksspielgerätes mit der Gehäusebezeichnung

 

FA2) Royal Win ohne Seriennummer Versiegelungsplaketten x

 

angeordnet."

 

Dieser Bescheid wurde zusammengefasst damit begründet, dass es sich um ein Glücksspielgerät handle und der Verdacht bestehe, dass mit diesem fortgesetzt gegen die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes verstoßen werde. Die ErstBf sei Eigentümerin des Geräts und Veranstalterin der Ausspielungen, der ZweitBf Inhaber des Geräts.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden rechtzeitigen Beschwerden vom 5. November 2014. In diesen wird wortident Folgendes ausgeführt:

 

"Der Bescheid wird in seinem gesamten Inhalt angefochten und dessen Aufhebung beantragt.

 

II. Sachverhalt

Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 06.10.2014, Zl. VStV 852700/2014, wurde gegenüber den Beschwerdeführern die Beschlagnahme eines näher bezeichneten 'Glücksspielgerätes' gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG ausgesprochen.

 

Die erstinstanzliche Behörde führte im Wesentlichen aus, dass der begründete Verdacht eines Verstoßes gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 des Glücksspielgesetzes vorliege.

 

III. Rechtzeitigkeit der Beschwerde

Der Bescheid der belangten Behörde wurde am 09.10.2014 zugestellt, die Beschwerdeerhebung mit 05.11.2014 ist daher rechtzeitig.

 

IV. Beschwerdegründe

 

1.)

Mit gegenständlichem Gerät kann nicht in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen werden. Glücksspiele iSd GSpG wurden keine angeboten.

 

Ein Verstoß gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG fand auch nicht statt.

 

Eine Spielbeschreibung der einzelnen - angeblich auf den Geräten ausführbaren - Spielprogramme liegt nicht vor, weshalb dem Bescheid nicht zu entnehmen ist, warum die Behörde nun tatsächlich davon ausgeht, dass Glücksspiele angeboten wurde.

Die Beschlagnahme stellt ein Sicherungsmittel dar, das weitere Eingriffe in das Glücks spielmonopol des Bundes verhindern soll. Es liegt demnach an der Behörde ausreichende Feststellungen zu treffen, dass tatsächlich ein Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes vorliegt. Eine Beschlagnahme stellt einen massiven Eingriff in das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums dar und kann mit den vorliegenden rudimentären Feststellungen nicht als ausreichend gefunden werden. Es hat tatsächlich kein Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes stattgefunden.

 

Es wird beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und sämtliche bei der Kontra le anwesenden Beamten als Zeugen zu vernehmen, dies zum Beweis dafür, dass kein Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG vorliegt.

 

2.)

Die belangte Behörde war zur Entscheidung in der Sache unzuständig.

 

Feststellungen zu den bei an angeblich angebotenen Glücksspielen höchstmöglichen Einsätzen finden sich im angefochtenen Bescheid in unerklärlicher Weise keine.

 

Inwieweit tatsächlich die (höchst)möglichen Einsätze an den Geräten erhoben wurden, lässt sich weder dem angefochtenen Bescheid noch den Dokumentationsformularen GSp26 entnehmen.

Ebenfalls ergibt sich nicht, ob allenfalls Serienspiele veranlasst werden konnten. Unabhängig des Vorliegens einer Auto(matic)-Start-Taste ist dies jedoch bereits aufgrund der erhobenen äußerst günstigen Gewinn-/Verlustrelation evident.

 

Soweit nicht nur um bloß geringe Beträge gespielt werden kann (bzw. Serienspiele veranlasst werden können) ist auch nach der nunmehrigen Regelung des § 53 Abs. 3 GSpG nach wie vor eine ausschließlich gerichtliche Zuständigkeit gegeben. Der Fall, dass durch eine Tat sowohl eine Verwaltungsübertretung als auch eine Verwirklichung des      § 168 StGB vorliegt, ist aufgrund verfassungsrechtlicher Überlegungen überhaupt nicht denkbar (vgl. bspw Stellungnahmen des LVwG Tirol und des LVwG Vorarlberg zum Entwurf des Abgabenänderungsgesetzes 2014). Danach ist nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gar nicht denkbar, dass gleichzeitig Tatbestände nach dem Glücksspielgesetz und dem § 168 StGB gegeben sein können. Im gegenteiligen Fall würde man dem Gesetz einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellen.

 

Wollte man die Neuregelung des § 52 GSpG anders verstehen, wäre die neugeregelte Bestimmung des § 52 GSpG schlicht auf der Hand liegend - insb wegen Verstößen gegen a.) Art. 18 iVm Art. 83 Abs. 2 B-VG, b.) Art. 91 B-VG und c.) gleichheitsrechtlichen Überlegungen - verfassungswidrig.

 

3.)

Selbst unter der Annahme, es handle sich um 'Glücksspielgeräte', stellt die Beschlagnahme der verfahrensgegenständlichen Geräte gemäß 5 53 GSpG eine gegen das unionrechtlich begründete Anwendungsverbot verstoßende Sanktion dar: diesbezügliche strafbewehrte Verbot sind nicht anwendbar:

 

Es ist ständige Rsp. des EuGH, dass jede Monopol- oder Konzessionsregelung eine Beschränkung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit darstellt und daher grundsätzlich den unmittelbar anwendbaren Grundfreiheiten widerspricht und nicht anwendbar ist, sofern diese Beschränkung nicht vom Mitgliedstaat ausnahmsweise gerechtfertigt werden kann. So führte der EuGH im Urteil Pfleger in der Rs. C-390712 betreffend eines Vorlageverfahrens des UVS Oberösterreich erst jüngst mit Urteil vom 30.04.2014 aus:

 

'39. Eine Regelung eines Mitgliedstaats wie die in den Ausgangsverfahren in Rede

      stehende, die den Betrieb von Glücksspielautomaten ohne vorab erteilte

      behördliche Erlaubnis verbietet, stellt eine Beschränkung des durch Art. 56

      AEUV garantierten freien Dienstleistungsverkehrs dar (vgl. in diesem Sinne

      u.a. Urteil Placanica u. a., C-338/04, C-359/04 und C-360/04,

      EU:C:2007:133,

      Rn. 42). [..]

54. Das Gericht scheint ferner anzunehmen, dass das wahre Ziel der fraglichen

restriktiven Regelung nicht in der Kriminalitätsbekämpfung und dem      Spielerschutz   liegt,   sondern   in   einer   bloßen   Maximierung   der     Staatseinnahmen, obwohl der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass das Ziel, die Einnahmen der Staatskasse zu maximieren, für sich allein eine solche Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs nicht rechtfertigen kann (vgl. Urteil Dickinger und Omer, EU:C:2011:582, Rn. 55). Diese Regelung erscheine, so das Gericht, jedenfalls unverhältnismäßig, da sie nicht geeignet sei, die von der Rechtsprechung des Gerichtshofs geforderte Kohärenz zu garantieren, und über das hinausgehe, was zur Erreichung der angeführten Ziele erforderlich sei,

55. Sollte das vorlegende Gericht bei dieser Auffassung bleiben, müsste es zu dem

     Ergebnis kommen, dass die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende

     Regelung nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist.'

 

Im Ergebnis erkannte der erkannte der EuGH mit Urteil zu Recht:

'Art. 56 AEUV [Dienstleistungsfreiheit] ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, sofern diese Regelung nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und nicht tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen'.

 

Im weiterführenden Verfahren hat das nunmehr zuständige Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in dieser Sache ausgehend von den obigen Vorgaben des EuGH mit Erkenntnis vom 09.05.2014, LVwG-410287/4/Gf/Rt, zusammenfassend das im GSpG verankerte Monopolsystem als unionsrechtswidrig klassifiziert und das anhängig gewesene Verwaltungsverfahren eingestellt. Begründet führte das LVwG aus, dass das im Glücksspielgesetz verankerte Monopolsystem nur vordergründig das Ziel des Spielerschutzes und nicht wirklich das Ziel der Kriminalitätsbekämpfung, sondern in erster Linie vielmehr das Ziel einer Maximierung der Staatseinnahmen verfolgt.

 

Auch vom Obersten Gerichtshof wurde schon dargelegt, dass das Glücksspielmonopol des GSpG und das darauf basierende Konzessionssystem prinzipiell der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit (und darüber hinaus auch der Niederlassungsfreiheit) widerstreiten. Ganz deutlich führt der OGH schließlich am 27.11.2013 (2 Ob 243/12t) aus:

'Die europarechtliche Zulässigkeit des Monopols unterliegt aber als besonders gravierender Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit [...] strengen Voraussetzungen, sowohl was die Modalitäten der Vergabe der das Monopol ratzenden Berechtigungen bzw. Konzessionen als auch das Verhalten der Berechtigten bzw. des Konzessionärs selbst und deren/dessen Überwachung durch die nationalen Behörden betrifft.' (Vl.2.).

[..,.]   Werden   diese   Vorgaben   nicht  eingehalten,   ist  das   Monopol gemeinschaftsrechtswidrig und sind die Monopol-Vorschriften aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts unanwendbar Im Sinne einer effektiven Umsetzung des EU-Rechts ('effet utile') muss sich in einem solchen Fall die Unanwendbarkeit auf alle Bestimmungen des GSpG beziehen, die das Monopol normieren und seine Umsetzung regeln. Auch die Strafbestimmung das § 168 StGB ist in diesem Licht zu sehen.

[...] Da das ABGB selbst nicht Glücksspiele verbietet, sondern diesbezüglich auf die 'politischen Gesetze' verweist und dieses konkrete Verbot sich aus dem GSpG und seiner Monopolregelung ergibt, bestünde im Fall der Unanwendbarkeit dieser Bestimmungen wegen Verstoßes gegen das EU-Recht kein innerstaatliches Verbot von Glücksspielen in 'politischen Gesetzen' mehr [...]'.

 

Der grundsätzliche Widerspruch des Glücksspielmonopols des Bundes zur Dienstleistungsfreiheit (aber auch zur Niederlassungsfreiheit) des Unionsrechts (Art. 56ff. AEUV) ist damit (spätestens) seit dem Urteil des EuGH vom 30.04.2014 in der Rs         C-390/12, Pfleger, und dem Beschluss des OGH v. 27.11.2013 evident. Der österreichische rechtliche Rahmen für die Regulierung des Glücksspiels wird darüber hinaus auch vom rechtswissenschaftlichen Schrifttum mit unterschiedlichen Begründungen, im Ergebnis aber einhellig, als unionsrechtswidrig qualifiziert.

 

Prüfprogramm:

 

Der EUGH hat in seiner ab dem Jahr 2010 ergangenen Judikatur im Bereich des Glücksspiels ein sehr präzises Prüfprogramm entwickelt, unter welchen Voraussetzungen ausnahmsweise eine Monopol- oder Alleinkonzessionsregelung als solche - die ja als solche schon eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt - zulässig ist.

 

            Vgl, EuGH, verb. Rs. C-316/07, C-358/07 bis 0360/07, C-409/07 und C-410/07,

            Stoß; Rs. C-46/08, Carmen M. Group; Rs. C-212/08, Zeturf, Rs. C-2 47/09,

            Dickinger und Ömer.

 

Wie der EuGH im Zusammenhang mit dem Glücksspiel in Auslegung des Art. 56 AEUV bereits mehrfach entschieden hat (verb. Rs. C-316/07, C-358/07 bis C-360/07, C-409,07 und C-410/07, Stoß, Rz. 83; Rs. C-347/09, Dickinger und Ömer, Rz. 54; Rs. C-212/08, Zeturf, Rz. 58), ist eine so restriktive Maßnahme wie die Errichtung eines Monopols zur Beurteilung ihrer Vereinbarkeit mit dem freien Dienstleistungsverkehr hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit im Zuge der Prüfung der Geeignetheit von den nationalen Gerichten und Behörden zwingend auf folgende drei (kumulativ zu bejahende) Fragen zu prüfen:

 

·         Kann vom Mitgliedstaat der Nachweis geführt werden, dass die kriminellen

und betrügerischen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Spielen und die Spielsucht im betreffenden Mitgliedstaat ein Problem waren und nur eine Ausweitung der zugelassenen und geregelten Tätigkeiten diesem 3roblem hätte abhelfen können?

·         Kann vom Mitgliedstaat weiters der Nachweis geführt werden, dass die Geschäftspolitik des Konzessionärs - und insbesondere seine Werbeaktivitäten - maßvoll und begrenzt sind? Dies, so der EuGH, ist z.B. dann nicht der Fall, wenn 'verführerisch bedeutende Gewinne in Aussicht' gestellt werden.

·         Genügt das Gesamtsystem der innerstaatlichen Glücksspielregelungen vor dem Hintergrund der konkreten Anwendungspraxis den Vorgaben des EuGH hinsichtlich seiner (rechtlichen und praktischen) Kohärenz?

 

In seinen Schlussanträgen vom 20.9.2012 in der verb. Rs. C-186/11 u. C-209/11, Stanleybet, fasst EuGH-Generalanwalt Mazak die Kernaussage der Rechtsprechung wie folgt zusammen:

 

'Die Art. 49 AEUV und 56 AEUV sind in dem Sinne auszulegen, dass eine nationale Regelung, die das ausschließliche Recht zur Durchführung, zur Verwaltung, zur Organisation und zum Betrieb von Glücksspielen einem einzigen Unternehmen überträgt, das in der Form einer börsennotierten Aktiengesellschaft errichtet worden ist, gerechtfertigt sein kann, soweit sie tatsächlich das Ziel der Verminderung des Angebots von Glücksspielen oder das Ziel der Bekämpfung der mit Glücksspielen zusammenhängenden Kriminalität durch Lenkung der Spieler in kontrollierte Bahnen verfolgt und s weit sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, diese Ziele kohärent und systematisch zu erreichen. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu entscheiden, welches dieser Ziele mit der streitigen nationalen Regelung tatsächlich verfolgt wird und ob die Regelung tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, die Ziele in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Insbesondere kann das nationale Gericht, soweit es entscheidet, dass das Ziel der streitigen nationalen Regelung in der Beschränkung des Glücksspielangebots in Griechenland besteht, nicht zu dem Ergebnis gelangen, dass die Regelung tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, dieses Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen, wenn es feststellen sollte, dass der Monopolinhaber tatsächlich eine Expansionspolitik betreibt und dass das ihm übertragene ausschließliche Recht zu einer Ausweitung statt einer Verminderung des Glücksspielangebots führt. Sollte das nationale Gericht hingegen feststellen, dass das alleinige Ziel der streitigen nationalen Regelung darin besteht, die mit Glücksspielen zusammenhängende Kriminalität zu bekämpfen, indem Spieler in erlaubte und geregelte Bahnen gelenkt werden, kann eine vom Monopolinhaber betriebene Expansionspolitik, die u. a. durch eine Ausweitung des Glücksspielangebots und Werbung für diese Glücksspiele gekennzeichnet ist, nur dann als kohärent angesehen werden, wenn die kriminellen und betrügerischen Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Glücksspiel in Griechenland tatsächlich ein Problem erheblichen Umfangs darstellen, dem eine Ausweitung der zugelassenen und regulierten Tätigkeiten abhelfen könnte. Im Übrigen müssen erstens die Ausweitung des Glücksspielangebots und die Werbung für diese Glücksspiele maßvoll und eng auf das begrenzt bleiben, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den kontrollierten Spielenetzwerken zu lenken, und zweitens muss das Glücksspielangebot des Monopolinhabers einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegen.'

 

Dass die Vornahme dieses Prüfprogramms (insb. auch die Würdigung der Werbeaktivitäten des Alleinkonzessionärs) für die Beurteilung der Unionsrechtskonformität - und damit der Anwendbarkeit - des österreichischen Glücks Spielmonopols unerlässlich ist, wird auch vom OGH bestätigt (vgl. OGH 27.11.2013, 2 Ob 243/12t, VI.2. und VII.1.).

 

Eine Prüfung des Charakters der Geschäfts- und Werbepolitik des Alleinkonzessionärs führt zum Ergebnis, dass das faktische Verhalten der Konzessionsinhaber Österreichische Lotterien GmbH und Casinos Austria AG den klaren Vorgaben des EuGH eindeutig und offenkundig widerspricht.

 

Nichtdiskriminierung und Transparenz:

Schließlich sind auch die verfahrensrechtlichen Vorgaben des Unionsrechts für die Zulässigkeit einer Monopolregelung im Glücksspielbereich, nämlich Nichtdiskriminierung und Transparenz nicht gegeben.

 

In seinem Urteil im Fall Engelmann hat der EuGH die Kriterien für die Vergabe der Konzessionen im Zusammenhang mit dem österreichischen GSpG klargestellt. Der EuGH weist darauf hin, dass

 

'40. [...] die öffentlichen Stellen, die solche Konzessionen vergeben, [...) die Grundregeln der Verträge, insbesondere Art. [49] und [56 AEUV ...] zu beachten haben'.

 

Aus den betreffenden Bestimmungen über die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit leitet der EuGH ein Diskriminierungsverbot sowie ein Transparenzgebot ab.

 

Aus diesem Grund hat er die damals gegebene Verpflichtung der Konzessionsinhaber, ihren Sitz im Inland zu haben, als unvereinbar mit der in Art. 49 AEUV gewährleisteten Niederlassungsfreiheit angesehen (Rs. C-64/08, Engelmann, Rz. 32).

 

Außerdem stellte nach Auffassung des EuGH die ohne angemessenen Grad an Öffentlichkeit durchgeführte Vergabe einer Konzession an einen Wirtschaftsteilnehmer, der in dem Mitgliedstaat niedergelassen ist, dem der öffentliche Auftraggeber angehört (die Österreichische Lotterien GmbH), eine Ungleichbehandlung zum Nachteil von in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmern dar, die keine reale Möglichkeit hatten, ihr Interesse an der fraglichen Konzession zu bekunden. Eine derartige Ungleichbehandlung verstößt laut EuGH daher gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und stellt eine (mittelbare) Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar, die nach den Art. 49 und 56 AEUV verboten ist.

 

Siehe EuGH, Rs. C-64/08, Engelmann, Rz. 43, 51 u. 58. Zum Transparenzgebot vg . Stadler/Aquilina. Der unionsrechtliche Transparenzgrundsatz im Glücksspiel, ecolex 2010, 813 ff

 

Ob mit der im Jahr 2011 auf Basis der GSpG-Novelle 2011 (BGBl. I Nr. 111/2010) durchgeführten Neuvergabe der Konzession für Ausspielungen gem. § 14 GSpG den Anforderungen des EuGH an ein nicht-diskriminierendes und transparentes Verfahren tatsächlich Genüge getan wurde, ist zu bezweifeln. Die vom EuGH im Urteil Engelmann festgestellten Unionsrechtswidrigkeiten wurden immer noch nicht beseitigt.

 

Zwar wurde das Sitzerfordernis für die Ausspielungskonzession derart abgeändert, dass ein Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat ausreichend wäre, allerdings nur, wenn der potentielle Konzessionär auch im anderen Mitgliedsstaat, in dem er niedergelassen ist, über eine 'vergleichbare Lizenz' verfügt. Andernfalls muss der Konzessionär, im Fall einer erfolgreichen Bewerbung, eine Niederlassung in Österreich gründen. Die Erläuternden Bemerkungen des Ministerialentwurfs (zu den §§14 und 21 GSpG) führen weiters aus, dass es die Pflicht der Bewerber (!), die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind, ist, den Nachweis der Vergleichbarkeit der Konzessionen sowie eine Erklärung der ausländischen Glücksspielaufsichtsbehörde zur Bereitschaft zur Verwaltungszusammenarbeit mit den österreichischen Behörden beizubringen.

 

Diese Änderungen durch die GSpG-Novelle 2011, auf deren Grundlage das Vergabeverfahren für die Ausspielungskonzession durchgeführt wurde, diskriminieren Konzessionswerber aus anderen Mitgliedstaaten weiterhin, weil es für Konzessionswerber aus Österreich ausreicht, einen Sitz im Inland zu haben, während Interessenten aus anderen Mitgliedstaaten zahlreiche Hürden zu absolvieren haben: Selbst mit einem Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat muss eine vergleichbare Lizenz in diesem Mitgliedstaat nachgewiesen und die Erklärung der dortigen Behörde beigebracht werden, während ein österreichischer Bewerber keines von beidem vorweisen muss. Darüber hinaus lässt die Bestimmung 'vergleichbare Aufsicht und Kontrolle im Ausland' der österreichischen Behörde einen allzu weiten Ermessensspielraum. Eine Erklärung seitens der ausländischen Glücksspielbehörde, die der Bewerber einholen muss, ist nicht rechtfertigbar. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist es die Pflicht der österreichischen Behörden (und nicht des Bewerbers), die Verwaltungszusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden aufrecht zu erhalten. Zudem war die Vergabe der Ausspielungslizenz an Kriterien geknüpft, die auf den bisherigen Konzessionsinhaber, die Österreichische Lotterien GmBH zugeschnitten waren (Mindestkapital, Namensaktien, Verbot von Filialbetrieben außerhalb Österreichs, Bestellung eines Staatskommissärs usw.) und über das zur Zielerreichung erforderliche hinausgehen und daher mit der Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar sind.

 

Siehe Talos/Stadler, EuGH kippt österreichisches Glücksspielmonopol, ecolex 2010, 1006 ff. (1007); Leidenmühler, Internet-Glücksspiel und Dienstleistungsfreiheit nach 'Liga Portuguesa' - Weiterhin viele offene Fragen, ELLF 2010, 11-1 ff. (4); Kattinger, Als ob Casinos Austria ausgeschrieben hätte, NZZ v.27.12.2011.

 

Dies führt zum Ergebnis, dass das GSpG selbst nach den Novellierungen 2011 weiterhin nicht unionsrechtskonform ausgestaltet ist und die Konzessionsvergabe an die Österreichische Lotterien GmbH nicht in einem den Anforderungen des Unionsrechts genügenden Verfahren erfolgt ist.

 

Eingehend Stadler/Aquilina, Das Engelmann-Urteil und seine Auswirkungen auf Österreich, TIME Law News 05/2010,10 ff. (15 f.).

 

Diese Rechtslage dauert so lange an, bis in einem tatsächlich diskriminierungsfreien Verfahren eine unionsrechtskonforme Konzessionsvergabe erfolgt ist.

 

Eine Kohärenzprüfung hinsichtlich des gesamten rechtlichen Rahmens für das Glücksspiel führt zum Ergebnis fehlender Kohärenz des innerstaatlichen rechtlichen Rahmens für   das   Glücksspiel   sowie   seiner   konkreten   praktischen Anwendungsmodalitäten (vgl. etwa LVwG vom 08.05.2014, Zlen. LVwG-410269/6/Gf/Rt und LVwG-410285/4/Gf/Rt).

 

Es wird beantragt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen.

 

Sodann wird beantragt, der Beschwerde Folge zu geben, die angefochtene Entscheidung ersatzlos aufzuheben und die Geräte freizugeben."

 

 

I.3. Mit Schreiben vom 24. November 2014 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerden den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, insbesondere in die im Akt erliegende Dokumentation, eine den Parteien zur Kenntnis gebrachte Stellungnahme des BMF vom 18.9.2014 samt Glücksspielbericht 2010 - 2013, Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20. Jänner 2015, sowie Einsichtnahme in das T. Handelsregister (Online Auskunft).

 

Die Beschwerdeführer brachten in der Stellungnahme ON 9 ergänzend zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des GSpG vor und legten Beispiele für die Werbungen und Ankündigungen der Konzessionsinhaber vor.

In der mündlichen Verhandlung brachten die Beschwerdeführer vor, dass sich der Österreichische Automatenverband seit Jahren mit der Thematik "Glücksspiel" und dessen Unionsrechtswidrigkeit befasse. So sei er zuletzt am 13. Jänner 2015 zu dem Ergebnis gelangt, dass der Zusatzbericht des Finanzministeriums selbst Unionsrechtswidrigkeit aufgrund mangelnden Spielerschutz zustehe. Auch zahlreiche Untersuchungen des Automatenverbandes würden zum selben Schluss kommen. Vorgelegt wurde vom Rechtsvertreter eine Aussendung des Österreichischen Automatenverbandes vom 13. Jänner 2015 samt Beilagen. Weiterer Beweis: Helmut Kafka, p.A. Österreichischer Automatenverband, Guglgasse 5, Wien.

 

Der Zeuge gab in der öffentlichen mündlichen Verhandlung an, dass er bei der gegenständlichen Kontrolle die Fotos angefertigt habe und die Probebespielungen regelmäßig gleichförmig, also standardisiert ablaufen würden. Die  Aufzeichnungen im Akt seien korrekt: Nach Einwurf von Testspielgeld würden das Spiel, der Mindesteinsatz und der mögliche Gewinn auf dem Gerät ausgewählt. Sodann werde dieses Spiel gespielt und dieselbe Prozedur mit dem möglichen Höchsteinsatz wiederholt. Diese Schritte würden auf Fotos festgehalten. Anschließend werde von der Finanzpolizei das GSp26-Formular ausgefüllt und so lange weitergespielt, bis das Geldguthaben aufgebraucht sei. Damit werde festgestellt, wie die Gewinnmöglichkeiten aussehen. Ob Serienspiele auf dem gegenständlichen Gerät möglich seien oder der Walzenlauf beeinflusst werden können, könne der Zeuge nicht sagen, da er bei der Kontrolle lediglich die Fotos angefertigt habe.   

 

II.2. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

 

II.2.1. Zum Zeitpunkt der finanzpolizeilichen Kontrolle am 16. Juli 2014 bei der S.-T. in L., x, wurde das im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführte Gerät betriebsbereit vorgefunden. Die ErstBf ist Eigentümerin des Geräts und Veranstalterin der Ausspielungen, der ZweitBf Inhaber des Geräts. Dieses Gerät war zumindest am Tag der Beschlagnahme aufgestellt. Keiner der Beschwerdeführer war im Besitz einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG für dieses Gerät.

 

Von den Organen der Finanzpolizei wurden folgende Probespiele durchgeführt:

 

FA-Nr              Spiel                            mögliche Einsätze      in Aussicht gestellte Gewinne

2                      Scatter Fruits  0,50 – 12 Euro            500 – 12.000 Euro

 

Der Spielablauf dieses virtuellen Walzenspieles stellt sich wie folgt dar:

Für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen wurden Gewinne in Aussicht gestellt. Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl eines Spiels und Aufrufen zur Durchführung konnte ein Spieleinsatz ausgewählt werden, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet war. Das Spiel wurde mit der Starttaste ausgelöst. Damit wurde zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst. Dabei wurden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstand. Ein Vergleich der neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes, der Spielerfolg stand daher nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes fest. Das Spielergebnis hing ausschließlich vom Zufall ab, Spieler hatten keine Möglichkeit, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen.

 

II.2.2. Eine Glücksspielsuchtstudie aus dem Jahr 2011 kommt zum Ergebnis, dass in Österreich rund 64.000 Personen in der Altersgruppe zwischen 14 und 65 von Glücksspielsucht betroffen sind, ca. 0,43 % dieses Bevölkerungssegments ein problematisches Spielverhalten aufweisen und ca. 0,66 % pathologisch glücksspielsüchtig sind. Die höchste Problemprävalenz tritt im Bereich des Glücksspiels mit Automaten außerhalb einer Spielbank auf. Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stichprobenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau“). Den Konzessionären (gemäß GSpG) wurden mit Bescheiden Standards für sämtliche Werbe­auftritte und andere Marketingmaßnahmen vorgeschrieben. Zwecks Bekämpfung des illegalen Glücksspiels gab es in Österreich in den letzten Jahren zahlreiche Kontrollen, bei denen eine erhebliche Zahl von Glücksspielgeräten von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurde.

 

Beim BMF wurde eine Spielerschutzstelle eingerichtet und die Glücksspielautomaten der konzessionierten Unternehmen an die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ) elektronisch angebunden. Für Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten sieht § 5 GSpG zahlreiche spielsuchtvorbeugende Maßnahmen vor, Spielbanken haben gemäß § 25 GSpG Maßnahmen zum Schutz ihrer Besucher u.a. gegen Spielsucht zu treffen. Die Konzessionäre müssen ferner ein Jugendschutzkonzept samt Überwachungsmaßnahmen vorlegen. Das BMF hat auf Basis einer Studie „Werbestandards und Leitlinien“ erarbeitet, die den Konzessionären mittels Bescheid vorgeschrieben wurden.

 

Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. der Finanzämter für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stichprobenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen unterzogen (sogenannte „Einschau“).

 

(Glücksspielbericht 2010 – 2013)

 

II.2.3. Unter Anderem haben die Konzessionärinnen mit folgenden Darstellungen bzw. Ankündigungen geworben:

 

 

 

 

 

 

(Schriftsatz der Bf vom 15.1.2015)

 

II.2.4. Die Erstbeschwerdeführerin ist eine t. s.r.o., sohin eine mit der österreichischen GmbH vergleichbare Gesellschaft. Sie verfügt über ein Stammkapital iHv 200.000,-- t. K. (Mindestkapital). Dies entspricht zum Entscheidungszeitpunkt etwa 7.300,-- Euro. Die Erstbeschwerdeführerin verfügt über keinen Aufsichtsrat.

(Auszug t. Handelsregister; oanda.com)

Der Zweitbeschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger. Er geht in Österreich seiner Beschäftigung als Unternehmer nach und lebt in Österreich.

 

II.3. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus der schlüssigen und nachvollziehbaren Anzeige der Finanzpolizei samt Dokumentation des Probespiels hinsichtlich des auf den Fotos gut erkennbaren Spieles „Scatter Fruits“ und der glaubwürdigen Aussage des Zeugen J.S. (Finanzpolizei) in der mündlichen Verhandlung (Vorhandensein des betriebsbereiten Eingriffsgegenstandes). Auf den Fotos lassen sich die Einsätze und die möglichen Gewinne erkennen. Insofern ist auch das Beschwerdevorbringen, eine Spielbeschreibung fehle, nicht nachvollziehbar. Aus den Fotos im Akt und der Anzeige ergibt sich zudem, dass das Glücksspielgerät über keine Taste verfügt, mit welcher der Ablauf beeinflusst werden konnte.

Die Feststellungen hinsichtlich der Vorgehensweise des BMF, getroffener Maßnahmen, der Situation in Zusammenhang mit der mit dem Glücksspiel in Zusammenhang stehenden Kriminalität, Kontrollen, Beschlagnahmen, Einschauen, Einziehungen, Kontrolle und Aufsicht und Vorschreibungen hinsichtlich Werbemaßnahmen udgl. gründen sich auf die schlüssige Stellungnahme des Bundesministers für Finanzen vom 18.9.2014 und den Glücksspiel-Bericht 2010-2013. Das Gericht hegt an der Richtigkeit der Angaben in diesem Bericht keinerlei Zweifel. Sie sind schlüssig, nachvollziehbar und oftmals durch Untersuchungen und Studien belegt. Aus Sicht des erkennenden Gerichts bestehen hinsichtlich der diesbezüglichen Ausführungen in der Stellungnahme bzw dem Bericht keine Bedenken gegen die Richtigkeit, zumal auch davon auszugehen ist, dass das BMF als Aufsichtsbehörde über die Kontrolltätigkeiten der Finanzpolizei Kenntnis hat. Hinweise dafür, dass vom BMF diesbezüglich falsche Auskünfte erteilt worden wären, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Wie weiter unten dargestellt, lässt sich die Frage, ob das österreichische Glücksspielgesetz oder Teile davon unionsrechtswidrig ist, nicht durch die Vorlage einzelner Werbebeispiele beweisen. Ebensowenig ist die (beantragte) Einvernahme eines Branchenvertreters geeignet, Nachweise für eine allfällige Unanwendbarkeit der österreichischen gesetzlichen Regeln zu erbringen, zumal der beantragte Zeuge lediglich seine persönliche Meinung darstellen kann. Der Beweisantrag ist daher abzuweisen.

 

Die im vorgelegten Mail vom 13.1.2015 verlinkten Zeitungsberichte weisen nach Ansicht des Gerichts jedoch eher die Unrichtigkeit der vorgebrachten Ansicht nach, zumal aus diesen hervorgeht, dass die Finanzpolizei im Vorgehen gegen das verbotene Glückspiel sehr aktiv ist, das Kontrollsystem daher vom Staat mit Nachdruck verfolgt wird und auch wirksam ist („Finanzpolizei hat 79 illegale Spielautomaten entdeckt“; „In B. freut man sich über die von Wien weggeschickten Millionen“; Online-Platform registriert illegale Automaten in Wien – Betreiber werden zu Datenaustausch verpflichtet“ etc.). Ebenso wird mit den Zeitungsberichten das Vorhandensein eines gesellschaftlichen Problems unter Beweis gestellt.

 

Die Feststellungen hinsichtlich der gesellschaftsrechtlichen Situation der Erstbeschwerdeführerin gründet sich auf einen vom erkennenden Gericht beigeschafften Handelsregisterauszug, aus dem offiziellen t. Portal https://or.justice.cz/ias/ui/rejstrik, welches im Europäischen Justizportal verlinkt ist.

 

III.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a) Glücksspielgesetz (GSpG, BGBl 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl I 13/2014) kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücks­spielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 54 Abs. 1 GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 leg.cit. verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungs­übertretungen nach den Bestimmungen des § 52 Abs. 1 leg.cit. einzuziehen, es sei denn, der Verstoß war geringfügig.

 

Gemäß § 52 Abs. 4 letzter Satz GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs. 4 GSpG durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern sie nicht gemäß § 54 leg.cit. einzuziehen sind, dem Verfall.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

 

§ 52 Abs. 3 GSpG lautet: Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, so ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

 

Gemäß § 2 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

1.         die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2.         bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3.         bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind, verboten.

 

III.2. Anders als in einem allfälligen Strafverfahren, bei dem naturgemäß ein umfassendes, verdichtetes Ermittlungsverfahren zu einem abschließenden und unzweifelhaften Ermittlungsergebnis führen muss, erschöpft sich die Ermittlungspflicht im Rahmen eines Beschlagnahmeverfahrens nach § 53 Abs. 1 GSpG im Nachweis des Verdachts eines GSpG-Verstoßes.

 

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass mit dem gegenständlichen Gerät Spiele durchgeführt werden können, deren Ergebnis ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängt. Es gibt keine Hinweise, dass der Spieler durch besonderes Geschick, Erfahrung oder besondere Kenntnisse den Spielausgang bewusst beeinflussen könnte. Da die Spieler Einsätze leisteten und für diese ein Gewinn in Aussicht gestellt war, handelt es sich um Ausspielungen i.S.d. GSpG, wobei für diese keine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG vorlag und die Beschwerdeführer von diesem auch nicht ausgenommen waren. Es besteht daher der Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen das GSpG.

 

Bezüglich der mit Walzenspielgeräten angebotenen Spiele hat der VwGH in zahlreichen Entscheidungen (z.B VwGH v. 27.4.2012, 2011/17/0074) festgehalten, dass es sich dabei um Glücksspiele handelt, weshalb dazu keine weitere Erörterung und insbesondere kein Sachverständigengutachten erforderlich ist.

 

Das Gerät war jedenfalls am Tag der Beschlagnahme betriebsbereit aufgestellt, weshalb der Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen das GSpG besteht.  Für derartige Gegenstände ist auch in § 52 Abs. 4 GSpG der Verfall und in § 54 Abs. 1 GSpG die Einziehung vorgesehen, weshalb die Voraussetzungen für die Beschlagnahme gegeben sind. Schon aufgrund des hohen möglichen Einsatzes von 12 Euro und der Funktionsweise des Gerätes (kurze Spiel­dauer, da ein Walzenlauf nur etwa eine Sekunde dauert, wobei auch nicht ausge­schlossen ist, dass Spieler mehrere Einzelspiele hintereinander spielen, Autostarttaste) nicht kann nicht von einer Geringfügigkeit ausgegangen werden (vgl. alleine hinsichtl. der Geringfügigkeit von Einsätzen VwGH vom 28.05.2013, 2012/17/0195).

 

III.3. Zur Frage der Verfassungswidrigkeit der Subsidiarität des § 168 StGB:

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 2014, Ro 2014/17/0121, festgehalten, dass bei Überprüfung der Frage der Zuständigkeit zur Entscheidung die Zuständigkeitsvorschrift heranzuziehen ist, die im Zeitpunkt der Entscheidung der erstinstanzlichen Behörde in Geltung stand. Der bekämpfte Bescheid wurde nach Inkrafttreten des § 52 Abs 3 GSpG idF BGBl I Nr 13/2014 erlassen. Der Verfassungsgerichtshof hat darüber hinaus in seiner Entscheidung vom 10.3.2015, E 1139-1140/2014, ausgeführt, „dass § 1 Abs. 2 VStG den Anforderungen des Art. 7 EMRK entsprechend einen umfassenden Günstigkeitsvergleich mehrerer in Betracht kommender Rechtslagen ermöglicht. (...) Für den Verfassungsgerichtshof besteht (...) kein Zweifel, dass die Anwendung der Verwaltungsstrafbestimmung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG, welche im Gegensatz zur gerichtlichen Strafnorm des § 168 StGB keine Primärfreiheitsstrafe vorsieht, für den Beschwerdeführer in seiner Gesamtauswirkung günstiger ist.Ob aufgrund des Umfanges der möglichen Spiele, des möglichen Spieleinsatzes oder aus anderen Gründen eventuell auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht wurde, braucht nicht weiter beurteilt zu werden, weil auch in diesem Fall iSd zitierten Judikatur gemäß § 52 Abs 3 GSpG jedenfalls die verwaltungsbehördliche Strafbarkeit vorgeht. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 10. März 2015, G 203/2014-16 ua, ferner festgestellt, dass die Regelungen des GSpG zur Behördenzuständigkeit verfassungskonform sind, sodass die diesbezüglichen Einwände der Bf nicht stichhaltig sind.

 

III.4. Zur geltend gemachten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit

 

III.4.1. Der für die Anwendung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten erforderliche Auslandsbezug (vgl. hierzu etwa VwGH 27.04.2012, 2011/17/0046) ergibt sich gegenständlich daraus, dass die ErstBf eine juristische Person mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ist. In seinem Erkenntnis vom 11. Juni 2011, 2011/17/0068, führte der Verwaltungsgerichtshof Folgendes aus: „Aus der jüngeren Rechtsprechung des EuGH ist jedoch nicht abzuleiten, dass die Mitgliedstaaten bei Verfolgung der vom EuGH für die Rechtfertigung der Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit anerkannten Zielsetzungen nicht Vorschriften wie etwa das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform und Kapitalausstattung vorsehen könnten. [...] Eine Verpflichtung zur Nichtanwendung nationaler Rechtsvor­schriften besteht nach der Rechtsprechung des EuGH (nur) für solche Rechts­vorschriften, die im Widerspruch zu Unionsrecht stehen. Der Umstand, dass bestimmte Konzessionsvoraussetzungen nicht von der vom EuGH konstatierten Unionsrechtswidrigkeit betroffen sind, führt entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht etwa dazu, dass sich jedermann erfolgreich auf die Nichtanwendung der unionsrechtswidrigen Bestimmungen berufen könnte. Die belangte Behörde hat vielmehr zutreffend ihre Rechtsauffassung, dass auch aus der jüngeren Judikatur des EuGH nicht folge, dass die angewendeten Bestimmungen des Glücksspielgesetzes den beschwerdeführenden Parteien gegenüber unangewendet zu bleiben hätten, darauf gestützt, dass sowohl die Erstbeschwerdeführerin als auch die Zweitbeschwerdeführerin nicht in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft organisiert sind. Die von den beschwerde­führenden Parteien behauptete unionsrechtswidrige Nichtzulassung im Verfahren zur Vergabe der Konzessionen beruhte jedenfalls nicht allein auf den als gemeinschaftsrechtswidrig erkannten Bestimmungen der österreichischen Rechtslage bzw. der Vorgangsweise der Behörden bei der Konzessionsvergabe. Die vom EuGH in dem von den beschwerdeführenden Parteien genannten Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-316/07, C-358/07 bis C-360/07, C-409/07 und C- 410/07, Markus Stoß u.a., Rn 115, genannte Rechtsfolge, dass ein Mitgliedstaat nach ständiger Rechtsprechung keine strafrechtlichen Sanktionen wegen einer nicht erfüllten Verwaltungsformalität verhängen dürfe, wenn er die Erfüllung dieser Formalität unter Verstoß gegen das Unionsrecht abgelehnt oder vereitelt habe, greift im vorliegenden Fall somit nicht. Im Falle einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung liegt die Voraussetzung, dass die juristische Person ‚unter Verstoß gegen das Unionsrecht‘ davon abgehalten worden wäre, eine Konzession zu erlangen, nicht vor.

 

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, ist die ErstBf ist eine t. s.r.o., die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mit der österreichischen GmbH vergleichbar ist (VwGH 21.12.2012, 2012/17/0417). Im gegenständlichen Verfahren ist aber nicht hervorgekommen, dass die ErstBf über jenes Stamm- oder Grundkapital verfügen würde, welches gemäß § 21 Abs. 2 Z 3 GSpG als zwingendes Erfordernis für die Erteilung einer Konzession nach dem GSpG Voraussetzung ist.

Auch im vorliegenden Fall hat die ErstBf ähnlich der Entscheidung des Verwaltungsgerichthofes vom  21.12.2012, 2012/17/0417, „gar nicht behauptet [...], über ein ausreichendes Grund- bzw. Stammkapital bzw. über einen Aufsichtsrat zu verfügen“ und ergibt sich aus den Feststellungen ein Stammkapital von ca. 7.300 Euro, sodass auch gegenständlich entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes davon auszu­gehen ist, dass sie schon deswegen keine Konzession nach § 21 GSpG erlangen konnte, weil sie grundsätzlich die notwendigen Rechtsform- und Kapitalerfordernisse nicht erfüllt und die ErstBf daher nicht unter Verstoß gegen das Unionsrecht davon abgehalten werden konnte, eine Konzession zu erlangen. Die von den Bf behauptete Unanwendbarkeit des GSpG wegen Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols ist daher unzutreffend.

 

III.4.2. Der Zweitbeschwerdeführer kann sich schon mangels Auslandsbezuges nicht erfolgreich auf eine allfällige Unionswidrigkeit österreichischer Bestim-mungen berufen (vgl VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121-5).

Eine Inländerdiskriminierung liegt nicht vor, da das Glücksspielgesetz – wie darzustellen sein wird – nicht gegen EU-Recht verstößt.

III.4.3.       Nach der Rechtsprechung des EuGH (C-390/12 - Pfleger ua mwN) stellt ein Gesetz eines Mitgliedstaats, das den Betrieb von Glücksspieleinrichtungen ohne vorab erteilte behördliche Erlaubnis verbietet (wie etwa das GSpG), eine Beschränkung des durch Art 56 AEUV garantierten freien Dienstleistungsverkehrs dar. Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten können nach dem EuGH durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Von den Mitglied-staaten auferlegte Beschränkungen haben der vom EuGH aufgestellten Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung Rechnung zu tragen.

Nach dem Urteil Pfleger ua, C-390/12, ist Art 56 AEUV dahin auszulegen, „dass er einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, sofern diese Regelung nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und nicht tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen“.

Dies entspricht im Wesentlichen den Urteilen des EuGH in den Rechtssachen Dickinger/Ömer, C-347/09, vom 15. September 2011 (vgl RN 56) und Stoß ua, C-316/07 ua, vom 8. September 2010 (vgl RN 88, 97, 98).

Ein Verstoß eines Wirtschaftsteilnehmers gegen eine Regelung im Glücksspielbereich kann nicht zu Sanktionen führen, wenn diese Regelung mit Art 56 AEUV nicht vereinbar ist (vgl. EuGH C-390/12 - Pfleger ua).

 

Demnach ist im Folgenden zu prüfen, ob das österreichische Glücksspielgesetz das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheit zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen.

III.4.4. Zur Zielsetzung des österreichischen Glücksspielmonopols:

Beim österreichischen Glücksspielmonopol handelt es sich um ein Finanzmonopol mit besonderen ordnungspolitischen Zielsetzungen (vgl VwGH 4.8.2005, 2004/17/0035). Der Bundesminister für Finanzen teilte in diesem Zusammen-hang in seiner über Aufforderung durch das erkennende Gericht abgegebenen, den Parteien des Verfahrens zur Kenntnis gebrachten, Stellungnahme vom 18.9.2014 unter anderem mit, dass das österreichische Glücksspielmonopol den Verbraucherschutz, den Schutz der Sozialordnung (Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen), die Kriminalitätsbekämpfung (Betrugs-vorbeugung, Kampf gegen Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung bzw. allgemein Vorbeugung von Straftaten), die Verminderung der Gelegenheiten zum Spiel bzw. Begrenzung der Ausnutzung der Spielleidenschaft, Spielerschutz-maßnahmen (Vermeidung von Sucht- und wirtschaftlicher Existenzgefährdung), Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie Gewinne aus dem Glücksspiel gemeinnützigen Zwecken zuzuführen, zum Ziel habe. Exemplarisch verweist die angesprochene Stellungnahme zur Unter-mauerung der Darstellung auf folgende Normen des GSpG: § 5 (Spielsucht­vorbeugung, Geldwäschevorbeugung und wirksame Aufsicht für Landesaus­spielungen mit Glücksspielautomaten), § 14 (Mindest- und Auswahlkriterien für die Erteilung der Lotterienkonzession), § 16 (Genehmigungspflicht für Spielbe­dingungen), § 19 GSpG (Aufsicht über Lotterien), § 21 (Mindest- und Auswahl­kriterien für die Erteilung von Spielbankenkonzessionen), § 22 (Mindest- und Auswahlkriterien für die Erteilung eines Pokersalons), §§ 25 und 25a (Spiel­bankenbesucher; Schutz vor negativen wirtschaftlichen Folgen durch Spielen; Sorgfaltspflichten Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung), § 26 (Geneh­migungspflicht der Besuchs- und Spielordnung), § 31 (Aufsicht über Spiel­banken), § 31b (allgemeine Vorschriften für Konzessionäre und Bewilligungs­inhaber) und § 56 (Werbebeschränkungen).

 

Für das erkennende Gericht sind diese Ausführungen in der Stellungnahme des Bundesministers für Finanzen nachvollziehbar, dienen doch die zitierten Normen tatsächlich den genannten Zielen, insbesondere auch der Verminderung der Gelegenheiten zum Spiel und Begrenzung der Ausnutzung der Spielleidenschaft bzw. dem Spielerschutz und der Hintanhaltung der Kriminalität. Hierfür sprechen auch die erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Novelle BGBl I Nr. 73/2010, welche unter anderem festhalten, dass Spielsuchtprävention und Kriminalitätsabwehr, Jugendschutz, Spielerschutz und soziale Sicherheit der sowie die effiziente Kontrolle zentrale Anliegen des GspG bzw. der Novelle sind. Auch der Verwaltungsgerichtshof (4.11.2009, 2009/17/0147) ging bereits davon aus, dass der österreichische Gesetzgeber mit der Aufrechterhaltung des Glücksspielmonopols und der Kontrolle der Erteilung allfälliger Konzessionen gerade jene ordnungspolitischen Ziele verfolge, die nach der Rechtsprechung des EuGH die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen. In diesem Sinne nahm auch der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung vom 20.3.2013, 6 Ob 118/12i, an, dass nach der Absicht des Gesetzgebers oberste Zielsetzung des Glücksspielgesetzes der Schutz des einzelnen Spielers sei.

In seiner Entscheidung vom 7.3.2013, 2011/17/0304 hat der Verwaltungsgerichtshof zudem das in Österreich errichtete Konzessionssystem als mit dem EU-Recht vereinbar angesehen. 

Der Verfassungsgerichtshof (06.12.2012, B1337/11 ua) führt zu den Zielen der Beschränkung von Glücksspielkonzessionen Folgendes aus: „Die Ziele der Beschränkung von Glücksspielkonzessionen, nämlich Straftaten zu verhindern, eine übermäßige Anregung zur Teilnahme am Glücksspiel durch unreglementierte Konkurrenz zu vermeiden und zu verhindern, dass Glücksspiel ausschließlich zu gewerblichen Gewinnzwecken veranstaltet wird, liegen angesichts der nachgewiesenen Sozialschädlichkeit des Glücksspiels im öffentlichen Interesse“.

 

Da es sich bei den genannten Zielsetzungen zweifellos um solche handelt, die nach der dargestellten Rechtsprechung des EuGH Beschränkungen der Glücks-spieltätigkeiten rechtfertigen (vgl. hier insbesondere auch Rechtssache C-176/11 Hit u.a.), vermag das erkennende Gericht im vorliegenden Fall insoweit keine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit zu erkennen (ebenso VwG Wien 12.08.2014, VGW-001/023/5739/2014; aA LVwG Oö 11.7.2014, LVwG-410353/2/Gf/Rt ua.). In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass das etwa in der Entscheidung des LVwG Oö 11.7.2014, LVwG-410353/2/Gf/Rt, angesprochene Ziel, die Einnahmen der Staatskasse zu maximieren, für sich allein eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs zwar nicht rechtfertigen kann. Dass jedoch ein anderer Normzweck primär für die Regelung ausschlaggebend sein müsste, geht aus der Judikatur des EuGH nicht hervor und es genügt daher zur Rechtfertigung der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten, dass der Spielerschutz oder die Hintanhaltung der Kriminalität auch ein ausschlaggebendes Ziel des Konzessionssystems sind.

 

Zumal – wie oben dargestellt – bereits von sämtlichen österreichischen Höchstgerichten festgehalten wurde, dass der Spielerschutz ein wesentliches Ziel des durch das GSpG geregelten Glücksspielmonopols darstellt, ist diese Rechtsfrage für das Oö. Verwaltungsgericht hinreichend geklärt.

 

III.4.5. Zur Umsetzung dieser Zielsetzung:

 

Spielerschutz:

Der Bundesminister für Finanzen verweist in der Stellungnahme vom 18.9.2014  auf die im Jahr 2011 veröffentlichte österreichweite Glücksspielsuchtstudie von Kalke/Buth/Rosenkranz/Schütze/Oechsler/Verthein, Glücksspiel und Spielerschutz in Österreich, 2011, nach der rund 64.000 Personen in der Altersgruppe zwischen dem 14. und dem 65. Lebensjahr von Glücksspielsucht betroffen sind. Nach dieser Studie weisen 0,43 % dieses Bevölkerungssegments ein problematisches Spielverhalten auf und sind 0,66 % pathologisch glücks-spielsüchtig. Schon diese Angaben zeigen nach Ansicht des erkennenden Gerichts, dass Spielsucht ein tatsächliches Problem darstellt.

 

Darüber hinaus existieren etliche Fälle von Beschaffungskriminalität (vgl. Glücksspiel Bericht 2010-2013, S. 24 unter Berufung auf die Auswertung von Köberl), sodass auch insofern ein Kriminalitätsproblem besteht. Gerade dieses hat, selbst wenn man von geringen Zahlen ausginge, massive negative Auswirkungen auf die Bevölkerung.

 

Ferner geht aus dem Urteil des EuGH vom 6.3.2007, Placanica ua, C338/04 ua, hervor, dass das illegale Glücksspiel an sich ein Kriminalitätsproblem darstellt, dem mit einem Monopol Einhalt geboten werden kann (vgl RN 56 und 57: „Die italienische Regierung hat im Übrigen auf verschiedene Umstände tatsächlicher Art verwiesen, so insbesondere auf eine vom Sechsten ständigen Ausschuss (Finanzen und Schatzwesen) des italienischen Senats durchgeführte Untersuchung des Spiel- und Wettwesens. Diese Untersuchung hat ergeben, dass geheime Spiele und Wetten, die als solche verboten sind, in Italien ein erhebliches Problem darstellen, dem mit einer Ausweitung der erlaubten und geregelten Tätigkeiten abgeholfen werden könnte. Nach der genannten Untersuchung entfällt die Hälfte des gesamten Umsatzes im Glücksspielsektor in Italien auf diese illegalen Tätigkeiten. Es wurde außerdem für möglich gehalten, durch eine Ausweitung der legalen Spiel und Wetttätigkeiten solchen illegalen Tätigkeiten einen Teil des mit ihnen erzielten Umsatzes wieder zu entziehen, und zwar mindestens in Höhe des derzeit mit legalen Tätigkeiten erzielten Umsatzes.

Ein Konzessionssystem kann unter diesen Umständen ein wirksamer Mechanismus sein, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen.“).

 

Dafür, dass die Einführung von Beschränkungen in Form etwa eines Konzessionssystems zur Durchführung von Ausspielungen mittels Glücksspielautomaten jedenfalls den intendierten Zwecken, dient, spricht bereits, dass die Zugänglichkeit zu derartigen Ausspielungen beschränkt und die Durchführung derselben einer besseren Kontrolle unterworfen werden kann. Es liegt auf der Hand, dass eine beschränkte Zahl von Konzessionären effektiver zu überwachen ist als eine unbeschränkte Anzahl an Anbietern. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts handelt es sich bei einem derartigen Systems um eine geeignete Maßnahme, um den negativen Erscheinungen unkontrollierten Glücksspieles entgegen zu wirken (vgl auch VfGH 6.12.2012, B 1337/11). Dies wird auch durch den EuGH im Urteil C-390/12 (RZ 41) ausdrücklich festgehalten.

 

Wie sich aus der zitierten Studie aus dem Jahr 2011 ergibt, ist auch der durch das Monopol ausgeübte Lenkungseffekt insofern von Bedeutung, als es die höchste Problemprävalenz im Bereich des Glücksspiels mit Automaten außerhalb einer Spielbank gibt. Durch das Monopol kann auch das Glücksspielangebot und die Akzeptanz weg von den Problembereichen hin zu anderen Bereichen gelenkt werden, innerhalb derer die Problemprävalenz weniger hoch ist. Dieser Lenkungseffekt ist im Übrigen zweifelsfrei durch die jüngsten Entwicklungen im Zusammenhang mit dem seit 1.1.2014 in Wien geltenden Verbot von Glückspielautomaten belegt: Dieses Verbot führte dazu, dass Spieler vermehrt das Innenstadtcasino in der Kärntnerstraße in Wien aufsuchen (vgl wien.orf.at/news/stories/2690841).

 

Im Übrigen weist der Bundesminister für Finanzen in der Stellungnahme vom 18.9.2014 unter anderem auch auf mehrere zur Erreichung der durch das GSpG intendierten Zwecke umgesetzte Maßnahmen hin. So ist unter anderem eine Spielerschutzstelle errichtet worden, soll durch die Anbindung von Glücksspiel-automaten an die Bundesrechenzentrum GmbH die Überwachung der Einhaltung von Spielpausen im Automatenbereich ermöglicht werden und werden nähere Regelungen betreffend die einzelnen Spiele und den Zutritt zu Glückspielen getroffen. Durch die Aufsichts- und Auskunftsverpflichtungen der Konzessionäre bestehe auch eine umfassende Aufsicht über das konzessionierte Glücksspiel. Derartige Eingriffsmittel können nur innerhalb eines Konzessionssystems effizient wirken.

 

Aus dem Glücksspielbericht ergibt sich auch, dass Spielbankbetriebe stichprobenartig und unangekündigt nach abgabenrechtlichen und ordnungs-politischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen werden. Diesbezüglich wird im Glücksspiel Bericht 2010 -2013 darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit wahrgenommen wird, den Spielbetrieb einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen zu unterziehen (sogenannte „Einschau“), wobei diese Einschauen stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG) erfolgen würden und sohin jährlich Einschauen mehrmals in jeden Spielbankbetrieb nach abgabenrechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten erfolgen. Weiters wird in der Stellungnahme des Bundesministers für Finanzen unter anderem ausgeführt, dass ein Teil der staatlichen Aufsicht über Spielbanken auch die Werbung betrifft, wobei diesbezüglich die Einhaltung eines verantwortungsvollen Maßstabs in § 56 GSpG geregelt ist. Dieser wird laut dem Bundesminister für Finanzen durch Nebenbestimmungen im Konzessionsbescheid und durch Berichtspflichten insbesondere zu Werbekonzepten präzisiert.

All diese Mechanismen sind bei den Anbietern, welche sich außerhalb des Konzessionssystems bewegen nicht vorhanden. Sämtliche Bevölkerungsgruppen (Spielsüchtige, Minderjährige, Geschäftsunfähige) können ohne wirksame Kontrolle am Glücksspiel teilnehmen.

 

Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798 und 2013 667 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr 2010 271, 2011 1854, 2012 2480 und 2013 1299 Glücksspielgeräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden (vgl. Stellungnahme des Bundesministers für Finanzen und Glücksspiel Bericht 2010-2013). Bereits aufgrund dieser vorläufigen Beschlagnahmen wurden aber grundsätzlich weitere Glücksspiele mit betroffenen Glücksspielgeräten (zumindest für die Dauer der Aufrechterhaltung der Beschlagnahme) verhindert und insoweit die Zugänglichkeit zu Ausspielungen beschränkt.

 

Ferner ist auf die jüngste Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 12.3.2015, G 205/2014-15, hinzuweisen, in der das Höchstgericht unter RN 68 ausführt, dass es ein taugliches Mittel (zur Erhöhung) des öffentlichen Interesses des Spielerschutzes darstelle, wenn der (ursprünglich bewilligte) Betrieb von Glücksspielautomaten (nach Ablauf der Bewilligungsfristen) das Tatbild des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG erfüllt. Der Verfassungsgerichtshof geht somit davon aus, dass die Strafandrohung des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG für bestimmte Verhaltensweisen an sich schon der Umsetzung des öffentlichen Interesses des Spielerschutzes dient.

 

Bei diesem Ergebnis besteht für das Oö. Landesverwaltungsgericht kein Zweifel, dass das Ziel des öffentlichen Interesses des Spielerschutzes durch das Glücksspielgesetz sowohl verfolgt wird als auch, dass das Glücksspielgesetz den geeigneten rechtlichen Rahmen bildet, dieses Ziel umzusetzen. Durch die jüngste Judikatur des Verfassungsgerichtshofs ist diese Rechtsfrage für das Oö. Landesverwaltungsgericht hinreichend geklärt.

 

III.4.6. Kriminalitätsbekämpfung:

Es bestehen nachweislich Fälle von Beschaffungskriminalität (vgl Glücksspiel Bericht 2010-2013, S 24, unter Berufung auf die Auswertung von Köberl), sodass insofern ein Kriminalitätsproblem besteht. Ob zusätzlich das Problem der Geldwäsche besteht ist nicht von Relevanz, da bereits die Beschaffungskriminalität erwiesenermaßen ein Kriminalitätsproblem darstellt.

Ferner hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass angesichts des Umstands, dass im Einzelfall sehr hohe Summen ausgespielt werden, die Gefahr der Begehung von Straftaten besonders hoch ist (vgl VfGH 6.12.2012, B1337/11).

 

Im Ergebnis steht fest, dass die Ziele des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung durch geeignete und angemessene Maßnahmen verwirklicht werden. Die mögliche Umgehung des Spielerschutzes durch einzelne Spieler ist für die Beurteilung der generellen Eignung des Kontrollsystems zur Erreichung des Spielerschutzes nicht von Relevanz. Die Kriminalitätsbekämpfung – insbesondere die Bekämpfung der Beschaffungskriminalität im Zusammenhang mit Glücksspiel – kann durch eine beschränkte Zahl von Konzessionären effektiver umgesetzt werden als in einem System mit einer unbeschränkten Anzahl an Anbietern (vgl auch VfGH 6.12.2012, B 1337/11), da durch die Kontrolle und Überwachung der einzelnen registrierten Spieler und die Anknüpfung an des Bundesrechenzentrum im Verdachtsfall gezielte Maßnahmen ergriffen werden können.

 

III.4.7. Verhältnismäßigkeit

Zur Verhältnismäßigkeit der österreichischen Monopolregelung hat der Verfassungsgerichtshof in seiner jüngsten Entscheidung vom 12.3.2015, G 205/2014-15 ua, ausgeführt, dass die Tatsache, dass staatlich konzessionierte Spielbanken nach wie vor erlaubt sind und im Internet illegales Glücksspiel verfügbar ist, nicht zur Unverhältnismäßigkeit führt: „Die Erteilung einer Konzession für den Betrieb einer Spielbank gemäß § 21 GSpG bzw. für den Betrieb elektronischer Lotterien gemäß § 14 GSpG sowie diese Ausspielungen selbst sind mit zahlreichen weiteren Voraussetzungen und Auflagen verknüpft, die unter anderem dem Spielerschutz dienen, sodass solche Ausspielungen mit den auf der Grundlage von § 4 Abs. 2 GSpG vor der GSpG-Novelle 2010 landesrechtlich bewilligten Ausspielungen nicht vergleichbar sind.“ Im Größenschluss bedeutet dies, dass – wie im vorliegenden Fall – Ausspielungen, die niemals aufgrund einer Bewilligung oder Konzession durchgeführt wurden, erst recht nicht mit jenen vergleichbar sein können, die über eine Konzession verfügen. Wenn – wie im Fall der zitierten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs – das vorzeitige Auslaufen von Bewilligungsfristen, das einen Eingriff in bestehende Rechte bedeutet, verhältnismäßig ist, ist es das generelle Verbot von nicht konzessionierten oder bewilligten Ausspielungen umso mehr.

 

Im Sinne der zitierten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs besteht für das Oö. Landesverwaltungsgericht an der Verhältnismäßigkeit der Monopolregelung somit kein Zweifel.

 

III.4.8. Zur Kohärenz der Regelung:

Der EuGH hat in der RS Stoß ua, C-316/07 ua, in RN 83 hinsichtlich der Beurteilung der Kohärenz eines Monopols Folgendes festgehalten: „Allerdings muss eine so restriktive Maßnahme wie die Schaffung eines Monopols, die sich nur im Hinblick auf die Gewährleistung eines besonders hohen Verbraucherschutzniveaus rechtfertigen lässt, mit der Errichtung eines normativen Rahmens einhergehen, mit dem sich gewährleisten lässt, dass der Inhaber des Monopols tatsächlich in der Lage sein wird, das festgelegte Ziel mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieses Ziels quantitativ angemessen und qualitativ ausgestaltet ist und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegt, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen.“

Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Kohärenz eines Monopols ist somit der normative Rahmen und die behördliche Kontrolle, die die Grundlage für das jeweilige Verhalten des Konzessionärs bilden.

 

Dafür, dass die Einführung von Beschränkungen in Form etwa eines Konzessionssystems zur Durchführung von Ausspielungen mittels Glücksspielautomaten jedenfalls den intendierten Zwecken dient, spricht bereits, dass die Zugänglichkeit zu derartigen Ausspielungen beschränkt und die Durchführung derselben einer besseren Kontrolle unterworfen werden kann. Durch den normativen Rahmen – das Glücksspielgesetz – wurden, wie oben dargelegt, umfassende Maßnahmen zum Spielerschutz und zur Kriminalitätsbekämpfung gesetzt, die umfassenden behördlichen Kontrollen unterliegen. Dass in Einzelfällen eine Umgehung möglich ist, führt nicht dazu, dass Spielerschutz tatsächlich nicht vorhanden sei, da iSd oben zitierten Entscheidung das (gezielte) Fehlverhalten einzelner Personen nicht zur Gemeinschaftsrechtswidrigkeit eines – aufgrund der Ausgestaltung seines rechtlichen Rahmens und der korrespondierenden behördlichen Kontrollen – an sich gemeinschaftsrechtskonformen Systems führen kann. Wäre bei diesem Ergebnis doch die Gemeinschaftsrechtskonformität vom individuellen Verhalten einzelner Spieler abhängig, was der Judikatur des EuGH nicht entnommen werden kann. Es liegt vielmehr auf der Hand, dass eine beschränkte Zahl von Konzessionären effektiver zu überwachen ist als eine unbeschränkte Anzahl an Anbietern (vgl auch VfGH 6.12.2012, B 1337/11).

 

Ferner weist der Bundesminister für Finanzen in der Stellungnahme vom September 2014 unter anderem auch auf mehrere zur Erreichung der durch das GSpG intendierten Zwecke umgesetzte Maßnahmen hin. So ist unter anderem eine Spielerschutzstelle errichtet worden, wird durch die Anbindung von Glücksspielautomaten an die Bundesrechenzentrum GmbH die Überwachung der Einhaltung von Spielpausen im Automatenbereich ermöglicht und werden nähere Regelungen betreffend die einzelnen Spiele und den Zutritt zu Glückspielen getroffen. Durch die Aufsichts- und Auskunftsverpflichtungen der Konzessionäre besteht eine umfassende Aufsicht über das konzessionierte Glücksspiel. Derartige Eingriffsmittel können nur innerhalb eines Konzessionssystems effizient wirken.

 

Nach Ansicht des erkennenden Gerichts handelt es sich bei einem derartigen System aus normativem Rahmen und korrespondierenden behördlichen Kontrollen um eine geeignete Maßnahme, um den negativen Erscheinungen unkontrollierten Glücksspieles entgegen zu wirken.

 

III.4.9. Zur Werbetätigkeit:

Mit Recht führt der Bundesminister für Finanzen aus, dass in Bezug auf die Werbetätigkeit (für legales Glücksspiel) die Rechtsprechung des EuGH nicht so zu verstehen ist, dass mitgliedstaatliche Beschränkungen des Glücksspiels unzu­lässig wären, wenn die Konzessionäre für das legale Glücksspiel werben dürfen. Aus EuGH Dickinger/Ömer, C-347/09, geht hervor, dass – um das Ziel, die Spieltätigkeiten in kontrollierte Bahnen zu lenken zu erreichen – die zugelassenen Anbieter eine verlässliche und zugleich attraktive Alternative zu den nicht geregelten Tätigkeiten bereitstellen müssen, was an und für sich das Anbieten einer breiten Paletten von Spielen, Werbung in einem gewissen Umfang und den Einsatz neuer Vertriebstechniken beinhalten kann. Nach dem EuGH (15.09.2011, C-347/09) muss eine vom Inhaber eines staat­lichen Monopols durchgeführte Werbung maßvoll und eng darauf begrenzt werden, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken. Hingegen darf die Werbung nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme am Spiel angeregt werden, indem etwa das Spiel verharmlost, ihm ein positives Image verliehen oder seine Anziehungskraft durch zugkräftige Werbebotschaften erhöht wird, die verführerische bedeutende Gewinne in Aussicht stellt. Die Beurteilung, ob eine Werbebotschaft zur Teilnahme am Glücksspiel anreizt bzw. ermuntert, ergibt sich grundsätzlich aus ihrem Aussagegehalt, der wie bei anderen Erklärungen durch Auslegung zu ermitteln ist. Wie ein an das Publikum gerichteter Werbespot zu verstehen ist, kann vom Gericht dabei ohne Beiziehung eines Sachverständigen beurteilet werden (vgl. dt BVerwG 20.06.2013, 8 C 10.12). Die Frage, welche Wirkung eine Werbeaussage auf die beteiligten Verkehrskreise hat, ist auch nach dem OGH eine Rechtsfrage, wenn zu ihrer Beurteilung die Erfahrungen des täglichen Lebens ausreichen (OGH 10.11.1998, 4Ob243/98h).

Kohl (Das österreichische Glücksspielmonopol [2013]), führt unter Berufung auf den EuGH aus, dass Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Kohärenz eines Monopols der normative Rahmen und die behördliche Kontrolle, welche die Grundlagen für das Verhalten des Konzessionärs bilden, sind, wobei eine allfällige Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols nicht unmittelbar auf die Werbepolitik der Konzessionäre, sondern auf den diese Werbepolitik ermöglichenden normativen Rahmen und auf die behördliche Handhabung desselben zurückzuführen wäre. Es liegt diese Beurteilung auf der Hand, zumal schon aufgrund verfassungsrechtlicher Erwägungen nicht davon ausgegangen werden kann, dass das Verhalten eines Normunterworfenen (Konzessionär) zur Unanwendbarkeit einer Norm führen kann.

§ 56 GSpG verlangt bei der Werbung einen „verantwortungsvollen Maßstab“ und folgt dabei, dem Sinngehalt nach, annähernd der Diktion des EuGH, welcher von „maßvoller Werbung“ spricht.

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass bescheidmäßig Standards für die Glückspielwerbung vorgeschrieben wurden. Laut der Stellungnahme des Bundesministers für Finanzen bzw. dem Glücksspiel Bericht 2010-2013 gelten die Standards für sämtliche Werbeauftritte und wurden Standards für Glücksspiel-werbung hinsichtlich Spielerschutz (als Rahmenbedingung für die Beurteilung von Glücksspielwerbung ist das Suchtgefährdungspotential des beworbenen Spiels und der angesprochenen Zielgruppe zu berücksichtigen), verpflichtender Verbraucherinformation (Glücksspielwerbung muss korrekt über Chancen und Risiken des angebotenen Spiels informieren und auf mögliche Gefahren sowie auf mögliche Hilfsangebote aufmerksam machen), Schutz besonders vulnerabler Gruppen (Glücksspielwerbung darf nicht auf Personengruppen mit einem erhöhten Suchtgefährdungspotential abzielen), Botschaft und Inhalt von Glücksspielwerbung (Glücksspielwerbung darf nur moderates, jedoch nicht exzessives oder problembehaftetes Spielen bewerben) sowie Verbreitung und Platzierung von Glücksspielwerbung (die Verbreitung und Platzierung von Glücks-spielwerbung hat derart zu erfolgen, dass Personengruppen mit erhöhtem Suchtgefährdungspotential ein erhöhter Schutz zukommt) vorgeschrieben.

Aufgrund dieser umfassend festgelegten Standards würde selbst die Annahme, dass einzelne Werbungen der Konzessionäre einen besonderen Anreiz zum Spiel bieten allenfalls dazu führen, dass die jeweiligen Konzessionäre in diesen Einzelfällen gegen § 56 GSpG bzw. die bescheidmäßig vorgeschriebenen Standards verstoßen würden, jedenfalls aber nicht dazu, dass es aufgrund dieser Einzelfälle zu einer unionsrechtlichen Überlagerung des Gesamtsystems des GSpG kommen könnte.

Insofern sind die von den Bf vorgelegten Werbebeispiele und auch allfällige Anträge auf zeugenschaftliche Einvernahme einzelner Personen nicht geeignet das Vorbringen hins. der Unionsrechtswidrigkeit zu tragen. Selbst wenn man davon ausginge, dass einzelne Werbungen der Konzessionäre einen besonderen Anreiz zum Spiel bieten würden, wovon das Gericht jedoch nicht ausgeht, könnte allenfalls von einem Nichtbeachten des § 56 GSpG ausgegangen werden, jedenfalls aber nicht davon, dass es zu einer unionsrechtlichen Überlagerung des Gesamtsystems des GSpG kommt. Vielmehr hat das Gericht angesichts der vorliegenden Beweismittel eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob die gesetzlichen Bestimmungen sich dazu eignen, den Vorgaben des EuGH Rechnung zu tragen. Diese hat im Wege einer Gesamtschau zu erfolgen

 

Insgesamt ergibt sich aus der Werbepraxis der Konzessionsionäre für das erkennende Gericht nicht, dass durch diese die mit den Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten verfolgten Ziele (siehe dazu bereits oben) nicht mehr wirksam verfolgt werden würden. Vielmehr zeigen die mannigfachen im Gesetz geregelten Möglichkeiten und die vielfältigen Maßnahmen, die die zuständigen Behörden setzen, dass das vorhandene System effektiv ist und funktioniert.

 

Im Übrigen geht das Gericht aufgrund der getroffenen Feststellungen davon aus, dass unter Berücksichtigung bescheidmäßig vorgeschriebener Standards hinsichtlich der Werbepolitik, und insbesondere in Zusammenschau aller in den Feststellungen dargestellten Handlungen der Behörden und der durch das Gesetz gebotenen vielfältigen Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Konzessionäre, der Judikatur des EuGH voll Rechnung getragen wird und die österreichische Regelung im Einklang mit Art 56 AEUV steht.

 

Nicht übersehen werden darf zudem, dass der EuGH die Grenze hinsichtlich einer Beschränkung der Werbung der Glücksspielanbieter (die für sich wiederum eine Beschränkung der DL-Freiheit bedeuten könnte) in die andere Richtung, nämlich dahingehend welche Beschränkungen hinsichtlich der Werbung unionskonform sind ohne eine Beschränkung des freien DL-Verkehrs zu bewirken, mit seiner Entscheidung C-176/11 vom 12. Juli 2012, HIT hoteli u.a. gesetzt hat.

Aus dieser Entscheidung lässt sich ableiten, dass der EuGH Beschränkungen der Werbefreiheit nur insofern zulassen will, als diese nicht über den Verbraucherschutz hinausgehen dürfen. Der Konzessionär muss demnach nach Ansicht des Gerichtes zumindest in jener Form werben dürfen, die den Praktiken außerhalb des Konzessionssystems agierender Betreiber entspricht, als ansonsten die vom EuGH dargestellte Funktionsfähigkeit der Werbemaßnahmen, Spieler zu den legalen Angeboten zu bewegen, ausgehebelt wäre.

 

III.4.10. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass das österreichische Glücksspielgesetz sowohl das Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und tatsächlich nicht bloß dem Anliegen entspricht, sondern sogar den Erfolg erzielt, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheit zum Spiel zu verringern und die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen.

 

Zusammenfassend ergibt sich daher, dass bei Gesamtwürdigung aller in diesem Verfahren hervorgekommenen Umstände eine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit durch die Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten nicht vorliegt. Die von der österreichischen Regelung vorgesehenen Beschränkungen verfolgen vom EuGH anerkannten Gründe des Allgemeininteresses, sind geeignet diese zu erreichen und es ist im Verfahren darüber hinaus keine Unverhältnismäßigkeit hervorge­kommen.

III.4.11. Der offensichtliche Tippfehler im Spruch des erstbehördlichen Bescheides war vom Verwaltungsgericht zu korrigieren (vgl. zB VwGH v. 27.06.2007, 2005/03/0231; VwGH v. 06.09.2005, 2001/03/0075 uva.).

    

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beschlagnahme von Glücksspielgeräten ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Mag.  Pohl

 

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 1. Februar 2017, Zl.: Ra 2015/17/0094-5