LVwG-550503/15/Br

Linz, 23.06.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter
Mag. Dr. H. Bleier über die Beschwerde des Jagdausschusses des Jagdgebietes E, vertreten durch dessen Obmann RR Ing. A P, x, x, gegen den Bescheid des
Oö. Landes­jägermeisters vom 26.3.2015, GZ: LJV-NA001-2015, nach der am 1.6.2015 durch­geführten öffentlichen mündlichen Verhandlung,

 

zu Recht:

 

 

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Der Oö. Landesjägermeister hat als die hierfür zuständige Behörde den Antrag des Jagdausschusses des genossenschaftlichen  Jagdgebietes E, vertreten durch dessen Obmann, auf Ab­schuss von Rotwild zur Nachtzeit gemäß § 62 Z 5
Oö. Jagdgesetz, LGBI. Nr. 32/1964, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 90/2013, abgewiesen.

 

I.1. Die Behörde stützte ihre Entscheidung auf die von drei fach- und orts­kundigen Repräsentanten und Funktionären der Jägerschaft (Bezirksjägermeister und Wildbiologe) im behördlichen Auftrag erstatteten fachlichen Stellungnahmen.

Dieser fachkundige Personenkreis gelangte zum Ergebnis, dass ein Nachtab­schuss von Rotwild jene gesetzlich vorgesehene Maßnahme nach gravierenden Wildschäden darstellte, die Grund zur Befürchtung gebe, dass land- und forstwirtschaft­liche Betriebe in ihrer Ertragsfähigkeit schwer beeinträchtigt werden, wobei diese aufgrund der zu berücksichtigen Sicherheitsaspekte am kritischsten zu prüfen seien. Diese Voraussetzungen wurden letztlich als nicht gegeben erachtet.

Insbesondere wurde auf ein erhöhtes Sicherheitsrisiko durch die Abgabe von Kugelschüssen während der Nachtzeit hingewiesen. Diese wäre unter Umständen mit großer Gefahr verbunden, da es bei Dunkelheit dem Schützen nicht möglich wäre, das in Schussrichtung liegende Gelände auf dessen Eignung als sicheren Kugelfang zu beurteilen. Der Nachtabschuss sei daher nur auf Flächen zu verantworten, die eine Geländeform mit einem sicheren Kugelfang, eine gute Übersichtlichkeit des Geländes und einen weichen Un­tergrund zur Vermeidung der Gellergefahr sowie ein freies Schussfeld ohne dahinterliegende Häuser, öffentliche Straßen und dergleichen aufweisen würden. Nachtabschüsse könnten überdies - um annähernd ausreichende Sichtverhältnisse herzustellen - nur auf Wiesenflächen und nur in der Zeit von Vollmondnächten durchgeführt werden.

Die Genehmigung eines Nachtabschusses im genossenschaftlichen Jagdgebiet E wurde darüber hinaus zusätzlich als nicht gerechtfertigt erachtet, da keine schweren Wildschäden im Jagdgebiet vorliegen würden. Ein Nachtabschuss wurde ferner von den genannten Experten auch als die falsche Strategie erachtet,  Rotwild wegen damit verbundener vermehrter Nachtaktivität auf den betroffenen Wiesenflächen zu bejagen. Dies zeige auch die Tatsache, dass jedes Jahr diese Strategie angewandt werden müsste, wenn diese kurzfristig erfolg­reich erschiene. Um jedoch auch die Ursachen zu vermeiden, sei vielmehr eine generelle Reduktion u.a. des weiblichen Rotwildes in der Region mit unter-schiedlichen Jagdstrategien anzustre­ben. Eventuell stattfindende Kirrungen (auch durch nicht gegatterte Rehwildfütterungen) so­wie falsche Fütterungsstandorte wären tunlichst zu vermeiden.

Die Behörde erwog unter Verweis auf § 62 Z 5 Oö. Jagdgesetz, dass der Landesjägermeister, wenn der Jagdausschuss oder der Eigenjagdberechtigte dies beantrage, für Jagdgebiete oder Teile hiervon, in wel­chen durch Rotwild Wildschäden in einem Ausmaß verursacht werden, dass die Befürchtung der schweren Beeinträchtigung der Ertragsfähigkeit land- und forstwirtschaftlicher Betriebe besteht, die Jagd auf Rotwild zur Nachtzeit bewilligen könne; die Bewilligung sei aber auf Kahlwild einzu­schränken, es sei denn, der für die Bewilligung maßgebliche Zweck durch Abschuss von Kahlwild könnte nicht erreicht werden.

Der Nachtabschuss von Rotwild sei jene jagdgesetzlich vorgesehene Maßnahme zur Ver­meidung von schwerwiegenden Wildschäden, die aufgrund der zu berücksichtigenden Si­cherheitsaspekte nur eingeschränkt eingesetzt werden könne.

Von den eingesetzten Experten des Oö. Landesjagdverbandes ist die Durch­führung des Nachtabschusses letztlich übereinstimmend negativ beurteilt worden, so die Behörde im Ergebnis in deren Begründung.

 

 

II. In der dagegen fristgerecht per E-Mail (ohne Sendezeile und Datum) erhobenen  Beschwerde, eingelangt bei der belangten Behörde am 21.4.2014, vertritt der Vertreter des beschwerdeführenden Jagdausschusses im Grunde die Auffassung, dass die dem Bescheid zu Grunde gelegte Begründung nicht zutreffend wäre, weil sich die Angelegenheit in der Realität anders darstelle.

Bei den Schäden auf den Wiesenflächen handle es sich nicht nur um verminderte Ernteerträge, sondern es würde vielmehr auch zu starker Verkotung der Silagen kommen und diese schwer beeinträchtigen. Dies habe  auch Auswirkungen auf die Fresslust und Verdauung der Rinder.

Bezüglich der Sicherheit wurde darauf verwiesen, dass durch die Agrarab­teilung des Amtes der Landesregierung die betroffenen Gebiete  kommissioniert worden seien und mit der Bewilligung der Nachtabschüsse auch planmäßige Festle­gungen getroffen worden wären. Bisher seien diese entsprechend eingehalten worden und es habe keinerlei negative Auswirkungen gegeben.

Grundsätzlich gehe es beim gegenständlichen Antrag in keiner Weise um eine Reduzierung der Wildbestände, sondern vielmehr um die Vertreibung des zahlreichen Wildbestandes von den Wiesenflächen zu Zeiten, in denen das Äsungsangebot im Waldgebiet vorhanden ist.

Die bisherige Praxis habe gezeigt, dass die entsprechenden Maßnahmen (gemeint Nachtabschüsse)  gegriffen hätten und damit eine Zufriedenheit der Bauernschaft erzielt werden habe können.

Abschließend ersucht die Beschwerdeführerschaft, diese rechtzeitig eingebrachte Beschwerde einer neuerlichen Überprüfung zu unterziehen und antragsgemäß darüber zu entscheiden.

 

 

III. Die Behörde - der Landesjägermeister -  hat im Wege des Landesjagd­verbandes den Verfahrensakt zur Entscheidung vorgelegt und nach § 28 Abs. 2 VwGVG eine öffentliche mündliche Verhandlung beantragt.

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Anhö­rung der Verfahrensparteien im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhand­lung, an der einerseits die belangte Behörde durch den stellvertretenden Landesjägermeister und die Beschwerdeführerschaft durch deren Obmann teilnahm.

Am Tag der Verhandlung gelangten dem zur Entscheidung berufenen Richter die Gutachten zweier von der Beschwerdeführerschaft zu diesem Verfahren in Auftrag gegebenen Gutachten allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger dieses Fachbereiches zur Vorlage (Dipl.-Ing. N und
Dipl.-Ing. Dr. F).

Dipl.-Ing. Dr. F erschien über Initiative der Beschwerdeführerschaft auch zur öffentlichen mündlichen Verhandlung. Er erörterte nach Erinnerung an den Sachverständigeneid vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich sein Gutachten, mit dessen Inhalt sich vorher weder das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich noch die belangte Behörde substanziell auseinandersetzen konnte.

Gemäß dem Gebot des Parteiengehörs und in Wahrung der sogenannten Waffengleichheit (Überraschungsverbot) war daher der belangten Behörde die Möglichkeit zu eröffnen, sich zu diesen ausführlich abgefassten Gutachten innerhalb einer angemessenen Frist noch inhaltlich zu äußern (jüngst dazu VwGH  22.4.2015, 2012/10/0239).

Dem zufolge wurde im gegenseitigen Einverständnis nach Schluss der öffent­lichen mündlichen Verhandlung unter Verzicht auf eine Fortsetzung der belangten Behörde die Frist von zwei Wochen zur schriftlichen Äußerung eingeräumt und hierzu wiederum dem Beschwerdeführer eine Stellungnahmefrist von drei Tagen zur Replik eröffnet.

Dem Schriftsatzaustausch per E-Mail wurde seitens der Parteien zugestimmt.

Diese Stellungnahme für die belangte Behörde wurde mit Schriftsatz vom 12.6.2015 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 15.6.2015 durch den Wildbiologen Mag. B unter Anschluss einer topografischen Karte der betroffenen Reviere erstattet. Diese wiederum wurde der Beschwerde­führerschaft noch am gleichen Tag mit der Einräumung einer Frist, sich auch dazu noch zu äußern, weitergeleitet. Diese Replik langte wiederum am 17.6.2015 beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ein.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

Zu Beginn der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde seitens der Verfah­rensparteien auf eine zwischenzeitig erfolgte Besprechung verwiesen, bei der man sich hinsichtlich dieser Beschwerdesache in den Standpunkten bereits etwas angenähert gehabt hätte. Seitens der Beschwerdeführerschaft wurde im Grunde das Bemühen unterstrichen, dazu bereit zu sein, in noch weiterem Umfang die Möglichkeiten von Ablenkungen des Rotwildes von den fraglichen Äsungsflächen (Wiesen) anzustreben.

Seitens der belangten Behörde wurde etwa auf die bereits in Vorbereitung stehende Anlegung einer speziellen Wildäsungsfläche hingewiesen, deren Wirkung abzuwarten wäre, ehe man seitens der Behörde als „ultima ratio“ einem Nachtabschuss -  gleichsam als „letztes Mittel“ - zustimmen könne.

Letztlich wurde jedoch von den Verfahrensparteien die Auffassung vertreten, einerseits, dass es ohne den bislang seit zehn Jahren mit Erfolg praktizierten Nachtabschuss nicht gehen würde, um dadurch das Wild von den belasteten Wiesenflächen zu verdrängen.

Die belangte Behörde ihrerseits vermeinte jedoch, dass die alternativen Möglichkeiten das Wild von diesem Wiesenweg zu bekommen noch nicht hinreichend ausgeschöpft wären und der Nachtabschuss im Grunde nicht das Mittel für die Lösung dieses Problems darstellen könne. Diesbezüglich wurde auf die einschlägige Bestimmung des grundsätzlich verbotenen Nachtabschusses gemäß dem Oö. Jagdgesetz verwiesen.

 

IV.1. Feststellungen im Beschwerdeverfahren:

 

Die gutachtlichen Ausführungen des Dipl.-Ing. N lassen sich dahingehend zusammenfassen, dass mit der Versagung des Nachtabschusses ein großer Schaden für die landwirtschaftlichen Kulturen einhergehen würde. Im vergan­genen Jahr wären zehn Stück Rotwild zur Nachtzeit erlegt worden, wobei jedoch behördlich nur sechs Stück registriert worden wären. Den Hinweis auf die Gefährlichkeit des Kugelschusses zur Nachtzeit, wie er von der belangten Behörde begründet wurde, scheint dieser Gutachter wohl auch zu sehen und vermeint letztlich, es als besser zu erachten, das Rotwild generell zu reduzieren. Der Gutachter geht jedoch nicht darauf ein, dass in diesen Revieren die von der zuständigen Behörde vorgeschriebenen Abschussplanvorgaben weitgehend erfüllt wurden.

Durch den bisher bewilligt gewesenen Nachtabschuss seien schwere Wildschäden wirkungsvoll verhindert worden. Des Weiteren kommt Dipl.-Ing. N, ohne dass dies den Gegenstand dieses Verfahrens betrifft, letztlich auch noch auf die Reduktionsnotwendigkeit des Rehwildes zu sprechen, wobei diese Reduktion auch noch nicht erfolgt wäre. Insgesamt könne auf den mit dem Nachtabschuss verbundenen Vertreibungseffekt nicht verzichtet werden. Die erforderlichen Sicherheitsaspekte hätten zu einer sicheren Durchführung der Abschüsse in den letzten Jahren beigetragen, sodass die Bedenken der Vertreter des „hohen Jagdverbandes“ von diesem Gutachter  als ins Leere gehend bezeichnet werden.

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich beurteilt diese fachliche Stellung­nahme mit Blick auf die teils nicht nachvollziehbaren und teils subjektiv eingefärbten und als abwertend empfindbaren Bemerkungen gegen die Reprä­sentanten der Jagd in der Sache als nicht ausgewogen einseitig und tendenziös in Richtung des Begehrens der Beschwerdeführerschaft strukturiert und vermag diese letztlich auch in der Sache nicht wirklich überzeugen.

 

IV.2. Anders verhält es sich hinsichtlich der durchaus auf vor Ort getroffenen Feststellungen beruhenden Ausführungen des Dipl.-Ing. Dr. F. Dieser verweist im nachfolgend zitierten Tenor seines Gutachtens auf eine von ihm durchgeführte Befundaufnahme im Rahmen eines vom Sachverständigen am 19.5.2015 durchgeführten Lokalaugenscheines.

Dabei wurden die meisten hiervon betroffenen Grundstücke besichtigt. Auskünfte wurden eingeholt:

·           beim Obmann der beschwerdeführenden Partei und einem Förster als Verantwortlichen für die Jagd bei den Ö B, wobei erwähnt wird, dass auch die B hinter dieser Beschwerde stehen würden und man mit den Nachtabschüssen dem angestrebten Ziel der Vertreibung des Wildes von diesen Wiesenflächen während des schadenskritischen Zeitraumes sehr gut nachgekommen werde haben können. Weiters verweist der Sachverständige auf eine Rücksprache mit 

     Ing. Mag. W K, Jagdleiter der Jagdgesellschaft E. Die Jagdgesellschaft wäre demnach bereit, die schwierige und unpopuläre Aufgabe der erfah­rungsgemäß wirksamen Nachtabschüsse auf den Wiesen im Interesse der Bauern mitzutragen und stehe hinter der gegenständlichen Beschwerde;

     E R, Obmann Wildschadenskommission E, betroffener Grundbe­sitzer: „M"
(4 ha Wiesen plus 6 ha Pachtwiesen). Vor mehr als 10 Jah­ren wären während des schadenskritischen Zeitraumes bis zu 50 Stück Rotwild in seinen Wiesen gestanden und das Gras wäre zerdrückt (durch Zertreten und Liegeflächen von Rotwild) und verkotet worden; der Ertragsausfall beim 1. und 3. Schnitt hätte nur an die 50 % vertragen. Letzterer habe persönlich (mit tatkräftiger Unterstützung der örtlichen Jägerschaft) vieles zur Vertreibung des Rotwildes probiert (Verstänkern mit Haaren, nächtli­ches Ausjagen im Zweistunden-Rhythmus, Schreckschüsse, Zäunungen); erst Nachtabschüsse hätten den gewünschten Erfolg erbracht und führte zu einer ertrag­baren Schadens­situation. Die Wildschadenskommission musste in den letzten 10 Jahren erst einmal wegen Schäden (an Obstbäumen) aktiv werden; Grund­besitzer hätten Verständnis für Wild und auf ein gedeihliches Miteinander von Jagd und Bauernschaft werde großer Wert gelegt.

     D R, Obmann Stellvertreter Wildschadenskommission E als ebenfalls be­troffener Grundbesitzer (4 ha Eigen-, 2 ha Pachtgrund) im Gebiet K, nord­östlich des dicht besiedelten xtales; Nacht­abschüsse hätten laut dessen anzunehmender Mitteilung an den Sachver­ständigen zu ge­wünschtem Erfolg und tragbaren Wildschäden geführt.

     Frau H B: 6,5 ha Eigen- und 1,5 ha Pachtwiesen in L habe Rotwild immer wieder auf den Wiesen  (bis über 30 Stück) gehabt und die Nachtabschüsse hätten wesentliche Erleichterung gebracht, Elektrozaun bei Herbstweide wäre durch ein- und auswechselndes Rotwild regelmäßig zerstört worden.

           

Die von den Nachtabschüssen betroffenen Wiesenflächen würden hauptsächlich in der Genossenschaftsjagd E und der ÖBf-Eigenjagd L liegen. Auf drei dem Gutachten angeschlossene Luftbilder aus dem System Doris unter Hervorhebung der Wiesenparzellen wird verwiesen.

 

Es handle  sich dabei um Wiesen in einer klein strukturierten Landwirtschaft, deren Nutzung zur Versorgung des vorhandenen Viehbestandes unbedingt erforderlich ist. Gemäß den modernen effizienten Erntetechniken wird viel Gras siliert, dabei wirken sich Verunreinigungen (u.a. Rotwildkot) besonders negativ aus.

 

Die Genossenschaftsjagd E umfasse ca. 700 ha, davon sind ca. 25 % Wald. Im Durchschnitt der letzten 10 Jahre seien jährlich 1-4 Stück Rotwild erlegt worden, davon 0-2 Stück in der Nacht.

 

Die ÖBf-Eigenjagd L sei eigentlich schwerpunktmäßig eine Gamsjagd. Sie sei ca. 2.453 ha groß und weise einen Waldanteil von 80 % auf. Mit Ausnahme von ca. 30 ha Wie­sen, die einen Jagdeinschluss darstellten und die gegenständ­liche Problemflächen mit bisherigem Nachtabschuss sind, befänden sich alle anderen Flächen im Besitz der ÖBf. In den letzten 10 Jahren wären jährlich zwischen 20-30 Stück Rotwild erlegt worden, davon 3-8 Stück in der Nacht. Es gebe eine Rotwildfütterung, bei der ca. 45 Stück Rotwild stehen würden. Gefüttert werde mit Heu und im Frühling zusätzlich mit Silage und Apfeltrester, um mit Hilfe dieser attraktiven Futtermittel das Rotwild länger bei der Fütte­rung zu halten. Dies gelingt trotz dieser Maßnahmen nicht. Eine weitere Rotwildreduk­tion wäre aus Sicht der ÖBf nicht erforderlich.

In beiden genannten Revieren sei in den letzten 10 Jahren die Tendenz bei den Rot­wildabschüssen (Tag und Nacht) gleichbleibend gewesen.

Das Rotwild komme teilweise auch vom ÖBf-Revier K von der anderen Tal­seite auf die Wiesenflächen mit Nachtabschuss.

Wie Fotofallen dokumentierten und in Übereinstimmung mit den Aussagen der be­troffenen Landwirte komme das Rotwild erst nach Nachteinbruch auf die gegenständ­lichen Wiesen und ziehe vor Tagesbeginn wieder in den Wald zurück.

Der Lokalaugenschein der Wiesen mit bisherigem Nachtabschuss habe ergeben, dass dort, wo bisher in der Nacht geschossen bzw. gejagt und erlegt worden sei, an die Wiesen Waldhänge angrenzen, die einen guten Kugelfang darstellten. Zur sicheren und leichteren Schussabgabe gebe es Hochsitze, die speziell beim Almhausfeld dicht nebeneinander stehen würden. Laut Aus­sage des Jagdleiters K werde maximal auf Distanzen bis 100 m in der Nacht ge­schossen, in der Regel wesentlich kürzer.

 

Im Gutachten wird unter „Allgemeines“ auf § 62 Abs. 5 des Oö. Jagdgesetzes verwiesen, dem zufolge die Jagd zur Nachtzeit verboten ist. Davon ausge­nommen seien bestimmte Wildarten. Darüber hinaus sei auch eine ge­setzliche Ausnahmemöglichkeit für die Nachtjagd auf Rotwild geschaffen, falls gravie­rende Wildschäden vorliegen.

Generell wäre die Genehmigung von Nachtabschüssen keine wünschenswerte Lösung. Dies nicht nur wegen des Sicherheitsaspektes und der gegenüber Tageslicht erhöhten Gefahr von Fehlabschüssen, sondern auch weil dadurch dem Rotwild Äsungsmöglich­keiten genommen würden, es in Gebiete zurückgedrängt werde, wo es Schäden im Wald verursacht und oft kaum mehr bejagt werden könne.

Immer wieder wären auch Fehler in der Jagdbewirtschaftung, wie falsche Rotwildfütte­rungsstandorte, Kirrungen, nicht rotwildsicher gezäunte Rehwild­fütte­rungen, überhöh­te Wilddichten etc., die eigentliche Ursache für Schäden durch Rotwild, die zuerst ge­ändert werden müssten, bevor Nachtabschüsse genehmigt werden sollten.

 

Im Folgenden geht der Sachverständige auf Alternativen von Rotwild-Nachtab­schüssen unter besonderer Berücksichtigung des gegenständlichen Falles ein.

 

Als bewährte Maßnahmen zur Verringerung von Rotwildschäden wird genannt, die Reduktion überhöhter Wildbestände, Rotwildstände nicht kleinflächig betrachten zu dürfen. Umfassende Rotwild-Streckenanalysen des Einzugs-gebietes für die gegenständlichen Schadensflächen würden den gegebenen Rahmen des Gutachtens sprengen.

 

Aussagekräftig wären aber schon folgende Zahlen:

Von der Jagdgesellschaft E würden ca. 1.500 ha bejagt (Teile ÖBf-Pachtrevier S, Genossenschaftsjagd E, Abschussvertrag W). In diesem Gebiet wurden seit 1980 jährlich durchschnittlich 8,9 Stück Rotwild erlegt, mit durchaus stärkeren Schwankungen und in den letzten Jahren sinkender Tendenz, siehe Graphik.

 

Die Grafik über die Abschüsse Rotwild wird an dieser Stelle nicht dargestellt.

 

Gehe man laut Sachverständigem Dipl.-Ing. Dr. F davon aus, dass beim Rotwild nachhaltig etwa ein Drittel des Bestandes jährlich entnommen werden könne, so müsse man von einem Bestand von 26 Stück mit durchschnittlich
1,7 Stück/100 ha Jagdfläche ausgehen. Dies wäre sicherlich eine Zahl im unteren Bereich von Rotwildrevieren.

Bei der ÖBf-Eigenjagd L errechnet sich nach dem gleichen Rechengang eine Rotwilddichte von 3,4 Stück/100 ha Jagdfläche. Auch diese Zahl wäre nicht im überhöh­ten Bereich.

Der Verfasser hebt hervor, dass ihm bewusst sei, dass dies theoretische Zahlen sind, die unter anderem jahreszeitlich bedingt starken Schwankungen unter­liegen könnten, trotzdem wiesen sie deutlich darauf hin, dass keine überhöhten Wildstände vorliegen würden.

 

Zur Wildfütterung wird vermerkt, dass eine Rotwildfütterung im Nahbereich der gegenständlichen Wiesenflächen, die sogenannte Webergrabenfütterung, vorhan­den gewesen sei. Bei ihr wären in den letzten Jahren max. 8 Stück Rotwild, hauptsächlich Hirsche, gestanden. Sie wurde im Winter 2013/2014 auf Anord­nung der ÖBf aufge­lassen. Andere Rotwildfütterungen wären nicht im direkten Einzugsbereich der Nachtabschussflächen. Außerdem werde dort im ausge­hen­den Winter mit besonders attraktivem Futter (Silage, Apfeltrester, etc.) gefüttert, um das Rotwild möglichst lange bei der Füt­terung zu halten. Allgemein zeigte sich aber, dass die Attraktivität der grünenden Wie­sen derartig groß ist, dass das Rotwild ohne Wintergatter praktisch nicht bei den Fütte­rungen gehalten werden könne. Ungezäunte Rehwildfütterungen gibt es keine.

 

Zu Abschreckmaßnahmen vermeint Dipl.-Ing. Dr. F, dass sich allgemein zeige, dass Abschreckungsmaßnahmen wie Lärm (Musik, Schreck­schüsse), Lichtsignale und Verstänkerung (Menschenhaar, div. synthetische Duftstof­fe) nur befristet wirken würden. Regelmäßiges Austreiben des Wildes (speziell zur Unzeit in der Nacht) wäre nicht zumutbar und wirke erfahrungsgemäß auch nur sehr kurzfristig.

 

Betreffend die Errichtung von Zäunen vermeint der Sachverständige, dass die Zeiten der Errichtung von langen (herrschaftlichen) Abhaltezäunen vorbei seien. Dies wäre im gegenständlichen Fall auch nur schwer umsetzbar, da das Wild von zwei Talseiten zu den Wiesen ziehen würde.

Außerdem gebe es immer wieder Unfälle mit Wild, das die Abhaltezäune umgeht, bei Taganbruch nicht mehr zurückkönne  und in Panik geraten würde.

Die komplette Einzäunung der betroffenen Wiesen wäre mit sehr hohem finan­ziellem Aufwand verbunden und praktisch nicht durchsetzbar. Außerdem würde dies erst recht zu einem kompletten Lebensraumentzug führen.

Elektrozäune haben sich - wie beim weiter vorne  zitierten  Fall H B - mancherorts nicht bewährt. Sie sollten aber trotzdem auch bei anderen Flächen pro­biert werden. Sie haben den Vorteil, dass sie relativ kostengünstig errichtet werden können, oft eine große Abschreckwirkung haben und wenn es sein müsse, dies kein unbe­dingtes Hindernis (zum Auswechseln) darstelle. Außerdem wären unterschiedlich auf­wendige Bauarten je nach Anlassfall möglich.

 

Konkret vermeint der Sachverständige Dipl.-Ing. Dr. F zur Nachtjagd auf Rotwild, es treffe zu,  dass Rotwild vielerorts zum Nachtwild geworden sei.

Eine der jüngsten Studien zeige dies wieder eindrucksvoll. S R habe  heuer bei der Österreichischen Jägertagung be­richtet, dass unter anderem mittels 30 digitaler Zeitrafferkameras in einem 2.600 ha großen steirischen Projekt­gebiet die Sichtbarkeit des Wildes im Tages- und Jahresverlauf doku­mentiert wurde. Diese Stu­die sei zwar hauptsächlich auf Rehwild ausgerichtet gewesen, zeigte aber auch bzgl. Rotwildes interessante Erkenntnisse. Obwohl es sich dabei um ein ruhiges (auch jagdlich!) Ge­biet gehandelt habe, konnte bewiesen werden, dass das Rotwild mit einer Ausnahme nur nachts auf die Äsungsflächen auszog. Sogar Füchse und Dachse waren tagsüber häufiger zu sehen als Rotwild.

Trotzdem sei es immer wieder gelungen, vor allem durch eine richtige Beja­gungs­strategie mit Ruhezonen, das Rotwild auch wieder tagaktiver zu machen.

Praktisch nie gelinge dies bei Talwiesen im Nahbereich bewohnter Häuser und häufiger befahrener Straßen.

Die Nachtjagd sei nur während weniger Tage im Monat, z.B. im Nahbereich des Voll­mondes, möglich und stelle eine besondere Herausforderung (Ansprechen, Sicher­heitsaspekt) an den Jäger dar. Außerdem habe sie (gemeint wohl die Nachtjagd) nichts mit lustvollem Jagen in schö­ner Landschaft zu tun, sondern sei ein echter Jagdaufwand, der häufig mit stundenlangem Ausharren bei nächtlicher Kälte verbunden ist.

Anzumerken sei laut Sachverständigem, dass durch die nächtlichen Ansitze bei drehendem Wind bzw. durch den Hin- und Rückweg zu/von den Hochsitzen auch ein gewisser Vergrämungseffekt auf das Rotwild eintrete.

In manchen Fällen werde missbräuchlich auch um Nachtabschuss-Genehmigung ange­sucht, eigentlich um attraktive Trophäenträger erlegen zu können, obwohl Wildschä­den als Begründung vorgeschoben würden. Dies wäre im gegen­ständlichen Fall auszu­schließen. Hier ginge es vor allem um den Vertrei­bungseffekt durch den Abschuss ein­zelner Stücke, um die Toleranz der Bauern bzgl. der Grasschäden nicht zu überstra­pazieren und darum, um mit vertretbaren Mitteln das gedeihliche Miteinander zwi­schen Jagd- und kleinstrukturierter Landwirtschaft fortzusetzen.

Würden die Nachtabschüsse nicht mehr genehmigt, so wäre damit zu rechnen, dass die Talwiesen in Kürze wieder stärker vom Rotwild genutzt würden und es zu entsprechenden Schäden mit großer Unruhe bei den Bauern und zu Wild-schadensfor­derungen kommen würde.

Der Gutachter wies darauf hin, alle bisherigen Bescheidauflagen für sinnvoll zu halten. Die Dauer der ge­nehmigten Nachtabschüsse könnte jedoch von Mitte September auf Ende November verkürzt werden. Einerseits, weil dann Grasschäden kaum mehr eine Bedeutung zukomme und andererseits wäre dadurch auch das „Nichtinteresse" an möglichen Hirschabschüssen zumindest teil­weise belegt.

Im Befund seien die Aussagen betroffener Persönlichkeiten zitiert und die Gegeben­heiten vor Ort dokumentiert worden.

Im Gutachtensteil sei ausführlich auf die Problematik von Nachtabschüssen im All­gemeinen eingegangen worden. Ein eigenes Kapitel sei der Analyse von Alternativen zu der Genehmigung von Nachtabschüssen unter besonderer Berück­sichtigung des gegen­ständlichen Falles gewidmet worden.

Auch prinzipielle Überlegungen zur Abwägung jagdlicher Interessen gegenüber Inte­ressen der Grundbesitzer seien angestellt worden, so Dipl.-Ing. Dr. F abschließend.

Nach Analyse aller Faktoren im Zusammenhang mit den Nachtabschüssen in der Genossenschaftsjagd E und in den Eigenjagden S und L gelangte der Sachverständige zum Schluss, dass es zu empfehlen wäre, die bewährten Nachtabschüsse wieder zu genehmigen.

Parallel dazu solle auch versucht werden, mit Elektrozäunen auch die erforderliche Abhalte­wirkung zu erzielen.

 

Parallel dazu sollte der Einsatz moderner starker Elektrozäune getestet und dort nur bei Nichtwirksamkeit dieser Maßnahme in der Nacht geschossen werden. Vorerst sollte dies bei der ca. 2 ha großen xwiese geschehen.

 

Eine verminderte nächtliche Nutzung der Talwiesen durch das Rotwild könnte auch durch den Einsatz moderner vom Oö. Landesjagdverband empfohlener Wildwarnre­flektoren, wie entlang der Bundesstraße, bewirkt werden.

 

Als „prinzipielle Überlegung“ verweist der Sachverständige noch auf die im Oberösterreichischen Jagdgesetz - wie auch in allen anderen  Landesjagd­gesetzen - klar geregelten Prioritäten, denen zufolge im Zweifelsfalle den Interessen der Landeskultur der Vorrang zukomme. Im gegenständlichen Fall wären somit die jagdlichen Interessen der Vermeidung von Nachtabschüssen mit damit verbundenen jagdlichen Problemen daher dem landeskulturellen Interesse nach Wildschadensreduktion unterzuordnen.

Im Text der „Mariazeller Erklärung", einem Grundsatzpapier zwischen den wesent­lichsten Vertretern der Grundbesitzer und der Jägerschaft vom
August 2012, würden die Zielsetzungen des Grundeigentümers im Hinblick auf Wildbewirtschaftung und Wildschadensvermeidung hoch gewichtet. Als Prinzipien werden u.a. formuliert: „Die Bewirtschaftungsrechte und die damit verbundene Verantwortung der Grundeigentümer sind unantastbar (Volltext: Der Anblick, Heft 9/2012, S. 73; Österreichs Weid­werk, Heft 9/2012. S. 11). Diesen Text hätten sämtliche Landesjägermeister mitunter­zeichnet. Die Landesjagdverbände (deren Funktionäre und Angestellte) sollten daher auch bei ihren Erwägungen und Entscheidungen alles dazu beitragen, damit diese Forderung der Grund­eigentümer umgesetzt werden könne.

Es stelle sich außerdem die Frage, wer in der Folge einer Nichtgenehmigung der lang­jährig bewährten Nachtabschüsse für mit der Untersagung auftretende Wiesenschäden die Haftung übernehmen würde. Zumindest „moralisch" können dies zweifellos nicht die Jagdausübungsberechtigten sein, die ihre Bereitschaft zur Durchführung der unpopu­lären aber wirksamen Nachtabschüsse erklärt hätten.

In der Zusammenfassung wird auf die seit mindestens 10 Jahren in der Genossenschaftsjagd E und den ÖBf-Eigenjagden S sowie L genehmigt und praktiziert gewesenen Nachtabschüsse von Rotwild zur Verrin­gerung von Schäden an den Talwiesen hingewiesen, was nun 2015 nicht mehr der Fall ist. Vor diesem Hintergrund habe der Jagdausschuss beschlossen, ein Rechtsmittel dagegen zu ergreifen und den zitierten Sachverständigen mit der Verfassung eines Gutachtens beauftragt.

 

IV.3. Mit der zuletzt getroffenen Schlussfolgerung überschreitet auch dieser  Sachverständige seine Kompetenz, wenn er damit im Grunde über die Fiktion von Schadensfolgen rechtliche Schlussfolgerungen anstellt.

In der Replik auf das Gutachten Dipl.-Ing. F zeigt die belangte Behörde abermals auf, dass hier noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, ehe zu der als „ultima ratio“ zu sehenden Möglichkeit des Nachtabschusses gegriffen werden dürfe. So wird insbesondere dargetan, dass bei Rotwild großflächiger gedacht und gehandelt werden müsse, zumal das Wild auch aus der anderen Talseite ausziehen würde und sich so auch die Frage der diesbezüglichen Auswirkung auch auf andere Reviere stelle. Die bei diesen Zwangsabschüssen (gemeint wohl Nachtabschüssen) nicht erlegten Stücke würden durch den erzeugten und gewollten Jagddruck auf potentielle Schadflächen, die vorrangig im Wald liegen würden, vertrieben oder dorthin gedrängt. Diese Vertreibung verursache einerseits eine Verlagerung der Aktivitätsphasen (zum Beispiel in die Nacht), andererseits hinsichtlich der Örtlichkeit. Als Quintessenz wird in diesem Zusammenhang ein Teufelskreis gesehen, dem nur durch ein großräumiges Konzept, nämlich den Wildbestand auf die Lebensbedingungen anzupassen und gleichzeitig aber die Strukturen des Bestandes zu berücksichtigen und Wild­schäden nicht zusätzlich zu provozieren, begegnet werden könne. Ein Nacht­abschuss neben einem Zwangsabschuss über Zeiträume von zehn Jahren und mehr käme nur einer Symptombekämpfung gleich, welche keine nachhaltige Wirkung entfalten könnte, so der verfassende Wildbiologe in der Replik auf das vorgelegte Gutachten F.

Abermals wird darauf hingewiesen, dass die Maßnahmen des Zwangs- und Nachtabschusses als Ausnahme von Verboten zu sehen wären und diese nur zulässig seien, wenn erhebliche Schäden an land- und forstwirtschaftlichen Kulturen etc. abgewendet werden müssten. Dies könne jedoch keine Dauer­lösung darstellen.

Die Problematik der Nachtjagd wird etwa auch in einer im Internet veröffent­lichten Studie aus der Schweiz veranschaulicht. Dieser zufolge führt die Nachtjagd Reh- und Rotwild zwangsläufig zu vermehrter Nutzung der Boden­vegetation im Wald und damit zu Wildschäden.

Dadurch wird nach Einschätzung des Verfassers der Studie Dr. P M in Teilen des Alpenraumes der größte Teil der Wildschäden in der Nachtjagd verursacht gesehen. Es besteht dieser zufolge ein sehr großes Potential, die Wildschadenssituation zu verbessern.

Es ist in dieser Studie festgestellt worden, dass etwa auch in der Kirrjagd eine ganz wichtige Ursache für massiv erhöhte Wildschäden begründet liege. Die Methode des Kirrens hat einen äußerst negativen Einfluss auf den Tages­rhythmus, auf das Verhalten, die Verteilung und die Vertrautheit des Wildes, es vermindert den Jagderfolg im weiteren Umkreis, führt zu Nachtabschüssen und zweifellos (auch [!]) zur Verrohung der Jagd. Sie sei nur scheinbar eine effiziente Methode der Wildentnahme, der Effekt der Wildschadenverhütung werde aber nicht nur verfehlt, sondern ins Gegenteil verkehrt (Quelle: x).

Angesichts dieser fachlichen Erkenntnisse bedarf es zur Vermeidung bzw. Verminderung potentieller Wildschäden in den Wiesen und nicht zuletzt auch in den Wäldern mehrerer parallel laufender Maßnahmen und darunter vielmehr der Minimierung der Zwangs- und Nachtabschüsse auf wirklich notwendige Bereiche.

 

Diese fachlich untermauerten Darstellungen sprechen für sich, scheinen selbst  einem Laien logisch zugänglich und überzeugen in der Sache!

 

IV.4. In der abschließenden Replik des beschwerdeführenden Jagdausschusses vom 17.6.2015  zu den Ausführungen der belangten Behörde  auf die Gutachten des Dipl.-Ing. Dr. F und Dipl.-Ing. N wird auf das diesbezügliche Einvernehmen zwischen Jägerschaft und Grundbesitzer verwiesen. Der Nachtab­schuss hätte sich im Gegensatz zur Darstellung der belangten Behörde sehr wohl bewährt und andere Mittel zur Schadensminimierung durch Rotwild wären ohne ausreichenden Erfolg geblieben. Dass dies vom Sachverständigen F nicht geprüft worden wäre, sei eine Unterstellung.

Durch den Abschuss von Schmaltieren, Kälbern und Tieren sei ein sehr guter und nachhaltiger Vergrämungseffekt erzielt  worden und es seien von den Nachtab­schüssen auch (künftige) Zuwachsträger betroffen gewesen. Die von der Beschwerdeführerschaft im Rahmen dieses Verfahrens vorgelegten Gutachten wären umfassend begründet und hätten durch die Stellungnahme der belangten Behörde nicht widerlegt werden können.

Eingeräumt wird seitens der Beschwerdeführerschaft abschließend jedoch auch, dass man der Entwicklung eines großräumigen Konzeptes zur Minimierung von Rotwildschäden positiv gegenüber stünde, man sehe jedoch keine andere Mög­lichkeit im Interesse der Landeskultur als durch Nachtabschüsse die Schäden in erträglichem Maß zu halten.

Abschließend wurde abermals beantragt, der Beschwerde stattzugeben und den Nachtabschuss von Rotwild mit den bewährten Auflagen wieder zu ermöglichen.

 

IV.4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich misst dennoch den von der belangten Behörde aufgezeigten und fachlich umfassend untermauerten Argu­menten gegen einen Nachtabschuss mehr sachliche Substanz und Gewicht bei als dies für die wohl ebenso vertretbare fachliche Argumentation der Beschwerde­führerschaft zutrifft. Letztlich wiegen die gegen einen Nachtabschuss sprechenden Fakten  - an der Rechtslage gemessen -  schwerer als jene der Beschwerdeführerschaft, welche selbst im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung (siehe oben IV. unten) die Einsicht und Bereitschaft erklärte, in noch weiterem Umfang die Möglichkeiten von Ablenkungen des Rotwildes von den fraglichen Äsungsflächen (Wiesen) anzustreben.

Es kann daher unter Abwägung aller dem Landesverwaltungsgericht Ober­österreich aufgezeigten und vorliegenden Aspekte nicht als das allerletzte Mittel erachtet gelten, um damit der Verunreinigung von Grünfutter bzw. der Wiesen durch Ausscheidungen des Rotwildes als einzige Möglichkeit entgegenzuwirken. Dies belegte letztlich die im Verhältnis geringe Stückzahl der nächtlich getä­tigten Abschüsse, wenn es letztlich (bloß) um die Vergrämung (Vertreibung) des Rotwildes von diesen Kulturflächen (Wiesen) geht.  Dem wurde letztlich selbst von Dipl.-Ing. Dr. F nicht grundsätzlich erwidert, sondern räumte dieser sogar ein, dass es eben auch noch andere und bessere Möglichkeiten der Vergrämung des Rotwildes von diesen Schadflächen geben würde. Letztlich kann ein Nachtabschuss als Vergrämungsmethode nicht zur Dauereinrichtung erhoben gelten, was hier offenbar schon eingetreten ist und fortgesetzt werden will. Daher gilt es, sich anderer Methoden hierfür zu bedienen, ehe mit der Nachtjagd das Wild bloß vergrämt wird, was allein im Verhältnis zu einer indizierten Reduktion und mit Blick der „ultima ratio“ eines Nachtabschusses objektiv besehen für sich als unverhältnismäßiges Mittel zu sehen ist.

Für wohl indizierte stärkere Eingriffe in Alters- und Geschlechtsstruktur beim Rotwild bedarf es jedenfalls nicht des Nachtabschusses. Eine Weiterführung eines Nachtabschusses ohne Abklärung aller anderen Möglichkeiten einer Wild­schadens­vermeidung scheint demnach auch dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht zwingend notwendig, wobei diesbezüglich insbesondere die Auffassung der belangten Behörde zu teilen ist, dass es eine präjudizierende Wirkung für andere Gebiete mit ähnlichen Begehrlichkeiten, die gleichsam die Fortschreibung dieser Bewilligung mit sich bringen würde, zu vermeiden gelte. Daher gilt es vielmehr noch, die sachverständig aufgezeigten alternativen Möglichkeiten verstärkt auszuschöpfen, ehe auf den Nachtabschuss als gleichsam letzte Möglichkeit zur Lösung des anstehenden bzw. eines derartigen Problems (abermals) zurückgegriffen werden darf.

In der Anlage 1 auf einer von der Behörde in deren Replik beigefügten Karte ist die Reviersituation dargestellt. Ebenfalls wird auf einen Bescheid der einstigen Jagdbehörde über einen aufgetragenen Zwangsabschuss in den angrenzenden Jagdgebieten L, K, Sch und R auf Rotwild und zum Teil auch auf Gamswild verwiesen.

Der Standpunkt der belangten Behörde scheint dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich letztlich in sich schlüssiger und auf weitergreifendere Fachmei­nungen gestützt und demnach nicht zuletzt auch mit Blick auf die Weid­gerechtigkeit nachvollziehbarer. So ist es plausibel, dass mit dem Abschuss einzelner Stücke Rotwild zur Nachtzeit einerseits unter Abwägung der damit nicht zu verleugnenden Risiken des Krankschießens und der erhöhten Wahrschein­lichkeit von Fehlabschüssen und andererseits des allgemeinen Sicherheitsrisikos und des störenden Schusslärms das Wild letztlich auch noch mehr beunruhigt in andere Einstände gedrängt wird und dann eben auch dort Schäden verursacht. Dies scheint insbesondere mit Blick auf die selbst vom Gutachter der Beschwerdeführerschaft eingeräumte Tatsache einer jedenfalls nicht vollständig ausgeschöpften alternativen Möglichkeit als vom Gesetz als „ultima ratio“ zu begreifende Voraussetzung eines Zwangsabschusses nicht vorliegend. Insbe­sondere beurteilt auch Dipl.-Ing. Dr. F den Zwangsabschuss als keine wünschenswerte Lösung und räumte darüber hinaus ebenfalls noch ein, dass noch nicht sämtliche anderen Möglichkeiten ausgeschöpft wären, indem die angelegten Wiesen als Alternative und ablenkende Äsungsflächen noch nicht ihre Wirkung entfaltet haben konnten. Eine bloße Verlagerung des Problems scheint letztlich durchaus evident.

Daher sieht das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die sachlichen Voraus­setzungen der vom Gesetz als „letzte Möglichkeit“ für einen Nachtabschuss als Ausnahme von einem grundsätzlichen Verbot erforderlichen Grundlage nicht gegeben. Es greifen die stärkeren Argumente gegen einen Nachtabschuss als die letzte und einzige Lösung zur Vermeidung der von den Grundbesitzern und Beschwerdeführern vorgebrachten Schäden. Vor diesem Hintergrund sieht das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auch keine sachliche Grundlage für die Bewilligung einer im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung ins Treffen geführten verkürzten Zeitspanne eines Nachtabschusses von Juli bis September.

Dabei wird auch vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht übersehen, dass es aus jagdlicher Sicht durchaus zweckmäßiger und wohl auch mit weniger zeitlichem Aufwand verbunden sein mag, das Rotwild in den tiefer gelegenen Tallagen auch zur Nachtzeit zu bejagen, als dies in den höher gelegenen Einständen in der Morgen- oder Abenddämmerung oder auch tagsüber zu tun. Letzteres bedeutet wohl eine größere und vor allem zeitaufwändigere jagdliche Herausforderung. 

 

 

V.  Rechtliche Erwägung:

 

Aus § 62 Abs. 5 Oö. JagdG ergeben sich die sachlichen Verbote, worunter eben auch - abgesehen von gesetzlichen Ausnahmen -    die Jagd zur Nachtzeit fällt; als Nachtzeit gilt die Zeit von einer Stunde nach Sonnenuntergang bis eine Stunde vor Sonnenaufgang; das Verbot erfasst nicht die Jagd auf schädliches Wild (§ 60), Wildgänse, Wildenten und Schnepfen sowie auf den Auer- und Birkhahn; die Landesjägermeisterin bzw. der Landesjägermeister kann, wenn es der Jagdausschuss oder der Eigenjagdberechtigte beantragen, für Jagdgebiete oder für Teile hiervon, in welchen durch Rotwild Wildschäden in einem Ausmaß verursacht wurden, dass zu befürchten ist, dass land- und forstwirtschaftliche Betriebe in ihrer Ertragsfähigkeit schwer beeinträchtigt werden, die Jagd auf Rotwild zur Nachtzeit bewilligen.

Die nächtliche Bejagung des Rotwildes stellt demnach die auch normativ festgelegte „ultima ratio“ jagdlicher Aktivitäten dar, etwa um die Abschuss­planvorgaben zu erfüllen und sonst nicht mehr erreichbare gesetzliche Vorgaben erfüllen zu können. 

Da es zur Nachtzeit schließlich nicht oder nur schwer möglich ist, das Wild richtig anzusprechen, steht nicht zuletzt auch dieser Aspekt dem Nachtjagdverbot mit Blick auf eine weidgerechte Jagdausübung entgegen (vgl. Schiffner / Reisinger, Kommentar zum Oö. Jagdrecht 2010, S 119, Rz 6). Auch vor diesem Hintergrund ist von dieser Ausnahme nur in äußerst engen Grenzen Gebrauch zu machen, welche hier auch vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich letztlich nicht  gefunden werden konnten.

Die Beschwerde war demnach als unbegründet abzuweisen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­ge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr.  B l e i e r