LVwG-300517/2/PY/PP

Linz, 26.06.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn M. P., vertreten durch D. S. S. Rechtsanwaltspartnerschaft, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 17. Oktober 2014, SV96-50-2014, wegen Verwaltungsüber­tretung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstraf­verfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 VStG eingestellt.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1.         Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom
17. Oktober 2014, SV96-50-2014, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretung nach § 71 Abs. 2 Arbeitslosenver­sicherungsgesetz iVm §§ 12 Abs. 3 lit.a, 25 Abs. 2 und 50 Abs. 1 AlVG, BGBl.
Nr. 609/1977 idgF eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 10 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 20 Euro vorge­schrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

„Sie haben im Zeitraum ab 10.03.2014 bis 20.03.2014 (Unfalltag) täglich zwischen 8 und 8,5 Stunden für die Firma Ing. S. K. e.U. gearbeitet und somit vorsätzlich Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch genom­men, ohne dazu berechtigt zu sein.

Sie haben in diesem Zeitraum bei der Firma Ing. S. K. e.U. für einen Stundenlohn von 13,60 Euro brutto Bauhilfsarbeiten (wie Schutt aufladen, Gartenmauer abstemmen, Fundament graben, etc.) verrichtet und die Aufnahme dieser Beschäftigung nicht dem Arbeitsmarktservice angezeigt.“

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrens­ganges und der Rechtsgrundlagen an, dass sich der Sachverhalt unter anderem aus der widerspruchsfreien Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom
21. Mai 2014, der Niederschrift über die Vernehmung des Herrn Ing. S. K. jun. sowie diverser SV-/bzw. ELDA-Abfragen ergibt. Das durchgeführte Ermitt­lungsverfahren habe daher zweifelsfrei ergeben, dass der Beschuldigte seine Arbeitsaufnahme am 10. März 2014 nicht dem AMS gemeldet hat, obwohl ihm zum Zeitpunkt des Arbeitsantritts wissentlich und willentlich bekannt war, dass er eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung bezieht und der Bezug dieser Leistung mit dem Umstand einher geht, dass jede Aufnahme einer Tätigkeit dem AMS zu melden ist. Über die diesbezüglichen Rechte und Pflichten im Zusammen­hang mit der Leistung aus der Arbeitslosenversicherung wisse der Beschuldigte als Arbeiter in der Baubranche Bescheid und ist von einem Eventualvorsatz aus­zugehen.

 

Abschließend legt die belangte Behörde ihre für die Strafbemessung herange­zogenen Gründe dar.

 

2.         Dagegen richtet sich die rechtzeitig im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung vom Bf eingebrachte Beschwerde vom 3. November 2014. Darin wird zusammengefasst vorgebracht, dass der Bf in der Zeit vom 10. März 2014 bis 20. März 2014, sowie auch in den Jahren davor, bei der Firma K. gearbeitet habe. Wie in den Vorjahren war es auch diesmal üblich, dass er dann, wenn saisonbedingt zu wenig Arbeit vorhanden war „Stempeln“ geschickt wurde und im Frühjahr von der Firma K. wiederum mit dem Bf Kontakt aufgenommen wurde um das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. In den Jahren zuvor hat stets die Firma K. dem Bf mit dem Tag des Arbeitsbeginnes zur Sozialversicherung gemeldet und automatisch auch eine Meldung an die Leistungsträger aus der Arbeitslosenversicherung durchgeführt, sodass korrespondierend mit dem Wiedereinstieg ins Arbeitsverhältnis das Arbeitslosengeld entfallen ist. Der Bf ist daher davon ausgegangen, dass dies auch im Jahr 2014 durch die Firma K. bewerkstelligt wird und wurde ihm erst durch den gegenständlichen Arbeitsunfall bekannt, dass er vom Unternehmen gar nicht angemeldet wurde. Der Bf habe daher nicht vorsätzlich Leistungen in Anspruch genommen, sondern konnte davon ausgehen, dass der Arbeitgeber eine entsprechende Meldung auch diesmal durchführen wird.

 

3.         Mit Schreiben vom 18. November 2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesver­waltungsgericht vor, das gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäfts­verteilung zuständige Einzelrichterin zur Entscheidung berufen ist.

 

4.         Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 3 VwGVG entfallen.

 

5.         Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

5.1.      Gemäß § 12 Abs. 3 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG), BGBl.
Nr. 609/1977 idgF gilt als arbeitslos im Sinn der Abs. 1 und 2 insbeson­dere nicht:

a)    wer in einem Dienstverhältnis steht;

b)    wer selbständig erwerbstätig ist;

c)    wer ein Urlaubsentgelt nach dem Bauarbeiter-Urlaubsgesetz 1972, BGBl. Nr. 414, in der jeweils geltenden Fassung bezieht, in der Zeit, für die das Urlaubsentgelt gebührt;

d)    wer, ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten, der Ehegattin, des eingetragenen Partners, der eingetragenen Partnerin, des Lebensgefährten, der Lebensgefährtin, eines Elternteils oder eines Kindes tätig ist;

e)    wer eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf behördliche Anordnung in anderer Weise angehalten wird;

f)     wer in einer Schule oder einem geregelten Lehrgang – so als ordentlicher Hörer einer Hochschule, als Schüler einer Fachschule oder einer mittleren Lehranstalt – ausgebildet wird oder, ohne dass ein Dienstverhältnis vorliegt, sich einer praktischen Ausbildung unterzieht;

g)    ein Lehrbeauftragter in den Semester- und Sommerferien;

h)    wer beim selben Dienstgeber eine Beschäftigung aufnimmt, deren Entgelt die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, es sei denn, dass zwischen der vorhergehenden Beschäftigung und der neuen geringfügigen Beschäftigung ein Zeitraum von mindestens einem Monat gelegen ist.

 

Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes bei Ein­stellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung zum Ersatz des unberechtigt Empfan­genen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungs­verhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungs­verhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen. Ebenso ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes (der Notstandshilfe) zum Ersatz des unberechtigt Empfan­genen zu verpflichten, wenn nachträglich festgestellt wird, dass auf Grund einer Anrechnung von Einkommen aus vorübergehender Erwerbstätigkeit gemäß § 21a keine oder nur eine niedrigere Leistung gebührt. Die Verpflichtung zum Rückersatz besteht auch hinsichtlich jener Leistungen, die wegen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels weiter gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten.

 

Gemäß § 25 Abs. 2 AlVG gilt, wenn ein Empfänger von Arbeitslosengeld (Not­stands­hilfe) bei einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 lit. a, b oder d durch öffent­liche Organe, insbesondere Organe von Behörden oder Sozialversicherungs­trägern oder Exekutivorgane, betreten wird, die er nicht unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle angezeigt hat (§ 50), die unwiderlegliche Rechtsvermutung, dass diese Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt ist. Das Arbeitslosengeld (die Notstandshilfe) für zumindest vier Wochen ist rückzufordern. Erfolgte in einem solchen Fall keine zeitgerechte Meldung durch den Dienstgeber an den zuständigen Träger der Krankenversicherung, so ist dem Dienstgeber von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ein Sonderbeitrag in der doppelten Höhe des Dienstgeber- und des Dienstnehmer­anteiles zur Arbeitslosenversicherung (§ 2 des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungs­gesetzes, BGBl. Nr. 315/1994) für die Dauer von sechs Wochen vorzuschreiben. Als Bemessungsgrundlage dient der jeweilige Kollektivvertragslohn bzw., falls kein Kollektivvertrag gilt, der Anspruchslohn. Die Vorschreibung gilt als voll­streckbarer Titel und ist im Wege der gerichtlichen Exekution eintreibbar.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 AlVG ist, wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 unver­züglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen. Darüber hinaus ist jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maß­gebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen sowie jede Wohnungsänderung der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen. Bei Bezug von Arbeitslosengeld gemäß § 18 Abs. 5 trifft die Anzeigepflicht auch den Träger der Einrichtung. Bei Bezug von Weiterbildungsgeld oder „Bildungsteil­zeitgeld“ trifft die Anzeigepflicht auch den Arbeitgeber.

 

Gemäß § 71 Abs. 2 AlVG begeht, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 200 Euro bis zu 2.000 Euro, im Wiederholungsfall von 400 Euro bis zu 4.000 Euro zu bestrafen, wer vorsätzlich Leistungen der Arbeits­losenversicherung in Anspruch nimmt oder genießt, ohne dazu berechtigt zu sein, oder zu solchen Missbräuchen anstiftet oder Hilfe leistet.

 

5.2.      Vom Bf wird nicht bestritten, dass er in der Zeit vom 10. März 2014 bis
20. März 2014 für die Firma Ing. S. K. e.U. gearbeitet hat, obwohl er Leistungen der Arbeitslosenversicherung bezogen hat. Der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist daher als erfüllt zu werten.

 

5.3.      Zu Unrecht bezogene Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung sind von der zuständigen Behörde zurückzufordern (vgl. § 25 AlVG). Für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren ist jedoch - wie von der belangten Behörde zutreffend ausgeführt – zu berücksichtigen, dass für das Vorliegen eines strafbaren Verhaltens des Beschuldigten eine vorsätzliche Tatbegehung erforderlich ist. Gemäß § 71 Abs. 2 AlVG begeht derjenige eine Verwaltungs­übertretung, der vorsätzliche Leistungen der Arbeitslosenversicherung ohne Berechtigung bezieht. Allein fahrlässiges Verhalten des Bf genügt daher nicht, sondern es muss gegen den Beschuldigten der konkrete Tatvorwurf, der die Annahme rechtfertigt, er habe die Tat vorsätzlich begangen, erhoben und nachgewiesen werden. Es ist zwar zutreffend, dass es eine Verpflichtung des Bf darstellt, dem Arbeitsmarktservice umgehend die Aufnahme einer Beschäftigung während der Dauer des Bezuges von Leistungen aus der Arbeitslosenver­sicherung bekannt zu geben, vom Bf wird jedoch glaubwürdig vorgebracht, dass diese ihn treffende Verpflichtung in den letzten Jahren jeweils die Firma Ing. S. K. e.U. im Rahmen der Anmeldung der Beschäftigung übernommen hat und er davon ausgegangen ist, dass dieser Vorgang wieder von seinem Dienstgeber übernommen wurde. Dass das Unternehmen keine Anmeldung zur Sozialversicherung durchgeführt hat und folglich auch die Abmeldung beim AMS nicht durchführte, habe er nicht gewusst. Folgt man diesem Vorbringen wäre dem Bf zwar eine fahrlässige Tatbegehung anzulasten, da es seine Aufgabe gewesen wäre, sich auch im Jahr 2014 darüber zu versichern, dass die ihm obliegenden Verpflichtung zur Meldung seiner Arbeitsaufnahme tatsächlich durch das Beschäftigungsunternehmen erfolgt ist, eine vorsätzliche Tatbe­gehung – wie für die Anwendung der gegenständlichen Strafnorm erforderlich – kann im Hinblick auf die unwidersprochen Angaben des Bf jedoch nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II:        Der Kostenausspruch ist den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

 

Zu III:       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.in Andrea Panny