LVwG-350126/14/Py/TO

Linz, 23.06.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde von Frau D. P., x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7. Jänner 2015, GZ: BHLL-2014-67323/23-SG, wegen Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs (bedarfsorientierte Mindestsicherung)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG  wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der behördliche Bescheid vom 7. Jänner 2015,
GZ: BHLL-2014-67323/23-SG, bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.          1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7. Jänner 2015, GZ: BHLL-2014-67323/23-SG, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) vom 23. Dezember 2014 auf Zuerkennung von Hilfe und Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs gemäß § 4 Oö. BMSG 2011, LGBl. Nr. 74/211, idgF, abgewiesen.  

 

In der Begründung führt die belangte Behörde dazu zusammengefasst aus, dass gemäß § 4 Oö. BMSG die persönlichen Voraussetzungen für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung nicht vorliegen würden. Die Bf befinde sich seit 29. Juni 2009 in Österreich. Bei der Scheidung habe sie ab Oktober 2013 auf jeglichen Unterhaltsanspruch verzichtet. Sie lebe mit ihrem Sohn, der eine Unterhaltsleistung nach dem Jugendwohlfahrtsgesetz beziehe, im gemeinsamen Haushalt. Die Bf verfüge über eine befristete Aufenthaltsberechtigung plus. Da die Bf keinen gültigen Daueraufenthaltstitel bzw. keine unbefristete Nieder­lassungsbewilligung nachweisen könne und dadurch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Leistung nach dem Oö. BMSG nicht erfüllt seien, sei wie im Spruch angeführt zu entscheiden gewesen.

 

2.         Dagegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Beschwerde, in der die Bf zusammengefasst ausführt, dass sie ihren Lebensunterhalt derzeit nicht bestreiten könne, da sie sich um ihren österreichischen Sohn kümmern müsse, bei dem eine erhebliche Behinderung festgestellt worden sei und der sehr krankheitsanfällig sei, weshalb sie Schwierigkeiten habe eine Arbeitsplatz zu finden, der mit den Betreuungspflichten vereinbar sei. Nachdem sie aufgrund einer dauerhaften Unzulässigkeit ihrer Ausweisung – Aufenthaltsberechtigung plus gem. § 55 AsylG - dem Personenkreis des § 4 Abs. 2 lit. e Oö. BMSG angehöre, ergebe sich ein Rechtsanspruch auf Mindestsicherung.

 

3.         Mit Schreiben vom 27. Jänner 2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungs­gericht vor. Dieses ist gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen.

 

4.         Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akten­einsicht und Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12. Mai 2015. Das Oö. Landesverwaltungsgericht beraumte zunächst für
12. März 2015 eine mündliche Verhandlung an, die über tel. Ersuchen der Sozialbetreuerin der Bf wieder abberaumt wurde. Ebenso ließ sich die Bf für die daraufhin für 17. April 2014 ausgeschriebene Verhandlung entschuldigen, einer neuerlichen Vertagungsbitte für die für 12. Mai 2015 anberaumte Verhandlung wurde daraufhin keine Folge gegeben und der Sozialbetreuerin der Bf mitgeteilt, dass die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt und das Oö. Landesverwaltungsgericht der Bf nunmehr bereits mehrmals erfolglos Gelegenheit geboten hat, im Rahmen einer Verhandlung ihren Standpunkt zu erörtern, weshalb die Verhandlung nunmehr in ihrer Abwesenheit durchgeführt wird.

 

4.1.      Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Die Bf, geb. x, ist serbische Staatsbürgerin, die seit 29. Juni 2009 in Österreich lebt. Sie war mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet und ist seit 24. März 2011 Mutter eines österreichischen Sohnes, mit dem sie seit
2. November 2012 gemeinsam x wohnhaft ist. Davor war sie einige Zeit im F. L. untergebracht.

 

Am 9. November 2012 vereinbarte die Bf mit ihrem Ehegatten vor dem Bezirks­gericht Linz die einvernehmliche Scheidung. Im Zuge des Scheidungsvergleiches hat die Bf auf Unterhalt, der ihr von Jänner 2013 bis Oktober 2013 zugesprochen wurde, nach Oktober 2013 verzichtet. Der Unterhaltsverzicht erfolgte trotz anwaltlicher Vertretung und dem Hinweis auf Rechtsfolgen dieses Verzichtes. Mit der Scheidung hat die Bf zudem auch den Aufenthaltstitel „Familienangehörige“ verloren.

 

Mit dem ursprünglichen Antrag auf Gewährung bedarfsorientierter Mindest­sicherung vom 29. November 2012, den die Bf noch unter dem Aufenthaltstitel „Familienangehörige“ gestellt hat, hat die Bf von 1. Dezember 2012 bis 30. April 2014 Leistungen aus bedarfsorientierter Mindestsicherung bezogen.

 

Der nunmehr verfahrensgegenständliche Antrag vom 23. Dezember 2014 wurde bereits unter dem Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ gestellt. Der Bf wurde von der belangten Behörde ab Mai 2014 bis zur Vorlage des Aufent­haltstitels bedarfsorientierte Mindestsicherung auf Grundlage des Privatrechts zuerkannt.

 

4.2.      Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Beschwerdevorbringen der Bf und ist in dieser Form unbestritten.

 

5.         In rechtlicher Hinsicht hat das Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

5.1.      Gemäß § 2 Abs. 6 Oö. BMSG besteht ein Rechtsanspruch auf bedarfs-orientierte Mindestsicherung oder eine bestimmte Form bedarfsorientierter Mindestsicherung nur dann, wenn es dieses Landesgesetz ausdrücklich bestimmt. (Prinzip der eingeschränkten Rechtsansprüche)

 

Gemäß §  4  Abs. 1 Oö. BMSG  kann bedarfsorientierte Mindestsicherung, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die

1.   ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl.Nr. 9/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und

2.   a)  österreichische Staatsbürgerinnen und -bürger oder deren Familien­            angehörige,

b) Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,

c)  EU-/EWR-Bürgerinnen oder -Bürger, Schweizer Staatsangehörige oder     deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser           Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

d)  Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EG“ oder    „Daueraufenthalt - Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungs­    nachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,

e)  Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland,         soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht       verlieren würden,

sind.

 

Gemäß § 4 Abs. 2 Oö. BMSG kann bedarfsorientierte Mindestsicherung im Einzel­fall – abweichend von Abs. 1 – auf der Grundlage des Privatrechts geleistet werden, soweit

1. der Lebensunterhalt nicht anderweitig gesichert ist oder gesichert werden kann und

2. dies zur Vermeidung besonderer Härten unerlässlich ist.

 

5.2.      Unbestritten steht fest, dass die Bf weder österreichische Staatsbürgerin oder deren Familienangehörige, Asylberechtigte oder subsidiäre Schutzberech­tigte, EU-/EWR-Bürgerin, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familien­angehörige, noch eine Person mit dem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EG“ oder „Daueraufenthalt-Familienangehörige“ oder  eine Person mit einem Nieder­lassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung oder eine Person mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit die durch den Bezug dieser Leistung nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würde, ist.

 

Gemäß § 55 Abs. 1  Z 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaats-angehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufent­haltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist. Der Bf wurde ein solch befristeter Aufenthaltstitel bis Dezember 2015 ausgestellt.

 

Die Bf bringt in ihrer Beschwerde vor, dass sich in ihrem Fall ein Rechtsanspruch auf Mindestsicherung ergebe, da sie dem Personenkreis des § 4 Abs. 2 lit.e
Oö. BMSG angehöre.

 

Dazu kann zunächst auf die Erläuternden Bemerkungen zu § 4 Oö. BMSG, Beilage 434/2011 zur XXVII. Gesetzgebungsperiode, Seite 34 f verwiesen werden:

„Der Auffangtatbestand der lit. e erfasst weitere Personen mit einem dauernden Aufenthaltsrecht im Inland (zB. § 55 FPG). Wie bei lit. c ist vor einer Leistung zu prüfen, ob ein Bezug bedarfsorientierter Mindestsicherung fremdenrechtliche Konsequenzen nach sich zöge. Klargestellt wird, dass jedenfalls

-    nichterwerbstätige EU- bzw. EWR-Bürgerinnen und -Bürger, Schweizer Staatsangehörige und deren Familienangehörige zumindest in den ersten drei Monaten ihres

-    Aufenthalts, Asylwerberinnen und Asylwerber sowie

-    Personen, die auf Grund eines Reisevisums oder ohne Sichtvermerk einreisen (Touristinnen oder Touristen)

die persönlichen Voraussetzungen nach Abs. 1 nicht erfüllen.

 

Für diese und sonstige Personen, die sich nicht gewöhnlich in Oberösterreich aufhalten oder in der Aufzählung des Abs. 1 Z. 2 nicht erfasst sind, verbleibt lediglich die Möglichkeit der Zuerkennung von Leistungen bedarfsorientierter Mindestsicherung im Wege der Privatwirtschaftsverwaltung (Abs. 2). Wenn auch in diesem Fall kein Rechtsanspruch - und damit keine rechtliche Durchsetzbarkeit für die hilfebedürftige Person - gegeben ist, so ist der Träger der bedarfsorientierten  Mindestsicherung  in  seiner  Entscheidung  doch  an  die  allgemeinen Bestimmungen dieses Gesetzes sowie an die im Abs. 2 vorge­sehenen Bedingungen gebunden. Die Z. 1 und 2, die kumulativ vorliegen müssen, betonen zunächst den Subsidiaritätsgedanken und fordern sodann eine "Härte"-Prüfung, die ähnlich wie bisher im Rahmen des § 6 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 sowohl wirtschaftliche und soziale als auch familiäre Gesichtspunkte berücksichtigen kann.“

 

Aus den Gesetzesmaterialen zu § 55 Asylgesetz 2005 idF des Fremdenbe­hördenneustrukturierungsgesetzes (FNG), BGBl. I Nr. 72/2012, mit dem ab
1. Jänner 2014 die Regelungen für ein humanitäres Bleiberecht in Kraft traten, geht hervor, dass der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu einem befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt und freien Zugang zum Arbeitsmarkt gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz beinhaltet (vgl. 1803 der Beilagen XXIV GP. RV, Erl. zum 7. Hauptstück). Ein dauerndes Aufent­haltsrecht im Inland ist daher – entgegen dem Beschwerdevorbringen – mit dem der Bf zuerkannten Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG nicht verbunden. Ein Rechtsanspruch der Bf auf Zuerkennung bedarfsorientierte Mindestsicherung liegt daher mangels Vorliegen der in § 4 Abs. 1 Z 2 lit.e Oö. BMSG geforderten persönlichen Voraussetzungen nicht vor. Es war daher spruchgemäß zu ent­scheiden.

 

Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass es der Behörde gem. § 4 Abs. 2
Oö. BMSG freisteht, der Bf weiterhin bedarfsorientierte Mindestsicherung auf der Grundlage des Privatrechts zu leisten.

 

 

II.         Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.in Andrea Panny