LVwG-650398/3/MS/Bb

Linz, 26.06.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin            Mag. Dr. Monika Süß über den Vorlageantrag des M. A., geb. x, P., vom 30. April 2015, nunmehr vertreten durch Rechtsanwalt Dr. S. E., S.straße 2, L., gegen die Beschwerdevorentscheidung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 14. April 2015, GZ VerkR21-41-2015, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung der Klassen AM, A1, A2, A und B und weitere führerscheinrechtliche Anordnungen,

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird dem Vorlageantrag insoweit stattgegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung der Klassen AM, A1, A2, A und B sowie die Entziehung einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung auf 12 Monate, gerechnet ab 5. Februar 2015 (= Abnahme des Führerscheines) bis einschließlich 5. Februar 2016, herab- bzw. festgesetzt wird.

 

Im Übrigen wird der Vorlageantrag abgewiesen.

 

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

 

I.a) Mit Bescheid vom 4. März 2015, GZ VerkR21-41-2015, entzog die  Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen (im Folgenden: belangte Behörde) M. A. (dem nunmehrigen Beschwerdeführer - im Folgenden kurz: Bf) gemäß §§ 24 Abs.1 iVm 26 Abs. 2 Z 4 FSG die Lenkberechtigung der Klassen AM, A1, A2, A und B sowie gemäß eine allfällig bestehende ausländische Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder EWR-Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7 FSG) im Ausmaß der Dauer von 20 Monaten, gerechnet ab 5. Februar 2015 (= vorläufige Abnahme des Führerscheines) bis einschließlich 5. Oktober 2016. Weiters wurde der Bf gemäß § 24 Abs. 3 FSG verpflichtet, eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren, eine verkehrspsychologische Stellungnahme und ein amtsärztliches Gutachten gemäß § 8 FSG über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen und festgestellt, dass die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Maßnahmen endet.

Einer allfälligen Beschwerde wurde im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug gemäß § 64 Abs. 2 AVG (richtigerweise gemeint wohl: § 13 Abs. 2 VwGVG) die aufschiebende Wirkung aberkannt. 

 

Dagegen erhob der Bf mit Schriftsatz vom 7. April 2015 innerhalb offener Frist durch seine damalige Rechtsvertretung das Rechtsmittel der Beschwerde, mit der im Wesentlichen eine Reduktion der Entziehungsdauer auf ein angemessenes Maß und ein Absehen von den begleitenden Maßnahmen beantragt wurde.

 

I.b) Mit Beschwerdevorentscheidung vom 14. April 2015, GZ VerkR21-41-2015, 14/041689, wies die belangte Behörde die Beschwerde vom 7. April 2015 dem Grunde nach ab, änderte den Spruch jedoch dahingehend, als sie als Rechtsgrundlage für die Entziehung der Lenkberechtigung nunmehr § 26 Abs. 2 Z 2 FSG heranzog.

 

Zusammengefasst begründete die belangte Behörde die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Bf das aktuelle Alkoholdelikt gemäß § 99 Abs. 1  lit. a StVO vom 5. Februar 2015 zu einem Zeitpunkt begangen habe, als das letzte Alkoholdelikt vom 6. Jänner 2010 noch nicht getilgt gewesen sei, weshalb keine erstmalige Begehung im Sinne des § 26 Abs. 5 FSG vorliege und daher     § 26 Abs. 2 Z 2 anzuwenden gewesen sei.

 

 

 

Der Bf habe im Zeitraum von ca. sieben Jahren insgesamt vier Alkoholdelikte begangen und sei mehrmals im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen zur Anzeige gebracht worden. Überdies sei er strafgerichtlich wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und 3 StGB verurteilt worden, sodass sich insgesamt eine Entziehungsdauer von 20 Monaten als rechtlich notwendig und gerechtfertigt erweise.

 

Gegen diese Beschwerdevorentscheidung, zugestellt am 22. April 2015, hat der Bf – wiederum durch seine damaligen Rechtsvertreter - mit Schriftsatz vom 30. April 2015, eingelangt am 30. April 2015 bei der belangten Behörde, rechtzeitig einen Vorlageantrag im Sinne des § 15 VwGVG gestellt.

 

Zur Begründung verweist er zunächst auf den Inhalt der Beschwerde vom 7. April 2015 und stellt das Alkoholdelikt vom 5. Februar 2015 außer Streit. Er führt jedoch aus, dass die belangte Behörde die Entziehung der Lenkberechtigung rechtsirrig auf § 26 Abs. 2 Z 2 FSG gestützt habe, da es auf den Begehungszeitpunkt der Delikte und nicht auf deren Tilgung ankomme. Er verweist dazu auf den Gesetzeswortlaut des § 26 Abs. 2 FSG und die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Davon ausgehend sei die fünfjährige Frist des      § 26 Abs. 2 Z 2 FSG betreffend das Alkoholdelikt vom 6. Jänner 2010 bereits abgelaufen, sodass sich die festgesetzte Entziehungsdauer von 20 Monaten als drastisch erhöht erweise. Weiters wendet er ein, dass der ihm vorgehaltene Verkehrsunfall im Entziehungsverfahren nur dann relevant sein könne, wenn ihn ein Verschulden an diesem Unfall getroffen hätte. Worin gegenständlich dieses Verschulden liegen soll, bleibe aufgrund der behördlich getroffenen Feststellungen jedoch unklar.

Zur Wertung der von ihm begangenen Vordelikte führt er an, dass aufgrund der Ausführungen der belangten Behörde nicht festgestellt werden könne, innerhalb welchen Zeitraumes diese begangen wurden und ob sie bereits getilgt sind. Die Schlussfolgerung, er habe im Zeitraum von ca. sieben Jahren vier Alkoholdelikte begangen, entbehre daher jeder Grundlage und werde bestritten. Sämtliche Delikte lägen zudem bereits länger als fünf Jahre zurück, wobei er sich seither auch wohlverhalten habe. Die Behörde hätte auch sein sofortiges reumütiges Geständnis im Hinblick auf die Begehung des Alkoholdeliktes zu seinen Gunsten berücksichtigen müssen. 

 

Im Ergebnis erweise sich daher die ausgesprochene Entziehungsdauer ausgehend davon, dass er sich seit nunmehr über fünf Jahre wohlverhalten, keinen Verkehrsunfall verschuldet und ein reumütiges Geständnis abgegeben habe, als deutlich überhöht und rechtlich jedenfalls nicht notwendig, um ihn von einer nochmaligen Begehung eines Alkoholdeliktes abzuhalten.

 

I.c) Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat den Vorlageantrag unter Anschluss der Beschwerde und des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Schreiben vom 5. Mai 2015, GZ VerkR21-41-2015, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm §§ 3 und 15 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

I.d) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt.

 

Gemäß § 24 Abs. 1 iVm Abs. 3 und 4 VwGVG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels gesonderten Antrages des rechtskundig vertretenen Bf trotz entsprechenden Hinweises in der Rechtsmittelbelehrung der angefochtenen Entscheidung, der Tatsache, dass der für das Verfahren wesentliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage hinreichend geklärt vorliegt und eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ, entfallen (vgl. VwGH 28. April 2004, 2003/03/0017; 24. Februar 2015, Ra 2014/19/0171). Dass dem Entfall der Verhandlung Art. 6 EMRK oder Art. 47 der EU-Charta der Grundrechte entgegenstünde, vermag nicht erkannt werden. 

 

Im Vorlageantrag hat der Bf ausdrücklich vorgebracht, dass eine mündliche Verhandlung aus Kostengründen nicht beantragt werde und eine solche nur dann stattfinden möge, wenn es für erforderlich erachtet werde, insbesondere um sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen.

 

 

II.) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevantem Sachverhalt aus:

 

Der am x geborene Bf lenkte am 5. Februar 2015 um 21.50 Uhr den – auf ihn zugelassenen - Pkw, VW Golf, mit dem behördlichen Kennzeichen x, in der Gemeinde Schwertberg, auf der A. Straße, zur Kreuzung mit der B 3. Dabei verursachte er einen Verkehrsunfall, indem er gegen die gegenüberliegende Leitschiene der B 3 prallte, wobei er verletzt wurde und Sachschaden an dem von ihm gelenkten Fahrzeug entstand.  

 

 

Der Bf befand sich bei dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand. Eine bei ihm an Ort und Stelle um 22.15 Uhr von Exekutivorgangen der Polizeiinspektion Perg mittels geeichtem Alkomat der Marke Dräger Alkomat 7110 MKIIIA, Geräte Nr. ARDC-0065, vorgenommene Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt ergab beim Bf eine Atemluftalkoholkonzentration von 1,00 mg/l.

 

Dem Bf wurde in der Folge von den einschreitenden Organen gemäß § 39 Abs. 1 FSG der Führerschein unter Block Nr. x, Blatt Nr. x, vorläufig abgenommen.

 

Der Bf hat in seinem Beschwerdeschriftsatz als auch im Vorlageantrag das Alkoholdelikt nicht bestritten, sondern zeigte sich diesbezüglich voll geständig.

 

Zum bisherigen Vorleben des Bf:

Dem Bf musste in der Vergangenheit seine Lenkberechtigung bereits wiederholt aufgrund des Lenkens unter Alkoholeinfluss entzogen werden. Laut Aktenlage wurde ihm die Lenkberechtigung erstmals von 15. Dezember 2007 bis 15. Juni 2008 im Ausmaß der Dauer von sechs Monaten, weiters im Zeitraum von 8. Dezember 2009 bis 8. August 2010 für die Dauer von acht Monaten und schließlich von 9. August 2010 bis 9. Dezember 2011 für 16 Monate entzogen Überdies ist aktenkundig, dass er beim letztgenannten Alkoholdelikt, bei welchem er eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO verwirklichte, trotz entzogener Lenkberechtigung ein Kraftfahrzeug lenkte und dabei einen Verkehrsunfall verschuldete. Zudem weist der Bf in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht Bestrafungen nach der StVO wegen zweier Verkehrsunfälle mit Fahrerflucht aus dem Jahr 2013 sowie eine gerichtliche Verurteilung nach § 88 Abs. 1 und 3 StGB aus dem Jahr 2009 auf.

 

 

III.) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

III.a) Gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 FSG bildet die Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung.

 

Gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. [...]

 

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 FSG gilt eine Person dann als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihres Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder durch einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist.

 

Gemäß des ersten Teilsatzes des § 7 Abs. 4 FSG zufolge sind für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in   Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 FSG hat der Antragsteller der Behörde vor der Erteilung einer Lenkberechtigung ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Gruppe(n) von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

§ 24 Abs. 3 FSG lautet:

„Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:

1.    wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,

2.    wegen einer zweiten in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von  zwei Jahren oder

3.    wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO.

Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss oder Suchtgiftbeeinträchtigung und dessen Folgen, bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO jedoch eine Nachschulung anzuordnen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.“ [...]

 

Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO begangen, so ist gemäß § 26 Abs. 2 Z 1 FSG die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen.

 

Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz FSG hat die Behörde einem Besitzer einer ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder eines ausländischen EWR-Führerscheines (§ 1 Abs. 4), der einen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) in Österreich hat, die Lenkberechtigung unter Anwendung der §§ 24 bis 29 zu entziehen. Der eingezogene Führerschein ist der Ausstellungsbehörde zusammen mit einer Sachverhaltsdarstellung zu übermitteln. [...]

 

Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf gemäß § 5 Abs. 1 StVO ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

 

Gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung [...] wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes  1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.

 

III.b) Der Bf hat am 5. Februar 2015 gegen 21.50 Uhr – unbestritten - in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr mit einem Atemluftalkoholgehalt von 1,00 mg/l gelenkt. Er hat damit eine Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a iVm § 5 Abs. 1 StVO begangen, welche eine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 1 FSG darstellt.

 

Nach der sich darstellenden Aktenlage handelt es sich konkret bereits um das vierte Alkoholdelikt des Bf innerhalb des Zeitraumes von rund sieben Jahren, wobei das letzte Alkoholdelikt (eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO) am 6. Jänner 2010 begangen wurde. Innerhalb der letzten fünf Jahre handelt es sich daher beim aktuellen Vorfall gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO (wiederum) um eine erstmalige Begehung im Sinne des § 26 Abs. 2 Z 1 FSG, sodass kein Anwendungsfall des § 26 Abs. 2 Z 2 FSG vorliegt, sondern vielmehr jener der     Z 1.

 

Nach § 26 Abs. 2 Z 5 FSG gilt eine Übertretung gemäß Abs. 1 oder 2 zwar als erstmalig, wenn eine vorher begangene Übertretung der gleichen Art zum Zeitpunkt der Begehung der neuerlichen Übertretung getilgt ist, jedoch kommt es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht darauf an, ob im Zeitpunkt einer (neuerlichen) Entziehung der Lenkberechtigung die zuvor begangene Übertretung bereits getilgt ist. Anders als die belangte Behörde offenbar meint, stellt die Regelung des § 26 Abs. 2 FSG - explizit und unmissverständlich – wie vom Bf vorgetragen – auf den Zeitpunkt der Begehung der in Rede stehenden Delikte ab (VwGH 27. Jänner 2014, 2013/11/0211).

 

Gemäß § 26 Abs. 2 Z 1 FSG beträgt die Entziehungsdauer bei erstmaliger Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1 StVO mindestens sechs Monate.

 

Diese Mindestentziehungsdauer steht aber dem Ausspruch einer Entziehung für einen längeren Zeitraum dann nicht entgegen, wenn Umstände vorliegen, die aufgrund der Verwerflichkeit oder Gefährlichkeit der strafbaren Handlung (§ 7 Abs. 4 FSG) die Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit für einen über die Mindestentziehungszeit hinausreichenden Zeitraum rechtfertigen und somit die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen (ständige Judikatur des VwGH, vgl. etwa die Erkenntnisse vom 19. August 2014, 2013/11/0038; 16. Oktober 2012, 2009/11/0245 uvm.).

 

In diesem Sinne muss im Lichte der Wertung nach § 7 Abs. 4 FSG nachteilig berücksichtigt werden, dass die Alkoholbeeinträchtigung des Bf nicht „bloß“ im Rahmen einer Verkehrskontrolle zutage trat, sondern seine Alkoholfahrt zu einem Verkehrsunfall mit Sachschaden und Eigenverletzung geführt hat, indem er als Fahrzeuglenker gegen eine Leitschiene stieß, wodurch er selbst verletzt und Sachschaden am Fahrzeug entstand. Daraus zeigt sich deutlich die Verwerflichkeit und Gefährlichkeit von Alkoholdelikten im Straßenverkehr. Der Bf hat nicht nur eine abstrakte, sondern durch den verursachten Verkehrsunfall jedenfalls eine konkrete Gefahr für die Verkehrssicherheit dargestellt. Dieses Verhalten deutet darauf hin, dass er nicht mehr in der Lage war, sein Fahrzeug halbwegs sicher zu beherrschen, was aufgrund der festgestellten Alkoholisierung auch nicht lebensfremd erscheint.

 

Aufgrund der Aktenlage, insbesondere der polizeilichen Anzeige sowie der Verantwortung des Bf im Zuge der Erstbefragung muss davon ausgegangen werden, dass der Bf den Verkehrsunfall nicht bloß verursacht hat, sondern auch ein schuldhaftes (Fehl-)Verhalten seinerseits, auch auf seine Alkoholbeeinträchtigung zurückführbar, zu dem geschilderten Verkehrsunfall geführt hat. Es kann daher nicht angenommen werden, dass den Bf daran kein Verschulden trifft. Jedes Mitverschulden an einem Verkehrsunfall – gleichgültig in welchem Ausmaß – ist als "Verschulden eines Verkehrsunfalls" zu werten (VwGH 28. Juni 2001, 99/11/0265).

 

Das zusätzliche Verschulden eines Verkehrs­unfalles rechtfertigt jedenfalls eine längere als die in § 26 Abs. 2 Z 1 FSG vorgesehene Mindestentziehungsdauer von sechs Monaten, wobei es jedoch auf die Folgen des Unfalles nicht ankommt. Die Unfallfolgen haben bei der Wertung und damit auch bei der Bemessung der Entziehungsdauer außer Betracht zu bleiben (etwa VwGH 22. Oktober 1991, 91/11/0033; 20. Jänner 1998, 97/11/0217 uva.).

 

Bei der Bemessung der Entziehungsdauer ist weiters darauf Bedacht zu nehmen, dass der Bf – wie eingangs schon dargestellt – in der Vergangenheit bereits einschlägig in Erscheinung getreten ist und bislang drei  Alkoholdelikte im Straßenverkehr (in den Jahren 2007, 2009 und 2010) zu verantworten hatte. Offenbar haben die bisherigen Entziehungen der Lenkberechtigung und mögliche Bestrafungen nicht ausgereicht, um ihn nachhaltig vor einer weiteren Alkoholfahrt abzuhalten. Der Bf erweist sich im Zusammenhang mit Alkoholdelikten im Straßenverkehr daher als beharrlicher Wiederholungstäter. Unabhängig davon weist er eine gerichtliche Verurteilung nach § 88 Abs. 1 und 3 StGB aus dem Jahr 2009 und rechtskräftige Bestrafungen nach der StVO aufgrund von zwei Verkehrsunfällen mit Fahrerflucht aus dem Jahr 2013 auf.

 

Wenngleich sämtliche Delikte bezogen auf den gegenständlichen Vorfallszeitpunkt bereits mehr als fünf Jahre zurückliegen und Bestrafungen mittlerweile getilgt sind, sind diese Vergehen, da sie einen Schluss auf die verkehrsrelevante Sinnesart zulassen, zum Nachteil des Bf zu berücksichtigen (VwGH 28. September 1993, 93/11/0142). Bei der Wertung nach § 7 Abs. 4 FSG ist das gesamte Verhalten des Betreffenden, sogar wenn es schon länger zurückliegt, zu beachten (VwGH 28. Oktober 2003, 2001/11/0299).

 

 

Seit der unternommenen Alkofahrt ist der Bf offensichtlich nicht weiter nachteilig in Erscheinung getreten und hat sich zumindest seither wohl verhalten, wobei allerdings hervorzuheben ist, dass einem Wohlverhalten des Bf aufgrund der anhängigen Straf- und Entziehungsverfahren in diesem Zeitraum grundsätzlich nur geringe Bedeutung beigemessen werden kann. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung kann in einer solchen Zeit vom Betroffenen nur erwartet werden, dass er nicht neuerlich negativ in Erscheinung tritt.

 

Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände gelangt das Landesverwaltungsgericht im Rahmen der Wertung gemäß § 7 Abs. 4 FSG zur Auffassung, dass im konkreten Fall einer Entziehungsdauer von zwölf Monaten bedarf, bis der Bf seine Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangt. Dem Beschwerdebegehren auf Herabsetzung der Entziehungsdauer konnte damit in diesem Sinne Erfolg beschieden werden. Diese Dauer erscheint im Hinblick auf den verschuldeten Verkehrsunfall und die auffällige Vorgeschichte des Bf angemessen und steht auch in Einklang mit der einschlägigen aktuellen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Nach dieser nunmehr festgesetzten Entziehungsdauer kann erwartet werden, dass die Verkehrszuverlässigkeit des Bf wiederhergestellt ist. Eine Unterschreitung dieser nunmehr festgesetzten Entzugsdauer bzw. die Verhängung der Mindestentziehungsdauer ist aber aufgrund des verschuldeten Verkehrsunfalles und seines Vorlebens nicht möglich. Diese Überlegungen gelten auch für die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Entziehung einer ausländischen Lenkberechtigung.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um eine Schutzmaßnahme im (primären) Interesse anderer Personen vor verkehrsunzuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern (VwGH 22. Oktober 2002, 2001/11/0108, 8. Juli 1983, 82/11/0014). Persönliche und berufliche Interessen am Besitz der Lenkberechtigung haben bei der Entziehung der Lenkberechtigung aus Gründen des öffentlichen Interesses außer Betracht zu bleiben (VwGH 24. August 1999, 99/11/0166).

 

Da der Führerschein am 5. Februar 2015 gemäß § 39 Abs. 1 FSG vorläufig abgenommen wurde, war der Beginn der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung ab diesem Zeitpunkt zu berechnen.

 

Der Ausspruch über die Entziehung einer allfällig bestehenden ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung bzw. einen ausländischen EWR-Führerscheines ist in der Bestimmung des § 30 Abs. 2 FSG begründet.

 

 

Die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme und eines amtsärztlichen Gutachtens nach § 8 FSG wurden nicht ausdrücklich in Beschwerde gezogen, sodass sich ein weiteres Eingehen hierauf erübrigt (siehe VwGH 20. April 2004, 2004/11/0018). Anzumerken ist jedoch, dass die Anordnung dieser Maßnahmen wegen des Vorliegens einer Übertretung nach      § 99 Abs. 1 StVO gemäß § 24 Abs. 3 FSG gesetzlich zwingende Folgen sind.

 

Dass die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Anordnung endet, ist in    § 24 Abs. 3 Satz 6 FSG gesetzlich bestimmt.

 

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ist in § 13 Abs. 2 VwGVG begründet und erfolgte zu Recht. Angesichts der Verkehrsunzuverlässigkeit des Bf ist es geboten, diesen mit sofortiger Wirkung von der Teilnahme am Straßenverkehr als Lenker von führerscheinpflichtigen Fahrzeugen auszuschließen (z. B. VwGH 20. Februar 1990, 89/11/0252).

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des       Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Mag. Dr.  Monika  S ü ß