LVwG-700072/18/MB/SA

Linz, 08.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des A. A., geboren am x, StA von M., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B. W., X 3, R., gegen das Straferkenntnis des Landespolizeidirektors von Oberösterreich vom 10. November 2014,
GZ: VStV/914300314286/2014, wegen einer Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und das Straferkenntnis der belangten Behörde vollinhaltlich bestätigt.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer zusätzliche zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens idHv 10 Euro zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom
10. November 2014, GZ: VStV/914300314286/2014, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) gemäß § 121 Abs. 3 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) eine Geldstrafe in der Höhe von 50 Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängt.

 

Die belangte Behörde sprach darüber wie folgt ab:

„Sie sind Fremder im Sinne. des § 2 Abs. 4 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes und führten, wie am 06.05.2014, 20:50 Uhr in U., Xstraße 10 bei Strkm. 0,82, Fahrtrichtung Linz von Beamten der API Neumarkt festgestellt werden konnte, Ihr Reisedokument nicht mit sich und verwahrten es nicht einer solchen Entfernung von Ihrem jeweiligen Aufenthaltsort, dass seine Einholung ohne verhältnismäßige Verzögerung erfolgen kannte.

 

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 121 Abs. 3 Ziff. 2 i.V.m. § 32 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, Gemäß

Ersatzfreiheitsstrafe von

€ 50,00 0 Tage(n) 12 Stunde(n) 0 § 121 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz

Minute(n)

 

Ferner hat der Beschuldigte gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen: € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% für jede einzelne verhängte Strafe, jedoch mindestens 10 Euro (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 60,00

 

 

Zahlungsfrist:

Wird keine Beschwerde erhoben, so ist dieses Straferkenntnis sofort vollstreckbar. Der Gesamtbetrag (Strafe, Kosten, Barauslagen) ist sodann binnen zwei Wochen entweder mit dem beiliegenden Zahlschein zu überweisen oder bei uns einzuzahlen. Bitte bringen Sie in diesem Fall das Straferkenntnis mit.

Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann der gesamte Betrag eingemahnt werden. In diesem Fall ist ein pauschalierter Kostenbeitrag in der Höhe von 5 Euro zu entrichten. Erfolgt dennoch keine Zahlung wird der ausstehende Betrag vollstreckt und im Falle seiner Uneinbringlichkeit die diesem Betrag entsprechende

Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen.

Begründung

 

Der Tatbestand der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung ist durch die eigene dienstliche Wahrnehmung von Beamten der API Neumarkt, der hierüber vorgelegten Anzeige vom 16.05.2014 sowie aufgrund des behördlich durchgeführten Ermittlungsverfahrens zweifelsfrei erwiesen.

 

Es steht daher fest, dass Sie die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung begangen haben.

 

Am 22.05.2014 erging von der LPD O die Strafverfügung wegen der Übertretung gem. § 121 Abs. 3 Ziffer 2 iVm § 32 Abs. 2 Fremdengesetz, welche am 27.05.2014 beim Postamt hinterlegt wurde. Am 13.06.2014 langte bei der LPD O ein Einspruch vom Rechtsvertreter Dr. B. W. ein, in welchem die Einleitung des ordentlichen Ermittlungsverfahrens beantragt wurde.

Mit Aufforderung vom 24.06.2014 wurden Sie bzw. Ihr Rechtsvertreter zur Rechtfertigung binnen 14 Tagen ab Zustellung aufgefordert. Gleichzeitig wurden Sie aufgefordert, die Ihrer Verteidigung dienlichen Beweismittel bekannt zu geben. Für den Fall des Ausbleibens einer Stellungnahme wurde gemäß § 42 Abs. 1 VStG angedroht, dass das Strafverfahren ohne Ihre Anhörung durchgeführt wird.

Die Aufforderung wurde am 27.06.2014 von der Rechtsanwaltskanzlei übernommen.

Mit Schriftsatz vom 10.07.2014 wurde folgende Stellungnahme abgegeben:

„Die Vorwürfe der einschreitenden Beamten, insbesondere des Meldungslegers Bezirksinspektor D. J., sind falsch. Selbstverständlich weiß ich, dass ich meinen Reisepass in Österreich und in Tschechien bei mir führen muss. Offenbar aufgrund eines Streites und einer Meinungsverschiedenheit über die Zahlung einer Verwaltungsstrafe, hat sich der Beamte geärgert. Tatsächlich führte ich meinen Reisepass bei mir.

Beweis: M. A. und N. A., X Straße, A. als Zeugen

Es wird beantragt, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen!"

 

Am 22.07.2014 wurde vom Meldungsleger BI D. J. eine Stellungnahme abgegeben, in welcher angegeben wird, dass A. A. lediglich seinen Personalausweis - und keinen Reisepass - mit sich führte. Er wurde vom erhebenden Beamten gefragt, ob er seinen Reisepass mitführte, er gab an, dass er den Reisepass nicht mitführe, sondern in der Wohnung seines Bruders in A. gelassen habe. Stattdessen habe er den Reisepass mitgeführt. Es wurde in der Anzeige explizit darauf hingewiesen, dass die Feststellung der Identität mit dem mitgeführten Personalausweis erfolgte. Der gegenständliche Sachverhalt wurde von BI J. und GI A. dienstlich festgestellt und kann von beiden Beamten bezeugt werden.

Am 01.08.2014 erfolgte von der LPD O eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme an den Rechtsanwalt Dr. B. W.. Diese wurde am 05.08.2014 übernommen.

In der Stellungnahme vom 14.08.2014 erging vom Rechtsvertreter folgende Stellungnahme:

„Der Beamte Bezirksinspektor D. J. irrt sich. Ich bleibe bei meiner Aussage."

Am 10.09.2014 wurde Gl A. von der API Neumarkt von der BH Freistadt im Rechtshilfeweg zeugenniederschriftlich einvernommen, in welcher dieser folgendes angab:

„Ich habe am 06.05.2014 gemeinsam mit meinem Kollegen BI J. eine Verkehrskontrolle auf der S x beim km 0,82 durchgeführt. Mein Kollege hat dann den Beifahrer des kontrollierten Fahrzeuges ersucht den Reisepass vorzuweisen. Die Person, A. A., m. StA. konnte sich lediglich mit einem Personalausweis ausweisen. Hr. A. hat erklärt, dass er seinen Pass in der Wohnung seines Bruders hat. Da die Einholung des Passes eine unverhältnismäßige Verzögerung dargestellt hätte, wurde Hr. A. wegen der Übertretung nach dem Fremdengesetz angezeigt einen Pass konnte er nicht vorweisen."

Am 19.09.2014 wurde BI D. J. von der API Neumarkt von der BH Freistadt im Rechtshilfeweg zeugenniederschriftlich einvernommen, in welcher dieser folgendes angab:

„Ich habe am 06.05.2014 gemeinsam mit meinem Kollegen A. Dienst verrichtet. Im Zuge der Kontrolle der Fahrzeuginsassen eines angehaltenen PKW's habe ich festgestellt, dass Hr. A. A., welcher mir nicht bekannt war, m. Staatsangehöriger war. ich habe Hrn. A. A. aufgefordert mir seinen Reisepass vorzuweisen. Hr. A. hat auf mein Ersuchen mehrmals erklärt, dass er seinen Reisepass nicht bei sich hätte und sich der Pass in der Wohnung seines Bruders, in R. befinden würde. Hr. A. konnte sich lediglich mit einem Personalausweis ausweisen. Nachdem die Einholung des Reisepasses auf Grund der Entfernung eine unverhältnismäßige Verzögerung dargestellt hat, habe ich Herrn A. nach dem Fremdengesetz angezeigt. Der ganze Sachverhalt wurde von einem weiteren Mitfahrer des PKW's übersetzt."

Am 02.10.2014 erfolgte von der LPD O eine weitere Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme an den Rechtsanwalt Dr. B. W.. Diese wurde am 07.10.2014 übernommen.

In der darauffolgenden Stellungnahme vom 20.10.2014 gab der Rechtsvertreter folgendes an:

„1. Der Zeuge Gruppeninspektor A. hat offenbar nicht einmal einen Vornamen, weil dieser nicht aufscheint. Dies spricht für eine gewisse Ungenauigkeit der Einvernahme. Im Gegensatz dazu lautet der Name des Zeugen J. D..

2. Der Zeuge Gruppeninspektor J. spricht einmal davon, dass der Pass in der Wohnung des Bruders in R. wäre, an anderen Stellen des Aktes ist von der Wohnung des Bruders in A. die Rede. A. ist kein Stadtteil von R., sondern ein an der Bezirksgrenze gelegenes Dorf, das etwa 19 km entfernt ist. Die Einholung des Reisepasses hat aufgrund der Entfernung keine unverhältnismäßige Verzögerung dargestellt, sondern sie hätte es.

Einerseits wird davon gesprochen, dass ich ersucht worden wäre, andererseits ist aber von einem weiteren Mitfahrer als Übersetzer die Rede. Also wurde dieser ersucht, die Aufforderung zu übersetzen.

In der Anzeige wurde handschriftlich vermerkt:" 112 km 1:12 laut Ö.-Routenplaner."

 

Gemäß § 121 Abs. 3 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2012, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 50 Euro bis zu 250 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu einer Wochen zu bestrafen.

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

5. aufgehoben

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeit bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

Gem. § 32 Abs. 1 FPG sind Fremde verpflichtet, den Landespolizeidirektionen und ihren Organen auf eine bei der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ergehende Aufforderung hin die für ihre Aufenthaltsberechtigung maßgeblichen Dokumente auszuhändigen, an der Feststellung der Rechtmäßigkeit der Einreise, des Aufenthalts und der Ausreise mitzuwirken und sich erforderlichenfalls in Begleitung eines Organes an jene Stelle zu begeben an der die Dokumente verwahrt sind. Für EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige gilt dies nur insoweit, als deren Identität und Staatsangehörigkeit nicht zweifelsfrei mit anderen Mittel nachgewiesen werden kann und auch österreichische Staatsbürger verpflichtet sind, maßgebliche Dokumente auszuhändigen.

 

Gem. § 32 Abs. 2 FPG sind Fremde verpflichtet, ihr Reisedokument mit sich zu führen oder in einer solchen Entfernung von ihrem jeweiligen Aufenthaltsort zu verwahren, dass seine Einholung (Abs. 1) ohne unverhältnismäßige Verzögerung erfolgen kann. Für EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige gilt dies nur insoweit, als auch österreichische Staatsbürger verpflichtet sind maßgebliche Dokumente mitzuführen. Die Verzögerung ist noch verhältnismäßig, wenn

1.  aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012

2. die Einholung des Reisepasses voraussichtlich nicht länger als eine Stunde in Anspruch nehmen würde, soweit durch Bundesgesetz oder durch zwischenstaatliche Vereinbarungen nicht anderes bestimmt ist oder nicht anderes internationalen Gepflogenheiten entspricht, zur rechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet und Ausreise aus diesem ein gültiges Reisedokument (Passpflicht).

 

Unzweifelhaft steht fest, dass Sie Fremder im Sinne des Fremdengesetzes sind, da Sie nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen.

Für die erkennende Behörde steht außerdem zweifelsfrei fest, dass Sie bei der Kontrolle am 06.05.2014, 20:50 Uhr keinen Reisepass mitführten und somit gegen die angeführten Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes verstoßen haben, weshalb nun spruchgemäß zu entscheiden war.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen ausgesprochen hat, besteht ein hohes Interesse der Allgemeinheit an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch die Normadressaten im Hinblick auf den Schutz der öffentlichen Ordnung.

 

Die Zeugen (BI J. und GI A.) unterliegen, da eine Zuwiderhandlung der gerichtlichen Strafbarkeit unterliegt, der Wahrheitsverpflichtung, während Sie dadurch, dass Sie sich bei den Stellungnahmen nicht an die Wahrheit zu halten brauchen, keinerlei Rechtsnachteile zu befürchten haben.

Überdies ist zu berücksichtigen, dass die beiden Polizeibeamten einen Diensteid abgelegt haben und durch eine vorsätzliche falsche Anzeige die Amtspflicht verletzen würden. Darüber hinaus kann keine Veranlassung gesehen werden, dass die Beamten eine ihnen unbekannte Person wahrheitswidrig haben belasten wollen.

Da sich der Sachverhalt schlüssig darstellt, wurden Ihre Angaben als Schutzbehauptungen gewertet und es bedurfte keiner weiteren Beweiserhebung.

Der Vorname des zweiten Zeugen (BI A.) trägt zum Sachverhalt nichts bei, weshalb man diese „gewisse Ungenauigkeit der Einvernahme" außer Acht lassen kann.

Wenn der Zeuge Bezirksinspektor J. (J. ist Bezirksinspektor und nicht wie in der Stellungnahme vom 20.10.2014 angeführt, Gruppeninspektor) von der Lage der Wohnung des Bruders einmal von A. und einmal von R. spricht, so ist anzumerken, dass A. eine Gemeinde im Bezirk R. ist.

Natürlich ist Herr A. A. m. Staatsbürger. Natürlich hätte die Einholung des Reisepasses aufgrund der Entfernung eine unverhältnismäßige Verzögerung dargestellt. Natürlich wurde der Übersetzer ersucht die Aufforderung zu übersetzen, wenn Herr A. die Aufforderung, aufgrund der Sprachbarriere, nicht verstanden hat.

Diesen Grammatikfehlern ist nichts hinzuzufügen.

Den handschriftlichen Vermerk „112 km 1:12 laut Ö.-Routenplaner" hat die Sachbearbeiterin der LPD O, EGFA 4 - Fremdenpolizei bei der Aktenbearbeitung vorgenommen.

 

Bei der Bemessung der Strafe wurde das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, berücksichtigt.

Die verhängte Geldstrafe, die sich im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens befindet, entspricht dem Unrechts- und dem Schuldgehalt der Tat und erscheint der Behörde notwendig, Sie in Hinkunft von der Begehung derartiger Übertretungen abzuhalten.

Der Milderungsgrund der verwaltungsrechtlichen Unbescholtenheit kam Ihnen zugute.

Bei der Strafbemessung wurde davon ausgegangen, dass Sie kein hierfür relevantes Vermögen besitzen, nicht sorgepflichtig sind und kein Einkommen beziehen.

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.“

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende durch den rechtsfreundlichen Vertreter des Bf rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 11. Dezember 2014.

 

 

 

Darin wird ua. wie folgt ausgeführt:

„I. Beschwerdegegenstand und Beschwerdeerklärung

 

Ich erhebe gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion vom 10.11.2014, VStV/914300314286/2014, meinem bevollmächtigten Vertreter am 13.11.2014 zugestellt offener Frist

 

BESCHEIDBESCHWERDE

 

an das zuständige Verwaltungsgericht.

 

II. Sachverhalt

 

Die Herrn M. A. als Fahrer, die Beifahrer N. A., S. A., ein gewisser A. und der Beschwerdeführer A. A. fuhren am 6.5.2014 von A. in den Raum F., um dort ein Auto zu besichtigen oder zu kaufen. Bei der Rückfahrt überschritt M. A. die Geschwindigkeitsbegrenzung, wurde zur Kontrolle angehalten und er erhielt eine Organstrafverfügung. Die Anhaltung fand auf der S. bei Kilometer 0,82 statt. Die Beamten ersuchten die Beifahrer des kontrollierten Fahrzeuges um Nachweis ihrer Identität. Auch der Beschwerdeführer wies Reisepass und Personalausweis vor. Die Polizeibeamten waren damit zufrieden und ließen alle Personen Weiterreisen. Zur Verwunderung aller Beteiligten wurde dem Beschwerdeführer eine Strafverfügung vom 22.5.2014 zugestellt, wonach er sein Reisedokument nicht mit sich geführt hätte oder in einer solchen Entfernung verwahrt, dass dessen Einholung nicht ohne verhältnismäßige Verzögerung erfolgen hätte können. Daher wurde über ihn eine Geldstrafe von € 50 verhängt. Dagegen erhob er Einspruch. Es erfolgte die Aufforderung zur Rechtfertigung, in der auch der Lenker M. A. und der Beifahrer N. A. als Zeugen angeführt wurden. Hierauf erfolgte von Bezirksinspektor D. J. eine schriftliche Stellungnahme. Der Beschwerdeführer blieb bei seiner Aussage. Am 19.9.2014 wurde Bezirksinspektor D. J. zeugenschaftlich einvernommen, ebenso sein Kollege Gruppeninspektor A.. Beide erklärten im Einklang, der Beschwerdeführer hätte sich lediglich mit einem Personalausweis ausweisen können. Trotz des angeblich fehlenden Reisepasses wurde der Beschwerdeführer nicht festgenommen. Möglicherweise führten die Beamten einen PC mit sich und konnten auf das Schengeninformationssystem oder das Ausländerinformationssystem zugreifen.

Der Beschwerdeführer hat eine Umhängetasche mit, in der sich der Reisepass befand. Er spricht ganz wenig Deutsch.

Die Anzeige vom Bezirksinspektor J. stammt vom 16.5.2014, wurde also zehn Tage nach der durchgeführten Fahrzeugkontrolle geschrieben. Es wurden die Angaben des Beschwerdeführers zusammenfassend wiedergegeben. Den Reisepass hätte er nicht mit sich geführt, weil er ihn in Ried in der Wohnung seines Bruders hätte. Stattdessen hätte er seinen Personalausweis mitgenommen. Als Kontaktdaten werden allerdings nicht solche in R. genannt, sondern wird als Zustelladresse A. angegeben. Handschriftlich ist eine Angabe aus dem Ö. Routenplaner notiert worden mit 112 km bzw. eine Stunde 12 Minuten.

 

Im bekämpften Straferkenntnis wurde den Polizeibeamten, die einen Diensteid abgelegt hatten, volle Glaubwürdigkeit zuerkannt, anderen Angaben jedoch nicht.

 

 

III. Zulässigkeit der Beschwerde

 

Zuständig für die Beschwerde ist das Bundesverwaltungsgericht, weil es sich um eine Materie handelt, die in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache ist, wobei die Vollziehung unmittelbar von Bundesbehörden besorgt wird. Die Fremdenpolizei wird von Bundesbehörden vollzogen.

 

Die Beschwerde ist rechtszeitig, weil sie vier Wochen nach Zustellung abgefertigt wird.

 

IV. Beschwerdegründe

 

Geltend gemacht wird die Mangelhaftigkeit des Verfahrens und die unrichtige Beweiswürdigung.

 

Nicht nur die Polizeibeamten haben unter Wahrheitspflicht auszusagen, sondern auch die angeführten und beantragten Zeugen M. A. und N. A., die beide der deutschen Sprache mächtig sind. Die Behörde geht offenbar von vornherein davon aus, dass die Zeugen nicht glaubwürdig sind, hingegen die Polizeibeamten schon. Es mag sein, dass der Beschwerdeführer als Beschuldigter sich verantworten kann wie er will. Dies gilt allerdings nicht für Zeugen.

 

Auffällig ist, dass zwischen der Verkehrskontrolle und der Anzeige an die Landespolizeidirektion immerhin zehn Tage lagen, in der möglicherweise Erlebnisse vergessen wurden bzw. verwechselt wurden. Es ist nicht auszuschließen, dass Bezirksinspektor J. sich die Daten des Personalausweises notierte, nicht aber jenen des Reisepasses. Bei Übertragung seiner handschriftlichen Notizen in die Anzeige zehn Tage später, hatte er bereits vergessen, dass auch der Reisepass vorgewiesen worden war. Die handschriftlichen Notizen oder Notizen in den Personalcomputer wurden offenbar nach Legung der Anzeige gelöscht. Weder der Zeuge A. noch der Zeuge J. haben in ihrer Zeugenaussage darauf verwiesen. Jedenfalls irren sie sich beim Wohnort des Bruders. Dieser befindet sich nicht in der Stadtgemeinde R, sondern in der Ortsgemeinde A., die sich in einiger Entfernung von der Bezirkshauptstadt befindet.

 

BESCHWERDEANTRAG:

 

Es wird daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde Folge geben und das Straferkenntnis ersatzlos aufheben.“

 

 

II.

 

1. Gemäß Art 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sohin aus den unter Pkt. I angeführten Schriftsätzen. Zusätzlich dazu wurde am 7. Juli 2015 eine öffentliche Verhandlung durchgeführt.

 

3. Nach Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung wird vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich darüber hinaus folgender  S a c h v e r h a l t  festgestellt:

 

Aus Anlass einer Radarmessung betreffend das vom Bruder des Bf gelenkten KfZ’s am 6.5.2014 um 20.50 Uhr in x, Straßenkilometer 0,82, Fahrrichtung Linz, wurde von BI J. im Zuge einer Identitätskontrolle festgestellt, dass der Bf keinen Reisepass mit sich führte. Der Reisepass des Bf befand sich im Tatzeitpunkt in der Wohnung seines Bruders (X.). Die Entfernung zum Pass des Bf vom Aufenthaltsort gemessen beträgt ca. 112 Kilometer und ist eine ungefähre Reisezeit von 1:12 Stunden anzunehmen.

 

Der so festgestellte Sachverhalt ergab sich aus den übereinstimmenden Angaben der einschreitenden Organe. Zudem wurde im Zeitpunkt der Anhaltung vom Bf selbst mitgeteilt, dass der Reisepass bei seinem Bruder befindlich ist. Bestätigt wird dies auch durch den Umstand, dass im EKIS betreffend den Bf eine Ausweisung aufschien und so ein nachvollziehbarer Grund des Bf für die Zurücklassung des Reisepasses gegeben ist. Auch etwaige Verständigungsschwierigkeiten indizieren kein anderweitiges Ergebnis, zumal das kontrollierende Organ auch auf Englisch den Pass einforderte und die anderen Personen die entsprechenden Reisedokumente herausgaben. Auch aus diesem Umstand ergab sich für den Bf das Ziel der Anfrage aus den Handlungen der sonstigen Beteiligten. Da BI J. den Ablauf der Kontrolle darüber hinaus handschriftlich dokumentierte ist auch – ob des 10 tägigen Abstandes zwischen der Kontrolle und der Anzeige – ein Übertragungsfehler auszuschließen. Insgesamt ist zu erkennen, dass der Zeuge J. und der Zeuge A. einen äußerst glaubwürdigen Eindruck hinterließen, da sie im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung einerseits den Ablauf einer derartigen Kontrolle strukturiert (BI J. – Absammeln der Dokumente und die Begründung für diese Vorgangsweise) schilderten aber auch darauf hinwiesen, dass sie vielfach derartige Kontrollen durchführen und daher zur mehr als 1 Jahr zurückliegenden Kontrolle keine genauen Erinnerungen mehr haben. Auch der Umstand der nichtdurchgeführten Festnahme ergibt sich schlüssig aus den Ausführungen, da die Identität des Bf durch ein anderweitiges ID-Dokument (Personalausweis; x) festgestellt werden und insofern eine EKIS Abfrage mit anschließender Journaldienstlicher Abklärung (im Hinblick auf eine Sicherheitsleistung) durchgeführt werden konnte.

 

III.

 

1. Gem. § 121 FPG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 50 Euro bis zu 250 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, zu bestrafen zu bestrafen, wer sein Reisedokument nicht mit sich führt oder gemäß § 32 Abs. 2 FPG verwahrt.

 

Gem. § 32 Abs. 2 FPG sind Fremde verpflichtet, ihr Reisedokument mit sich zu führen oder in einer solchen Entfernung von ihrem jeweiligen Aufenthaltsort zu verwahren, dass seine Einholung (Abs. 1) ohne unverhältnismäßige Verzögerung erfolgen kann. Für EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige gilt dies nur insoweit, als auch österreichische Staatsbürger verpflichtet sind maßgebliche Dokumente mitzuführen. Die Verzögerung ist noch verhältnismäßig, wenn die Einholung des Reisepasses voraussichtlich nicht länger als eine Stunde in Anspruch nehmen würde.

 

Gem. § 2 Abs. 4 Z 4 FPG ist ein Reisedokument: ein Reisepass, ein Passersatz oder ein sonstiges durch Bundesgesetz, Verordnung oder auf Grund zwischenstaatlicher Vereinbarungen für Reisen anerkanntes Dokument; ausländische Reisedokumente genießen den strafrechtlichen Schutz inländischer öffentlicher Urkunden gemäß §§ 224, 224a, 227 Abs. 1 und 231 des Strafgesetzbuches (StGB), BGBl. Nr. 60/1974.

 

2. Im Hinblick auf das Tatbild gilt es zunächst festzuhalten, dass der Bf seinen Reisepass und auch kein sonstig als Reisedokument gem. § 2 Abs. 4 Z 4 FPG wertbares Dokument am 6.5.2014, 20:50 Uhr, am Tatort bei sich führte. Der diese Erfordernisse erfüllende Reisepass befand sich mit einer Wegzeit von ca. 1:12 Stunden Fahrtzeit außerhalb der Rechtfertigungsgrenze des § 32 Abs. 2 FPG. Das Tatbild ist sohin erfüllt.

 

3.1. Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

3.2. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Beschuldigter initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

3.3. Der Bf legt keine derartigen Anhaltspunkte initiativ dar.

 

3.4. Im Ergebnis bedeutet dies, dass sich der Bf hinsichtlich des Vorliegens der subjektiven Tatseite nicht exkulpieren kann, weshalb ihm die Tat subjektiv vorgeworfen werden kann.

 

4. Betreffend die Strafbemessung gilt es festzuhalten, dass der Bf diese unbestritten und unbekämpft ließ (§§ 9, 27 VwGVG). Es sind zudem keine zu der von der belangten Behörde vorgenommenen Strafbemessung hinzutretenden Umstände vorgebracht bzw. in Erfahrung gebracht worden. Es ist eine dem § 19 VStG entsprechende Strafbemessung unter Pkt. I vorgenommen worden. Die Verhängung einer Geldstrafe von 50 Euro – welche sich als Mindeststrafe darstellt – erscheint daher dem Verwaltungsgericht nach Abwägung der so angeführten Milderungs- und Erschwerungsgründe als tat- und schuldangemessen und bewertet die vorhandene Beeinträchtigung des durch § 21 Abs. 3 Z 2 FPG geschützten Rechtsgutes in entsprechender Art und Weise.

 

6. In diesem Sinn war dem Bf auch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem LVwG in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe aufzuerlegen (vgl. § 52 VwGVG).

 

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr. Markus Brandstetter