LVwG-150555/6/DM/WFu

Linz, 07.07.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Doris Manzenreiter über die Beschwerde der Firma S,
x, vertreten durch Anwälte x, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Laakirchen vom 5. November 2014, GZ. 131-9-6307A/14-WP, betreffend ein Bauvorhaben

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Auf Grund der Beschwerde wird der Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Laakirchen vom 5. November 2014, GZ. 131-9-6307A/14-WP, gemäß §§ 27 iVm 28 Abs. 1 VwGVG wegen Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde von Amts wegen aufgehoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Sachverhalt, Verfahrensgang:

 

1. Der Firma S als nunmehrige Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Laakirchen vom 12. September 2014 als Baubehörde I. Instanz die Baubewilligung samt Auflagen für den „Neubau eines Schweinestalles (Warte-, Deck- und Ferkelstall) mit Lagerhalle auf der PZ. x, KG x, nach Maßgabe des vorgelegten Projekts“ erteilt.

 

2. Gegen diesen Bescheid erhoben Nachbarn, alle vertreten durch x, mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2014 Berufung an den Gemeinderat der Stadtgemeinde Laakirchen (im Folgenden: belangte Behörde).

 

3. In der öffentlichen Sitzung der belangten Behörde am 4. November 2014 unter Punkt „05. Grundangelegenheiten, öffentliches Gut lit. c“ wurde über die Berufungen der Nachbarn gegen den Bescheid des Bürgermeisters und den diesbezüglichen Amtsbericht des Stadtamtes Laakirchen/Bauabteilung vom 15. Oktober 2014 mit dem darin enthaltenen Antrag, „die Berufung der Nachbarn T S, x, sowie J u. G V, x, beide vertreten durch Rechtsanwälte x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Laakrichen vom 12.9.2014, Zl. 131-9-6307/14-WP mit o. a. Begründung als unzulässig zurückzuweisen“, beraten. Nach umfassender Diskussion bzw. Wortmeldungen wurde der Amtsbericht von Vizebürgermeister Ing. F zur Abstimmung gebracht. Für den Antrag stimmten 14 Gemeinderatsmitglieder, gegen den Antrag stimmten 19 Gemeinderatsmitglieder, zuzüglich eine Enthaltung sowie drei Erklärungen betreffend Befangenheit. Laut Sitzungsprotokoll wurde der Antrag somit „abgelehnt und der Berufung statt gegeben“.

 

4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 5. November 2014, GZ. 131-9-6307A/14-WP, der Bf zugestellt am 19. November 2014, wurde einerseits der berufungsverfangene Bescheid des Bürgermeisters aufgehoben und andererseits der Bf die Baubewilligung für das beantragte Projekt versagt. Spruch und Rechtsgrundlage lauten auszugsweise wie folgt:

 

„Bescheid

 

Über die von Herrn T S, x, sowie J u. G V, x, […], eingebrachte Berufung […], ergeht vom Gemeinderat der Stadtgemeinde Laakirchen als Baubehörde II. Instanz, im Hinblick auf den Gemeinderatsbeschluss vom 4.11.2014, folgender

 

Spruch

 

l. Der Berufung wird stattgegeben und der Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Laakirchen vom 12.9.2014, Zl. 131-9-6307/14-WP, aufgehoben.

 

ll. Die von der Firma S, x beantragte Baubewilligung für die Errichtung eines Schweinestalls mit Lagerhalle auf dem Grundstück PZ. x, KG. x wird versagt.

 

Rechtsgrundlagen:

 

§ 95 Oö. Gemeindeordnung 1990.LGB. Nr. 91/1990, in der Fassung LGBl. Nr. 43/2014

§§ 31, 35, 54, 55 Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66/1994, in der Fassung LGBl. Nr. 90/2013

§ 66 AVG 1991, BGBl. Nr. 51/1991, in der Fassung BGBl. l Nr. 161/2013“

 

5. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf durch ihre rechtsfreundlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 20. November 2014 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

 

6. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 12. Dezember 2014, eingelangt beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 18. Dezember 2014, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezugnehmenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht hat gemäß § 27 VwGVG durch seine gemäß § 2 VwGVG zuständige Einzelrichterin erwogen:

 

1.           Gemäß § 18 Abs. 3 AVG sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen.

 

Gemäß § 95 Oö. Gemeindeordnung 1990 (Oö. GemO 1990), LGBl 91 idF LGBl 2013/90, entscheidet der Gemeinderat über Berufungen gegen Bescheide anderer Gemeindeorgane in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde (siehe auch § 55 Abs. 4 Oö. Bauordnung 1994, LGBl 66 idF LGBl 2013/90). Gemäß § 51 Abs. 1 Oö. GemO 1990 ist zu einem Beschluss des Gemeinderates die Zustimmung von mehr als der Hälfte der in beschlussfähiger Anzahl anwesenden Stimmberechtigten erforderlich. Kommt die erforderliche Mehrheit nicht zustande, so ist der Antrag abgelehnt.

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen.

 

2.           Der Bescheid vom 5. November 2014 ist unzweifelhaft („ergeht vom Gemeinderat der Stadtgemeinde Laakirchen [...]") der belangten Behörde zuzurechnen. Während bei monokratisch organisierten Behörden der Behördenleiter oder der von diesem Ermächtigte (Approbationsbefugnis) zur Genehmigung der Erledigung zuständig ist, hat bei kollegial organisierten Behörden wie dem Gemeinderat die Willensbildung und damit die Festlegung des Inhalts der Erledigung stets durch Beschluss des Kollegiums zu erfolgen (Hengstschläger/'Leeb, AVG [2. Ausgabe 2014] § 18 Rz. 5 [Stand 1.1.2014, rdb.at]). Im vorliegenden Fall wurde der belangten Behörde ein näher begründeter Beschlussantrag (Amtsvortrag vom 15. Oktober 2014 des Stadtamtes Laakirchen) vorgelegt, die belangte Behörde möge die Berufung als „unzulässig zurückweisen". Dieser Antrag fand unter den Mitgliedern der belangten Behörde keine Mehrheit. Gemäß § 51 Abs. 1 Oö. GemO 1990 war der Antrag, da die erforderliche Mehrheit nicht zustande kam, damit abgelehnt. Angesichts der unzweifelhaften Formulierung des Beschlussantrages sowie der diesbezüglichen Begründung im Amtsvortrag kann der belangten Behörde kein über diesen Antrag hinausgehender Beschlusswille zugemessen werden. Eine allenfalls anders gelagerte Entscheidung über die bei der belangten Behörde anhängigen Berufungen kann dem Beschluss nicht unterstellt werden.

 

3.           Der in Beschwerde gezogene verfahrensrechtliche Bescheid der belangten Behörde vom 5. November 2014, erging damit ohne die dafür erforderliche Beschlussfassung. Nach stRsp des Verwaltungsgerichtshofes ist ein solcher Bescheid so zu betrachten, als ob er von einer unzuständigen Behörde erlassen worden wäre (vgl. etwa VwGH 12.7.2012, 2011/06/0099; 22.6.2004, 2003/06/0184). In einem solchen Fall fehlt es nämlich an der Ermächtigung zur Ausfertigung des Bescheides (vgl. VwGH 15.12.1975, 1250/75; 8.10.1982, 82/08/0043; 18.12.1997, 97/06/0164).

 

4.           Gemäß § 27 VwGVG ist der Fall der Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde von der Beschränkung des Prüfungsumfangs auf die Beschwerdegründe und das Beschwerdebegehren bzw. auf die Erklärung über den Umfang der Anfechtung ausgenommen, dh vom Verwaltungsgericht von Amts wegen wahrzunehmen (Hengstschläger/Leeb, AVG [2. Ausgabe 2014] § 6 Rz 19 [Stand 1.1.2014, rdb.at].

 

5.           Im Ergebnis war der in Beschwerde gezogene Bescheid daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben. Auf das anderweitige Beschwerdevorbringen war somit nicht weiter einzugehen.

 

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

6.           Die belangte Behörde wird sich im fortgesetzten Verfahren mit den nun (wieder) unerledigten Berufungen auseinanderzusetzen haben. Hingewiesen wird insbesondere auf die Begründungspflicht bei Bescheiden (siehe Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5, Rz 441ff).

 

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.


 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Doris Manzenreiter