LVwG-300029/12/PY/GRU

Linz, 07.02.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin           Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwälte x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 13. Mai 2013, GZ. 0007359/2011, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30. Jänner 2014 und anschließender Verkündung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.  

 

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. 1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 13.5.2013, Gz. 0007359/2011, wurden über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach §§ 33 Abs. 1 und 1a iVm § 111 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) idgF drei Geldstrafen in Höhe von je 730,-- Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitesstrafen in Höhe von je 113 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 219,-- Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde.

 

„Der Beschuldigte, Herrn x, geboren am x, wohnhaft: x, hat als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x, mit Sitz in x, welche für die Erfüllung der sozialversi­cherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat und somit als nach § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher, folgende Verwaltungsübertretung zu verantwor­ten:

Die oben angeführte Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs.1 ASVG seit den jeweils angeführten Zeiten die unten angegebenen Personen als Dienstnehmer in persönlicher und wirt­schaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt ausgehend vom Firmensitz auf Baustellen in den ange­führten Funktionen beschäftigt.

Die in Rede stehenden Beschäftigten waren der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Ar­beitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeits­verpflichtung und Weisungsgebundenheit.

Obwohl diese Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenom­men und daher in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung vollversicherungspflichtig sind, wurde hierüber jeweils eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständigem Sozialversicherungs­träger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet.

Dies betrifft:

1. Herrn x, geboren x, gemeldet x, ru­mänischer Staatsbürger, beschäftigt als Verspachtler seit 10.01.2011 bis zumindest am 08.02.2011 gegen ein Entgelt in Höhe von € 9,‑/Stunde im Ausmaß von 8 Stunden pro Tag, Mon­tag bis Freitag, 07:00 bis 16:00 Uhr

2. Herrn x, geboren x, gemeldet x, ru­mänischer Staatsbürger, beschäftigt als Verspachtler seit 10.01.2011 bis zumindest am 08.02.2011 gegen ein Entgelt in Höhe von € 1,95 pro m2 im Ausmaß von 8 Stunden pro Tag, Montag bis Freitag, 07:00 bis 16:00 Uhr und

3. Herrn x, geboren x, gemeldet x, rumänischer Staatsbürger, beschäftigt als Verspachtler seit 10.01.2011 bis zumindest am 08.02.2011 gegen ein nicht näher definiertes Entgelt im Ausmaß von 8 Stunden pro Tag, Montag bis Freitag, 07:00 bis 16:00 Uhr.

Die gegenständliche Firma hat somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs.1 ASVG verstoßen.“

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen zusammenfassend aus, dass aus der vorgelegten Anzeige des Finanzamtes Linz unstrittig hervorgeht, dass die angeführten Arbeiter bei der Durchführung von Verspachtelungen angetroffen wurden. Das Material dazu wurde vom Vertreter der Firma x zur Verfügung gestellt, alle drei Verspachtler arbeiteten gemeinsam und wurde der Arbeitsbereich nicht nach Personen getrennt. Die Arbeitsanweisungen wurden von x von der Firma x erteilt, der auch die Kontrolle der Arbeiten durchführte. Die Anmeldung eines Gewerbes steht einer Dienstnehmereigenschaft nach dem ASVG nicht entgegen. Überdies wurde die Gewerbeberechtigung von Herrn x mit Wirkung vom 5.11.2010 durch die zuständige Gewerbebehörde rechtskräftig entzogen. Dem Beschuldigten hätte daher das Ende der Gewerbeberechtigung bekannt sein müssen und ist ab diesem Zeitpunkt an eine rechtmäßig selbständige Tätigkeit nicht mehr zu denken. Den Rechtfertigungsangaben des Beschuldigten wird entgegengehalten, dass der Arbeitsort (Baustelle) von diesem determiniert wurde, das zu verarbeitende Material von der Firma x zur Verfügung gestellt wurde, für Herrn x ein Stundenlohn von 9,-- Euro, mit Herrn x ein Entgelt in Höhe von 1,95 Euro pro und mit Herrn x kein näher definiertes Entgelt vereinbart wurde. Des Weiteren war eine Arbeitszeit im Ausmaß von je 8 Stunden pro Tag (7.00 bis 16.00 Uhr, mit einer Stunde Pause) vereinbart, weshalb für die erkennende Behörde außer Zweifel steht, dass eine Bindung bzw. Abhängigkeit der Firma x gegenüber zu bejahen ist. Aus Sicht der erkennenden Behörde ist von einer organisatorischen Eingliederung in das Unternehmen x auszugehen und die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit zu bejahen.

 

Abschließend führt die belangte Behörde ihre für die Strafbemessung herangezogenen Gründe näher aus.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bf im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 7. Juni 2013. Darin wird zusammenfassend vorgebracht, dass eine allfällige Überschreitung der Gewerbeberechtigung allenfalls von den Gewerbebehörden zu ahnden wäre, keinesfalls kann darauf auf das Vorliegen eines unzulässigen bzw. meldepflichtigen Arbeitsverhältnisses geschlossen werden. Völlig lebensfremd sei die Ansicht der Behörde, wonach die Angabe eines Zielortes im Regelfall im Sinn einer Weisung ausreichend sein wird. Offenbar geht die Behörde schon deswegen von einer organisatorischen Eingliederung in das vom Bf vertretene Unternehmen aus, weil dieses mit Herrn x im Werkvertrag vereinbart hat, auf welcher Baustelle und für welches Bauvorhaben er tätig zu sein hat. Aus der Vereinbarung, für welches Bauvorhaben der Auftragnehmer tätig werden soll, einen Dienstort abzuleiten, ist jedoch nicht nachzuvollziehen. Auch für Trockenbauarbeiten kann ein Werkvertrag vereinbart werden und ist es durchaus üblich und zulässig, für die Erbringung des Werkes notwendige Materialien vom Auftraggeber zur Verfügung zu stellen. Unrichtig ist, dass der Beschuldigte den angeführten Personen Weisungen erteilte. Selbstverständlich hatte er Gewährleistungskontrollen durchzuführen, was ebenfalls für das Vorliegen eines Werkvertrages spricht, weshalb mit Herrn x auch ein Haftrücklass vereinbart wurde. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit hat zu keinem Zeitpunkt bestanden. Für die Werkleistung wurde ein Entgelt in Höhe von 1,95 Euro pro vereinbart, wobei nach Fertigstellung eine Aufmaßabrechnung vereinbart wurde. Eine vertragliche Beziehung mit Herrn x und Herrn x bestand seitens der Firma x nicht, der Firma x war auch nicht bekannt, dass diese beiden beim Bauvorhaben x tätig waren. Ergänzend werden zum Berufungsvorbringen das Auftragsschreiben vom 7.1.2011 samt allgemeinen Geschäftsbedingungen, drei Teilrechnungen sowie die Aufmaßliste vom 5.2.2011 vorgelegt.

 

3. Mit Schreiben vom 11.6.2013 legte die belangte Behörde die Berufung samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

 

Mit 1. Jänner 2014 trat das Oö. Landesverwaltungsgericht (LVwG) an die Stelle des Unabhängigen Verwaltungssenates. Das LVwG entscheidet gemäß § 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) durch einen Einzelrichter. Die Berufung gilt gemäß § 3 Abs.1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) als Beschwerde im Sinn des Art. 130 Abs.1 Z 1 BVG. Die Zuständigkeit der erkennenden Richterin ergibt sich aus § 3 Abs.7 VwGbk-ÜG.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30.1.2014. An dieser nahmen der Bf mit seinem Rechtsvertreter, ein Vertreter der belangten Behörde sowie ein Vertreter des Finanzamtes Linz als am Verfahren beteiligte Organpartei teil. Der ebenfalls zur mündlichen Verhandlung geladene Zeuge x ist unentschuldigt nicht erschienen.

 

 

4. 1. Das Landesverwaltungsgericht geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bf ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x mit Sitz in x (in der Folge: Fa. x).

 

Im Jahr 2011 beschäftigte die Fa. x rd. 30 DienstnehmerInnen. In diesem Zeitraum wurde die Fa. x mit den gesamten Trockenbauarbeiten bei einem rd. 30 Wohneinheiten umfassenden Bauvorhaben in Linz, x, beauftragt. Im 2. und 3. Stockwerk wurden zunächst die Ständerwände von den Arbeitern der Fa. x errichtet. Die Verspachtelungen dieser Wände, die im Anschluss an die Verlegung des Estrich durchzuführen waren, wurde von der Fa. x an Herrn x, geb. x, übertragen, der sich bereits davor auf eine allgemeine Ausschreibung der Fa. x gemeldet hatte. Herrn x wurden von der Fa. x Baupläne zur Verfügung gestellt und wurde vereinbart, dass eine Verspachtelung in Qualitätsstufe Q2 bis zum Fertigstellungszeitpunkt 28.2.2011 auszuführen ist. Das erforderliche Material wurde von der Fa. x zur Verfügung gestellt. Ebenso wurde Herrn x gegen Kaution eine Schleifmaschine zur Verfügung gestellt, um bereits im Vorhinein eine entsprechende Qualitätsstufe der Arbeiten sicherzustellen. Das übrige erforderliche Werkzeug brachte Herr x selbst bei.

 

Anlässlich einer Kontrolle durch die Finanzpolizei am 8.2.2011 wurden auf der Baustelle x Herr x, Herr x, geb. x und Herr x, geb. x, gemeinsam bei Verspachtelungsarbeiten angetroffen.

 

Es konnte im Verfahren nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass diese als Dienstnehmer in wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit von der Fa. x beschäftigt wurden.

 

4. 2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 30.1.2013. In dieser schilderte der Bf nachvollziehbar und glaubwürdig, unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen Herr x auf der gegenständlichen Baustelle zum Einsatz kam. Unbestritten ist, dass die drei Arbeiter zwar gemeinsam, aber getrennt von Arbeitnehmern der Fa. x tätig waren. Glaubwürdig ist auch die Aussage des Bf, wonach diese einen im Vorhinein bestimmten, abgegrenzten Bereich zu verspachteln hatten. Auch der festgelegte Fertigstellungszeitpunkt und die Vereinbarung, dass eine Abrechnung der Arbeiten nach Quadratmeterpreis auf Grund des Aufmaßes nach Fertigstellung erfolgte, ist unbestritten. Sowohl den Aussagen des Bf als auch den Angaben des Herr x bei der Kontrolle ist zu entnehmen, dass es keine Arbeitszeitvorgaben seitens der Fa. x gab.

 

Die Frage, ob tatsächlich Arbeitsanweisungen seitens der Fa. x ergingen und die Tätigkeit im Rahmen einer ständigen Kontrolle durch die Fa. x begleitet wurde, konnte im Beweisverfahren nicht zweifelsfrei geklärt werden. Den Ausführungen des Bf in der mündlichen Verhandlung über das tatsächliche Geschehen auf der Baustelle sind für die zweifelsfreie Bejahung dieser Frage keine Anhaltspunkte zu entnehmen. Die Angaben, die Herr x dazu gegenüber den Kontrollorganen machte, wären daher zur Feststellung der tatsächlichen Abläufe genauer zu hinterfragen. Der Zeuge x leistete jedoch der an ihn gerichteten Ladung zur mündlichen Verhandlung unentschuldigt keine Folge. Eine Vertagung der Verhandlung zur neuerlichen Ladung des Zeugen war jedoch nicht möglich, da eine weitere Verhandlung innerhalb der in § 31 Abs. 2 VStG, der gemäß § 38 VwGVG auch im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht anzuwenden ist, festgelegten Frist nicht möglich war.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

§ 33 Abs.1a ASVG lautet: Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1.    vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.    die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-      mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-      bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 539a Abs.1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonderes die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§ 539a Abs.2 ASVG). Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer, den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs.3 ASVG).

 

5.2. Für die Beurteilung, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, kommt es auf das Gesamtbild und den wahren wirtschaftlichen Gehalt der konkret ausgeübten Tätigkeit an. Die Bf bringt vor, dass die im Spruch des gegenständlichen Strafbescheides angeführten Personen in Erfüllung einer Werkvertragsleistung tätig wurden und nicht als Dienstnehmer des von ihm vertretenen Unternehmens. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH vom 21. Dezember 2005, Zl. 2004/08/0066) kommt es für die Abgrenzung des Dienstvertrages vom freien Dienstvertrag einerseits und vom Werkvertrag andererseits darauf an, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet (diesfalls liegt ein Dienstvertrag vor) oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt (in diesem Fall läge ein Werkvertrag vor), wobei es sich im zuletzt genannten Fall um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handelt, während es im Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf seine Bereitschaft zu Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit (in Eingliederung in den Betrieb des Leistungsempfängers sowie in persönlicher und regelmäßig damit verbundener wirtschaftlicher Abhängigkeit von ihm) ankommt. Vom Dienstvertrag ist jedoch überdies der "freie Dienstvertrag" zu unterscheiden, bei dem es auf die geschuldete Mehrheit gattungsmäßig umschriebener Leistungen, die von Seiten des Bestellers laufend konkretisiert werden, ohne persönliche Abhängigkeit ankommt.

 

Ob bei einer Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung - nur beschränkt ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, VwSlg. Nr. 12.325/A). Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der zitierten Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit. Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgebender Bedeutung sein (vgl. VwGH vom 25. Mai 2011, Zl. 2010/08/0025, mwN).

 

5.3. Wie das Beweisverfahren im vorliegenden Fall ergeben hat, liegen wesentliche Sachverhaltselemente vor, die das Vorbringen des Bf, die im Spruch des in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses angeführten Arbeiter wurden im Rahmen der Erbringung einer Werkvertragsleistung tätig, bestätigen. Im Verfahren konnte dargelegt werden, dass eine in sich geschlossene Leistung geschuldet war, deren Erfüllung bis zu einem im Vorhinein festgelegten Zeitpunkt abgeschlossen sein musste. Der Umstand, dass das verwendete Material vom Unternehmen des Bf beigestellt wurde, tritt bei der Gesamtbetrachtung der vorliegenden Sachverhaltsmerkmale nach Maßgabe des wahren wirtschaftlichen Gehalts der Tätigkeit in den Hintergrund. Ebenso ist aus der Entlohnungsvereinbarung nicht zwingend das Vorliegen einer unselbstständigen Tätigkeit abzuleiten. Glaubwürdig legte der Bf zudem dar, dass er nicht darüber informiert war, mit welchem Personal Herr x die Arbeiten durchführte, ein Umstand, der wiederum als Indiz für ein Tätigwerden im Rahmen eines Werkvertrages zu sehen ist. Ob tatsächlich Arbeitsanweisungen und begleitende Kontrollen durch das vom Bf vertretene Unternehmen durchgeführt wurden, konnte mangels der Möglichkeit, den geladenen Zeugen x zu seinen diesbezüglichen Angaben bei der Kontrolle näher zu befragen, nicht geklärt werden.

 

Nach Durchführung des Beweisverfahrens verbleiben somit trotz eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Bf. Im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, war daher mangels ausreichender Beweise für einen Schuldspruch des Bf gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG iVm § 38 VwGVG von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen.

 

II. Der Kostenausspruch ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.in Andrea Panny