LVwG-850341/5/Re/IH

Linz, 04.08.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Dr. Werner Reichenberger über die Beschwerde der F-F GmbH, E, vertreten durch die Anwälte x GmbH, x, x, vom 2.4.2015 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6.7.2005, GZ: Ge20-12.789-7-2004-Wg/Gru, betreffend die Erteilung einer gewerbebehördlichen Betriebsanlagenänderungsgenehmigung nach § 81 GewO 1994

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Im Grunde des § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde keine Folge gegeben und der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6.7.2005, GZ: Ge20-12.789-7-2004-Wg/Gru, bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem Bescheid vom 6.7.2005, GZ: Ge20-12.789-7-2004-Wg/Gru, über Antrag der D S G mbH (Vormals D-H
GmbH), E, x, die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung der bestehenden Anlage im Standort E, x, durch Errichtung eines zweiten Drehwippkranes (16 t) sowie durch Verlängerung der Kranbahn für den bestehenden 40 t Drehwippkran unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Dies unter Hinweis auf die im Spruch detailliert angeführten Projektsunterlagen samt technischer Beschreibung und in Bezug auf den im Befund der anlässlich der anberaumten und durchgeführten mündlichen Ver­hand­lung vom 8.7.2004 festgelegten Beschreibung der Betriebsanlage.

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, aus dem Gutachten der beigezogenen Amtssachverständigen ergebe sich, dass nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten sei, dass durch die Errichtung der Anlage bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen, die nach den Umständen des Einzelfalles voraus­sehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt würden.

 

Auflagenpunkt 1. dieser Genehmigung lautet:

„Der Einsatz von Mobilkränen ausgenommen im Reparaturfall auf dem Gelände der Firma D ist verboten.“

 

2. Gegen diesen Bescheid vom 6.7.2005 hat die F-F GmbH, E, vertreten durch die Anwälte x, x, mit Schriftsatz vom 2.4.2015, bezogen auf die Bescheidzustellung vom 12.3.2015, Beschwerde erhoben. Dies im Wesentlichen mit dem Vorbringen, die Beschwerde­führerin erachte sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem subjektiv gesetzlich gewährleisteten Recht, dem Verfahren als unmittelbarer Grundnachbar und Nachbar im Sinne des § 75 Abs. 2 GewO beigezogen und angehört zu werden sowie Einwendungen erheben zu können, verletzt; weiters, dass die Bewilligung nur bei Vorliegen sämtlicher gesetzlicher Voraussetzungen für die Erteilung einer Betriebsanlagen-genehmigung und unter den ent­spre­chenden Auflagen erteilt wird und dass die Auflagenpunkte hinreichend konkret und bestimmt formuliert sind und der Schutz der Beschwerdeführerin hinreichend gewahrt wird. Beantragt werde die ersatzlose Aufhebung des Genehmigungs­bescheides, in eventu die Aufhebung und Zurückverweisung an die belangte Behörde zur neuerlichen Verfahrensdurchführung.

Begründet wird dies unter Hinweis auf § 75 Abs. 2 GewO und die Tatsache, dass das Grundstück Nr. x der Liegenschaft EZ x Grundbuch x E, x,  E, welches im Alleineigentum der Bf stehe, unmittel­bar an das projekt- und bescheidgegenständliche Grundstück  der Bewilligungs­werberin, Grundstück Nr. x, KG  E, x, angrenze. Die Rechtsvorgängerin der Bf sei bereits seit 17.12.2003 grundbücher­liche Eigentümerin des Grundstückes Nr. x, sohin bereits zum Zeitpunkt der am 8.7.2004 durchgeführten mündlichen Verhandlung bzw. am 6.7.2005 erfolgten Bescheiderlassung gewesen. Hinsichtlich der Bf sei sohin nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sie durch die Errichtung den Bestand oder den Betrieb der Anlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnte. Darüber hinaus betreibe sie auf dem zitierten Grundstück ein Unternehmen mit Mitarbeitern und sei sohin Inhaberin einer Einrichtung mit dem regelmäßigen Aufenthalt von Personen im Sinne des Satzes 3 des § 75 Abs. 2 GewO. Die Bf sei somit zu Unrecht dem Verfahren nicht beigezogen bzw. hiervon verständigt worden. Die Nichtgewährung der Parteienrechte verwirkliche einen erheblichen und wesentlichen Verfahrens­mangel.

In Bezug auf den Einsatz von Mobilkränen sei der Auflagenpunkt 1. des bekämpften Bescheides nicht ausreichend bestimmt im Sinne des § 59 Abs. 1 AVG. Ausreichende Bestimmtheit einer Auflage liege dann vor, wenn zumindest für beigezogene Fachleute der Inhalt der Auflage objektiv eindeutig erkennbar ist. Dies gelte nicht nur für den Konsensträger sondern auch für die Partei, deren Rechte durch die Auflage geschützt werden sollen. Im gegenständlichen Auflagenpunkt sei weder bestimmt, in welchem Bereich des Grundstückes der Antragstellerin Mobilkräne eingesetzt werden dürfen, noch die höchstzulässige Anzahl von Mobilkränen. Auch werde kein Sicherheitsabstand zur 110 kV-Leitung und zum Grundstück der Beschwerdeführerin bestimmt. Auch sei nicht definiert, worauf sich ein „Reparaturfall“ beziehe. Irgendwelche Reparaturen an irgend­welchen Einrichtungen seien demnach zulässig und würden in keinem Zusam­menhang zum verfahrensgegenständlichen Antrag stehen, zumal der Einsatz von Mobilkränen selbst einen bewilligungspflichtigen Umstand darstelle. Daran ändere auch die Aufstellplatzanweisung für Mobilkräne nichts. Es sei dort von einem undefinierten „Teilbereich“ die Rede, in welchem Mobilkräne eingesetzt werden dürften. Das Grundstück verlaufe in seiner Gesamtheit entlang der E, außerdem werde der Einsatz von Mobilkränen nicht nur auf Reparaturarbeiten beschränkt, sondern das inhaltliche Einsatzgebiet mit „Wartungs- und Reparatur­arbeiter oder für Sondertransporte“ wesentlich weiter als der Auflagenpunkt 1. festgelegt. Dieser offene Widerspruch werde im Bescheid nicht aufgelöst. Der in dieser Aufstellplatzanweisung genannte Mindestabstand von der 110 kV-Leitung mit „Auslegerlänge + 25 m“ stelle nicht klar, wie viele und welche Mobilkräne mit welchem maximalen Auslegerkreis eingesetzt werden dürften. Es sei nicht sichergestellt, dass das Grundstück der Bf nicht durch die Arbeiten mit den Mobilkränen beeinträchtigt werde, da keinerlei Schutzabstand oder Verbotszone hinsichtlich der Grundstücksgrenzen zwischen den beiden betroffenen Grund­stücken definiert werde. Zu befürchten sei eine Beanspruchung des Luftraumes durch einen Kranarm eines Mobilkranes oder der daran befestigten Last sowie, dass ihr Eigentum, aufgestellte Fahrnisse oder Gebäude hierdurch beschädigt würden. Auflagenpunkt 1. könne nicht durch Beiziehung eines Sachverständigen objektiviert werden bzw. sei die Reichweite desselben nicht erkennbar, zumal auf keinem der verfahrensgegenständlichen Pläne ein Mobilkran bzw. der Einsatz eines Mobilkranes und/oder dessen Arbeitsreichweite ersichtlich sei. Eine klare Definierung der Mindestabstände sei nicht erfolgt und sei auch die zeitliche Komponente, wie es für die zügige Durchführung einer Reparatur erforderlich sei, undefiniert. Anderenfalls hätte der Einsatz von Mobilkränen gänzlich untersagt werden müssen.

Zur Schutzzone betreffend die 110 kV-Leitung, welche über das Grundstück der Bewilligungswerberin Nr. x und über das Grundstück der Beschwerde­führerin Nr. x, je KG E, verlaufe, habe der Amtssachverständige im Rahmen der mündlichen Verhandlung eine Schutzzone von jeweils 25 m beiderseits der Leitungsachse festgehalten. Im vorgelegten Ausführungsplan mit farblicher Darstellung sei lediglich ein Schutzabstand des Drehwippkranes bei maximaler Auslegung zur Leitungsachse von 23,89 m ersichtlich. In der Stellung­nahme vom 16.2.2009 teilt der Amtssachverständige mit, dass der Auflagen­punkt sinngemäß erfüllt sei und die Einhaltung des erforderlichen Schutz­bereiches entsprechend EG 1957 bzw. die ausreichende Kennzeichnung durch Warnhinweise im Zuge der Sicherheitsüberprüfung zu verifizieren sei und gegebenenfalls Anpassungen des Schutzbereiches auch im Sinne von ÖVE/ÖNORM EN50110 zu veranlassen seien. Unbegründet blieb dieser Widerspruch auch im Rahmen des Bescheides und sei ein Sicherheitsabstand von 25 m erforderlich. Darüber hinaus sei die geforderte Vorlage einer Bestätigung der Einhaltung mit Bezug auf die Schutzzonen nicht erfolgt. Es bestehe die Gefahr, dass die Schutzzone zur 110 kV-Leitung seitens der Bewilligungswerberin nicht eingehalten und dadurch die Beschwerdeführerin durch elektrischen Über­schlag, mittelbare Schädigung des Grundstückes, der Fahrnisse, Gebäude oder Mitarbeiter negativ beeinträchtigt werden könnte. Der Bescheid hätte nicht bzw. nicht mit dem gegenständlichen Inhalt erlassen werden dürfen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat diese Beschwerde gemeinsam mit dem zugrundeliegenden Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Rechtsmittelentscheidung vorge­legt. Die belangte Behörde stellt zum Sachverhalt darin fest, dass mit dem Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 6. Juli 2005, der D S GmbH die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung eines Drehwippkranes (16 t) sowie die Verlängerung der Kranbahn für den bestehenden Drehwippkran (40 t) erteilt wurde. Der Antrag auf gewerbe-behördliche Genehmigung sei am 15. März 2001 eingelangt. Im Zuge des anhängigen Verfahrens (Kaufvertrag vom 4. Dezember 2003) habe die Beschwerdeführerin ein Teilgrundstück aus dem damaligen Grundstück Nr. x von der damaligen Eigentümerin, der D S G mbH, gekauft. Aus Sicht der belangten Behörde war die Beschwerdeführerin vor und nach dieser Grundstücksvereinigung als im Nachbarbereich angesiedelte Nachbarin iSd GewO 1994 zu sehen. Die damalige F-F GmbH & Co KG sei von der Behörde versehentlich weder zur mündlichen Verhandlung geladen noch sei ihr der gewerbebehördliche Genehmigungsbescheid vom 6.7.2005, GZ: Ge20-12.789-7-2004/Wg/Gru, zugestellt worden. Aufgrund der Eingabe der anwaltlichen Vertretung der F-F GmbH, bei der belangten Behörde eingelangt am 3. März 2015, wurde dem entsprechenden Antrag durch faktische Zustellung des Bescheides stattgegeben. Unbestritten sei, dass die F-F GmbH als Eigentümerin des Grundstückes Nr. x, KG E, Nachbarin gemäß § 75 Abs. 2 GewO 1994 ist und auch zum Zeitpunkt des Verfahrens war. Die Nichtbeiziehung zum damaligen Verfahren sei durch die nunmehrige Zustellung des Genehmigungsbescheides geheilt. Die Beschwer leite die F-F GmbH, aus den der Grundstück überspannenden 110 kV-Leitung der ÖBB bzw. durch das Aufstellen von Mobil-kränen ab. Die Hochspannungsfreileitung der ÖBB sei Bestand und mit Bescheid des BMWAV vom 16.4.1985, Zl. EB 213.589-4-II/2-1985, nach dem Eisenbahngesetz genehmigt. Die Leitung quere auch das Betriebsgrundstück der Beschwerdeführerin und es gelten für beide Grundstückseigentümer die festgelegten Schutzzonen.

Gegenstand des Genehmigungsbescheides vom 6.7.2005 war die Errichtung eines neuen Drehwippkranes (16 t) sowie die Verlängerung der Kranbahn für den bestehenden 40 t Drehwippkran. Der Einsatzbereich wird durch die Schutzzone dieser Hochspannungsfreileitung eingeschränkt. Der Schutzbereich darf durch ausschwingende Leiterseile nicht tangiert werden. Beide Drehwippkräne bewegen sich ausschließlich auf einer fixen Kranbahn. Dementsprechend wurde der Gegenstand im Rahmen der Verhandlung insofern eingeschränkt, als im Bereich der Hochspannungsleitung eine Abgrenzung als Tangente an den Schwenkkreis (40 m) des 40 t Krans erfolgte. Demnach erstrecke sich die gewerbebehördliche Genehmigung bis zum Ende des Schwenkkreises des 40 t Kranes und werde dadurch von vornherein die Schutzzone der Hochspannungsleitung nicht tangiert.

Laut Bescheid würde der Einsatz von Mobilkränen verboten, ausgenommen für den Reparaturfall, und gelte für Mobilkräne ebenso die Einhaltung des Schutzbereiches der Hochspannungsleitung. Nach Stellungnahme der ÖBB sei für die Aufstellung von Mobilkränen ein Schutzabstand von 83 m zur Hoch-spannungs-Leitungsachse notwendig. Dieser Abstand sei von der Konsensinhaberin laut Ausführungsplan dokumentiert.

 

4. Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes  Oberösterreich durch Einzel­richter ergibt sich aus den §§ 2 und 3 VwGVG.

 

Das Landesverwaltungsgericht  Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu GZ: Ge20-12789-7-2004 sowie Wahrung des Parteiengehörs. Die Anlageninhaberin hat eine Beschwerde-beantwortung abgegeben.

 

Im Grunde des § 24 Abs. 1 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus der Akten­lage, weshalb die Durchführung einer  mündlichen Verhandlung nicht erforderlich war.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

5.1. Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

1.    das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

2.    die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

3.    die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

4.    die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

5.    eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 75 Abs. 2 GewO 1994 sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungs-betrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst ständig beschäftigten Personen.

 

5.2. Nach dem vorliegenden Akteninhalt steht zunächst unbestritten fest, dass der D S G mbH mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 6.7.2005, GZ: Ge20-12.789-7-2004, die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung der bestehenden genehmigten Betriebsanlage durch Errichten eines zweiten Drehwippkranes (16 t) sowie durch Verlängerung der Kranbahn für den bestehenden 40 t Drehwippkran im Standort  E, x, unter Vorschreibung von Auflagen erteilt wurde. Bestandteil dieses Genehmigungsbescheides ist die anlässlich der durchgeführten mündlichen Verhandlung aufgenommene Verhandlungsschrift vom 8.7.2004.

Unbestritten ist auch, dass die Beschwerdeführerin Eigentümerin der an das Betriebsgrundstück zum Teil direkt angrenzenden Parzelle Nr. x,
KG x, ist.

Fest steht weiters, dass die Beschwerdeführerin am Genehmigungsverfahren, welches mit dem oben zitierten nunmehr bekämpften Bescheid vom 6.7.2005 beendet wurde, nicht beteiligt wurde. Die Beschwerdeführerin wurde nicht zu der für den 8.7.2004 anberaumten und an diesem Tage durchgeführten mündlichen Verhandlung geladen und hat an dieser nicht teilgenommen; weiters wurde ihr der Genehmigungsbescheid im Jahre 2005 nicht zugestellt. Eine Zustellung erfolgte – aus diesem Grunde zu Recht und den aufgezeigten Mangel heilend - nachweisbar am 12.3.2015.

 

Die Beschwerdeführerin knüpft ihre Parteistellung im gegenständlichen Verfahren letztlich an die Nachbareigenschaft iSd § 75 Abs. 2 GewO 1994 und bringt einerseits vor, dass sie unmittelbare Grundstücksnachbarin zum bescheid-gegenständlichen Grundstück, hinsichtlich dessen eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage beantragt wurde, ist.

Außerdem hält sie fest, dass sie an dem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück Nr. x der KG E, ein Unternehmen mit zahlreichen Mitarbeitern betreibt, sohin Inhaberin einer Einrichtung ist, in welcher sich jedenfalls regelmäßig Personen iSd 3. Satzes des § 75 Abs. 2 GewO vorübergehend aufhalten und für deren Schutz die Beschwerdeführerin im Rahmen der Arbeits- und sonst zivilrechtlichen Fürsorgepflicht der Beschwerdeführerin Sorge zu tragen hat.

 

Hinsichtlich der Personen, die als Nachbarn in Frage kommen, ist dem zuletzt genannten Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie sei Inhaberin einer Einrichtung iSd § 75 Abs. 2 3. Satz GewO 1994, nicht beizupflichten. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes fallen Dienstleistungsbetriebe nicht unter diesen Begriff, da der Aufenthalt von Dienstnehmern in diesem Bereich mit der Art des Aufenthaltes der Insassen bzw. Kunden in den in § 75 Abs. 2 letzter Satz beispielsweise aufgezählten Einrichtungen nicht vergleichbar ist (VwGH 26.05.1998, 98/04/0078). Der beispielsweisen Aufzählung „Beherbergungs-betriebe, Krankenanstalten, Heime“ lässt sich entnehmen, dass unter Einrichtungen nur solche zu verstehen sind, in denen der vorübergehende Aufenthalt von Personen durch eine für derartige Einrichtungen typische Art der Inanspruchnahme der betreffenden Betriebsanlage als solche gekennzeichnet ist.

 

Der Beschwerdeführerin kommt hingegen bereits aufgrund ihrer Stellung als Nachbarin unter Heranziehung des § 75 Abs. 2 1. Satz GewO grundsätzlich Parteistellung zu. Dies allerdings im Hinblick auf die Tatsache, dass es sich bei der Beschwerdeführerin als Grundstückseigentümerin um eine juristische Person handelt, mit der Einschränkung, dass sie als solche nicht in ihrem Leben oder in ihrer Gesundheit gefährdet oder iSd § 74 Abs. 2 Z2 GewO 1994 belästigt werden kann. Einer juristischen Person kann somit eine Nachbarstellung wegen Gefährdung oder Belästigung iSd § 75 Abs. 2 1. Satz nicht zukommen (VwGH 21.06.1993, 92/04/0144, 25.11.1997, 97/04/0100).

 

Die Beschwerdeführerin kann sich somit nur wegen behaupteter Gefährdung ihres Eigentums zulässigerweise im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren gegen das Projekt aussprechen. Eine Gefährdung des Eigentums iSd Gesetzes liegt nach ständiger Judikatur dann vor, wenn es zu einer völligen Unbenutzbarkeit der Liegenschaft bzw. zu einer Substanzvernichtung und nicht bloß zu einer Minderung des Verkehrswertes kommt (VwGH 15.09.1992, 92/04/0099). Ein begründetes Beschwerdevorbringen im Hinblick auf eine behauptete Substanzgefährdung bzw. gar -vernichtung der Liegenschaft liegt hingegen nicht vor.

 

Die Bf hat somit im zulässigen Rahmen, ihre subjektiv öffentlichen Rechte betreffend, Einwände, die zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, nicht vorgebracht.

 

Soweit die Bf auf die Genehmigung des Einsatzes  von Mobilkränen verweist, ist hierzu festzustellen, dass der regelmäßige Einsatz eines Mobilkranes nicht beantragt und daher auch nicht genehmigt wurde.

Unter Hinweis auf die Bestimmung des § 353 GewO 1994 und die hierzu ergangene ständige Judikatur des VwGH ist festzuhalten, dass es sich beim gewerblichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren um ein antragsbedürftiges Projektsverfahren handelt, der Umfang des Projektes vom Konsenswerber bestimmt wird und es nicht der Genehmigungsbehörde obliegt, diesen auszuweiten oder durch wesensändernde Auflagen einzuschränken.

 

Es liegt im Wesen eines mobilen Gerätes, dass es nicht regelmäßig – z.B. zu Reparaturarbeiten – zum Einsatz kommt und es aus diesem Grunde auch üblicherweise, nach der Bestimmung des § 74 GewO 1994 nicht der Genehmigungspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage unterliegt.

Dass ein Mobilkran am verfahrensgegenständlichen Areal der Konsenswerberin bereits jemals zum Einsatz gekommen wäre, wird auch von der Bf nicht vorgebracht.

Wenn die Konsenswerberin beabsichtigt, regelmäßig eine Krananlage für Reparaturen und/oder sonstiges einzusetzen, so ist es ihre Aufgabe, sich in Bezug auf das Vorliegen einer Genehmigungspflicht mit der Genehmigungs-behörde in Verbindung zu setzen und erforderlichenfalls dies-bezüglich einen Genehmigungsantrag einzubringen.

 

Dem Vorbringen der Bf, der Einsatz eines Mobilkranes selbst stelle einen bewilligungspflichtigen Umstand dar, kann aus diesen Gründen nicht zugestimmt werden.

 

Der kritisierte Auflagepunkt I 1) ist demnach kein Hinweis auf eine ausdrücklich ausgesprochene Genehmigung von Mobilkränen am Gelände der Konsenswerberin, sondern vielmehr ein grundsätzliches Verbot des Einsatzes derselben. Wenn im – nicht regelmäßig stattfindenden – Reparaturfall der Einsatz eines Mobilkranes erforderlich wird, so liegt es im Verantwortungsbereich des jeweiligen Kranführers, Sicherheits- und sonstige Vorschriften, wie z.B. den Abstand zu Stromleitungen, Grundgrenzen, Luftraum, Eigentum oder sonstige dingliche Rechte des Nachbarn zu beachten. Auflagen zur Reichweite oder Anzahl oder aber betreffend Abstände etc. in Bezug auf Mobilkräne waren daher im Verfahren betreffend die Drehwippkräne nicht möglich.

Durch diesen Auflagepunkt I 1) kann daher die Bf nicht beschwert sein.

 

Schließlich ist auch das Beschwerdevorbringen betreffend Nichteinhalten von Schutzzonen im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht von zulässiger Relevanz.

Es liegt im Verantwortungsbereich der Anlagenbetreiberin, die Betriebsanlage im Rahmen des genehmigten Projektes und unter Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen zu betreiben, da sie beim Überschreiten der Projektsgrenzen oder Nichteinhalten von Auflagen mit verwaltungsstrafrechtlichen Konsequenzen       (§ 366 GewO 1994) oder mit Zwangsmaßnahmen (§ 360 GewO 1994), die bis zur Betriebsschließung führen können, zu rechnen hat.

 

Insgesamt konnte daher auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage der Beschwerde keine Folge gegeben werden und war wie im Spruch zu erkennen.

 

 

Zu II.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Reichenberger

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 16. Dezember 2015, Zl.: Ra 2015/04/0090-4