LVwG-410639/20/HW

Linz, 07.08.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Wiesinger über die Beschwerde von P S, geb. x, P, Tschechien, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P R, I, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz Land vom 26.2.2015, GZ: Pol 96-512-2014, (mitbeteiligte Partei: Finanzamt Linz)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstraf-verfahren wegen § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 26.2.2015, GZ: Pol 96-512-2014, wird über den Beschwerdeführer (in der Folge kurz „Bf“ genannt) eine Geldstrafe von gesamt 6.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe gesamt 68 Stunden) verhängt. Im Spruch des angefochtenen Bescheides wird dem Bf zur Last gelegt, dass er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B s.r.o. mit Sitz in P zu verantworten habe, dass im Lokal mit der Bezeichnung „X Tankstelle“ in H, S Straße 2, Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG am 5.8.2014 von der genannten Firma unter Verwendung näher bezeichneter Glücksspielgeräte veranstaltet wurden. Auch in der Begründung des Bescheides wird ausgeführt, dass die B s.r.o. Glücksspiele als Unternehmer veranstaltet habe.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Bf. Darin wird unter anderem vorgebracht, dass die B s.r.o. keine Glücksspiele veranstaltet habe.

 

I.3. Das Landesverwaltungsgericht führte eine mündliche Verhandlung durch. Danach steht folgender Sachverhalt fest:

 

In der X Tankstelle in H, S Straße 2, befanden sich am 5.8.2014 zwei Geräte mit der Gehäusebezeichnung apollo. Die Geräte wurden betriebsbereit von Organen der Abgabenbehörde bei einer durchgeführten Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz am 5.8.2014 vorgefunden.

 

Auf diesen Geräten konnten virtuelle Walzenspiele gespielt werden, wobei sich die Funktionsweise generalisierend wie folgt darstellt: Nach der Eingabe von Geld für das Spielguthaben und der Auswahl des Spiels sowie dem Aufruf zur Durchführung konnte ein Spieleinsatz ausgewählt werden, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet war. Das Spiel wurde mit der Start-Taste ausgelöst. Damit wurde zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst. Dabei wurden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstand. Der Spielerfolg stand nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes fest. Der Spieler hatte keine Möglichkeit, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen, die Entscheidung vom Spielergebnis hing ausschließlich vom Zufall ab.

 

Für die mittels der Geräte erfolgten Ausspielungen lag weder eine Konzession oder Bewilligung vor, noch waren diese vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass die mittels der Geräte durchgeführten Ausspielungen auf Rechnung bzw. auf wirtschaftliches Risiko der B s.r.o. und/oder auf Rechnung bzw. auf wirtschaftliches Risiko des Bf persönlich erfolgt wären.


I.4. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem durchgeführten Beweisverfahren. Das Vorhandensein der Geräte im Lokal und die Funktionsweise der Geräte ergeben sich vor allem aus der Anzeige, die eine diesbezügliche Beschreibung enthält, und dem (beschreibenden) Text bei den Lichtbildern und den Lichtbildern selbst sowie den Aussagen der in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen.

 

Dass nicht festgestellt werden kann, dass die mittels der Geräte durchgeführten Ausspielungen auf Rechnung bzw. auf wirtschaftliches Risiko der B s.r.o. und/oder auf Rechnung bzw. auf wirtschaftliches Risiko des Bf persönlich erfolgt wären, ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Der Tankstellenpächter H S gab im Rahmen seiner Einvernahme an, dass „[alles] mit den Geräten [...] die Firma B s.r.o.“ mache, er bekomme nur eine Standplatzmiete. Diese Aussage deutet zwar darauf hin, dass die B s.r.o. die Geräte (möglicherweise) auch betrieb. Allerdings kann aus dieser Aussage nicht zwingend darauf geschlossen werden, auf wessen Rechnung bzw. Risiko die Ausspielungen letztlich tatsächlich stattfanden, also in wessen Vermögen sich Gewinn und Verlust letztlich realisierten, ist es doch etwa auch durchaus möglich, dass die B s.r.o. gegen einen Fixbetrag die Geräte zur Verfügung stellte (vermietete) und betreute (jedoch die Ausspielungen auf Rechnung einer anderen Person erfolgten). In diesem Sinne wird auch in der Anzeige der mitbeteiligten Partei angeregt, dass die Eigenschaft als Veranstalter verifiziert werden sollte. Die vom erkennenden Gericht in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen konnten keine konkreten Angaben dazu machen, in welcher Beziehung die B s.r.o. zu den Geräten bzw. den Ausspielungen steht. Im Übrigen ergibt sich auch aus der die Beschlagnahme der verfahrensgegenständlichen Geräte bestätigenden Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (LVwG-410449/9/ER LVwG-410450/9/ER) kein ausreichender Hinweis darauf, dass die B s.r.o. Veranstalterin sein würde, vielmehr spricht diese Entscheidung nur dafür, dass die B s.r.o. Eigentümerin der Geräte sein würde. Das Landesverwaltungsgericht gelangt daher unter sorgfältiger Würdigung aller im Verfahren hervorgekommenen Umstände nicht zur Überzeugung, dass die Glückspiele auf Rechnung des Bf bzw. der B s.r.o. gemacht wurden. Anzumerken ist im Übrigen, dass im Verwaltungsstrafverfahren auch der Grundsatz „in dubio pro reo“ zu berücksichtigen ist (Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 25 Rz 10).

 

I.5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

I.5.1. Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG in der zu Tatzeitpunkt geltenden Fassung begeht eine Verwaltungsübertretung, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer daran beteiligt. Verbotene Ausspielungen sind gemäß § 2 Abs. 4 GSpG Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 GSpG ausgenommen sind. Ausspielungen sind nach § 2 Abs. 1 GSpG Glücksspiele, die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glückspiel erbringen (Einsatz) und bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn). Ein Glücksspiel im Sinne des GSpG ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt (§ 1 Abs. 1 GSpG).

 

I.5.2. Als Veranstalter kommt nur in Betracht, wer das Spiel auf eigene Rechnung ermöglicht (Schwartz/Wohlfahrt, GSpG2, § 52 Rz 6 unter Hinweis auf VwGH 20.12.1996, 93/17/0058; 16.2.2004, 2003/17/0260). Da sich aus dem festgestellten Sachverhalt nicht ergibt, dass die Ausspielungen auf Rechnung der B s.r.o. bzw. des Bf erfolgten, scheidet gegenständlich eine Bestrafung des Bf wegen Veranstaltens von Ausspielungen aus.

 

I.5.3. „Sache“ des Verwaltungsstrafverfahrens ist die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat mit ihren wesentlichen Sachverhaltselementen (VwGH 8.11.2000, 99/04/0115). Sowohl in der Anzeige der Finanzpolizei als auch im Straferkenntnis wurde der B s.r.o. (bzw. dem Bf als handelsrechtlichem Geschäftsführer der B s.r.o.) vorgeworfen, Ausspielungen „veranstaltet“ zu haben, auch in der Aufforderung zur Rechtfertigung wird davon gesprochen, dass „diese Firma als Veranstalter“ gehandelt habe. Dementsprechend verteidigte sich der Bf unter anderem dahingehend, dass die B s.r.o. keine Glücksspiele veranstaltet habe. Eine erstmalige Bestrafung wegen einer anderen Tat scheidet daher für das Landesverwaltungsgericht aus und wäre auch unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der Verteidigungsrechte des Bf problematisch, weil der Bf zu einem anderen Vorwurf möglicherweise auch ein anderes (bzw. weiteres) Vorbringen erstattet hätte.

 

I.5.4. Da eine Bestrafung wegen Veranstaltens nicht in Betracht kommt, war das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren wegen § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG einzustellen. In wie weit die Verhängung einer Strafe durch die Behörde wegen einer anderen Tat in Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Geräten erfolgen könnte, ist in der vorliegenden Entscheidung nicht weiter zu prüfen.

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision: Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war. Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes oder wäre die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Wiesinger