LVwG-850319/9/HW/MD

Linz, 27.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Dr. Harald Wiesinger über die Beschwerde des Mag. P K, x, x, vertreten durch Mag. A M, x, x, gegen den Bescheid des Plenums des Ausschusses der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 19. November 2014,
GZ: 25/14, betreffend die Anerkennung des G Medizinrechts-Kongresses 2013 als Ausbildungs-veranstaltung,

zu Recht    e r k a n n t :

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Eingabe vom 17. Jänner 2014 stellte der Beschwerdeführer („Bf“) den Antrag auf Anerkennung seiner Teilnahme am „G Medizinrechts-Kongress“ von 24. bis 25. Mai 2013 als verbindliche Ausbildungsveranstaltung gemäß § 3
RL-RAA. Mit E-Mail vom 18. Februar 2014 teilte das Kammeramt der
Oö. Rechtsanwaltskammer dem Bf mit, dass keine Approbation des G Medizinrechts-Kongresses erfolge, da es sich bei diesem um eine Veranstaltung für Ärzte handle, woraufhin der Bf mit E-Mail vom selben Tag die Erlassung eines entsprechenden Bescheides beantragte. Mit E-Mail vom 20. Februar 2014 übermittelte der Bf der Oö. Rechtsanwaltskammer ein auf den 18. Februar 2014 datiertes Schreiben von Univ.-Prof. Dr. R R an die Medizinische Fortbildungsakademie Oberösterreich („MedAK“), nach welchem es sich bei der gegenständlichen Veranstaltung um eine ausschließlich rechtswissenschaftliche Fachtagung handle, die vom Institut für Recht der sozialen Daseinsvorsorge und Medizinrecht gemeinsam mit der MedAK veranstaltet werde. Kooperationspartner sei die Universität W, die Vorträge würden in der führenden medizin-rechtlichen Fachzeitschrift „Recht der Medizin“ veröffentlicht werden. Es bestehe kein Zweifel, dass es sich um die führende rechtswissenschaftliche Fachtagung in Österreich handle.

 

I.2. Mit Bescheid vom 12. Februar 2014, GZ: 25/14, wurde der Antrag des Bf auf Anerkennung des G Medizinrechts-Kongresses vom Ausschuss der
Oö. Rechtsanwaltskammer, Abteilung III, abgewiesen. Begründend führte die Behörde im Hinblick auf das Veranstaltungsprogramm des G Medizinrechts-Kongresses 2013 aus, dass am Vormittag des 24. Mai 2013 ein Vortrag mit einem spitalsärztlichen Schwerpunkt („Grenzen der Neben­beschäfti­gungsverbote“) und am Nachmittag Themen auf dem Tagungsprogramm gestanden hätten, die für Spitäler und niedergelassene Ärzte von Bedeutung seien („Behandlungsvertrag bei minderjährigen Patienten“ und „Anwendbarkeit der Korruptionsbestimmungen auf Ärzte“). Anschließend habe eine Podiumsdiskussion zur „Zukunft der Spitalsambulanzen“ stattgefunden. Am
25. Mai 2013 sei der Schwerpunkt auf dem Kassenrecht („Wann kann der Kassenvertragsarzt eine Behandlung ablehnen?“ und „Zum Kompetenzumfang der Turnusärzte in Lehrpraxen“) gelegen bzw. habe eine Podiumsdiskussion zum Thema „Bürokratie in der Arztpraxis“ stattgefunden. Die angeführten Vorträge hätten je eine Stunde und fünfzehn Minuten gedauert, für die Podiumsdiskussionen sei im Tagungsprogramm ein Zeitrahmen von eineinhalb Stunden ausgewiesen gewesen. Rechtsanwaltskammern hätten gemäß § 28
Abs. 1 RAO nur solche Veranstaltungen als Ausbildungsveranstaltungen anzuerkennen, die den Kriterien des § 2 RL-RAA entsprechen. Da es sich beim
G Medizinrechts-Kongress um eine spezielle medizinrechtliche Tagung handle, seien diese Voraussetzungen nicht gegeben. Spezialfragen des Medizinrechts zählten nicht zu den Prüfungsgegenständen der Rechtsanwaltsprüfung.

 

I.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf mit Schriftsatz vom 14. Juli 2014 das Rechtsmittel der Vorstellung, in dem er die Aufhebung und Zurückverweisung des angefochtenen Bescheides beantragte. Begründend brachte der Bf vor, dass § 2 RL-RAA regle, dass Ausbildungsveranstaltungen der Vorbereitung auf die Rechtsanwaltsprüfung und der Ausbildung zum Rechtsanwalt dienen sollten. Sie hätten die Fähigkeiten und Kenntnisse des § 1 RAPG zu vermitteln, wobei auf die Prüfungsgegenstände der Rechtsanwaltsprüfung gemäß § 13 RAPG sowie § 20 RAPG Bedacht zu nehmen sei. Ausbildungsveranstaltungen sollten daher einerseits auf die Rechtsanwaltsprüfung vorbereiten, andererseits auch Rechtsanwaltsanwärter die für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse vermitteln. Nicht umsonst biete bspw. die Anwaltsakademie neben Veranstaltungen aus den prüfungsrelevanten Fächern auch Ausbildungsveranstaltungen an, die für den Anwaltsberuf grundlegende Fähigkeiten vermitteln sollten (bspw. Rhetorik und Körpersprache, Bilanzanalyse und dergleichen). Diese Veranstaltungen würden im Sinne des § 2 RL-RAA als Ausbildungsveranstaltungen anerkannt. Gegenständlich habe der Bf einen Medizinrechtskongress besucht, bei dem zu diversen Bereichen der Rechtswissenschaften Vorträge stattgefunden hätten. Die Behörde vermeine nun fälschlicherweise, dass sämtliche Vorträge dem Bereich „Medizinrecht“ zuzuordnen seien und dieser Bereich nicht prüfungsrelevant im Sinne des RAPG sei. Einerseits sei festzuhalten, dass „Medizinrecht“ keine eigenständige Rechtsmaterie darstelle, sondern einen Überbegriff für Rechtsnormen aus sämtlichen, auch prüfungsrelevanten Rechtsbereichen darstelle. Die Behörde habe bei ihrer Beurteilung nicht erkannt, dass bspw. der Punkt „Behandlungsvertrag bei minderjährigen Personen“ ein Thema des Bürgerlichen Rechts sei, das sogar einen Bezug zum zivilgerichtlichen Verfahren herstelle (pflegschaftsgerichtliche Genehmigung). Ebenso verhalte es sich mit den Vorträgen zu den Themen „Wann kann der Kassenarzt eine Behandlung ablehnen“ sowie „Zum Kompetenzumfang der Turnusärzte in Lehrpraxen“. Das Thema „Anwendungsbereich der Korruptionsbestimmungen auf Ärzte“ sei dem Bereich Strafrecht zuzuordnen. Einem Antrag auf Anerkennung einer Ausbildungsveranstaltung aufgrund der Teilnahme am 8. Europäischen Medizinrechtstag der Österreichischen Gesellschaft für Medizinrecht, bei dem  ebenfalls zum Themenkomplex „Medizinrecht“ referiert worden sei, sei durch die W Rechtsanwaltskammer stattgegeben worden, da diese die Voraussetzungen des § 2 RL-RAA als gegeben angesehen hätte. Der G Medizinrechts-Kongress 2013 entspreche aufgrund seiner Inhalte sämtlichen Voraussetzungen des § 2 RL-RAA und dem Antrag auf Anerkennung der Ausbildungsveranstaltung wäre daher stattzugeben gewesen.

 

I.4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Plenums des Ausschusses der
Oö. Rechtsanwaltskammer („belangte Behörde“) vom 19. November 2014,
GZ: 25/14, wurde die Vorstellung des Bf gegen den Bescheid der Abteilung III des Ausschusses der Oö. Rechtsanwaltskammer vom 12. Februar 2014 als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führt die belangte Behörde aus, dass gemäß § 2 RL-RAA Ausbildungsveranstaltungen der Vorbereitung auf die Rechtsanwaltsprüfung und der Ausbildung zum Rechtsanwalt dienten. Sie hätten die Fähigkeiten und Kenntnisse im Sinne der Erfordernisse des § 1 RAPG zu vermitteln, wobei auf die Prüfungsgegenstände der Rechtsanwaltsprüfung gemäß § 13 RAPG sowie § 20 RAPG Bedacht zu nehmen sei. Zu den Fähigkeiten und Kenntnissen im Sinne des § 1 RAPG zählten im Besonderen die Gewandtheit bei der Einleitung und Besorgung der einem Rechtsanwalt übertragenen öffentlichen und privaten Angelegenheiten sowie seine Eignung zur Abfassung von Rechtsurkunden und Rechtsgutachten sowie zum geordneten schriftlichen und mündlichen Vortrag einer Sach- und Rechtslage. Ausbildungsveranstaltungen sollten daher zum einen die Inhalte der Kernbereiche der österreichischen Rechtsordnung, welche durch die Prüfungsgegenstände determiniert seien, und zum anderen die praktische Umsetzung dieses Wissens vermitteln. Der Ausbildung zum Rechtanwalt dienten darüber hinaus auch jene Veranstaltungen, die bestimmte Kenntnisse in Bereichen abseits der Gesetze vermittelten, die für eine erfolgreiche Tätigkeit, unabhängig vom zu behandelnden Rechtsgebiet von Bedeutung seien. Zu diesen Bereichen seien bspw. die vom Bf angeführten Ausbildungsveranstaltungen zum Thema Körpersprache und Rhetorik zu zählen. Kurz gesagt sollten Ausbildungsveranstaltungen die Grundlagen für das anwaltliche Arbeiten, sozusagen das Handwerkszeug, vermitteln. Wie aus dem Tagungsprogramm des G Medizinrechts-Kongresses ersichtlich sei, würden bei dieser Veranstaltung folgende Themen referiert bzw. diskutiert werden: Grenzen der Beschäftigungsverbote, Behandlungsvertrag bei Minderjährigen, Anwend­barkeit der Korruptionsbestimmungen auf Ärzte, Die Zukunft der Spitalsambulanzen (Podiumsdiskussion), Wann kann der Kassenvertragsarzt eine Behandlung ablehnen, Zum Kompetenzumfang der Turnusärzte in Lehrpraxen, Bürokratie in der Arztpraxis (Podiumsdiskussion). Es werde zugestanden, dass es sich bei den referierten Themen mit Ausnahme der beiden Podiumsdiskussionen um rechtliche Themen handle, die jedoch primär für Ärzte und medizinisches Personal relevant seien, zumal ausschließlich medizinrechtliche Aspekte behandelt werden würden. Selbst wenn bei den abgehandelten Rechtsbereichen Anknüpfungspunkte an das Zivil- bzw. Strafrecht bestünden, sei der G Medizinrechts-Kongress im Hinblick auf die Anwaltschaft als klassische Fortbildungsveranstaltung zu sehen, zumal hier im Gegensatz zu Ausbildungs­veranstaltungen keine Kenntnisse aus den Kernbereichen der österreichischen Rechtsordnung oder deren Umsetzung, sondern Spezial­kenntnisse aus dem Bereich des Medizinrechts vermittelt worden seien. Dies werde auch durch die Bezeichnung „Freie Fortbildung“ auf der Teilnahme­bestätigung unterstrichen. Was die Approbation des 8. Europäischen Medizinrechtstages der Öster­reichischen Gesellschaft für Medizinrecht durch die Rechtsanwaltskammer W anlange, sei auszuführen, dass die Oö. Rechtsanwalts­kammer nicht an die Entscheidungen anderer Länderkammern gebunden sei und ihr keine Kompetenz zur Beurteilung derartiger Entscheidungen zukomme. Nachdem es sich beim G Medizinrechts-Kongress um keine Veranstaltung handle, welche Fähigkeiten und Kenntnisse im Sinne der Erfordernisse des § 1 RAPG unter Bedachtnahme auf die Prüfungsgegenstände der Rechtsanwaltsprüfung gemäß § 13 RAPG sowie § 20 RAPG vermittle, sei eine Anerkennung der Veranstaltung als verbindliche Ausbildungsveranstaltung gemäß § 2 RL-RAA nicht möglich.

 

I.5. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf (nach Erfüllung eines Verbesserungsauftrags) mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2014 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit dem Antrag, den Bescheid aufzuheben und in der Sache selbst zu entscheiden, in eventu die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückzuverweisen. Darin bringt der Bf vor, dass nach
§ 2 RL-RAA Ausbildungsveranstaltungen der Vorbereitung auf die Rechtsan­waltsprüfung und der Ausbildung zum Rechtsanwalt dienten, wobei die Fähigkeiten und Kenntnisse im Sinne des § 1 RAPG zu vermitteln seien. Die belangte Behörde führe aus, dass es sich beim Tagungsprogramm des G Medizinrechts-Kongresses zwar um rechtliche Themen handle, die jedoch primär für Ärzte und medizinisches Personal relevant seien und ausschließlich medizinrechtliche Aspekte behandeln würden. Sinn und Zweck von Fachkongressen sei es, ausschließlich zu den jeweiligen Fachthemen vorzu­tragen. Dementsprechend seien im Rahmen des G Medizinrechts-Kongresses auch „ausschließlich medizinrechtliche Aspekte“ behandelt worden. Die belangte Behörde verkenne aber, dass Medizinrecht ein Überbegriff über die verschiedenen Rechtsbereiche sei, die sich mit medizinrechtlichen Fragen beschäftigten. Die gegenständlichen Vorträge würden tiefgreifende Fragen in für die Rechtsanwaltsprüfung relevanten Themengebieten behandeln. Wenn die belangte Behörde vermeine, dass Themen behandelt worden seien, die primär für Ärzte und medizinisches Personal relevant seien, so verkenne das Plenum offenbar vollkommen, dass die vorgetragenen Themenbereiche grundlegendes Wissen für Anwälte und Rechtsanwaltsanwärter, die im Bereich Medizinrecht beratend tätig sind, vermittle. Dem Themenbereich „Anwendbarkeit von Korruptionsbestimmungen auf Ärzte“ zu unterstellen, er sei primär für Ärzte und medizinisches Personal relevant, sei geradezu abstrus, bedenke man doch, dass die strafrechtliche Vertretung von Ärzten regelmäßig durch Anwälte erfolge. Die von der belangten Behörde vorgenommene Differenzierung, es handle sich beim G Medizinrechts-Kongress um keine Ausbildungs-, sondern um eine Fortbildungsveranstaltung sei entgegen zu halten, dass diese Differenzierung willkürlich und aus der RL-RAA unbegründbar sei. Die Approbation nach § 2 RL-RAA diene ja gerade dem Zweck, Fortbildungen als Ausbildungen anzuerkennen. Wenn die belangte Behörde vermeine, dass Veranstaltungen die Spezial­kenntnisse vermitteln, keine Ausbildung, sondern lediglich eine nicht anrechenbare Fortbildung darstellten, so sei einerseits zu fragen, ob Spezialisierung in einem Themenbereich nicht schon per se als „Ausbildung“ zu verstehen ist und andererseits, warum die als „Fortbildung“ titulierten Veranstaltungen der AWAK (die im Übrigen fast ausschließlich Spezialwissen vermitteln würden) als „Ausbildung“ anerkannt werden würden. Die hier vorgenommene Differenzierung sei unsachlich und mit dem Gleichheitsgebot nicht in Verbindung zu bringen. Zum Vorwurf, dass durch die Bezeichnung „Freie Fortbildung“ unterstrichen werde, dass keine Kenntnisse aus den Kernbereichen der österreichischen Rechtsordnung oder deren Umsetzung, sondern Spezialkenntnisse auf dem Bereich des Medizinrechts vermittelt worden seien, so sei dem entgegenzuhalten, dass „Freie Fortbildung“ ein Begriff sei, den die Ärztekammer in § 9 DFB-Richtlinie verwende, wo es um die Fortbildung von Ärzten gemäß § 49 ÄrzteG gehe. Aus dem Terminus seien daher für die Frage der Anerkennung nach § 2 RL-RAA keinerlei Schlüsse zu ziehen. Überdies müsse auch hier wieder gefragt werden, ob die behandelten Themen nicht gerade aus dem Kernbereich der österreichischen Rechtsordnung stammen. Zwar gebe es keine klare Definition über den Kernbereich der österreichischen Rechtsordnung, Zivilrecht (Behandlungsvertrag bei Minderjährigen, Wann kann der Kassenvertragsarzt eine Behandlung ablehnen?), Strafrecht (Die Anwendbarkeit der Korruptionsbestimmungen auf Ärzte) und Arbeitsrecht (Grenzen der Beschäftigungsverbote, Kompetenzumfang der Turnusärzte) zählten jedoch zweifelsohne dazu.

 

I.6. Mit Schreiben vom 4. Februar 2015, eingelangt am 9. Februar 2015, legte die belangte Behörde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsakt vor.

 

I.7. Mit Schreiben vom 30. März 2015 räumte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich den Verfahrensparteien die Möglichkeit ein, zu in der Zeitschrift „Recht der Medizin“ (RdM 2013/137-141) publizierten Beiträgen, die sich auf die Vorträge beim G Medizinrechts-Kongress 2013 beziehen, sowie zu damit in Zusammenhang stehenden Rechtsfragen Stellung zu nehmen. Weiters wurde in diesem Schreiben bekannt gegeben, dass das Landesverwaltungsgericht (vorläufig) nicht beabsichtigt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und mangels Bekanntgabe der Parteien, dass sie eine Verhandlung für notwendig erachten, davon ausgeht, dass auf die Durchführung einer münd­lichen Verhandlung verzichtet wird.

 

I.8. Mit E-Mail vom 21. April 2015 brachte daraufhin der Bf vor, dass beginnend mit dem Vortrag von Univ.-Prof. Dr. R R zum Thema „Grenzen der Nebenbeschäftigungsverbote bei Spitalsärzten“ sowohl arbeitsrechtliche als auch öffentlich-rechtliche Themen vorgetragen worden seien. Zuerst seien gesetzliche Nebenbeschäftigungsverbote im VBG und AngG behandelt worden, wobei insbesondere die Frage des Anwendungsbereiches der Norm auf Ärzte und ärztliche Tätigkeitsgebiete behandelt worden sei. Danach seien Neben­beschäftigungsverbote in Einzelverträgen und etwaige Sanktionen bei Verstößen gegen diese behandelt worden. Die Inhalte des Vortrages beträfen § 2 RL-RAA i.V.m. §§ 13 Z 1 und 2 sowie § 20 Z 1 und 7 RAPG. Univ.-Prof. Dr. F K habe zum Thema „Behandlungsvertrag bei Minderjährigen“ referiert, wobei eingangs der Behandlungsvertrag im niedergelassenen und ambulanten Bereich besprochen worden sei, um anschließend konkret themenbezogen Minderjährige im Zusammenhang mit dem Abschluss von Behandlungsverträgen zu besprechen. Univ.-Prof. K habe hier insbesondere festgehalten, dass zwischen Zustimmung zum Behandlungsvertrag und Einwilligung in die Behandlung zu unterscheiden sei. Der Inhalt des Vortrags sei gemäß § 13 Z 1 sowie § 20 Z 1 RAPG prüfungsrelevant. Von Univ.-Prof. B  sei die Anwendung der Korruptions­bestimmungen auf Ärzte behandelt worden, wobei insbesondere die Auswirkungen des Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetzes 2012 besprochen worden seien. Der Vortrag behandle prüfungsrelevante Themen nach § 13 Z 3 RAPG als auch nach § 20 Z 3 RAPG. Den Abschluss habe eine Podiumsdiskussion zur Zukunft der Spitalsambulanzen gebildet. Hier sei auch das gesellschaftsrechtliche Thema Gruppenpraxis diskutiert worden. Die Podiums­diskussion vermittle allgemeine Kenntnisse nach § 1 RAPG. Von Univ.-Prof. R sei am nächsten Tag zur Frage, wann ein Kassenvertragsarzt einen Behandlungs­vertrag ablehnen kann, vorgetragen worden. Nach Erläuterungen der Vorgaben aus dem Berufsrecht und dem Vertragspartnerrecht (Sozialversicherungsrecht) seien zivilrechtliche Gründe für die Ablehnung des Behandlungsvertrags besprochen worden. Ebenso sei die Problematik von fremdsprachigen Patienten besprochen worden. Hier seien prüfungsrelevante Themen gemäß § 13 Z 1 sowie § 20 Z 3 und Z 7 RAPG behandelt worden. Der letzte Vortrag sei von
Univ.-Prof. K zum Thema „Kompetenzumfang der Turnusärzte in Lehrpraxen“ behandelt worden. Hierbei seien die relevanten gesetzlichen Bestimmungen ebenso besprochen worden wie der Grundsatz der Anleitung und Aufsicht. Hier seien prüfungsrelevante Themen gemäß § 20 Z 7 RAPG vermittelt worden. In der abschließenden Diskussion zum Thema „Bürokratie in der Arztpraxis“ seien verschiedene gesetzliche Vorgaben und Richtlinien besprochen worden, die zu einem hohen bürokratischen Aufwand in Ordinationen führten. Hier seien allgemeine Themen nach § 1 RAPG vermittelt worden.

 

I.9. Mit Eingabe vom 15. April 2015 brachte die belangte Behörde vor, dass die Rechtsanwaltskammer keine Kenntnis vom genauen Inhalt der Vorträge, die beim G Medizinrechts-Kongress gehalten wurden, habe. Zumindest im Wesentlichen würden die gehaltenen Vorträge mit den Veröffentlichungen in der RdM übereinstimmen. Beweisanträge zum genauen Inhalt der Vorträge würden nicht gestellt werden. Es sei zwischen Ausbildungsveranstaltungen und Fortbildungsveranstaltungen zu unterscheiden. Ausbildungsveranstaltungen seien solche, die grundsätzlich anknüpfend an den Wissensstand von Juristen, die das Universitätsstudium und eine mindestens fünftmonatige Gerichtspraxis absolviert haben, den Rechtsanwaltsanwärtern praktische Fähigkeiten für die Ausübung des Anwaltsberufes vermitteln. Dies geschehe insbesondere durch Hinweise, Checklisten und Muster, bspw. für Eingaben bei den Gerichten oder Verwaltungsbehörden einschließlich von Beschwerdemustern beim Verfassungs-gerichtshof. Soweit es um Vertragsgestaltung gehe, sei wesentlicher Teil derartiger Ausbildungsveranstaltungen die Erstellung von bspw. Kauf-, Gesellschafts- oder Unternehmensveräußerungsverträgen. Natürlich werde auch bei solchen Veranstaltungen die jeweilige Rechtsmaterie in materieller und formeller Hinsicht vermittelt, ohne dass dabei aber das Ziel sei, rechtswissenschaftliches Spezialwissen zu vermitteln. Wesentliches Merkmal der Ausbildungsveranstaltung sei die Möglichkeit und die Aufforderung an die Rechtsanwaltsanwärter, aktiv sich am Seminar zu beteiligen, insbesondere durch mündliche Mitarbeit, Ausarbeitung von Schriftsätzen, etc. Demgegenüber stünden Fortbildungsveranstaltungen, die das Ziel hätten, einem bereits sehr gut vorinformierten Zuhörerkreis bspw. den letzten Stand der Rechtsprechung zu bestimmten Themenbereichen zu vermitteln. Geht man von der Identität der gehaltenen Referate mit den Veröffentlichungen in der Zeitschrift RdM aus, erfülle keines der Referate die Anforderungen des § 2 Abs. 1 RL-RAA. Sämtliche Referate befassten sich mit Sonderfragen des Medizinrechts. Medizinrecht sei kein Gegenstand der Rechtsanwaltsprüfung. Sämtliche Referate befassten sich mit dogmatischen Spezialfragen, die redlicherweise im Rahmen der mündlichen Rechtsanwaltsprüfung von den Kandidaten nicht erwartet werden dürften. Würde im Rahmen einer Rechtsanwaltsprüfung von den Kandidaten auch nur grob das Wissen der „Zusammenfassung“ der jeweiligen Fachbeiträge verlangt werden, wäre mit einer Durchfallquote von weit über 90 % zu rechnen. Die G Medizinrechtstage dienten daher den Rechtsanwaltsanwärtern nicht beim Erwerb praktischer Fertigkeiten, die erforderlich seien, um ein an einen Rechtsanwalt oder Rechtsanwaltsanwärter herangetragenes Problem zu erkennen und die zur Durchsetzung der Rechtsposition des eigenen Mandanten erforderlichen Schritte zu setzen. Erkennbar handle es sich bei den Referaten auch um „Frontalreferate“ ohne Möglichkeit, Zwischenfragen zu stellen oder mit dem Referenten zu diskutieren. Gerade diese Diskussionsmöglichkeit verschaffe dem Rechtsanwaltsanwärter Gelegenheit, zu erlernen, eigene Rechtspositionen mündlich zu vertreten und Dinge auf den „Punkt“ zu bringen. Sollte das Landesverwaltungsgericht zum Ergebnis kommen, dass z.B. drei Vorträge im Ausmaß von mehr als drei Stunden anerkennungsfähig sind, könne natürlich auch nur im Ausmaß der tatsächlich anerkennungsfähigen Vorträge eine Anerkennung als Ausbildungsveranstaltung stattfinden. Es sei geradezu willkürlich, bei einer formal neunstündigen Veranstaltung, bei der lediglich drei Stunden prüfungsrelevante Materien vermittelt werden würden, eine Anerkennung von neun Stunden vorzunehmen. Würde man hier eine weitere Anerkennung vornehmen, wäre bspw. bei einem zweieinhalbtägigen Seminar, bei dem drei Stunden Zivilrecht vermittelt wird und im Übrigen die Seminarteilnehmer zwei Tage lang Skifahren gehen, eine Anerkennung von fünf Halbtagen gegeben. Eine solche Vorgangsweise wäre krass unsachlich und würde daher gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Wegen des Erfordernisses der verfassungskonformen Interpretation sei ein derartiges Ergebnis ausgeschlossen.

 

I.10. Zu dieser Stellungnahme der belangten Behörde erstattete der Bf mit
E-Mail vom 7. Mai 2015 eine Replik, in der er ausführte, dass § 37 Abs. 1 Z 3 RAO regle, dass die Rechtsanwaltskammer Richtlinien für die Ausbildung von Rechtsanwaltsanwärtern erlassen könne. Im Besonderen hätten diese Richtlinien Art, Umfang und Gegenstand von Ausbildungsveranstaltungen zu enthalten, die den Erfordernissen des RAPG zu entsprechen und die auf die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs vorzubereiten haben. Unter dieser Prämisse würden von der Anwaltsakademie unter ausbildung.awak.at Veranstaltungen angeboten, die dem Rechtsanwaltsanwärter praktische Fähigkeiten für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs vermittelten. Unter fortbildung.awak.at würden aber auch für Rechtsanwaltsanwärter Ausbildungen angeboten, die Spezialkenntnisse vermittelten und grundsätzlich bereits sehr gut informierte Zuhörerkreise über den letzten Stand der Rechtsprechung zu bestimmten Themen informierten (z.B. Seminarnummer 2015-11112-4 Reiserecht). Die Veranstaltungen unter fortbildung.awak.at, die allesamt für Rechtsanwaltsanwärter als Veranstaltungen im Sinne der RL-RAA anrechenbar seien, beträfen fast ausschließlich Spezialfragen oder Referate zu Rechtsgebieten, die ebenfalls nicht Gegenstand der Rechtsanwaltsprüfung seien. Bspw. sei das Seminar „Der überzeugende Auftritt – Impulsworkshop. Von vordergründig bis hinterhältig“, Seminarnummer 20151109-8, als 1 Halbtag anrechenbar. Unter diesem Blickwinkel scheine das Vorbringen der belangten Behörde nicht überzeugend, wonach es dem G Medizinrechts-Kongress an den Voraussetzungen für die Anrechnung nach § 2 Abs. 1 RL-RAA fehle. Im Rahmen des G Medizinrechts-Kongresses sei nicht nur zu prüfungsrelevanten Themen der Rechtsanwaltsprüfung vorgetragen, sondern überdies auch Wissen vermittelt worden, dass gemäß § 37 Abs. 1 Z 3 RAO „auf die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes“ vorbereite. Dem Vorbringen in Punkt III. der Stellungnahme der belangten Behörde sei unter dem Blickwinkel des § 2 Abs. 2 RL-RAA wohl beizupflichten. Der Vergleich mit Vorträgen, bei denen Ski gefahren wird, gehe zwar am Thema vorbei, insgesamt sei aber im Hinblick auf die Richtlinie einzig darauf abzustellen, wie viele Stunden anerkennungswürdige Vorträge abgehalten wurden. In diesem Zusammenhang werde noch abschließend erwähnt, dass aufgrund des Vorbringens der belangten Behörde gerade solche Veranstaltungen, die Diskussionsmöglichkeiten verschaffen und dem Rechtsanwaltsanwärter Gelegenheit geben, seine eigenen Rechtspositionen mündlich zu vertreten und die Dinge auf den „Punkt“ zu bringen, besonders anrechnungswürdig seien. Unter dieser Prämisse seien neben den Vorträgen auch die anschließenden Diskussionsrunden im Rahmen des G Medizinrechts-Kongresses anrechnungswürdige Zeiten.

 

II.1. Vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wird (ergänzend zu Punkt I.) folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

 

Der Bf nahm als Rechtsanwaltsanwärter am vom Institut für Recht der sozialen Daseinsvorsorge und Medizinrecht der J K U L gemeinsam mit der MedAK von
24. bis 25. Mai 2013 in G veranstalteten „G Medizinrechts-Kongress“ teil (Teilnahmebestätigung vom 25. Mai 2013; Schreiben von Univ.-Prof. R vom
18. Februar 2014). Diese Veranstaltung richtete sich vor allem an folgende Zielgruppen: Ärzte, Juristen, Apotheker sowie Mitarbeiter von Sanitäts­direktionen, Sanitätsrechtsabteilungen, Universitäten, Sozialver­sicherungen, Versicherungsgesellschaften, Krankenhausträgern, Bezirkshaupt­mann­schaften und Standesvertretungen (Seminarprogramm).

 

Am Freitag, dem 24. Mai 2013, wurden nach der Begrüßung in etwa zu den nachfolgend angegebenen Zeiten folgende Vorträge gehalten:

10.15 – 11.30 Uhr: „Grenzen der Nebenbeschäftigungsverbote?“ von
Univ.-Prof. Dr. R R;

13.30 – 14.45 Uhr: „Behandlungsvertrag bei minderjährigen Patienten“ von Univ.-Prof. Dr. F K;

15.15 – 16.30 Uhr: „Anwendbarkeit der Korruptionsbestimmungen auf Ärzte“ von Univ.-Prof. Dr. A B.

 

Von 16.30 bis 18.00 Uhr fand unter der Leitung von Dr. L S eine Podiumsdiskussion zum Thema „Die Zukunft der Spitalsambulanzen“ mit
Univ.-Prof. Dr. K S, Dr. K F, Univ.-Prof. Dr. T S und Dr. H L statt. Diskutiert wurde dabei vor allem über die Überlastung der Spitalsambulanzen und deren Ursachen sowie die konkreten Motive der Patienten, die Spitalsambulanzen aufzusuchen. Besprochen wurden unter anderem Möglichkeiten der Gestaltung des Zugangs für Patienten zu Spitalsambulanzen und auch neue Modelle wie zum Beispiel eine Gruppenpraxis in unmittelbarer Nähe der Krankenanstalt bzw. in der Krankenanstalt selbst mit längeren Öffnungszeiten, um die Patienten mit Krankheiten, die von niedergelassenen Ärzten behandelt werden können, dazu zu bringen, sich zur Behandlung statt an die Spitalsambulanzen an die nieder­gelassenen Ärzte zu wenden (Födermayr/Slezak/Stadler, RdM 2013/104, 158).

 

Am Samstag, dem 25. Mai 2013, wurden in etwa zu den nachfolgend angegebenen Zeiten folgende Vorträge gehalten:

9.00 – 10.15 Uhr: „Wann kann der Kassenvertragsarzt eine Behandlung ablehnen?“ von Univ.-Prof. Dr. R R;

10.45 – 12.00 Uhr: „Zum Kompetenzumfang der Turnusärzte in Lehrpraxen“ von Univ.-Prof. DDr. C K.

 

Von 12.00 – 13.30 Uhr fand unter der Leitung von Dr. J Z eine Podiumsdiskussion zum Thema „Bürokratie in der Arztpraxis“ mit Dir. Dr. A M, Univ.-Prof. Dr. K F, Dr. C W, Univ.-Prof. DI K V und Dr. J S statt (Seminarprogramm).

 

In einem Sonderheft der Zeitschrift „Recht der Medizin“ wurden schriftliche Ausfertigungen der oben angeführten Fachvorträge veröffentlicht (Födermayr/Slezak/Stadler, RdM 2013/104, 159; Schreiben von Univ.-Prof. R vom 18. Februar 2014). Diese Aufsätze geben die wesentlichen Inhalte der von den jeweiligen Referenten am G Medizinrechts-Kongress 2013 gehaltenen Vorträge wieder.

 

Der Vortrag „Grenzen der Nebenbeschäftigungsverbote?“ von Univ.-Prof. Dr. R R wurde unter dem Titel „Grenzen für Nebenbeschäftigungsverbote bei Spitalsärzten“ in RdM 2013/137, 203 ff, publiziert. Das „Abstract“ der schriftlichen Ausfertigung des Vortrags lautet wie folgt:

 

Angestellte Spitalsärzte unterliegen als Arbeitnehmer Einschränkungen hinsichtlich ihrer Tätigkeiten außerhalb des Arbeitsverhältnisses. Zu untersuchen sind die Grenzen gesetzlicher und möglicher vertraglicher Nebenbeschäf­tigungsverbote speziell im Hinblick auf Spitalsärzte, einerseits im öffentlichen Dienst und andererseits im Anwendungsbereich des AngG.

 

Der Vortrag behandelte vor allem folgende Punkte:

Gesetzliche Nebenbeschäftigungsverbote (Nebenbeschäftigungsverbote im Vertragsbedienstetenrecht und Angestelltengesetz), Nebenbeschäftigungsverbote aus dem Einzelarbeitsvertrag, Sanktionen bei Verletzung von Nebenbeschäf­tigungsverboten und diverse Einzelfragen (genereller Einwilligungsvorbehalt, generelle Meldepflicht für Nebenbeschäftigungen,  Einwilligungsvorbehalt mit vorgeschalteter Einwilligung des Primars, genereller Einwilligungsvorbehalt für Privatordinationen, Gleichbehandlung bei Erteilung der Einwilligung, Maßstäbe für Teilzeitbeschäftigte, Widerruf der Einwilligung).

 

Der Vortrag „Behandlungsvertrag bei minderjährigen Patienten“ von
Univ.-Prof. Dr. F K wurde unter dem gleichen Titel in RdM 2013/138, 214 ff, publiziert. Das „Abstract“ der schriftlichen Ausfertigung des Vortrags lautet wie folgt:

 

„Der Beitrag befasst sich zentral mit der Frage, inwieweit minderjährige Patienten selbst einen Behandlungsvertrag abschließen bzw. einer medizinischen Behandlung (allein) zustimmen können. Zudem werden die Konsequenzen eines unwirksam geschlossenen Vertrages, Probleme der Urteils- und Einsichtsfähigkeit bei Minderjährigen sowie im gegebenen Zusammenhang das neue Gesetz über die Durchführung von ästhetischen Behandlungen und Operationen näher erörtert.“

 

Der Vortrag behandelte vor allem folgende Punkte:

Behandlungsvertrag und Einwilligung bzw. Zustimmung zur Heilbehandlung (unterschiedliche Voraussetzungen, Geschäftsfähigkeit Minderjähriger, Einsichts- und Urteilsfähigkeit), Patientenverfügung von (mündigen) Minderjährigen, Sonderfälle der „Pille danach“ und Abtreibung, Funktion der Jugend­wohlfahrtsträger, Behandlungsverträge mit Minderjährigen bei ästhetischen Behandlungen und Operationen.

 

Der Vortrag „Die Anwendbarkeit der Korruptionsbestimmungen auf Ärzte“ von Univ.-Prof. Dr. A B wurde in RdM 2013/139, 223 ff, publiziert. Das „Abstract“ der schriftlichen Ausfertigung des Vortrags lautet wie folgt:

 

„Die Trennlinien zwischen erlaubten Freundschaftsdiensten und strafbarer Korruption sind mitunter fließend. In Österreich wurde in den vergangenen Jahren mehrfach versucht, durch strafrechtliche Bestimmungen die Grenzen der Korruption letztlich zu schärfen. Weil es in diesem ‚Wellental der Novellierungen‘ - vor allem auch aus internationaler Sicht1 - nur zum Teil gelungen ist, Korruption effizient zu bekämpfen, hat der Gesetzgeber mit dem Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz (KorrStrÄG) 20122 einen vorläufigen Schlusspunkt gesetzt. Nicht zuletzt durch die Ausdehnung des Anwendungs­bereichs auf sog ‚staatsnahe Unternehmen‘ ist auch der Medizinbereich von dieser Novellierung betroffen.“

 

Der Vortrag behandelte vor allem folgende Punkte:

Krankenhauspersonal als „Amtsträger“, gewährter bzw. angenommener „Vorteil“ als Strafbarkeitskriterium (Begriff des „Vorteils“, Fehlende Ungebührlichkeit des Vorteils, Geringwertigkeit des Vorteils), Konnex zwischen „Amtsgeschäft“ und „Vorteil“, pflichtgemäßes und pflichtwidriges Handeln, strafrechtliche Grenzen der „Klimapflege“, sowie im Hinblick auf niedergelassene Ärzte Untreue, Geschenkannahme und Bestechung (durch Machthaber bzw. von Bediensteten oder Beauftragten).

 

Der Vortrag „Wann kann der Kassenvertragsarzt eine Behandlung ablehnen“ von Univ.-Prof. Dr. R R wurde in RdM 2013/140, 236 ff, publiziert. Das „Abstract“ der schriftlichen Ausfertigung des Vortrags lautet wie folgt:

 

„Vertragsärzte der SV sind zur Behandlung aller Leistungsberechtigten der Kassen, mit denen ein Einzelvertrag besteht, verpflichtet. Sie dürfen die Behandlung allerdings in ‚berechtigten Fällen‘ ablehnen. Der Beitrag untersucht erstmals näher, welche Gründe auf Arztseite und auf Patientenseite zur Ablehnung der Behandlung berechtigen.“

 

Der Vortrag behandelte vor allem folgende Punkte:

Berufsrecht mit den Punkten Erste Hilfe bei Lebensgefahr, Diskriminie­rungsverbote und lokale Monopolstellung sowie „Rücktritt“ von der Behandlung, Vertragspartnerrecht mit den Punkten Grundlagen (vor allem Wertungs­grundlagen zur Auslegung von „berechtigte Fälle“, Zeitpunkt und Erklären der Ablehnung und Beschränkung des Arztwechsels durch die Krankenordnung), Ablehnungsgründe „auf Seite des Arztes" (medizinische Gründe, Kapazitätsgründe, fehlende Möglichkeit der Kommunikation, Gründe aus der Nichthonorierung von Leistungen, weitere Gründe) und patientenbezogene Ablehnungsgründe (fehlende Fähigkeit, die Behandlung zu verlangen, Behandlungsanspruch bei inadäquatem Patientenverhalten, verhaltensbezogene Ablehnungsgründe, personenbezogene Ablehnungsgründe).

 

Der Vortrag „Zum Kompetenzumfang der Turnusärzte in Lehrpraxen“ von
Univ.-Prof. Dr. C K wurde in RdM 2013/141, 251 ff, publiziert. Das „Abstract“ der schriftlichen Ausfertigung des Vortrags lautet wie folgt:

 

„In welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen die in Ausbildung stehenden Turnusärzte ärztliche Tätigkeiten durchführen dürfen, war wiederholt Gegenstand umfangreicher literarischer Untersuchungen. Dabei stand allerdings zumeist das Tätigkeitsspektrum im stationären oder ambulanten Bereich von Krankenanstalten im Mittelpunkt des Interesses. Der vorliegende Beitrag widmet sich den berufsrechtlichen Besonderheiten beim Einsatz von Turnusärzten in Lehrpraxen niedergelassener Ärzte.“

 

Der Vortrag behandelte vor allem folgende Punkte:

Tätigkeitsspektrum von Turnusärzten im Allgemeinen (flexibles Ausbildungs­konzept des ÄrzteG, Ausnahmen), „Anleitung und Aufsicht“, Besonderheiten in der Lehrpraxis (Allgemeines, Verzicht auf ständige Anwesenheit des Lehrpraxisinhabers).

 

Der G Medizinrechts-Kongress 2013 war nicht spezifisch darauf ausgerichtet, vor allem Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, die der Ausübung des Rechtsanwaltsberufs bzw. der Ausbildung als Rechtsanwalt dienen. Die, bei den gehaltenen Vorträgen bzw. Podiumsdiskussionen behandelten Inhalte wurden grundsätzlich nicht speziell im Hinblick auf die beruflichen Aufgaben eines Rechtsanwaltes, wie insbesondere die Prozessführung, das Verfassen von Eingaben in Gerichts- bzw. Verwaltungsverfahren, das Verfassen von Verträgen oder die anwaltliche Beratung, dargeboten bzw. erörtert.

 

II.2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich schlüssig und widerspruchsfrei aus den im Akt befindlichen schriftlichen Unterlagen, insbesondere aus den jeweils in Klammer angeführten Beweismitteln. Ergänzend ist noch auszuführen: Der Inhalt bzw. Ablauf der Veranstaltung folgt nicht nur aus der im Akt befindlichen Seminarankündigung, sondern vor allem auch aus den Beiträgen in der Zeitschrift RdM. Dafür, dass die Beiträge in der RdM im Wesentlichen dem Inhalt der Veranstaltung entsprechen, spricht bereits das vom Bf vorgelegte Schreiben von Univ.-Prof. Dr. R vom 18.2.2014, in dem dieser festhält, dass die Vorträge in der RdM veröffentlicht werden. Die Parteien wurden auch mit Schreiben vom
30. März 2015 darauf hingewiesen, dass das Gericht die Beträge der RdM von Amts wegen eingeholt hat und (vorläufig) davon ausgeht, dass deren Inhalt im Wesentlichen den gehaltenen Vorträgen entspricht. Es wurde Gelegenheit zum Parteiengehör sowie zur Beantragung von Beweisen oder einer Verhandlung diesbezüglich eingeräumt, wobei von den Parteien weder Beweise noch eine Verhandlung beantragt wurden und auch keine Ausführungen erfolgten, nach denen die bekannt gegebene vorläufige Annahme des Landesverwaltungs­gerichtes unrichtig sein würde. Dass
der G Medizinrechts-Kongress 2013 selbst nicht spezifisch darauf ausgerichtet war, vor allem Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, die der Ausübung des Rechtsanwaltsberufs dienen, ergibt sich bereits daraus, dass die (sich aus der Seminarankündigung ergebende) Zielgruppe der Veranstaltung nicht auf Rechtsanwaltsanwärter bzw. Rechtsanwälte beschränkt ist, sondern dazu ganz allgemein Juristen, aber etwa auch Ärzte oder Apotheker gehören. Zudem spricht auch der Inhalt der Beiträge dafür, dass nicht spezifisch darauf abgezielt wurde, vor allem Kenntnisse und Fähigkeiten für die Ausbildung als Rechtsanwalt zu vermitteln. Angesichts der Inhalte der Beiträge und der Zielgruppe der Veranstaltung folgt für das erkennende Gericht auch, dass die behandelten Inhalte grundsätzlich nicht speziell im Hinblick auf die beruflichen Aufgaben eines Rechtsanwaltes dargeboten bzw. erörtert wurden. Einerseits lässt sich aus den schriftlichen Beiträgen eine grundsätzliche spezifische auf die Tätigkeit von Rechtsanwälten zugeschnittene Darbietung nicht entnehmen. Andererseits spricht auch die breit gefächerte Zielgruppe dafür, dass nicht spezifisch auf die Belange der Rechtsanwaltsanwärter bzw. der Rechtsanwälte abgestellt wurde. Da es freilich durchaus möglich erscheint, dass im Rahmen der mündlichen Darbietung in einzelnen Fällen punktuell vom Vortragenden speziell Rechtsanwälte betreffende Aufgaben näher behandelt wurden, konnte aber letztlich (nur) festgestellt werden, dass „grundsätzlich“ die Darbietung nicht im Hinblick auf die spezifischen beruflichen Aufgaben eines Rechtsanwaltes erfolgte.

 

II.3. Von einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da deren Durchführung nicht beantragt wurde und eine mündliche Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen auch nicht erwarten lässt. Der Sachverhalt ist hinreichend geklärt bzw. konnte auf Basis des schriftlichen Parteienvorbringens sowie der schriftlichen Unterlagen eine Entscheidung gefällt werden (vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahresrecht10 Rz. 804). Darüber hinaus wurde den Parteien mit Schreiben vom 30. März 2015 ausreichend Möglichkeit gegeben, zu den im Zusammenhang mit der Anerkennung der gegenständlichen Fachtagung stehenden Rechtsfragen Stellung zu nehmen (welche von den Parteien auch in Anspruch genommen wurde). Überdies wurde mit diesem Schreiben auch bekannt gegeben, dass das Landesverwaltungsgericht nicht beabsichtigt, eine mündliche Verhandlung von Amts wegen durchzuführen und mangels Bekanntgabe der Parteien, dass sie eine Verhandlung für notwendig erachten, davon ausgeht, dass auf die Durchführung einer münd­lichen Verhandlung verzichtet wird. Da keine entsprechende Bekanntgabe von den Parteien erfolgte, ist insofern auch von einem Verhandlungsverzicht auszugehen.

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

III.1. Rechtsvorschriften (in der jeweils maßgeblichen Fassung):

 

§ 1 Rechtsanwaltsprüfungsgesetz (RAPG):

Die Rechtsanwaltsprüfung soll die für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse des Prüfungswerbers, im besonderen seine Gewandtheit bei der Einleitung und Besorgung der einem Rechtsanwalt übertragenen öffentlichen und privaten Angelegenheiten sowie seine Eignung zur Abfassung von Rechtsurkunden und Rechtsgutachten sowie zum geordneten schriftlichen und mündlichen Vortrag einer Rechts- und Sachlage nachweisen.

 

§ 2 Abs. 2 Rechtsanwaltsprüfungsgesetz (RAPG):

Voraussetzung für die Ablegung der Rechtsanwaltsprüfung ist überdies die Teilnahme an den für Rechtsanwaltsanwärter verbindlichen Ausbildungs­veranstaltungen.

 

§ 13 Rechtsanwaltsprüfungsgesetz (RAPG):

Bei der schriftlichen Prüfung hat der Prüfungswerber auszuarbeiten:

1. im Zivilrecht auf Grund einer schriftlichen Information Klage, Klagebeantwortung und Entscheidung oder Antrag, allfällige Gegenäußerung und Entscheidung im außerstreitigen Verfahren oder an Hand von Gerichtsakten eine Rechtsmittelschrift gegen eine Entscheidung erster Instanz,

2. im Verwaltungsrecht (mit Einschluss des Abgabenrechtes) auf Grund eines Bescheides eine Rechtsmittelschrift oder eine Beschwerde an den Verfassungs- oder an den Verwaltungsgerichtshof,

3. im Strafrecht an Hand von Gerichtsakten eine Rechtsmittelschrift gegen eine Entscheidung erster Instanz.

 

§ 20 Rechtsanwaltsprüfungsgesetz (RAPG):

Bei der mündlichen Prüfung sind die Kenntnisse und Fähigkeiten des Prüfungswerbers in den folgenden Bereichen zu überprüfen:

1. Falllösung im Rahmen der Rechtsberatung, Rechtsdurchsetzung und Rechtsverteidigung im Bereich des österreichischen bürgerlichen Rechts einschließlich von Fällen mit Auslandsbezug und Fällen aus dem Arbeits- und Sozialrecht,

2. Vertretung vor österreichischen Gerichten im zivilgerichtlichen Verfahren einschließlich von Verfahren nach dem AußStrG und der EO,

3. Falllösung im Rahmen der Rechtsberatung, Rechtsdurchsetzung und Rechtsverteidigung im Bereich des österreichischen Strafrechts sowie Verteidigung und Vertretung vor Österreichischen Strafgerichten,

4. Vertretung im Anwendungsbereich des österreichischen Strafvollzugsgesetzes,

5. Falllösung im Rahmen der Rechtsberatung, Rechtsdurchsetzung und Rechtsverteidigung im Bereich des österreichischen Unternehmens- und Gesellschaftsrechts einschließlich des Wertpapier- und des Immaterialgüterrechts sowie Vertretung in Verfahren über den gewerblichen Rechtsschutz,

6. Vertretung im österreichischen Insolvenzverfahren,

7. Falllösung im Rahmen der Rechtsberatung, Rechtsdurchsetzung und Rechtsverteidigung im Bereich des österreichischen öffentlichen Rechts sowie Vertretung im Verwaltungsverfahren einschließlich der Vertretung vor den österreichischen Gerichten des öffentlichen Rechts und internationalen Gerichtshöfen,

8. Falllösung und Vertretung im österreichischen Abgabenrecht einschließlich des Finanzstrafverfahrens,

9. Vertragsgestaltung und Urkundenverfassung und

10. Berufs- und Standesrecht der Rechtsanwälte, Pflichten als Unternehmer und Dienstgeber, Maßnahmen zur Verhinderung von Geldwäscherei (§ 165 StGB) oder Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) sowie Kostenrecht.

 

§ 1 Richtlinie für die Ausbildung von Rechtsanwaltsanwärtern (Ausbildungs­richtlinie – RL-RAA):

(1) Rechtsanwaltsanwärter haben an Ausbildungsveranstaltungen im Ausmaß von mindestens 42 Halbtagen teilzunehmen.

(2) Ausbildungsveranstaltungen von mindestens 24 Halbtagen sind als Voraussetzung für die Ablegung der Rechtsanwaltsprüfung gemäß § 2 Abs 2 RAPG zu besuchen.

(3) Die Rechtsanwaltskammern werden die Teilnahme eines Rechtsan­waltsanwärters an Ausbildungsveranstaltungen im Ausmaß von mindestens 12 Halbtagen als rücksichtswürdigen Grund nach § 15 Abs 2 RAO werten.“

 

§ 2 Richtlinie für die Ausbildung von Rechtsanwaltsanwärtern (Ausbildungsrichtlinie – RL-RAA):

(1) Ausbildungsveranstaltungen dienen der Vorbereitung auf die Rechtsanwaltsprüfung und der Ausbildung zum Rechtsanwalt. Sie haben die Fähigkeiten und Kenntnisse im Sinne der Erfordernisse des § 1 RAPG zu vermitteln, wobei auf die Prüfungsgegenstände der Rechtsanwaltsprüfung gemäß § 13 RAPG sowie § 20 RAPG Bedacht zu nehmen ist.

(2) Ein anrechenbarer Ausbildungshalbtag hat mindestens 3 Stunden zu umfassen.“

 

§ 3 Richtlinie für die Ausbildung von Rechtsanwaltsanwärtern (Ausbildungsrichtlinie – RL-RAA):

Rechtsanwaltskammern haben gemäß § 28 Abs 1 RAO nur solche Veranstaltungen als Ausbildungsveranstaltungen anzuerkennen, die den Kriterien des § 2 entsprechen und in ihrem Sprengel stattfinden.“

 

§ 26 Rechtsanwaltsordnung (RAO):

[...]

(2) Besteht der Ausschuss aus mindestens zehn Mitgliedern, so sind die in § 28 Abs. 1 lit. b, d, f, g, h, i und m aufgezählten Aufgaben, ferner die Aufsicht über Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, die Beschlussfassung nach § 16
Abs. 5 sowie die Zuerkennung von Leistungen aus der Versorgungseinrichtung für den Ausschuss durch eine seiner Abteilungen zu erledigen, soweit dies ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens möglich ist. Die Abteilungen setzen sich aus zumindest drei Mitgliedern des Ausschusses zusammen; ferner sind jeweils zumindest zwei Mitglieder des Ausschusses als Ersatzmitglieder vorzusehen. Der Ausschuss hat die Abteilungen zusammenzusetzen und die Geschäfte unter die Abteilungen zu verteilen.

[...]

(5) Gegen den von einer Abteilung für den Ausschuss gefassten Beschluss kann binnen 14 Tagen nach Zustellung des Beschlusses Vorstellung an den Ausschuss erhoben werden.

 

§ 28 Rechtsanwaltsordnung (RAO):

„(1) Zu dem Wirkungskreise des Ausschusses gehören:

[...]

m) die Durchführung, gegebenenfalls die Anerkennung von für Rechtsanwaltsanwärter verbindlichen Ausbildungsveranstaltungen gemäß den vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag erlassenen Richtlinien;

  [...]

 

III.2. Die gegenständliche Verwaltungssache wurde gemäß § 26 Abs. 2 RAO zunächst durch die Abteilung III des Ausschuss der Oö. Rechtsanwaltskammer erledigt. Die Abteilung III hat dabei für die belangte Behörde und nicht als selbständiges Organ der Rechtsanwaltskammer gehandelt (vgl. ErlRV 2357 BlgNR XXIV. GP 13). Gegen den von der Abteilung III des Ausschusses erlassenen Bescheid ergriff der Bf das in § 26 Abs. 5 RAO vorgesehene Rechtsmittel der Vorstellung an das Plenum des Ausschusses. Sowohl beim Bescheid der Abteilung III als auch beim (verfahrensgegenständlichen) Bescheid des Plenums handelt es sich um Erledigungen ein- und derselben Behörde, weshalb die Vorstellung kein aufsteigendes Rechtsmittel darstellt. Erst gegen die Entscheidung des Plenums des Ausschusses ist eine Beschwerde nach Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG zulässig (vgl. ErlRV 2357 BlgNR XXIV. GP 13).

 

Die Erlassung eines Bescheides durch eine Abteilung des Ausschusses setzt nach § 26 Abs. 2 RAO voraus, dass „dies ohne Durchführung eines Ermittlungs­verfahrens möglich ist“. Damit sind die Absätze 2 und 5 des § 26 RAO insofern mit § 57 AVG vergleichbar, als auch nach dieser Bestimmung gegen einen ohne vorangegangenem Ermittlungsverfahren erlassenen Bescheid („Mandat“) bei der bescheiderlassenden Behörde binnen zwei Wochen das remonstrative Rechtsmittel der Vorstellung (und keine Beschwerde an das Verwaltungsgericht) erhoben werden kann (zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer solchen Konstruktion vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungs­verfahrensrecht10
Rz. 518; Herbst, Das Verfahren der Verwaltungsgerichte, ZVR 2012/235, 435; Hengstschläger/Leeb, Verwaltungs­verfahrensrecht5 Rz. 1025; B. Raschauer, Auswirkungen der Reform auf die Verwaltung, in ÖJK [Hrsg.], Justizstaat: Chance oder Risiko 237).

 

Die Entscheidungsmöglichkeiten des Ausschusses aufgrund einer Vorstellung hat der Gesetzgeber nicht ausdrücklich normiert. Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Bescheid der Abteilung III bis zur Erlassung der ihn ersetzenden Entscheidung des Plenums weiterhin dem Rechtsbestand angehört (auch ein Mandat im Sinne des § 57 Abs. 1 AVG bleibt – sofern die Behörde binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einleitet – so lange aufrecht, bis der Vorstellungsbescheid an seine Stelle tritt, vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 57 Rz. 37 m.w.N.). Analog zu den Entscheidungsmöglichkeiten der Behörde im Falle einer Vorstellung nach § 57 Abs. 2 AVG ist weiters anzunehmen, dass das Plenum des Ausschusses aufgrund der Vorstellung über die Verwaltungssache bescheidmäßig neu zu entscheiden und dabei den Bescheid der Abteilung zu beheben, abzuändern oder zu bestätigen hat, wobei eine Bestätigung des Mandats auch durch eine „Abweisung“ der Vorstellung zum Ausdruck gebracht werden kann (vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz. 588). Durch die vollständige Abweisung der Vorstellung hat die belangte Behörde daher eine neuerliche Sachentscheidung getroffen, indem sie einen mit dem Bescheid der Abteilung III inhaltsgleichen Vorstellungsbescheid erlassen hat (vgl. in diesem Sinne zum Berufungsverfahren P, Der Umfang der Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde, RFG 2011/10, 40). Das verfahrenseinleitende Ansuchen des Bf wurde daher durch den angefochtenen Bescheid auf zulässige Weise einer inhaltlichen Erledigung zugeführt (gegenteilig allerdings VwG W 16.01.2015, VGW-162/076/32738/2014 [mit Zulassung der ordentlichen Revision]).

 

III.3. Nach § 3 RL-RAA ist der G Medizinrechts-Kongress 2013 als Ausbildungsveranstaltung anzuerkennen, wenn er den Kriterien des § 2 RL-RAA entspricht. Nachdem gemäß § 2 Abs. 1 RL-RAA der Bezug der in Frage stehenden Veranstaltung zu den Prüfungsgegenständen der Rechtsanwaltsprüfung (§§ 13, 20 RAPG) ein wesentliches Kriterium der Anrechenbarkeit darstellt, ist zunächst zu prüfen, ob die vom Bf besuchten Vorträge und Podiumsdiskussionen Materien behandelten, die sich in den Aufzählungen der §§ 13 und 20 RAPG wiederfinden:

 

Das Referat „Grenzen der Nebenbeschäftigungsverbote“ in der Dauer von ca. 1,25 Stunden von Univ.-Prof. R behandelte mögliche Einschränkungen der Erwerbstätigkeiten von Arbeitnehmern am Beispiel von gesetzlichen und vertraglichen Nebenbeschäftigungsverboten für Ärzte sowie damit im Zusammenhang stehende arbeitsrechtliche Fragen (etwa zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses). Damit wurden praxisrelevante arbeitsrechtliche Themen, denen generelle Bedeutung über die Ärzteschaft hinaus zukommt, erörtert, die sich fachlich dem Prüfungsgebiet „Arbeits- und Sozialrecht“ (§ 20 Z 1 RAPG) zuordnen lassen. Das Referat „Behandlungsvertrag bei minderjährigen Patienten“ in der Dauer von ca. 1,25 Stunden von Univ.-Prof. K widmete sich ausgewählten Fragen der Rechtsgeschäftslehre (insbesondere der Geschäftsfähigkeit) und erörterte diese im Zusammenhang mit der medizinischen Behandlung Minderjähriger. Dadurch vermittelte der Vortrag zumindest teilweise prüfungsrelevantes Wissen im Fachgebiet „Bürgerliches Recht“ (§ 20 Z 1 RAPG). Univ.-Prof. B erörterte in seinem Referat „Anwendbarkeit der Korruptions­bestimmungen auf Ärzte“ in der Dauer von 1,25 Stunden wesentliche Delikte des Korruptionsstrafrechts (Untreue, Bestechlichkeit, Vorteilsannahme, etc.) und damit im Zusammenhang stehende Rechtsfragen. Auch wenn dabei die strafrechtliche Haftung von Ärzten im Zentrum stand, werden Themen aus dem Prüfungsgebiet „Strafrecht“ (§ 20 Z 3 RAPG) behandelt, wobei das grundsätzliche Wissen über die behandelten Strafbestimmungen durchaus auch prüfungs­relevant sein könnte.

 

Eine Anrechnung der beiden Podiumsdiskussionen („Die Zukunft der Spitalsambulanzen“ sowie „Bürokratie in der Arztpraxis“) kommt dagegen nicht in Betracht, da ein ausreichender Zusammenhang dieser Themen mit den in den §§ 13, 20 RAPG genannten Fächern nicht erkennbar ist. Auch der Umstand, dass es sich um eine Podiumsdiskussion handelt, bei welcher allenfalls die Möglichkeit besteht, eine Position mündlich zu vertreten, ist nach Ansicht des erkennenden Gerichtes nicht ausreichend, um von einer Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten im Sinne des § 1 RAPG auszugehen.

 

Bei den beiden am 25. Mai 2013 gehaltenen Vorträgen („Wann kann der Kassenvertragsarzt eine Behandlung ablehnen?“ von Univ.-Prof. R und „Zum Kompetenzumfang der Turnusärzte in Lehrpraxen“ von Univ.-Prof. K) besteht zwar ein (geringfügiger) Bezug zu den Prüfungsfächern. So weist der Vortrag von Univ.-Prof. R etwa einen Bezug zum Sozialversicherungsrecht (§ 20 Z 1 RAPG) auf. Mit der zentralen Frage nach der Möglichkeit der Ablehnung der Behandlung von krankenversicherten Personen wird jedoch ein ärzterechtliches Spezial­problem erörtert und daher überwiegend kein für die Rechtsanwaltsprüfung relevanter Prüfungsstoff vermittelt. Auch der von Univ.-Prof. K gehaltene Vortrag, der sich „den berufsrechtlichen Besonderheiten beim Einsatz von Turnusärzten in Lehrpraxen niedergelassener Ärzte“ widmet, vermittelte zum überwiegenden Teil kein für die Rechtsanwaltsprüfung relevantes Wissen in einem der in den §§ 13, 20 RAPG genannten Fächer.

 

III.4. Zusammengefasst weisen damit Inhalte der Veranstaltung in einer Gesamtdauer von jedenfalls mehr als drei (aber weniger als sechs) Stunden den von § 2 RL-RAA geforderten Bezug zu den Prüfungsfächern der Rechtsanwalts­prüfung auf, wodurch die in § 2 Abs. 2 RL-RAA geforderte Mindestdauer von drei Stunden für die Anrechnung von zumindest einem Ausbildungshalbtag erreicht wäre. Alleine dadurch sind allerdings noch nicht alle in § 2 Abs. 1 RL-RAA vorgesehenen Bedingungen für eine Anrechnung erfüllt:

 

Die vom Bf besuchten Vorträge müssen nach § 3 i.V.m. § 2 Abs. 1 RL-RAA auch der Vorbereitung auf die Rechtsanwaltsprüfung und der Ausbildung zum Rechtsanwalt dienen bzw. haben sie die Fähigkeiten und Kenntnisse im Sinne der Erfordernisse des § 1 RAPG zu vermitteln. Schon der Wortlaut des § 2 Abs. 1 RL-RAA spricht dafür, dass für die Qualifikation einer Veranstaltung als „Ausbildungsveranstaltung“ der Umstand, dass sich die bei der Veranstaltung behandelten Themen den in den §§ 13, 20 RAPG aufgezählten Prüfungsfächern zuordnen lassen, alleine nicht ausreichend ist. Andernfalls wäre aufgrund der umfangreichen Aufzählung des § 20 RAPG nahezu jede Veranstaltung, in der juristische Fachthemen behandelt werden, anrechenbar, sofern sie eine Dauer von zumindest drei Stunden erreicht. Vielmehr kommt es auch darauf an, dass bei der in Frage stehenden Veranstaltung die für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse im Sinne des § 1 RAPG vermittelt werden, also insbesondere die Gewandtheit bei der Einleitung und Besorgung der einem Rechtsanwalt übertragenen öffentlichen und privaten Angelegenheiten sowie die Eignung zur Abfassung von Rechtsurkunden und Rechtsgutachten sowie zum geordneten schriftlichen und mündlichen Vortrag einer Sach- und Rechtslage. Damit entspricht die Ausbildungsrichtlinie auch den Vorgaben des Gesetzgebers des RAPG, der die Ausbildungsveranstaltungen in einen Zusammenhang mit der Rechtsanwaltsprüfung stellt, indem nach § 2
Abs. 2 RAPG die Teilnahme an den für Rechtsanwaltsanwärter verbindlich vorgesehenen Ausbildungsveranstaltungen Voraussetzung für die Ablegung der Rechtsanwaltsprüfung ist, welche wiederum die vorgenannten Fähigkeiten und Kenntnisse nachweisen soll.

 

Die gegenständlichen Vorträge können vor diesem Hintergrund daher nur dann als  Ausbildungsveranstaltungen anerkannt werden, wenn sie dazu beitragen, die im § 1 RAPG beschriebenen, für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln. Sie müssen folglich neben der rein abstrakten Vermittlung von Fachwissen auch die Umsetzung des theoretischen Wissens in die praktische Anwendung durch den Rechtsanwalt(sanwärter) erleichtern bzw. die Behandlung von Rechtsfragen in einen Zusammenhang mit den anwaltlichen Berufsaufgaben stellen, wie der anwaltlichen Beratung, der Vertragsverfassung oder der Prozessführung (vgl. dazu Zitta, Konzept eines Ausbildungsprogrammes für die österreichischen Rechtsanwaltsanwärter, AnwBl 1986, 516). An dieser Voraussetzung für die Anerkennung mangelt es bei den Vorträgen bzw. Podiumsdiskussionen des G Medizinrechts-Kongresses 2013, was in Anbetracht der Zielgruppe dieser Fachtagung (neben JuristInnen waren das unter anderem etwa ÄrztInnen oder ApotherInnen) auch konsequent erscheint. Die gegenständliche  Fachtagung vermittelte in den genannten Materien Fachwissen auch für ein „nichtanwaltliches“ Publikum bzw. auch für „Nichtjuristen“. Eine spezielle Darbietung der Inhalte im Hinblick auf die beruflichen Aufgaben eines Rechtsanwaltes erfolgte grundsätzlich nicht, sodass nach Ansicht des erken­nenden Landesverwaltungsgerichtes der belangten Behörde nicht entgegen­getreten werden kann, wenn sie eine Anerkennung der verfahrensgegen­ständlichen Veranstaltung als Ausbildungsveranstaltung ablehnt.

 

Das Vorbringen des Bf betreffend die Fortbildungsveranstaltungen der AWAK vermag an obiger Beurteilung nichts ändern. Sollte es in diesem Zusammenhang zur Anerkennung von Veranstaltungen kommen, obwohl die für eine Anerkennung erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind, so wäre allenfalls die Anerkennung dieser Veranstaltungen nicht rechtsrichtig. Ein Recht des Bf auf die Anerkennung der verfahrensgegenständlichen Veranstaltung ließe sich daraus jedenfalls nicht ableiten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV. Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren Rechtsfragen zu lösen waren, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zum einen liegt – soweit ersichtlich – keine Judikatur des VwGH zu der Frage vor, ob Veranstaltungen, die zwar in einer Dauer von über drei Stunden prüfungsrelevante juristische Themen behandeln, bei denen aber keine Darbietung im Hinblick auf die beruflichen Aufgaben eines Rechtsanwaltes erfolgt, als Ausbildungsveranstaltungen gemäß der RL-RAA anzuerkennen sind. Darüber hinaus stellt sich in Bezug auf § 26 RAO die in der Rechtsprechung des VwGH noch nicht geklärte Frage nach der Zulässigkeit der „Abweisung“ einer Vorstellung durch das Plenum des Ausschusses einer Rechtsanwaltskammer (vgl. dazu Punkt III.2.).

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Wiesinger

Beachte:

Die Revision wurde als unbegründet abgewiesen.

VwGH vom 27. Jänner 2016, Zl.: Ro 2015/03/0044-5