LVwG-700094/7/MZ

Linz, 02.09.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des M. M., geb x, vertreten durch W. R.-R. . W. Rechtsanwälte Partnerschaft, xgasse 14, W., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 15.4.2015, GZ Sich96-110-2014, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem Meldegesetz

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II. Gemäß § 52 Abs 9 VwGVG entfällt für den Beschwerdeführer die Verpflichtung zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages für das verwaltungsgerichtliche Verfahren.

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 15.4.2015, GZ Sich96-110-2014, wurde dem Beschwerdeführer (in Folge: Bf) vorgeworfen, er habe zumindest seit dem 18.6.2014 in H. a. H., x 2, mit Hauptwohnsitz Unterkunft genommen und es zumindest bis zum 8.9.2014 unterlassen, sich beim Meldeamt der Marktgemeinde H. a. H. polizeilich anzumelden, obwohl, wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, sich innerhalb von drei Tagen bei der Meldebehörde anzumelden hat.

 

Der Bf habe dadurch § 22 Abs 1 Z 1 MeldeG verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 100,- EUR, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 50 Stunden, verhängt wurde.

 

Ihre Entscheidung begründet die belangte Behörde im Wesentlichen damit, der Bf sei bereits wegen der nunmehr wiederum angelasteten Übertretung bestraft worden und habe, da er mehrfach von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in H. a. H. und Umgebung betreten worden sei, offenkundig nach wie vor seinen Hauptwohnsitz am Tatort.

 

II. Gegen das genannte Straferkenntnis erhob der Bf rechtzeitig das Rechtmittel der Beschwerde.

 

Diese begründet der Bf verkürzt damit, er habe seinen Hauptwohnsitz seit Jahren in der xgasse in W. und sei dort aufgrund von Streitigkeiten mit dem Vermieter nicht gemeldet. In H. a H. halt er sich gelegentlich auf, um sein dort bei der Kindsmutter lebendes minderjähriges Kind zu sehen.

 

III.a) Die belangte Behörde hat die Beschwerde, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm §§ 3 und 40 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt und in den Beschwerdeschriftsatz. Zudem wurde die Polizei beauftragt, Ermittlungen im Hinblick auf das Vorbringen des Bf, er wohne in der xgasse in W., vorzunehmen. Gemäß § 44 Abs 2 VwGVG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung trotz entsprechenden Antrages des Bf angesichts der Tatsache, dass bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, unterbleiben.

 

c.1) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bf war von 11.12.1998 bis 4.8.2010 mit Hauptwohnsitz in der xgasse 20/9, W., gemeldet. Auch derzeit dürfte sich sein Hauptwohnsitz dort befinden.

 

Wo sich der Hauptwohnsitz des Bf im Zeitraum vom 18.6.2015 bis 8.9.2015 befand, kann nicht festgestellt werden.

 

Der Bf wurde bereits mehrfach wegen Übertretungen des § 22 Abs 1 MeldeG rechtskräftig bestraft.

 

c.2) Der in vorigem Punkt dargestellte Sachverhalt ergibt sich, insofern strittig, aufgrund folgender Überlegungen:

 

Es ist unbestritten, dass der Bf über viele Jahre hinweg in der xgasse in W. mit Hauptwohnsitz gemeldet war und es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass er in diesem Zeitraum seinen Hauptwohnsitz nicht an der genannten Adresse gehabt hätte. Es ist auch unstrittig, dass der Bf im Tatzeitraum nicht an der genannten Adresse gemeldet war.

 

Nun wurde der Bf zwar, wie von den dieses Verfahren auslösenden Meldungslegern angezeigt, im Tatzeitraum bzw auch zuvor immer wieder in H. i. H. bzw in dessen Umgebung von Organen der öffentlichen Aufsicht betreten. Der Bf gab jedoch – soweit ersichtlich – zu jeder Zeit an, seinen Hauptwohnsitz in W. zu haben und lediglich aufgrund von Streitigkeiten mit seinem Vermieter nicht dort gemeldet zu sein. In H. a. H. halte er sich lediglich immer wieder auf, da dort ein minderjähriges Kind von ihm bei der Kindesmutter lebe.

 

Vor diesem Hintergrund beauftragte das erkennende Gericht die LPD W. Ermittlungen dahingehend zu nehmen, ob der Bf an der W. Adresse regelmäßig aufhältig ist und die derzeit dort ihre Unterkunft habende Person sowie allfällig Nachbarn und Vermieter zu befragen. Nach Abschluss der Ermittlungen teilte die LPD W. mit, dass der Bf in der xgasse wohnhaft, aufhältig und postalisch erreichbar sei. Zudem geht aus Ermittlungen der PI H. a H. hervor, dass der Bf bei täglich zumindest zweimaligen Überprüfungen im Zeitraum von 17.8.2015 bis zum 25.8.2015 lediglich ein Mal in ihrem örtlichen Wirkungsbereich angetroffen werden konnte.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich verkennt nicht, dass die derzeitige offenkundige Aufhältig- und Erreichbarkeit des Bf in W. bzw seine überwiegende Abwesenheit in H. a. H. nicht zwingend Rückschlüsse auf seinen Hauptwohnsitz im Tatzeitraum zulässt. Da der Bf jedoch über viele Jahre hinweg (konkret: von 11.12.1998 bis 4.8.2010) mit Hauptwohnsitz in der xgasse gemeldet war und auch jetzt dort aufhältig und erreichbar ist, spricht vieles dafür, dass er seinen dortigen Wohnsitz zu keiner Zeit aufgegeben hat. Für ein solches Ergebnis spricht auch, dass der Bf sich von Anfang an damit verantwortet hat, seinen Wohnsitz in W. zu haben und „lediglich“ dort nicht gemeldet zu sein, wodurch er die ihm von der belangten Behörde angelastete Tat an einem anderen Tatort zugesteht.

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

a) Die einschlägigen Bestimmungen des Meldegesetzes – MeldeG, BGBl 1992/9 in der im Tatzeitraum geltenden Fassung, lautet:

 

„Unterkunft in Wohnungen; Anmeldung

§ 3. (1) Wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, ist innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden.

(2) …

 

Strafbestimmungen

§ 22. (1) Wer

1. die ihn treffende Meldepflicht nach den §§ 3, 4, 5 oder 6 nicht erfüllt oder

2. eine Anmeldung vornimmt, obwohl keine Unterkunftnahme erfolgt ist oder

3. eine Abmeldung vornimmt, obwohl die Unterkunft nicht aufgegeben werden soll oder

4. bei einer An-, Ab- oder Ummeldung unrichtige Identitätsdaten (§ 1 Abs. 5) angibt oder

5. als Inhaber eines Beherbergungsbetriebes oder als dessen Beauftragter Gästeblätter unvollständig ausfüllt (§ 7 Abs. 5), gegen die Vorschriften des § 10 Abs. 1 oder 6 über die Führung der Gästeblattsammlung verstößt oder der Meldebehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes trotz Verlangens nicht Einsicht in die Gästeblattsammlung gewährt oder

6. als Meldepflichtiger gegen seine Verpflichtung nach § 12 Abs. 1 verstößt oder

7. als Unterkunftgeber gegen seine Verpflichtung nach § 12 Abs. 2 verstößt oder

8. gegen § 16a Abs. 5a verstößt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 2 180 Euro, zu bestrafen. In Fällen der Z 8 kann neben der Verhängung einer Geldstrafe auch über den Entzug der Abfrageberechtigung gemäß § 16a Abs. 5 für die Dauer von höchstens sechs Monaten erkannt werden, wenn dies erforderlich erscheint, um den Betroffenen von weiteren gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

(2) …“

 

b) Gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet. In durch § 38 VwGVG angeordneter sinngemäßer Anwendung der erstgenannten Bestimmung gilt gleiches für das Verwaltungsgericht.

 

§ 3 MeldeG wohnt die Verpflichtung inne, dass, wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, sich innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden hat. Aufgrund der unter III.c.2) im Rahmen der freien Beweiswürdigung dargestellten Überlegungen kann jedoch nicht mit der für im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit von der Täterschaft (Lenkereigenschaft) des Bf, dh nicht davon ausgegangen werden, dass dieser im Tatzeitraum tatsächlich in H. a H.mit Hauptwohnsitz Unterkunft genommen hat, weshalb der Beschwerde stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren in Anwendung des Zweifelsgrundsatzes "in dubio pro reo" gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG einzustellen ist.

 

c) Aufgrund der Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 52 Abs 9 VwGVG die Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da die gegenständliche Entscheidung keine Rechts- sondern lediglich Sachverhaltsfragen aufwirft und diese in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren gelöst wurden.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Dr.  Markus  Z e i n h o f e r