LVwG-400112/2/HW LVwG-400113/2/HW

Linz, 23.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Harald Wiesinger über die Beschwerden von Mag. Dr. G.P., geb. x, x, x, gegen die Straferkenntnisse des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz, jeweils vom 19. Juni 2015, GZ: 933/10-1398822 und 933/10-1396962

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird den Beschwerden stattgegeben, die angefochtenen Straferkenntnisse werden behoben und es werden die Strafverfahren einge­stellt.

 

II.         Bei diesem Ergebnis hat der Beschwerdeführer weder einen Beitrag zu den Kosten der Verwaltungsstrafverfahren noch der Beschwerdeverfahren zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig. Für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit den angefochtenen Straferkenntnissen jeweils vom 19. Juni 2015, GZ: 933/10-1398822 und 933/10-1396962, hat der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde) dem Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) vorgeworfen, dass er das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen x jeweils zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort in Linz in einem Parkverbot innerhalb einer gebühren­pflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt habe. Der Bf sei damit der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen.

 

Der Bf habe dadurch jeweils Verwaltungsübertretungen nach §§ 2 Abs 1 und 6 Abs 1 lit a des Oö. Parkgebührengesetzes iVm der Parkgebührenverordnung der Stadt Linz 1989 begangen, weshalb über ihn jeweils Geldstrafen in Höhe von
30 Euro (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 27 Stunden) gemäß § 6 Abs 1 lit a Oö. Parkge­bührengesetz verhängt wurden. Weiters wurde er zur Zahlung von Verfahrens­kostenbeiträgen in Höhe von je 10,00 Euro verpflichtet.

 

Begründend führte die belangte Behörde in beiden Fällen unter anderem aus, dass der Bf das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen x innerhalb der gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt habe, ohne die Parkgebühr zu entrichten. Die flächendeckende Kurzparkzone würde durch weitergehende Verkehrsbeschränkungen wie Halte- und Parkverbote nicht „unterbrochen“ bzw dränge eine derartige Verbotsverordnung mit einem kleineren, innerhalb einer Kurzparkzone liegenden räumlichen Anwendungs­bereich die Zonenverordnung als lex specialis nicht zurück. Diese Rechtsprechung des VwGH sei durch die Erkenntnisse 2002/17/0350 und 2003/17/0110 bestätigt worden. Wer halte oder parke, sei, gleichgültig ob gleichzeitig auch eine Übertretung der StVO vorliege, wegen Hinterziehung oder Verkürzung der Abgabe zu bestrafen.  

 

I.2. Mit Eingabe vom 13. Juli 2015 erklärte der Bf gegen beide Straferkenntnisse das Rechtsmittel der Beschwerde zu erheben. Begründend brachte der Bf unter anderem vor, dass seine Angaben richtig und durch das Ermittlungsverfahren nicht widerlegt worden seien. Angesichts der ausdrücklichen Bezeichnung der Eingabe als Beschwerde und unter Berücksichtigung der früheren Eingaben des Bf in diesen Verfahren ist davon auszugehen, dass der Bf (auch wenn kein ausdrückliches dahingehendes Begehren in der Eingabe vom 13. Juli 2015 enthalten ist) mit der Beschwerde vom 13. Juli 2015 (zumindest auch) eine Aufhebung der angefochtenen Straferkenntnisse begehrt.

 

I.3. Mit Schreiben vom 16. Juli 2015 legte die belangte Behörde die Beschwerden samt den bezughabenden Verwaltungsakten dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Eine Beschwerde-vorentscheidung wurde nicht erlassen. Die belangte Behörde wies in ihren Vorlageschreiben auf die Aktenlage und Begründung der angefochtenen Bescheide sowie auf die Entscheidung LVwG-400057/2/MZ/Bb/TK hin.

 

I.4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die gegenständlichen Verfahrensakten. Bereits aus den Verfahrensakten ergibt sich, dass die gegenständlichen Straferkenntnisse zu beheben sind, sodass gemäß § 44 Abs 2 VwGVG auf eine Verhandlung verzichtet werden konnte. Zudem konnte gemäß § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da in den angefochtenen Bescheiden keine 500 Euro übersteigende Strafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

 

I.5. Es steht folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest:

 

Der Bf wird in den angefochtenen Straferkenntnissen bestraft, weil er das KFZ mit dem Kennzeichen x am 23.06.2014 von 16:09 bis 16:52 Uhr in L., x vor 1, und am 20.03.2014 von 15:52 bis 16:14 Uhr in L., x vor 7, jeweils in einem Parkverbot innerhalb der gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt habe. Die Abstellorte befinden sich innerhalb der gebührenpflichtigen Kurzparkzone der Stadt Linz und es war für diese Abstellorte zu den angegeben Zeiten ein Parkverbot verordnet und entsprechend kund­gemacht.

 

II. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den vorgelegten Verwaltungsakten.

 

III. Gemäß § 25 Abs 1 StVO kann die Behörde durch Verordnung für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes das Parken zeitlich beschränken (Kurzparkzone), wenn und insoweit es zu bestimmten Zeiten aus ortsbedingten Gründen (auch im Interesse der Wohnbevölkerung) oder zur Erleichterung der Verkehrslage erforderlich ist. Die Kurzparkdauer darf nicht weniger als 30 Minuten und nicht mehr als 3 Stunden betragen.

 

Gemäß § 1 Abs 1 des Oö. Parkgebührengesetzes werden die Gemeinden nach Maßgabe dieses Gesetzes ermächtigt, durch Beschluss des Gemeinderates eine Abgabe (Parkgebühr) für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl Nr 159, in der jeweils geltenden Fassung – StVO 1960) für die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer auszuschreiben.

 

Gemäß § 1 Abs 1 der Parkgebührenverordnung des Gemeinderats der Landes­hauptstadt Linz vom 11. Mai 1989 in der für die Tatzeiträume relevanten Fassung 2009/19 wird für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in als gebührenpflichtig gekennzeichneten Kurzparkzonen (§ 25 der Straßenverkehrs­ordnung 1960) für die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer eine Parkgebühr ausgeschrieben.

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1. Wie unter I.5. festgestellt, befinden sich die gegenständlichen Tatorte in Bereichen innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, in denen in den vorgeworfenen Tatzeiträumen jeweils ein Parkverbot in Geltung war.

 

§ 25 Abs 1 StVO ermächtigt die Behörde, für bestimmte Verkehrsflächen durch Verordnung das Parken zeitlich zu beschränken. Bereits aus dieser Formulierung ist abzuleiten, dass sich Kurzparkzonen nur auf solche Verkehrsflächen beziehen können, auf denen das Parken grundsätzlich erlaubt ist. Für Verkehrsflächen, auf denen das Parken zur Gänze verboten – also auch für eine noch so kurze Zeit gar nicht erlaubt - ist, kommt eine zeitliche Beschränkung dieses von Anfang an verbotenen Parkens nicht in Betracht.

 

Bezugnehmend auf § 25 StVO wird die Gemeinde in § 1 Abs 1 des Oö. Park­gebührengesetzes bzw in § 1 Abs 1 der Parkgebührenverordnung der Landes­hauptstadt Linz ermächtigt, eine Parkgebühr für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen für die nach den straßenpolizeilichen Vor­schriften zulässige Parkdauer auszuschreiben. Bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmungen ergibt sich, dass die Anordnung einer Parkgebühr nur für die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer möglich ist. Wenn aufgrund straßenpolizeilicher Vorschriften das Parken überhaupt nicht zulässig ist (zB wegen eines gesetzlichen oder auch verordneten Parkverbotes), dann darf nach dieser Bestimmung für das Parken in diesem Bereich auch keine Parkgebühr festgesetzt werden.

 

Die in der Rechtswissenschaft sowie in der Judikatur kontrovers diskutierte Frage, ob der Landesgesetzgeber wegen des Abgabenfindungsrechtes der Länder eine Ermächtigung zum Vorschreiben einer Parkgebühr auch für Verkehrsflächen erteilen darf, auf welchen das Parken verboten ist (siehe dazu die Entscheidung des VwGH vom 27.04.1995, 92/17/0300 sowie die darin angeführte kritische Literatur), stellt sich im gegenständlichen Fall somit gar nicht.

Der Oö. Landesgesetzgeber hat die Gemeinden nämlich nur dazu ermächtigt, eine Parkgebühr für die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer festzusetzen. Für ein nach den straßenpolizeilichen Vorschriften unzu­lässiges Parken besteht keine Ermächtigung zur Einhebung einer Parkgebühr. Die Parkgebührenverordnung der Landeshauptstadt Linz überschreitet diese Verordnungsermächtigung nicht und setzt daher konsequenterweise für das nach den straßenpolizeilichen Vorschriften unzulässige Parken keine Parkgebühr fest (vgl. § 1 Abs 1 der Parkgebührenverordnung).

 

Hinsichtlich der Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zu 92/17/0300, 2002/17/0350 und 2003/17/0110 ist auszuführen, dass sich diese auf Sachverhalte beziehen, die die Wiener Parkometerabgabe und das Steiermärkische Parkgebührengesetz betrafen. Diese Bestimmungen beinhalten – anders als das Oö. Parkgebührengesetz – keine Einschränkung der Ermächtigung auf die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer.

In seinem Erkenntnis vom 24. Jänner 2000, 97/17/0331, hielt der Verwaltungs­gerichtshof betreffend das Salzburger Parkgebührengesetz, das der Regelung in Wien vergleichbar ist, fest, dass „aus abgabenrechtlicher Sicht eine Gebührenpflicht für Halte- und Parkverbotszonen innerhalb gebührenpflichtiger Kurz­parkzonen bestehen kann. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass dies generell der Fall ist. Vielmehr ist auf die einzelnen zu Grunde zu legenden Rechtsvorschriften abzustellen.

 

Aufgrund des Umstands, dass nach dem Oö. Parkgebührengesetz (und der Linzer Parkgebührenverordnung) für ein nach den straßenpolizeilichen Vorschriften unzulässiges Parken keine Ermächtigung zur Einhebung einer Parkgebühr besteht, ist die zitierte Judikatur für oberösterreichische Sachverhalte nicht heranzuziehen.

 

IV.2. Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 erster Fall VStG ist die Einstellung eines Strafverfahrens zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

Dem Bf wurde in den angefochtenen Straferkenntnissen vorgeworfen, er sei der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen.

Die Landeshauptstadt Linz hat aber nur für die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer Abgaben für das Abstellen von mehrspurigen KFZ in Kurzparkzonen festgesetzt.

Da an den verfahrensgegenständlichen Tatorten in den Tatzeiträumen das Parken aufgrund des verordneten Parkverbotes unzulässig war, konnte eine Gebührenpflicht für eine zulässige Parkdauer an den verfahrensgegenständlichen Tatorten nicht ent­stehen (vgl. bereits die Entscheidungen des Landesverwaltungsgerichtes in den Verfahren LVwG-400056/3/FP/PP und LVwG-400099/5/FP jeweils mwN; in der Entscheidung LVwG-400057/2/MZ/Bb/TK wurde diese Problematik nicht behandelt).

 

V. Dem Bf wurde vorgeworfen, am 23.06.2014 von 16:09 bis 16:52 Uhr und am 20.03.2014 von 15:52 bis 16:14 Uhr in Bereichen, in denen hinsichtlich der Tatzeiträume jeweils ein Parkverbot verordnet war, ein Fahrzeug abgestellt zu haben. Für diese Fälle schreibt – wie oben dargelegt – die Parkgebührenverordnung der Landeshauptstadt Linz keine Parkgebühr vor, weshalb der Bf jene Verwaltungsübertretungen, welche ihm vorgeworfen wurden, nicht begangen haben kann. Im Ergebnis war daher den Beschwerden stattzugeben, ferner waren die Verfahren wegen der Übertretungen des Oö. Parkgebührengesetz einzustellen.

 

VI. Zulässigkeit der Revision:

Die ordentliche Revision ist im Hinblick auf die belangte Behörde zulässig: Es existiert keinerlei Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zum Oö. Parkgebührengesetz, die die in den gegenständlichen Verfahren zu behandelnden Rechtsfrage zum Inhalt hatte. Die Judikatur hinsichtlich vergleich­barer Normen anderer Bundesländer ist auf den gegenständlichen Fall angesichts der im Erkenntnis dargelegten Besonderheiten des Oö. Parkgebührengesetzes nicht anwendbar. 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von
240 Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde bzw der revisionslegitimierten Formalpartei die ordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Dr. Wiesinger