LVwG-650416/6/MZ

Linz, 03.08.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des J T, geb x 1940, vertreten durch W Rechtsanwälte GmbH, der gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 5.5.2015, VerkR21-340-2014/SD, betreffend Entzug der Lenkberechtigung

zu Recht    e r k a n n t :

I.         Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als dem Beschwerdeführer mangels gesundheitlicher Eignung die ihm durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding am 22.10.1968 zur Zahl VerkRF/6550/1958+1, für die Klassen A (AM, A1, A2), B und F erteilte Lenkberechtigung ab 7.5.2015 bis zur Wiedererlangung der gesundheitlichen Eignung entzogen wird.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 5.5.2015, VerkR21-340-2014/SD, wurde dem Antragsteller die am 22.10.1968 unter der Zahl VerkRF/6550/1958+1, erteilte Lenkberechtigung für die Klassen A (AM, A1, A2), B und F wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung bis zum Nachweis der gesundheitlichen Eignung durch ein schlüssiges amtsärztliches Gutachten entzogen.

 

II. Mit Schreiben vom 5.6.2015 erhob der Bf rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde.

 

III. a) Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsaktes, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und im Übrigen auch kein entsprechender Antrag gestellt wurde, konnte gemäß § 24 Abs 3 und Abs 4 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Das dem Entfall der Verhandlung Art 6 EMRK oder Art 47 der EU-Charta der Grundrechte entgegenstünde, vermag nicht erkannt zu werden.

 

c.1) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem, unstrittigem Sachverhalt aus:

 

Der Antragsteller verursachte im Jahr 2013, indem er mit seinem KFZ auf die Gegenfahrbahn gekommen war, einen Verkehrsunfall und beging Fahrerflucht.

 

Am 1.7.2014 erstattete eine Verkehrsteilnehmerin Anzeige betreffend einer unsicheren sowie gefährdenden Fahrweise des Antragstellers, wobei sich die Beobachtungen der Anzeigenden auch für die den Antragsteller in Folge anhaltenden Beamten bestätigten. Im Zuge der Amtshandlung missachtete der Antragsteller die Anhaltezeichen der mit Blaulicht einschreitenden Polizisten und stoppte sein KFZ erst nach mehrmaliger Aufforderung. Er begründete sein diesbezügliches Verhalten damit, die Anhaltezeichen nicht wahrgenommen zu haben.

 

In Folge kam es am 22.7.2014 zu einer amtsärztlichen Untersuchung und am 4.8.2014 unter Beisein des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Schärding zu einer Beobachtungsfahrt. Im Gutachten vom 4.8.2014 stellte der Amtsarzt eine allgemeine Verlangsamung des Antragstellers fest, welche in drei Jahren erneut überprüft werden sollte. Derzeit kompensiere der Antragsteller seine Mängel jedoch noch ausreichend. Angemerkt werde, dass bei neuerlichen Auffälligkeiten um sofortige amtsärztliche Überprüfung ersucht werde.

 

Am 14.11.2014 erfolgte eine Gutachtensergänzung da der Antragsteller, wie zwischenzeitig bekannt geworden sei, am Weg zur und von der Beobachtungsfahrt am 4.8.2014 auf dem Parkplatz der Fahrschule jeweils den Randstein angefahren habe. In Zusammenschau mit der Beobachtungsfahrt leitete der Amtsarzt nunmehr daraus ab, dass der Antragsteller sein Fahrzeug nicht mehr richtig beherrsche und somit auch nicht mehr in der Lage sei, seine gesundheitlichen Mängel ausreichend zu kompensieren.

 

In Folge vereinbarte die Bezirkshauptmannschaft Schärding mit dem Antragsteller, er habe aufgrund seiner Demenzerkrankung eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von KFZ sowie, im Falle einer positiven Stellungnahme, eine positive VPU beizubringen.

 

Mit Schreiben vom 2.2.2015 teilte Frau Dr. B-L, Fachärztin für Psychiatrie, der Behörde mit, dass beim Antragsteller eine leichte Demenz vorliege und der Verdacht auf Minderung der im Kraftverkehr spezifischen Leistungsfähigkeit vorliege, jedoch nicht ausreichend beurteilt werden könne. Der Antragsteller habe sich zu einer VPU bereiterklärt; im Anschluss sei eine neuerliche Vorstellung für eine Stellungnahme möglich.

 

Am 6.3.2015 erfolgte eine verkehrspsychologische Leistungsbegutachtung des Antragstellers. Der verkehrspsychologischen Stellungnahme ist zu entnehmen, dass die erhobenen kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen Defizite in allen Bereichen aufweisen, bei zwei Verfahren wurde der Test entweder abgebrochen oder konnte, da der Antragsteller die Computermaus nicht habe bedienen können, nicht vorgegeben werden. Die testmäßig erhobene abstrakt-logische Intelligenz sei ebenfalls nicht ausreichend gegeben. Der Antragsteller sei derzeit aus verkehrspsychologischer Sicht daher nicht zum Lenken von KFZ der Gruppe 1 geeignet.

 

Die Fachärztin für Psychiatrie sah in Folge aufgrund des Ergebnisses der VPU von einer weiteren Stellungnahme ab.

 

Mit Gutachten vom 22.4.2015 stellte der Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Schärding fest, dass die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit des Antragstellers, wie aus der VPU hervorgehe, nicht ausreichend sei, und der Antragsteller sowohl aus verkehrspsychologischer als auch aus amtsärztlicher Sicht nicht mehr geeignet zum Lenken von KFZ sei, wobei die Nichteignung als dauernd zu betrachten sei.

 

In Folge erging der og Bescheid.

 

Dem Bf wurde mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 22.6.2015 die Möglichkeit eingeräumt, bis zum 31.7.2015 (Einlangen beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich) eine aktuelle verkehrspsychologische Stellungnahme betreffend seine ausreichende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse 1 vorzulegen. Bis dato hat der Bf von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht.

 

c.2) Der Antragsteller bringt in seiner Beschwerde vor, dass er seit dem Jahr 1969 jährlich 15.000 km mit seinem Fahrzeug zurücklege und im Jahr 2013 erstmalig an einem Unfall beteiligt gewesen sei. Bereits dies stelle einen schlüssigen Nachweis für seine Verkehrstauglichkeit dar. Eine solche habe auch der Amtsarzt nach Durchführung der Beobachtungsfahrt vertreten, jedoch in Folge ohne schlüssige Begründung seine Auffassung revidiert.

 

Auch die eingeholte VPU sei kein ausreichender Nachweis für die mangelnde gesundheitliche Eignung, da er bereits 75 Jahre alt sei und im Umgang mit dem technischen Medium Computer keinerlei Erfahrung habe. Das Ergebnis der VPU sei insb deshalb negativ, weil er die Computermaus nicht habe bedienen können. Daraus könne jedoch eine gesundheitliche Nichteignung zum Lenken von KFZ nicht abgeleitet werden.

 

Schließlich habe es die Behörde unterlassen, eine Stellungnahme eines Neuropsychiaters einzuholen, welchem die Beurteilung von Demenzerkrankungen obliege.

 

IV. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des FSG lauten idgF auszugsweise:

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die: ...

3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),...

 

Gesundheitliche Eignung

§ 8. (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Gruppe(n) von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

(2) Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.

(3) Das ärztliche Gutachten hat abschließend auszusprechen:

„geeignet”, „bedingt geeignet”, „beschränkt geeignet” oder „nicht geeignet”. Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund

...

4.  zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nicht geeignet, so hat das Gutachten „nicht geeignet” für die entsprechenden Klassen zu lauten.

(6) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat nach den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit, dem jeweiligen Stand der medizinischen und psychologischen Wissenschaft und der Technik entsprechend, durch Verordnung die näheren Bestimmungen festzusetzen über:

1.  die ärztliche Untersuchung und die Erstellung des ärztlichen Gutachtens (Abs. 1 und 2); hiebei ist auch festzusetzen, unter welchen Auflagen oder Beschränkungen Personen, bei denen bestimmte gesundheitliche Beeinträchtigungen vorliegen, als zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet zu gelten haben (Abs. 3 Z 2 und 3);

 Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder …

(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. …

(4) Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. …

 

Dauer der Entziehung

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. …

(2) Bei einer Entziehung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ist die Dauer der Entziehung auf Grund des gemäß § 24 Abs. 4 eingeholten Gutachtens für die Dauer der Nichteignung festzusetzen.“

 

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen der FSG-GV idgF lauten wie folgt:

„Allgemeine Bestimmungen über die gesundheitliche Eignung zum

Lenken von Kraftfahrzeugen

§ 3. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,  

2. die nötige Körpergröße besitzt,  

3.  ausreichend frei von Behinderungen ist und

4.  aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen. Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs. 1 oder 2 FSG vorzulegen.

Gesundheit

§ 5. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund gilt eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:

1. schwere Allgemeinerkrankungen oder schwere lokale Erkrankungen, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,

2. organische Erkrankungen des zentralen oder peripheren Nervensystems, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,

3. Erkrankungen, bei denen es zu unvorhersehbaren Bewusstseinsstörungen oder -trübungen kommt,

4. schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:

a) Alkoholabhängigkeit oder

b) andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,

5.  Augenerkrankungen, die das Sehvermögen beeinträchtigen.

(2) Wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung zur Feststellung der Gesundheit gemäß Abs. 1 Z 1 ein krankhafter Zustand ergibt, der die Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, ist gegebenenfalls eine fachärztliche Stellungnahme einzuholen; bei Erkrankungen gemäß Abs. 1 Z 2, 3 und 4 ist eine entsprechende fachärztliche Stellungnahme einzuholen, die die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitzubeurteilen hat. Bei Erkrankungen gemäß Abs. 1 Z 4 lit. a und b ist zusätzlich eine verkehrspsychologische Stellungnahme einzuholen.

 

Psychische Krankheiten und Behinderungen

§ 13. (1) Als ausreichend frei von psychischen Krankheiten im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 1 gelten Personen, bei denen keine Erscheinungsformen von solchen Krankheiten vorliegen, die eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens erwarten lassen. Wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung der Verdacht einer psychischen Erkrankung ergibt, der die psychische Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, ist eine psychiatrische fachärztliche Stellungnahme beizubringen, die die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitbeurteilt.

(2) Personen, bei denen

1. eine angeborene oder infolge von Krankheiten, Verletzungen oder neurochirurgischen Eingriffen erworbene schwere psychische Störung,

2. eine erhebliche geistige Behinderung,

3. ein schwerwiegender pathologischer Alterungsprozeß oder

4. eine schwere persönlichkeitsbedingte Störung des Urteilsvermögens, des Verhaltens und der Anpassung

besteht, darf eine Lenkberechtigung nur dann erteilt oder belassen werden, wenn das ärztliche Gutachten auf Grund einer psychiatrischen fachärztlichen Stellungnahme, in der die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitbeurteilt wird, die Eignung bestätigt.

 

Alkohol, Sucht- und Arzneimittel

§ 14. (1) Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, daß sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, darf, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

(2) Lenker von Kraftfahrzeugen, bei denen ein Alkoholgehalt des Blutes von 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Atemluft von 0,8 mg/l oder mehr festgestellt wurde, haben ihre psychologische Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische Stellungnahme nachzuweisen.

(3) Personen, die ohne abhängig zu sein, in einem durch Sucht- oder Arzneimittel beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt haben, darf eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden, es sei denn, sie haben ihre Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische und eine fachärztliche Stellungnahme nachgewiesen.

(4) Personen, die aus medizinischen Gründen Sucht- oder Arzneimittel erhalten, die geeignet sind, die Fahrtauglichkeit zu beeinträchtigen, darf nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme eine Lenkberechtigung erteilt oder belassen werden.

(5) Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Mißbrauch begangen haben, ist nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

Verkehrspsychologische Untersuchung

§ 18. (1) Die Überprüfung der einzelnen Merkmale ist nach dem jeweiligen Stand der verkehrspsychologischen Wissenschaft mit entsprechenden Verfahren vorzunehmen. Die Relevanz dieser Verfahren für das Verkehrsverhalten muß durch Validierungsstudien wissenschaftlich nachgewiesen werden.

(2) Für die Überprüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit sind insbesondere folgende Fähigkeiten zu überprüfen:

1. Beobachtungsfähigkeit sowie Überblicksgewinnung,

2. Reaktionsverhalten, insbesondere die Geschwindigkeit und Sicherheit der Entscheidung und Reaktion sowie die Belastbarkeit des Reaktionsverhaltens,

3. Konzentrationsvermögen,

4. Sensomotorik und

5. Intelligenz und Erinnerungsvermögen.

(3) Für die Erfassung der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist insbesondere das soziale Verantwortungsbewußtsein, die Selbstkontrolle, die psychische Stabilität und die Risikobereitschaft des zu Untersuchenden zu untersuchen sowie zu prüfen, ob eine Tendenz zu aggressiver Interaktion im Straßenverkehr besteht und ob sein Bezug zum Autofahren kritisch von der Norm abweicht. Zur Überprüfung der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist neben einem verkehrsbezogenen Persönlichkeitstest auch ein ausführliches Explorationsgespräch durchzuführen. Dieses darf nur von einem gemäß § 20 für Verkehrspsychologie qualifizierten Psychologen geführt werden oder, unter seiner Verantwortung und in seinem Beisein, von einem in Ausbildung zum Verkehrspsychologen befindlichen Psychologen.

(4) Bewerber um eine Lenkberechtigung, die gemäß § 17 Abs. 3 Z 1 und 2 eine verkehrspsychologische Stellungnahme zu erbringen haben, sind einem verkehrspsychologischen Screening zu unterziehen, bei dem jedenfalls Beobachtungs- und Konzentrationsfähigkeit, Belastbarkeit und Koordination sowie in einem verkürzten Explorationsgespräch unter anderem die Motivation für den Erwerb der Lenkberechtigung zu untersuchen sind. Ergibt das Screening einen Verdacht auf Mängel in der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit oder auf mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung, ist die volle verkehrspsychologische Untersuchung durchzuführen. …

(5) Jede durchgeführte verkehrspsychologische Untersuchung ist unverzüglich, unter gleichzeitiger Übermittlung der verkehrspsychologischen Stellungnahme, der das jeweilige Verfahren führenden Behörde, zu melden. Eine weitere verkehrspsychologische Untersuchung derselben Person innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten nach der erstmaligen Untersuchung darf nur auf ausdrückliche Anordnung der Behörde erfolgen.

(6) Die für die verkehrspsychologische Untersuchung angewandten Testverfahren müssen dem Stand der Wissenschaft entsprechend als geeignet anerkannt und vom Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr genehmigt werden.“

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

a) Einleitend ist festzuhalten, dass bei isolierter Betrachtung – wie der Bf zu Recht vorbringt – es nicht schlüssig scheint, wenn der Amtsarzt im Zuge einer Beobachtungsfahrt den Bf als gesundheitlich zum Lenken von KFZ der Gruppe 1 als geeignet ansieht, und in Folge seine Meinung aufgrund nicht näher von der Behörde erforschter angeblicher Umstände bei der An- und Abreise zur Beobachtungsfahrt revidiert.

 

Dies ändert jedoch nichts daran, dass bei einer Zusammenschau aller Umstände das letztendlich abgegebene amtsärztliche Gutachten vom 22.4.2015 als schlüssig anzusehen ist. So hat die im Verfahren beigezogene Fachärztin für Psychiatrie der Behörde mitgeteilt, dass beim Bf eine leichte Demenz und der Verdacht auf Minderung der im Kraftverkehr spezifischen Leistungsfähigkeit vorliege. Zur Überprüfung der im Kraftverkehr spezifischen Leistungsfähigkeit erfolgte am 6.3.2015 eine verkehrspsychologische Untersuchung (VPU) des Bf im Sinne des § 18 FSG-GV, deren negativem Ergebnis besondere Relevanz zukommt. Der verkehrspsychologischen Stellungnahme ist zu entnehmen, dass die erhobenen kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen Defizite in allen Bereichen aufweisen, bei zwei Verfahren wurde der Test entweder abgebrochen oder konnte, da der Bf die Computermaus nicht habe bedienen können, nicht vorgegeben werden. Die testmäßig erhobene abstrakt-logische Intelligenz sei ebenfalls nicht ausreichend gegeben. Der Bf sei derzeit aus verkehrspsychologischer Sicht daher nicht zum Lenken von KFZ der Gruppe 1 geeignet. Der Verkehrspsychologe hat somit nachvollziehbar und schlüssig eine mangelnde kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit des Bf zum Lenken von KFZ der Gruppe 1 festgestellt und die Fachärztin für Psychiatrie in Folge aufgrund des Ergebnisses der VPU von einer weiteren Stellungnahme abgesehen. Darauf aufbauend ist das die gesundheitliche Eignung des Bf zum Lenken von KFZ der Gruppe 1 verneinende Gutachten des Amtsarztes gut nachvollziehbar.

 

Wenn der Bf vorbringt, die eingeholte VPU sei kein ausreichender Nachweis für die mangelnde gesundheitliche Eignung, da er bereits 75 Jahre alt sei, im Umgang mit dem technischen Medium Computer keinerlei Erfahrung habe und das Ergebnis der VPU insb deshalb negativ sei, weil er die Computermaus nicht habe bedienen können, so ist ihm entgegenzuhalten, dass ihm vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Möglichkeit eingeräumt wurde, sich neuerlich untersuchen zu lassen. Mittlerweile wäre ihm die Art und Weise der Testung bekannt gewesen und der Bf hätte sich mit dem, nicht allzu komplexen, Umgang mit einer Computermaus vertraut machen und seine gesundheitliche Eignung unter Beweis stellen können. Der Bf hat es jedoch unterlassen, innerhalb der vorgegebenen Frist ein Gutachten über eine weitere VPU vorzulegen.

 

Auch das Vorbringen, der Bf habe seit dem Jahr 1969 jährlich 15.000 km mit seinem Fahrzeug zurückgelegt und sei im Jahr 2013 erstmalig an einem Unfall beteiligt gewesen, vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, da diesem keinerlei Aussagekraft in Bezug auf die nunmehrige gesundheitliche Eignung zukommt.

 

Der Bf hat es damit unterlassen, relevante Mängel am vorliegenden amtsärztlichen Gutachten bzw an den diesem zugrundeliegenden verkehrspsychologischen Gutachten geltend zu machen oder dem amtsärztlichen Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten.

 

b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vermag es vor diesem Hintergrund nicht als rechtswidrig erkennen, wenn die belangte Behörde das vom Amtsarzt erstattete Gutachten als nachvollziehbar und schlüssig angesehen und daraufhin den angefochtenen Bescheid erlassen hat. Die Beschwerde des Bf ist deshalb dem Grunde nach als unbegründet abzuweisen.

 

Der Spruch ist jedoch im Hinblick auf § 25 Abs 2 FSG dahingehend abzuändern, als die Entziehung für die Dauer der Nichteignung und nicht bis zum Nachweis der gesundheitlichen Eignung durch ein schlüssiges amtsärztliches Gutachten festzusetzen ist.

 

c) Abschließend ist anzumerken, dass es dem Bf jederzeit frei steht, der Behörde seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von KFZ der Gruppe 1 nachzuweisen.

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da die Frage, ob konkret der Bf aufgrund einer negativen VPU und eines darauf aufbauenden negativen amtsärztlichen Gutachtens gesundheitlich nicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet ist, nicht zur Verallgemeinerung geeignet ist und die Entscheidung darüber hinaus nicht der einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes widerspricht.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Zeinhofer