LVwG-670009/8/Sch/Bb

Linz, 04.08.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter            Dr. Schön über die Säumnisbeschwerde des S H, geb. 1993, vertreten durch Rechtsanwälte H, vom 9. Februar 2015, wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungsplicht betreffend den Antrag auf Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klassen AM und B durch die Bezirkshauptmannschaft Gmunden im Verfahren zu GZ 13/278542,

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

 

I.          Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 8 VwGVG wird der Säumnisbeschwerde stattgegeben.

 

II.         Der Antrag des Beschwerdeführers vom 4. Juli 2013 auf Erteilung der Lenkberechtigung der Klassen AM und B wird gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 iVm § 8  Abs. 2 FSG abgewiesen.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.

 

1. S H (der nunmehrige Beschwerdeführer - im Folgenden kurz: Bf) beantragte am 4. Juli 2013 bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden (im Folgenden: belangte Behörde) die Erteilung (Verlängerung) der Lenkberechtigung für die Klassen AM und B. Über diesen Antrag hat die belangte Behörde bislang nicht entschieden.

 

 

2. Der Bf hat daher mit Schriftsatz vom 9. Februar 2015 durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden Säumnisbeschwerde erhoben, mit welcher beantragt wurde, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge über seinen Antrag vom 4. Juli 2013 auf Erteilung der Lenkberechtigung absprechen und feststellen, dass er die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Fahrzeugen der beantragten Kategorie besitze und die Voraussetzung nach § 10 Abs. 2 Z 1 und 2 FSG zur Zulassung zur theoretischen Fahrprüfung erfülle. Zur näheren Begründung wurde ausgeführt, dass er sich der aufgetragenen amtsärztlichen Untersuchung gestellt habe, wobei der Amtsarzt jedoch verlangt habe, eine Haaranalyse beizubringen. Es bestehe aber keine taugliche Sachverhalts- und Rechtsgrundlage für die Vorlage einer Haaranalytik. Mit Eingabe vom 11. Dezember 2014 habe er bei der belangten Behörde ersucht, über den Antrag auf Erteilung der Lenkberechtigung bescheidmäßig abzusprechen, falls nach wie vor auf eine Haaranalytik bestanden würde. Für den Fall der Nichtreaktion sei eine Säumnisbeschwerde angedroht worden, zumal die Entscheidungsfrist aufgrund des Antrages vom 4. Juli 2013 längst abgelaufen sei. Die belangte Behörde habe leider darauf nicht reagiert.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Säumnisbeschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 2. März 2015, GZ 13/278542, ha. vollständig eingelangt am 23. April 2015, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt.

Von der Bestimmung des § 16 Abs. 1 VwGVG hat die belangte Behörde nicht Gebrauch gemacht.

 

Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 3 iVm Art. 131    Abs. 1 B-VG iVm §§ 3 und 8 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt.

 

Gemäß § 24 Abs. 1 iVm Abs. 3 und 4 VwGVG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels gesonderten Antrages des anwaltlich vertretenen Bf, der Tatsache, dass der für das Verfahren wesentliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der aktuellen amtsärztlichen Stellungnahme vom 25. Juni 2015, GZ Ges-311720/2-2015-Wim/Kir, hinreichend geklärt vorliegt und eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ, entfallen. Dass dem Entfall der Verhandlung Art. 6 EMRK oder Art. 47 der EU-Charta der Grundrechte entgegenstünde, vermag nicht erkannt werden.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Dem am X geborenen Bf wurde im Juli 2012 die Lenkberechtigung für die Dauer eines Jahres - bis 30. Juli 2013 - zeitlich befristet und unter den Auflagen ärztlicher Kontrolluntersuchungen in Form der Vorlage von Laborwerten (Drogenscreening) alle drei Monate innerhalb von drei Tagen nach behördlicher Aufforderung und einer amtsärztlichen Nachuntersuchung vor Ablauf der Befristung erteilt.

 

Laut Aktenlage unterließ es der Bf jedoch trotz nachweislicher Aufforderung der belangten Behörde vom 5. Juni 2013, GZ San20-12-2012, innerhalb von drei Tagen ab Zustellung zur ärztlichen Kontrolluntersuchung zu erscheinen und  leistete dieser behördlichen Aufforderung keine Folge. Sein Fernbleiben rechtfertigte er damit, dass er sich im Krankenstand befunden und aufgrund verminderter Mobilität den Termin nicht wahrnehmen habe können.

 

Am 4. Juli 2013 beantragte der Bf bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden die Verlängerung der Lenkberechtigung für die Klassen AM und B und unterzog sich anlässlich dieses Antrages auch einer amtsärztlichen Untersuchung. Der begutachtende Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden Dr. M H führte diesbezüglich aus, dass der Bf trotz mehrmaligen telefonischen und schriftlichen Aufforderungen in den letzten Wochen nicht zur Harnabgabe erschienen sei und eine solche nunmehr keinen Sinn mehr mache, da der Zeitpunkt hiefür von der Behörde bestimmt werde. Um seine Abstinenz nachzuweisen, wurde dem Bf jedoch die Durchführung einer Haaranalyse angeboten, welche dieser jedoch ausdrücklich verweigerte.

 

Aus dem Akt ergibt sich weiters, dass der Bf am 22. Juli 2014 neuerlich amtsärztlich untersucht wurde. Der Amtsarzt hielt dazu fest, dass beim Bf ein Zustand nach Polytoxikomanie bestehe, unter anderem seien wiederholt Cannabis, Speed, Kokain und Benzodiazepine konsumiert worden. Den damaligen Auflagen sei der Bf nur unzureichend nachgekommen, sodass er daher neuerlich - wie bereits am 4. Juli 2013 - darauf hingewiesen worden sei, dass zum Nachweis der Drogenabstinenz eine Haaruntersuchung erforderlich sei. Da der Bf einer solchen nicht zugestimmt habe, könne das amtsärztliche Gutachten nicht abgeschlossen werden.

 

4.2. Aufgrund des Vorbringens des Bf in seiner Säumnisbeschwerde, wurde im Rahmen des Beschwerdeverfahrens um amtsärztliche Begutachtung des Vorganges und Erstattung einer entsprechenden Stellungnahme zur Frage ersucht, ob im konkreten Fall eine Drogenhaaranalyse zur Erstattung eines amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG über die gesundheitliche Eignung des Bf tatsächlich erforderlich ist bzw. allenfalls auch mit der Vorlage von Drogenharnbefunden das Auslangen gefunden werden könne.

 

4.2a) Die mit dem Vorgang befasste medizinische Amtssachverständige des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Gesundheit, Dr. E W kam in ihrer Stellungnahme vom 25. Juni 2015, GZ Ges-311720/2-2015-Wim/Kr, zum Schluss, dass eine Harnuntersuchung nur dann aussagekräftig sei, wenn diese von der Behörde angeordnet und zu dem von dieser bestimmten Zeit stattfinde und nicht zu einem vom Untersuchten selbst gewählten Zeitpunkt, da die allermeisten Suchtmittel im Urin nur wenige Tage, typischerweise zwei bis vier, nach einem Konsum nachweisbar wären.

 

Beim Bf handle es sich, wie aus den aktenkundigen Befunden abzuleiten sei, um eine Polytoxikomanie, wobei bislang trotz wiederholter Aufforderungen einen Abstinenznachweis zu erbringen, diesem nicht gefolgt worden sei.

 

Wie aus der fachärztlichen Stellungnahme abzuleiten sei, sei vor Wiedererteilung der Lenkberechtigung der Gruppe 1 eine nachweisliche Drogenfreiheit über sechs Monate kontinuierlich erforderlich, für Gruppe 2 eine kontinuierliche Drogenfreiheit über zwölf Monate. Diese könne retrospektive durch eine Haaruntersuchung durchgeführt werden.

 

Zur Fragestellung, ob durchgeführte Urinkontrollen auf Suchtmittel in ihrer Aussagekraft denen der Haaranalyse gleichzusetzen sind, erklärte die Amtsärztin, dass dies nicht der Fall sei, da gravierende Unterschiede im Hinblick auf den Beobachtungszeitraum und die Analysenmethoden bestünden. Die allermeisten Suchtmittel seien im Urin nur wenige Tage (typischerweise zwei bis vier) nach einem Konsum nachweisbar. Erfolge die Einbestellung zum Urintest innerhalb eines längeren Zeitraumes, dann könne der Proband den Konsum so einplanen, dass zum Zeitpunkt des Urintestes ein unauffälliges Testergebnis erhalten werde. Es wäre hiebei etwa möglich, dass ein sonst täglicher Kokainkonsum auch bei wiederholtem Urintest unerkannt bleibe, wenn der Proband wenige Tage vor dem Urintest den Konsum einstelle und danach gleich wieder mit diesem beginne. Es müsste etwa zweimal pro Woche ein Urintest durchgeführt werden, um den für die Behörde relevanten Beobachtungszeitraum annähernd lückenlos abzudecken.

 

Hingegen decke die Haaranalyse einen (je nach Haarlänge) mehrere Monate umfassenden Beobachtungszeitraum lückenlos ab, und eine (z. B. wenige Wochen vor der Haarabgabe begonnene Abstinenz) bei davor häufigerem Substanzkonsum würde trotzdem zu einem positiven Testresultat führen.

 

Der Urintest könne nur dann eine Alternative zu einer Haaranalyse bei der Suchtmittelsubstanzkontrolle sein, wenn dieser unter strengen Rahmenbedingungen durchgeführt werde. Zum einen müsse eine kurzfristige Einbestellung zur Urinabgabe sichergestellt werden, zum anderen müssten beweisende Untersuchungsverfahren eingesetzt werden. Urintests seien nur dann aussagekräftig, wenn zwischen der Aufforderung und der tatsächlichen Urinabgabe nicht mehr als 24 Stunden liegen, z. B. Anruf zur Harnabgabe am Sonntag und Harnabgabe zwingend am Montag. Beim Urin-Kontrollprogramm werde eine quasi permanente Verfügbarkeit verlangt, bei einem Programm über zwölf Monate dürfe die Abwesenheit insgesamt nicht mehr als acht Wochen betragen und davon nicht mehr als sechs Wochen am Stück. Die Nichtverfügbarkeit müsse zumindest drei Tage im Voraus gemeldet werden, wobei bei unentschuldigtem Fernbleiben zur Urinabgabe eine Meldung des Labors an die Führerscheinstelle erfolge. Bei einem Sechs-Monats-Programm seien mindestens vier Urinabgaben vorgesehen, bei einem Zwölf-Monats-Programm mindestens sechs solche Kontrollen.

 

Demgegenüber sei die Haaranalyse für den Probanden terminlich weit unproblematischer, weil keine permanente Verfügbarkeit gewährleistet sein müsse, sondern eine Abgabe nach sechs und zwölf Monaten ausreiche, sofern jeweils eine Haarlänge von 6 cm bestehe. Die Haaranalyse könne retrospektive erfolgen. Um retrospektive Drogenfreiheit von sechs Monaten, wie dies beim Bf als Mindestvoraussetzung für die Wiedererteilung der Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu fordern sei, sollte die Haarlänge mindestens 6 cm betragen. Pro Zentimeter Haarwachstum sei von einem Beobachtungszeitraum von ca. einem Monat auszugehen. Sollte z. B. die Haarlänge nur 3 cm betragen, so könne zumindest retrospektive für den Zeitraum von drei Monaten eine Abstinenzkontrolle mittels Haaranalyse und prospektiv z. B. über weitere drei Monate durch unplanbare Kontrollen auf Drogenmetabolite im Harn erfolgen. Andernfalls könne der Proband auch zuwarten bis seine Haarlänge 6 cm betrage und dann den Befund erstellen lassen.

 

Mit der Vorlage eines Drogenharnbefundes könne aus amtsärztlicher Sicht wie oben ausführlich beschrieben für die Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens betreffend die gesundheitliche Eignung nicht das Auslangen gefunden werden, da dieser nur ein zeitlich punktuelles Ereignis darstelle und nicht den Abstinenznachweis über einen längeren Zeitraum. Retrospektive wäre die Haaranalyse zum kontinuierlichen Abstinenznachweis über einen längeren Zeitraum von sechs Monaten die einzige Möglichkeit, sofern die Haarlänge 6 cm betrage, oder bei kürzerer Haarlänge könne eine Kombination von retrospektiver Haaruntersuchung (pro cm Haarlänge entsprechend ca. einem Monat Beobachtungszeitraum) und prospektiver Harnuntersuchungen kurzfristig unter ständiger Verfügbarkeit stattfinden, sodass der Abstinenzzeitraum dann insgesamt mindestens sechs Monate betrage.

 

Abschließend führte die Amtsärztin aus, dass vor Wiedererteilung der Lenkberechtigung zusätzlich auch die Beibringung einer fachärztlich psychiatrischen Stellungnahme erforderlich sei, da die aktenkundige Stellungnahme bereits älter als sechs Monate sei.

 

4.2b) Diese amtsärztliche Stellungnahme wurde dem Bf und dessen Rechtsvertreter mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 1. Juli 2015, GZ LVwG-670009/6, nachweislich zur Kenntnis übermittelt und dem Bf gleichzeitig mittels Verfahrensanordnung aufgetragen, bis 31. Juli 2015 sich beim Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, Abteilung Sanitätsdienst, 4810 Gmunden, betreffend eine Drogenhaaranalyse einzufinden, wobei das Kopfhaar zumindest ca. 3 cm lang zu sein habe.

 

Sowohl der Bf als auch dessen Rechtsvertreter haben weder auf die amtsärztliche Stellungnahme reagiert, noch ist der Bf dem mittels Verfahrensanordnung erteilten Auftrag, sich einer Drogenhaaranalyse zu unterziehen, nachgekommen. Der Bf hat die Haaranalyse laut Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 4. August 2015, nicht vornehmen lassen.

 

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 leg cit. werden in die Frist nicht eingerechnet:

1.   die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;

2.   die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.

 

5.2. Nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 VwGVG setzt eine Säumnisbeschwerde voraus, dass im Zeitpunkt ihrer Einbringung eine Säumnis der belangten Behörde vorliegt.

 

Seit Einlangen des Antrages des Bf auf Erteilung (Verlängerung) der Lenkberechtigung für die Klassen AM und B bei der belangten Behörde am 4. Juli 2013 ist die in § 8 Abs. 1 VwGVG bestimmte Frist von sechs Monaten, eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist war im konkreten Fall gesetzlich nicht vorgesehen, längst abgelaufen.

 

Die Säumnisbeschwerde ist daher zulässig, da die belangte Behörde nicht innerhalb von sechs Monaten über den Antrag des Bf entschieden hat, obwohl über diesen unabhängig von der Durchführung einer Haaranalyse bzw. der Erstattung eines amtsärztlichen Gutachtens hätte entscheiden werden können.

 

5.3. Die amtsärztliche Sachverständige des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung Dr. E W hat im Beschwerdeverfahren in der Stellungnahme vom 25. Juni 2015, GZ Ges-311720/2-2015-Wim/Kr, schlüssig dargelegt, dass beim Bf die Vornahme einer Haaranalyse erforderlich und unabdingbar sei. Diese Einschätzung ist plausibel und gut nachvollziehbar, da die allermeisten Suchtmittel in der Regel nur wenige Tage nach dem Konsum im Harn nachweisbar sind und daher mittels Harnbefunden nur bloß zeitlich punktförmige Kontrollen möglich sind. Hingegen ist bei der Untersuchung von ca. 6 cm Haar eine kontinuierliche Dokumentation des Suchtgiftkonsums über den Zeitraum von ca. einem halben Jahr, bei ca. 3 cm langem Haar über ca. drei Monate möglich.

 

Die Methode der Haaranalyse wird auch in der Literatur ausdrücklich befürwortet (siehe dazu ausführlich Reinhard Fous – Haaranalyse im Dienste der FSG-GV: Ein neuer Weg, ZVR 2012/H10/Seite 327 ff).

Auch der Verwaltungsgerichtshof erachtet eine Haaranalyse als durchaus zulässige Methode im Führerscheinverfahren. So hat er beispielsweise die Behandlung einer erhobenen Beschwerde gegen das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 28. Jänner 2013, GZ VwSen-523209/36, mit welchem dem do. Bf als Auflage eine Drogenhaaranalyse vorgeschrieben wurde, mit Beschluss vom 26. April 2013, 2013/11/0072, abgelehnt.

 

Im Hinblick auf die Ausführungen der amtsärztlichen Sachverständigen und die zitierte Literatur und Judikatur ist festzustellen, dass eine Haaranalyse zur Feststellung des Suchtmittelkonsums im Verfahren betreffend die (hier: Erteilung/Verlängerung der) Lenkberechtigung wesentlich besser geeignet ist, als
z. B. Harnkontrollen.

 

Dem Bf wurde daher im Beschwerdeverfahren mittels Verfahrensanordnung vom 1. Juli 2015, GZ LVwG-670009/6, nachweislich aufgetragen, bis 31. Juli 2015 beim Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden eine Drogenhaaranalyse  durchführen zu lassen, wobei sein Kopfhaar mindestens eine Länge von ca. 3 cm aufzuweisen habe.

 

Bei Festsetzung einer Erfüllungsfrist ist auf deren Durchführbarkeit Bedacht zu nehmen (ständige Rechtsprechung des VwGH, zuletzt Erkenntnis 30. Jänner 2014, 2011/05/0060).

 

Auf dem Antrag des Bf vom 4. Juni 2013 betreffend die Erteilung der Lenkberechtigung für die Klassen AM und B ist ein Farbfoto des Bf enthalten. Darauf ist ersichtlich, dass das Kopfhaar des Bf zumindest annähernd jene Länge beträgt, welche für die ihm aufgetragene Haaranalyse erforderlich ist, weshalb ihm für die Durchführung einer solchen eine Frist von vier Wochen gewährt wurde. Trotz dieser angemessenen Frist ist der Bf der Aufforderung zur Durchführung einer Drogenhaaranalyse nicht nachgekommen.

 

In einem Verfahren betreffend die Erteilung der Lenkberechtigung trifft die Partei eine spezifische Mitwirkungspflicht, deren Verletzung zur Versagung der beantragten Lenkberechtigung führen kann (VwGH 24. Juli 2013, 2013/11/0089 mit Vorjudikatur).

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich  geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 erster Satz FSG hat vor Erteilung der Lenkberechtigung der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftahrzeugen gesundheitlich geeignet ist.

 

Unter den in § 8 Abs. 2 FSG genannten Voraussetzungen – diese liegen gegenständlich vor – ist ein amtsärztliches Gutachten zu erstellen.

 

Der Bf hat – wie ausführlich dargelegt – an der Durchführung einer Haaranalyse trotz der ihm im konkreten Verfahren zukommenden Mitwirkungspflicht nicht mitgewirkt und damit das Zustandekommen der Haaranalyse und in weiterer Folge des amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG vereitelt.

 

Somit war es nicht möglich, ihm die Lenkberechtigung für den Zeitraum nach Ablauf der Befristung zu erteilen und dadurch sein Antrag auf Erteilung einer Lenkberechtigung der Klassen AM und B als unbegründet abzuweisen. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich damit ein explizites Eingehen auf den Feststellungsantrag des Bf betreffend des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 10 Abs. 2 Z 1 und 2 FSG.

 

 

III.

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des       Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

S c h ö n

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 25. November 2015, Zl.: Ra 2015/11/0095-3