LVwG-600219/10/Bi/CG

Linz, 17.08.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde der Frau N P, vom 10. März 2015 gegen das Straferkenntnis des Landespolizeidirektors von vom 18. Februar 2015,        S-35506/LZ/13, wegen Übertretung der StVO 1960 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 25. Juni 2015 und nach auf h. Antrag auf Verordnungskontrolle gemäß Art.139 Abs.1 B-VG Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2015, GZ: V 51/2014-12, V 63/2014-7 und V 86/2014-14,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

 

II.

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren.

 

 

III.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52a Z2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 60 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt sowie ihr gemäß § 64 Abs.1 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro auferlegt. Zugrundegelegt wurde laut Schuldspruch, sie  habe am 19. Juni 2013, 7.33 Uhr,  in Linz, Franzosenhausweg 24, Fahrtrichtung stadtauswärts,  das Kfz x gelenkt und dabei das deutlich sichtbar aufgestellte Verbotszeichen „Einfahrt verboten“ nicht beachtet, da sie unter keine der auf der Zusatztafel angeführten Ausnahmeregelungen gefallen sei.

 

2. Dagegen hat die Beschwerdeführerin (in Folge: Bf) fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungs­gericht zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Am 25. Juni 2014 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit der Bf durchgeführt, der Vertreter der belangten Behörde war entschuldigt. Verlesen wurde die mit dem Meldungsleger RI T L (Ml) in einem anderen gleichartigen beim LVwG anhängigen Verfahren aufgenommene Zeugenaussage vom 18. März 2014. Die Bf hat die Anfechtung der dem ggst Verwaltungsstrafverfahren zugrundeliegenden Verordnung angeregt.

 

3. Die Bf macht im Wesentlichen geltend, die am Übertretungstag gültige Verordnung vom 11.12.1998, GZ:101-5/19570001935, sei wohl gemäß § 43 Abs.1 lit.b StVO erlassen worden; das lasse der Verordnungstext nicht erkennen, aber aufgrund der zahlreichen Ausnahmen komme wohl Abs.2 nicht in Betracht. Die Voraussetzungen des § 43 Abs.1 lit.b StVO oder andere Voraussetzungen des § 43 für eine gesetzesgemäße Erlassung seien daher zu prüfen. Ein Vorliegen der Voraussetzungen des § 43 Abs.1 werde ausdrücklich bestritten, da die die Verordnung erlassen habende Behörde wiederholt mitgeteilt habe, dass diese aufgrund von Zusagen an die Anrainer erlassen worden sei – das könne wohl keinen Grund darstellen.

Die ggst Verkehrsbeschränkung führe zu einem beträchtlichen Umweltverkehr und damit zu einer Mehrbelastung für die Umwelt und Anrainer. Statt einer Wegstrecke von knapp 100 m müsse der Verkehr und auch sie eine Wegstrecke von rund 2 km durch dicht verbautes Gebiet fahren, dh annähernd die 20fache Wegstrecke. Die Verordnung führe lediglich zu einer Verlagerung des Verkehrs durch dicht besiedeltes Wohngebiet, vorbei an Schulen, ohne dass ein in der StVO genannter Grund dafür vorliege und das sei nicht gesetzeskonform. Selbst wenn die Verordnung zum Zeitpunkt ihrer Erlassung aufgrund der damaligen Umstände gerechtfertigt gewesen sein sollte, was sie ausdrücklich bestreite, hätten sich die Umstände vor Ort in der Zwischenzeit derartig geändert, dass sie zum Zeitpunkt der ihr vorgeworfenen Übertretung jedenfalls gesetzwidrig gewesen sei. Beantragt wurde die Behebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde, Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der die Bf gehört, bisherigen Ausführungen der Bf und der belangten Behörde und Erhebungsergebnisse aus anderen Verfahren berücksichtigt wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Unbestritten ist, dass die Bf am 19. Juli 2013 gegen 7.33 Uhr den Pkw x auf dem Franzosenhausweg stadtauswärts gelenkt hat, wobei sie sich auf dem Weg in die Arbeit zu einem am Franzosenhausweg gelegenen Unternehmen, dessen Mitarbeiter nicht unter die Ausnahmen fallen, befand. 

Auf der Grundlage der Zeugenaussage des Ml wurde festgestellt, dass sich die Einfahrtsbeschränkung auf ganze 20 m erstreckt und der durch das Einfahrtsverbot festgelegte Umweg tatsächlich an die 2 km beträgt, wobei der Ml aus eigener Wahrnehmung bestätigte, dass die Zusatztafel mit den vielen Ausnahmen bei Einhaltung der dort erlaubten Geschwindigkeit gar nicht lesbar sei und sogar Lenker anhalten würden, um die Zusatztafel lesen zu können. Im Übrigen sei dort jahrelang keine Überwachung der Einhaltung des Einfahrtsverbotes erfolgt und dann seien ca 1700 Anzeigen in 10 Tagen, dh bei 10 Einzelüberwachungen von je einer Stunde, erstattet worden, zumal eine – technisch gar nicht mögliche – Anhaltung der Lenker nicht erfolgt sei. Von seinem damaligen Standort unmittelbar im Einfahrtsbereich aus habe er feststellen können, ob das Fahrzeug die Ausnahmeregelung durch Zufahrt zu den auf der Zusatztafel bezeichneten Objekten in Anspruch genommen habe.   

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 52 lit.a Z2 StVO 1960 zeigt das Verbotszeichen „Einfahrt verboten“ an, dass die Einfahrt verboten ist.

Am 19. Juni 2013 stand die Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11. Dezember 1998, GZ: 101-5/1)-570001935, in der Fassung der Verordnung vom 21. November 2003, GZ: 101-5/19-330106993, in Geltung.

 

Seitens des Landesverwaltungsgerichtes wurde ein Antrag auf Verordnungskontrolle gemäß Art.139 Abs.1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof gestellt.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 11. Juni 2015, GZen: V 51/2014-12, V 63/2014-7 und V 86/2014-14, – V 63/2014 betrifft das ggst Verfahren – erkannt, dass die Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11. Dezember 1998, GZ: 101-5/19-570001935, idF der Verordnung vom 21. November 2003, GZ: 101-5/19-330106993, gesetzwidrig war. Begründend wurde ausgeführt, vor Erlassung der Verordnung sei kein ordnungsgemäßes Ermittlungs- und Anhörungsverfahren geführt worden.

 

Damit war gemäß § 45 Abs.1 Z1 2. Alt. VStG – weil die der Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildete – spruchgemäß zu entscheiden, naturgemäß unter Entfall von Verfahrenskostenbeiträgen. 

 

 

Zu II.:

 

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren.

 

 

Zu III.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger