LVwG-600590/15/MB/Bb

Linz, 07.09.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter            Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des Ing. W B, geb. x, W, vom 8. Jänner 2015, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 20. Oktober 2014,     GZ VerkR96-533-2014, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. August 2015,

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

 

I.            Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene behördliche Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer gemäß    § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

 

II.         Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens (§ 66 Abs. 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren zu leisten (§ 52 Abs. 9 VwGVG).

 

III.           Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land (im Folgenden: belangte Behörde) hat Ing. W B (dem Beschwerdeführer - im Folgenden: Bf) mit Straferkenntnis vom 20. Oktober 2014, GZ VerkR96-533-2014, die Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG iVm § 9 VStG vorgeworfen und über ihn gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 218 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 144 Stunden, verhängt. Weiters wurde er von der belangten Behörde gemäß      § 64 VStG zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 21,80 Euro verpflichtet.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde (auszugsweise Wiedergabe):

 

Die Firma Auto B GmbH in x wurde als Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen .-.... mit Schreiben vom 21.01.2014 (nachweislich übernommen am 27.02.2014) der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land aufgefordert, binnen 2 Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das angeführte Fahrzeug am 11.01.2014 um 16.36 Uhr in S auf der A 1, Westautobahn, km 189,350, Ri. W gelenkt hat. Sie haben als zur Vertretung der angeführten Firma gemäß § 9 VStG nach außen berufenes Organ zu verantworten, dass diese Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt wurde. Sie haben auch keine andere Person benannt, die die Auskunft erteilen hätte können. Sie wären als Verantwortlicher der genannten Firma verpflichtet gewesen, diese Auskunft zu erteilen.“

 

Ihre Entscheidung begründete die belangte Behörde damit, dass die ergangene Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers gemäß § 103 Abs. 2 KFG unbeantwortet geblieben sei und der Bf als gemäß § 9 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ dies zu verantworten habe. Die verhängte Geldstrafe wurde unter Hinweis auf § 19 VStG, dem gesetzlichen Strafrahmen des § 134 Abs. 1 KFG und zehn aktenkundigen einschlägigen Vormerkungen des Bf begründet.

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Bf mit Schreiben vom 8. Jänner 2015, binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde, mit welchem die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Verfahrenseinstellung beantragt wurden.

 

Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde ist anzumerken, dass der Bf mit Eingabe vom 18. November 2014 die Beigabe eines Verfahrenshilfeverteidigers beantragte. Dieser Antrag auf Bewilligung von Verfahrenshilfe wurde mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 2. Dezember 2014, GZ LVwG-600590/2/MB/JB, gemäß §§ 28 iVm 40 VwGVG abgewiesen, weshalb gemäß § 40 Abs. 4 letzter Satz VwGVG die gegenständliche Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses, das war der 11. Dezember 2014, zu laufen begann. Die erhobene Beschwerde vom 8. Jänner 2015 gilt daher als rechtzeitig eingebracht.

 

Begründend wurde im Rechtsmittel vorgebracht, dass die ergangene Lenkeranfrage nicht gesetzeskonform sei, da darin von „gelenkt bzw. zuletzt vor diesem Zeitpunkt am Tatort abgestellt“ die Rede sei. Es habe daher keinerlei Verpflichtung bestanden, diese zu beantworten. Überdies wendet der Bf ein, für die konkrete Verwaltungsübertretung nicht verantwortlich zu sein.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 12. Jänner 2015, GZ VerkR96-533-2014, ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt.

Mit der Aktenvorlage wurde die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung begründet (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt, Einsichtnahme in die vom Bf beigebrachte Vereinbarung über die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 4 VStG vom 20. Dezember 2013 und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. August 2015, zu welcher beide Verfahrensparteien nachweislich ordnungsgemäß geladen wurden, beide an dieser entschuldigt jedoch nicht teilgenommen haben.

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 21. Jänner 2014,    GZ VerkR96-533-2014, wurde an die Firma Auto B GmbH mit Sitz in x, als Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen .-...., aus Anlass des Verdachtes der Begehung einer Geschwindigkeitsüberschreitung, ein Auskunftsverlangen zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers nach § 103 Abs. 2 KFG zur Tatzeit am 11. Jänner 2014 um 16.36 Uhr, in der Gemeinde S, A 1 bei km 189,350, in Fahrtrichtung W, gerichtet. Diese Lenkeranfrage wurde nachweislich am 27. Februar 2014 zugestellt.

 

Nachdem auf die entsprechende Anfrage keine Lenkerauskunft erteilt wurde, wurde in weiterer Folge schließlich der Bf, der im Vorfallszeitraum handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma Auto B GmbH, welche Zulassungsbesitzerin des angefragten Fahrzeuges war, als zur Vertretung nach außen berufenes Organ im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG wegen Unterlassung der Lenkerauskunft nach § 103 Abs. 2 KFG verfolgt.

 

Im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich teilte der Bf mit, dass Herr J A, geb. am x, im Betrieb der Fima Auto B GmbH, x, zum verantwortlichen Beauftragten für den Bereich Fuhrpark bestellt worden sei.

 

Laut vorgelegter Bestellungsurkunde vom 20. Dezember 2013 ist Herr J A unter anderem für die Einhaltung sämtlicher Vorschriften verantwortlich, die die Zulassungsbesitzerin treffen. Hiezu zählt auch die fristgerechte und ordnungsgemäße Erteilung von Lenkerauskünften an die jeweils anfragende Behörde. Des Weiteren ergibt sich aus der Vereinbarung, dass dem Genannten die volle Anordnungsbefugnis gegenüber den unterstellten Mitarbeitern erteilt wurde, um sämtliche Verstöße gegen die kraftfahrrechtlichen Vorschriften zu verhindern. Der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten haben Herr J A als auch der Bf als Geschäftsführer des Unternehmens durch Unterfertigen der Urkunde nachweislich zugestimmt.

 

 

 

III.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

1.a) Gemäß der Rechtsvorschrift des § 103 Abs. 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

§ 9 Abs. 1 VStG zufolge ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Nach § 9 Abs. 2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

Verantwortlicher Beauftragter kann gemäß § 9 Abs. 4 VStG nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des verantwortlichen Beauftragten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

1.b) Der Bf hat im Beschwerdeverfahren eine Bestellungsurkunde in Form einer schriftlichen Vereinbarung vorgelegt, aus der sich die Delegierung der Verantwortung im Hinblick auf Erteilung von Lenkerauskünften im Sinne des      § 103 Abs. 2 KFG ergibt. Aus diesem vorliegenden Beweismittel ergibt sich unzweifelhaft, dass Herr J A, geb. x, im konkret fraglichen Tatreitraum im Unternehmen der Firma Auto B GmbH mit Sitz in x als verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 und 4 VStG eingesetzt war, wobei zu dessen Aufgaben unter anderem die fristgerechte und ordnungsgemäße Erteilung von Lenkerauskünften zählte. Die Bestellungsurkunde verfügt über die notwendige Klarheit hinsichtlich des Geltungsbereiches und es bestehen auch sonst keinerlei Zweifel an deren Rechtswirksamkeit und Gültigkeit. Seiner Bestellung stimmte der Bf durch Unterschrift auf der entsprechenden Vereinbarung zu, sodass gegenwärtig von einer wirksamen Bestellung des J A zum verantwortlichen Beauftragen gemäß § 9 Abs. 2 und 4 VStG ausgegangen werden kann.

 

Es liegt im Ergebnis somit gegenständlich keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Bf vor. Die wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 4 VStG bewirkt für nach der Bestellung gesetzte Delikte einen Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit von dem nach außen zur Vertretung Berufenen auf den verantwortlichen Beauftragten (vgl. z. B. VwGH 25. Oktober 1994, 94/07/0027).

 

Der Bf kann daher für die ihm zu Last gelegte Verwaltungsübertretung nach       § 103 Abs. 2 KFG nicht verantwortlich gemacht werden, weshalb gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 2 VStG das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn einzustellen war.

Ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen erübrigte sich damit; jedoch darf die belangte Behörde auf die Bestimmung des § 32 Abs. 3 VStG hingewiesen werden.

 

2. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG sind, wenn ein Strafverfahren eingestellt oder eine verhängte Strafe infolge Wiederaufnahme des Verfahrens aufgehoben wird, die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen, falls sie aber schon gezahlt sind, zurückzuerstatten.

 

Wird gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG eine verhängte Strafe infolge Beschwerde aufgehoben, so sind die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen, falls sie aber schon gezahlt sind, zurückzuerstatten.

 

Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs. 1 VStG die Verpflichtung des Bf zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen für das Verfahren vor der belangten Behörde als auch gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG  zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

 

IV.

 

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des       Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Dr.  Markus  B r a n d s t e t t e r