LVwG-350160/2/Re/TO

Linz, 11.08.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Dr. Werner Reichenberger über die Beschwerde von Frau D. D., xgasse 8, L., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12. Mai 2015, GZ: 3.01-ASJF, wegen Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs (bedarfsorientierte Mindestsicherung)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG  wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom
12. Mai 2015, GZ: 3.01-ASJF, wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) vom 20. Februar 2015 auf Zuerkennung von Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs gemäß §§ 31, 4 ff, und 17 Oö. BMSG keine Folge gegeben. In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass bei der Bf, die auf Basis anderer gesetzlicher Grundlagen ausreichend versorgt sei, keine soziale Notlage vorliege und daher die Voraussetzungen für den Anspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung nicht gegeben seien.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom
28. Mai 2015. In dieser beantragt die Bf, vertreten durch Mag. A. L., C. für M. i. N., Rechtsberatung, xstraße 28, dass der angefochtenen Bescheid dahingehend abgeändert werde, dass festgestellt werde, dass der Anspruch auf Mindestsicherung zu Recht bestehe. In eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur neuerlichen Verhandlung an die belangte Behörde zurückzuverweisen. Begründet wird dies wie folgt (wortwörtlich widergegeben):

„I.

Die BF und ihr Kind sind subsidiär Schutzberechtigte und beziehen monatliche Geldleistungen im Rahmen der Grundversorgung.

Im angefochtenen Bescheid wird der Antrag auf Mindestsicherung mit der Begründung abgewiesen, dass die BF auf Basis anderer gesetzlicher Grundlagen ausreichend versorgt sei, sie von der Landesregierung auch mit einem Quartiersplatz versorgt werden könnte und daher keine soziale Notlage iSd § 6 Abs 5 Öö Mindestsicherungsgesetz vorliege.

 

Diese Ansicht ist unrichtig.

 

II.

Gem § 6 Abs 1 Oö Mindestsicherungsgesetz liegt eine soziale Notlage bei Personen vor, die ihren eigenen oder den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von mit ihnen im gemeinsamen Haushalt lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht decken können.

Gem § 6 Abs 5 gelten Situationen nicht als soziale Notlage, für die bereits auf der Basis anderer gesetzlicher Grundlagen ausreichend Vorsorge getroffen wurde.

Gem § 7 Abs 2 Z 3 Oö Mindestsicherungsgesetz hat die betroffene Person die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte, bei deren Erfüllung die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung nicht oder nicht in diesem Ausmaß erforderlich wäre, wahrzunehmen.

Gem § 3 Abs 1 Oö Grundversorgungsgesetz erfolgt die Gewährung von Grundversorgungsleistungen durch Zuweisen einer geeigneten Unterkunft samt angemessener Verpflegung, durch Auszahlung von Geldleistungen, durch Abschluss einer Krankenversicherung, durch Ausgabe von Gutscheinen oder durch sonst geeignete Maßnahmen.

 

III.

Wie aus der dem Magistrat vorgelegten Bestätigung der C. F. vom 24.3.2015 hervorgeht, bezieht die BF aktuell Grundversorgung nach dem Oö Grundversorgungsgesetz iHv 530 Euro monatlich. Aus der oben zitierten Bestimmung des § 3 GVG geht klar hervor, dass die Leistung der Grundversorgung nicht nur durch Unterbringung in einem Quartier, sondern auch durch Zahlung von Geldleistungen oder sonstige Maßnahmen erfolgen kann, was im Ermessen der vollziehenden Behörde steht. Die Höhe der Grundversorgung, welche die BF für sich und ihre Tochter bezieht, liegt unter der Höhe, des Mindeststandards gem § 1 der Mindestsicherungsverordnung. Es liegt somit entgegen der Ansicht der Behörde sehr wohl eine soziale Notlage iSd § 6 Mindestsicherungsgesetz vor.

Die Ansicht der Behörde und deren Auslegung von § 6 Abs 5 Oö. Mindestsicherungsgesetz widersprechen auch ganz klar den Erläuterungen in der Regierungsvorlage zu § 6 Abs 5 Oö Mindestsicherungsgesetz, die ausführen, dass der Gesetzgeber eine ausreichende Bedarfsdeckung iSd § 7 Abs 1 und 2 Oö Grundversorgungsgesetz nur bei Asylwerbern angenommen hat, nicht jedoch bei Personen, die den Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten innehaben (vgl ErläutRV 357 BlgLT 27.GP 36).

In dieselbe Kerbe schlagen die Ausführungen in den Materialen zu § 7 Oö Grundversorgungsgesetz, wo es heißt:

„...§ 7 schließt aus, dass Personen, die zur Zielgruppe der Grundversorgungsvereinbarung zählen, gleichzeitig auch Hilfen nach dem Sozialhilfegesetz 1998 erhalten können. Das gilt nicht für jene privat untergebrachten Fremden, denen bereits rechtskräftig Asyl gewährt wurde und für Personen mit einem Aufenthaltsrecht gem § 8 AsylG 2005 (subsidiär Schutzberechtigte). Für die letztgenannte Gruppe wird damit auch die Richtlinie 2004/83/EG umgesetzt. Die Sozialhilfeleistungen werden hier ergänzend zur Grundversorgung gewährt. Klargestellt wird, dass dadurch unter dem Begriff' „Asylwerber" in § 6 Abs 3 Oö Sozialhilfegesetz 1998 nur mehr Personen zu verstehen sind, die nicht bereits den Status einer subsidiär Schutzberechtigten Person haben. Subsidiär schutzberechtigten Personen kommt somit ein Rechtsanspruch auf soziale Hilfe zu.“

 

Würde man mit der Behörde der Ansicht sein, dass § 6 Abs 5 Mindestsicherungsgesetz auf subsidiär Schutzberechtigte, welche privat versorgt werden, nicht anzuwenden sei, bliebe für die Auszahlung von Mindestsicherung an subsidiär Schutzberechtigte kein Anwendungsgebiet mehr, da eine Unterbringung von subsidiär Schutzberechtigten in Quartieren immer möglich wäre.

§ 6 Abs 5 Oö Mindestsicherungsgesetz spricht zudem davon, dass „ausreichend Vorsorge getroffen wurde". Eine ausreichende Versorgung nach dem Oö Grundversorgungsgesetz ist im Falle der BF aber nicht gegeben, da der Auszahlungsbetrag der Grundversorgung unter jenem des Mindeststandards des § 1 Oö Mindestsicherungsverordnung liegt.

Des Weiteren hat nach der Judikatur des LVwG ein Fremder nach Zuerkennung des Status des Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten das Recht, seinen Aufenthalt und Wohnsitz in Österreich frei zu wählen, weshalb ihm aus diesem Grund nicht die Bedarfsorientierte Mindestsicherung verweigert werden darf (LVwG 28.1.2015, LVwG-350118/2/Py/TO). Die BF darf daher nicht verpflichtet werden, in einem Asylquartier zu wohnen und hat unabhängig von der Wohnform einen Anspruch auf Mindestsicherung.

Angemerkt wird noch, dass es durchaus bisherige Praxis der Mindestsicherungsbehörden war, Mindestsicherung an privat untergebrachte subsidiär Schutzberechtigte, die Grundversorgung beziehen, auszuzahlen. Es ist nicht ersichtlich, warum es plötzlich zu dieser Entscheidungsänderung gekommen ist.

Die BF hat einen Antrag auf Grundversorgung beim Land Oö gestellt und diese in Form monatlicher Geldzahlungen bewilligt bekommen. Sie hat ihre Ansprüche somit ausreichend verfolgt. Eine weitere Versorgung auf Basis anderer gesetzlicher Grundlagen ist nicht möglich.

Der Anspruch auf Mindestsicherung für die Bf und ihre Tochter besteht daher zweifelsfrei zu Recht.“

 

3. Mit Schreiben vom 11. Juni 2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter berufen ist.

 

4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Da die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und der Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl.
Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ABl. Nr. C83 vom 30. März 2010 S. 389 entgegenstehen, konnte, ungeachtet eines Parteienantrages, von einer Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG abgesehen werden. Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen.

 

4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

4.1. Der Bf, Staatsangehörige der R. F., geb. am x, ist mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10. April 2014 die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005, BGBl. Nr. 100/2005 idgF, bis 14. April 2016 erteilt worden. Der Bf wurde der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Aufgrund ihres Antrages vom 28.02.2014 beim Magistrat der Stadt Wien wurde der Bf für sich und ihre Tochter – C. G., geb. x, der ebenfalls der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde – mit Bescheid vom 22. Mai 2014, Zl. MA40-SH/2014/394534-001, finanzielle Leistung zur Deckung des Lebensunterhaltes und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs gemäß Wiener Mindestsicherungsgesetz (WMG) vom 1.5.2014 bis 30.4.2015 zuerkannt.

Mit 1. September 2014 erfolgte die Übersiedelung nach L., xstraße 1/EG/3, L., ohne diese Verlegung des Lebensmittelpunktes in ein anderes Bundesland dem Magistrat Wien anzuzeigen. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 3. März 2015, Zl: MA40-SH/2015/181903-001, werden die zu Unrecht empfangenen Leistungen der Mindestsicherung für den Zeitraum 1.9.2014 bis 31.3.2015 rückgefordert.

Die Bf stellte mit 2.9.2014 einen Antrag auf Zuerkennung der bedarfsorientierten Mindestsicherung beim Magistrat Linz. Dieser Antrag wird mit Bescheid vom 12. November 2014, 3.01-ASFJ, wegen mangelnder Mitwirkungspflicht der Bf zurückgewiesen. Mit 21. November 2014 wird ein weiterer Antrag auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs eingebracht, der mit Bescheid vom 5. Dezember 2014 abermals wegen mangelnder Mitwirkungspflicht zurückgewiesen wird. Am 3. Februar 2015 wird nochmals Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs beantragt, der mit Bescheid vom 19.2.2015 wegen mangelnder Mitwirkungspflicht zurückgewiesen wird. Am
12. Februar 2015 stellt die Bf einen Antrag auf Grundversorgung für sich und ihre Tochter. Seit 12. Februar werden die Bf und ihre minderjährige Tochter durch die Grundversorgung der Oö. Landesregierung unterstützt und erhalten finanzielle Leistungen in Form von Lebensmittelgeld und Mietzuschuss (Februar 2015 insgesamt 300 Euro, März 2015 insgesamt 530 Euro).

Ein Schreiben der Caritas vom 10.2.2015 belegt, dass die Bf und ihre Tochter von der Oö. Landesregierung im Sinne der Grundversorgung auch mit einem Quartierplatz versorgt werden könnten.

Mit 20. Februar 2015 wird abermals ein Antrag auf Zuerkennung der bedarfsorientierten  Mindestsicherung gestellt. Mit gegenständlich angefoch-tenem Bescheid wird diesem Antrag keine Folge gegeben.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Beschwerdevorbringen der Bf und ist in dieser Form unbestritten.

 

5. In rechtlicher Hinsicht hat das Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 2 Abs. 5 Oö. BMSG sind Leistungen bedarfsorientierter Mindestsicherung subsidiär (Subsidiaritätsprinzip).

 

Gemäß §  4  Abs. 1 Oö. BMSG  kann bedarfsorientierte Mindestsicherung, sofern dieses Landesgesetz nichts anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die

1.    ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl.Nr. 9/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und

2.    a) österreichische Staatsbürgerinnen und -bürger oder deren Familienangehörige,

b) Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,

c) EU-/EWR-Bürgerinnen oder -Bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

d) Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EG“ oder „Daueraufenthalt - Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungs­nachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,

e) Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

sind.

 

Gemäß § 5 Oö. BMSG ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinn des § 4

1. von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist

2. bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

 

Gemäß § 6 Abs. 1 Oö. BMSG liegt eine soziale Notlage bei Personen vor, die

1. ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder

2. den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Ange-hörigen, die mit ihnen in Hausgemeinschaft leben,

nicht decken können oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.

 

Gemäß § 6 Abs. 5 leg.cit. OÖ. BMSG gelten nicht als soziale Notlage Situationen, für die bereits auf der Basis anderer gesetzlicher Grundlagen ausreichend Vorsorge getroffen wurde.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Oö. BMSG setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindest-sicherung die Bereitschaft der hilfebedürftigen Person voraus, in angemessener, ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht angemessen, wenn sie offenbar aussichtslos wäre.

 

Gemäß § 7 Abs. 2 Oö. BMSG gelten als Beitrag der hilfebedürftigen Person im Sinn des Abs. 1 insbesondere

1. der Einsatz der eigenen Mittel nach Maßgabe der §§ 8 bis 10;

2. der Einsatz der Arbeitskraft nach Maßgabe des § 11;

3. die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte, bei deren Erfüllung die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung nicht oder nicht in diesem Ausmaß erforderlich wäre sowie

4. die Umsetzung ihr von einem Träger bedarfsorientierter Mindestsicherung oder einer Behörde nach diesem Landesgesetz aufgetragenen Maßnahmen zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage.

 

Gemäß § 1 Abs. 1 Grundversorgungsgesetz 2006 idgF, sind die in der Grundversorgungsvereinbarung, LGBl. 93/2004, vorgesehenen Hilfen und Maßnahmen hilfs- und schützbedürftigen Fremden, die ihren Hauptwohnsitz und Aufenthalt in Oberösterreich haben, vom Land zu erbringen. Dies gilt nicht, wenn die Art der Hilfeleistung den Aufenthalt außerhalb von Oberösterreich erfordert.

Gemäß § 1 Abs. 2 Oö. Grundversorgungsgesetz besteht ein Anspruch auf eine bestimmte Art und Form der Grundversorgung nicht.

 

Artikel 6 der Grundversorgungsvereinbarung enthält eine umfassende Liste von im Rahmen der Grundversorgung zu gewährenden (Sach)Leistungen zur Abdeckung von menschlichen Grundbedürfnissen, wie Wohnen (Unterbringung unter Achtung der Menschwürde und unter Beachtung der Familieneinheit), Verpflegung, Bekleidung Taschengeld, Krankenversorgung, Schulaufwand und Hilfe für pflegebedürftige Personen. Die Grundversorgung kann, wenn damit die Bedürfnisse des Fremden ausreichend befriedigt werden, auch in Teilleistungen gewährt werden (Artikel 6 Abs.2 Grundversorgungsvereinbarung).

 

Gemäß Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaats-angehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, in den Mitgliedstaat, der die jeweilige Rechtstellung gewährt hat, die notwendige Sozialhilfe wie Staatsangehörige dieses Mitgliedstaates erhalten.

Gemäß Art. 28 Abs. 2 dieser Richtlinie können die Mitgliedstaaten abweichend von der allgemeinen Regel nach Absatz 1 die Sozialhilfe für Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, auf Kernleistungen beschränken, die sie im gleichen Umfang und unter denselben Voraussetzungen wie für eigene Staatsangehörige gewähren.

 

Die „Statusrichtlinie“ (Richtlinie 2004/83/EG) und die hier maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen haben – auszugsweise – folgenden Wortlaut:

„In Erwägung nachstehender Gründe:

.....

(6) Das wesentliche Ziel dieser Richtlinie ist einerseits, ein Mindestmaß an Schutz in allen Mitgliedstaaten für Personen zu gewährleisten, die tatsächlich Schutz benötigen, und andererseits sicherzustellen, dass allen diesen Personen in allen Mitgliedstaaten ein Mindestniveau von Leistungen geboten wird.

.....

(33) Insbesondere zur Vermeidung sozialer Härtefälle ist es angezeigt, Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, ohne Diskriminierung im Rahmen der Sozialfürsorge angemessene Unterstützung in Form von Sozialleistungen und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren.

(34) Bei der Sozialhilfe und der medizinischen Versorgung sollten die Modalitäten und die Einzelheiten der Gewährung der Kernleistungen durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften bestimmt werden. Die Möglichkeit der Einschränkung von Leistungen für Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, auf Kernleistungen ist so zu verstehen, dass dieser Begriff zumindest ein Mindesteinkommen sowie Unterstützung bei Krankheit, bei Schwangerschaft und bei Elternschaft umfasst, sofern diese Leistungen nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats eigenen Staatsangehörigen gewährt werden.

 

In Umsetzung der Grundversorgungsvereinbarung gemäß Art. 15a B-VG, BGBl. I Nr. 80/2004 wurde mit dem Oö. Grundversorgungsgesetz 2006, LGBl.
Nr. 12/2007 idgF in § 7 Abs. 1 festgehalten, dass Fremde, die zum Personenkreis von Art. 2 Abs. 1 der Grundversorgungsvereinbarung gehören, mit Ausnahme von Personen, denen Asyl gewährt wurde und Personen mit einem Aufenthaltsrecht gemäß § 8 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Oö. Sozialhilfegesetz 1998 und dem Oö. Mindestsicherungsgesetz haben.

Gemäß § 7 Abs. 2 Oö. Grundversorgungsgesetz sind Leistungen der Grundversorgung zur Gänze auf Leistungen nach dem Oö. Sozialhilfegesetz 1998 oder dem Oö. Mindestsicherungsgesetz anzurechnen.

 

5.2. Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung ist u.a, dass eine Person von einer sozialen Notlage betroffen ist. Eine soziale Notlage liegt u.a. bei Personen vor, die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf nicht decken oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.

Nicht als soziale Notlage gelten Situationen, für die bereits auf der Basis anderer gesetzlicher Grundlagen ausreichend Vorsorge getroffen wurde (§ 6 Abs. 5 Oö. BMSG).

Unter Zugrundelegung dieser Rechtslage ist zunächst festzuhalten, dass in Umsetzung der Richtlinie 2004/83/EG vom Landesgesetzgeber im Oö. BMSG ausdrücklich festgehalten wurde, dass Personen, die zur Zielgruppe der Grundversorgungsvereinbarung zählen, gleichzeitig nicht auch Hilfe nach dem Mindestsicherungsgesetz erhalten können.

Dazu kann auf die Erläuternden Bemerkungen zu § 6 Abs. 5 Oö. BMSG in Beilage 434/2011 zur XXVII. GP Seite 36 (Bericht des Sozialausschusses betreffend das Landesgesetz, mit dem das . BMSG erlassen und das Oö. Sozialhilfegesetz 1998, das Oö. Jugendwohlfahrtsgesetz 1991, das Landesgesetz betreffend die Chancengleichheit von Menschen mit Beeinträchtigungen und das Oö. Grundversorgungsgesetz 2006 geändert wurden) verwiesen werden:

Von besonderer Bedeutung ist Abs. 5, der eine grundsätzliche Abgrenzung zu verwandten Rechtsbereichen mit einem Leistungsangebot, das zwar eine ähnliche Zielrichtung hat, aber mitunter geringere Leistungshöhen als die bedarfsorientierte Mindestsicherung vorsieht, ermöglicht. So verfolgen z.B. auch das subsidiäre Mindesteinkommen nach dem Oö. ChG, die Leistungen nach dem Oö. Grundversorgungsgesetz 2006 oder das Kinderbetreuungsgeld nach dem KBGG das erkennbare Ziel, den Lebensunterhalt bzw. Wohnbedarf zu decken. Der Subsidiaritätsgedanke alleine hilft hier nicht, um die Frage beantworten zu können, ob neben diesen Leistungen zusätzlich bedarfsorientierte Mindestsicherung zu erbringen ist - oder nicht. Nach der nunmehrigen Regelung ist zur Beantwortung dieser Frage zu prüfen, ob durch die "andere gesetzliche Grundlage ausreichend Vorsorge getroffen wurde". Hier zeigt sich z.B. im § 16 Oö. ChG und im § 3 Abs. 1 sowie § 7 Abs. 1 und 2 Oö. Grundversorgungsgesetz 2006 (für Personen, denen nicht Asyl oder ein Aufenthaltsrecht gemäß § 8 Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde), dass der Gesetzgeber eine ausreichende Bedarfsdeckung durch die Leistungen des jeweiligen Gesetzes angenommen hat. In diesen Fällen kann also nicht mehr davon ausgegangen werden, dass eine soziale Notlage vorliegt. Demgegenüber kann z.B. beim Kinderbetreuungsgeld auf Grund der Gesetzessystematik (insbesondere der möglichen Bezugsvarianten) nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber eine Bedarfsdeckung im Auge hatte. Daraus ergibt sich somit, dass in den ersten beiden Fällen ein Parallelbezug ausscheidet, im Fall des Kinderbetreuungsgeldes jedoch eine Aufzahlung aus der bedarfsorientierten Mindestsicherung möglich ist.

 

Zum Beschwerdevorbringen, dass eine „ausreichende Versorgung“ im gegenständlichen Fall nicht vorliege, da der Auszahlungsbetrag der Grundversorgung unter jenem des Mindeststandards des § 1 Oö. BMSV liege, ist festzustellen, dass die Gewährung eines Mindesteinkommens an sich im Oö. BMSG nicht vorgesehen ist.

Die Erbringung einer solchen – im Erwägungsgrund 34 der Statusrichtlinie erwähnten – Leistung an subsidiär Schutzberechtigte ist daher nach der Statusrichtlinie schon deshalb nicht erforderlich, weil eine derartige Sozialhilfeleistung ihrer Art nach auch für österreichische Staatsbürger nicht vorgesehen ist (VwGH vom 15.12.2011, Zl. 2008/10/0001).

 

Die belangte Behörde hat aus diesen dargestellten Gründen den Antrag der Bf auf über die Grundversorgungsleistung hinausgehende Leistung aus bedarfsorientierter Mindestsicherung zu Recht abgewiesen.

 

Es war somit auf gund dieser Sach- und Rechtslage spruchgemäß zu ent-scheiden.

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Reichenberger

Beachte:

Das angefochtene Erkenntnis wurde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

VwGH vom 28. Juni 2016, Zl.: Ra 2015/10/0110-11