LVwG-410724/2/FP

Linz, 03.08.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerde des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr, Handel-Mazzetti-Promenade 14, 4400 Steyr [Mitbeteiligter (Mb): H.G., geb. x, x, x, vertreten durch Dr. F.M., Rechtsanwalt in W.], gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 14. April 2015, GZ. Pol96-53-2014, mit welchem ein Strafverfahren wegen § 50 Abs 4 GSpG eingestellt wurde,

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abge­wiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Schreiben vom 6. Mai 2014 zeigte das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr Organpartei)  eine Übertretung nach dem § 50 Abs 4 GSpG bei der belangten Behörde an.

Die Organpartei hatte am 23. April 2014 in einem in der Beschwerde näher bezeichneten Lokal in Perg eine Kontrolle nach dem GSpG durchgeführt und von einer beim Lokalbetreiber angestellten Person Auskünfte verlangt. Diese verwei­gerte aufgrund einer telefonischen Anordnung des Mb und einer schriftlichen Dienstanweisung jegliche Auskunft.

Die Organpartei begehrte von der belangten Behörde die Einleitung von Verwal­tungsstrafverfahren gegen den Mb, wobei sie insgesamt 6 Verstöße aufzeigte.

 

I.2. Die belangte Behörde leitete ein Verwaltungsstrafverfahren ein und übermittelte dem Mb am 22. Juli 2014 eine Aufforderung zur Rechtfertigung, die ausschließlich folgenden Vorwurf enthielt:

„Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit nach Außen hin Vertretungsberufener der Lokalbetreiberfirma c. w. mbh mit Sitz in L., x am 23.4.2014 um 14.55 Uhr in der Lokalität der c. w. mbh in P., x gegen die Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG verstoßen, indem Sie in ihrer Eigenschaft als Bereithalter von Glücksspielgeräten nicht dafür gesorgt haben, dass eine anwesende Peron den Organen der Abgabenbehörde als Organe der öffentlichen Aufsicht, welche zu diesem Zeitpunkt eine Kontrolle am oben angeführten Tatort durchführten, den Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nach kam und umfassend Auskünfte erteilte.“    

 

I.3. Mit Rechtfertigung vom 29. Juli 2014 bestritt der Mb und verwies auf Entscheidungen des UVS Oö. nach welchen die Erteilung einer Dienstanweisung zum Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zulässig und die Duldungs- und Mitwirkungspflicht ende, sobald eine Verdachtslage gegeben sei.

In einer weiteren Stellungnahme vom 24. Oktober 2014 führte der Mb aus, dass das GSpG dem Unionsrecht widerspreche.

 

I.4. In einer Stellungnahme vom 29. Oktober 2014 führte die Abgabenbehörde aus, dass sich die Vorwürfe gegen den Mb aus einer Niederschrift  vom 23. April 2014 ergeben würden. Eine näher genannte Übertretung sei dem Mb unmittel­bar, andere im Wege des § 7 VStG anzulasten.

 

I.5. Mit Bescheid vom 14. April 2015 stellte die belangte Behörde das Verwaltungsstrafverfahren unter Verweis auf die Entscheidungen des Landesverwaltungsgerichtes Oö. LVwG-410076 und 410072 ein.

 

I.6. Dagegen erhob die Organpartei mit Schriftsatz vom 4. Mai 2015 recht­zeitig Beschwerde und führte aus wie folgt:

 

[...]

„Begründung:

Als Beschwerdegründe werden unrichtige Tatsachenfeststellung, unrichtige Beweiswürdi­gung und unrichtige rechtliche Beurteilung namhaft gemacht.

 

Von der Finanzpolizei FPT 43, als Organ der Abgabenbehörde des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr gem § 9 Abs 3 und 4 AVOG 2010 iVm § 10b AVOG 2010 - DV, somit als Amtspartei gem. § 50 Abs 5 GSpG wird gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 14.04.2015, ZI. Pol96-53-2014/KG, mit welchem von der Fortsetzung des Verwaltungsstrafverfahrens wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht abgesehen und das Verfahren eingestellt wurde, fristgerecht nachfolgende

 

Beschwerde

erhoben:

 

Vorweg ist festzuhalten, dass der Beschuldigte weder Tatsachen, noch Argumente vorgebracht hat, welche die angelasteten Verletzungen der Mitwirkungspflicht zu widerlegen, geeignet sein könnten.

 

Bei einer durch die Finanzpolizei (FFT 43) am 23.4. 2014 im Lokal „Wettcafe c.'\ P., x, durchgeführten Kontrolle wurde vom anwesenden Mitarbeiter der Fa. c. w. mbh, Herrn V.M., seiner Verpflichtung im Sinne des § 50 Abs.4 GSpG nicht nachgekommen. Dieser verweigerte die Aussage und beantwortete keine der ihm niederschriftlich gestellten Fragen. Dies mit dem Verweis auf eine Dienstanweisung und die telefonische Anordnung von Herrn G.H. um 15:20 Uhr während der Kontrolle.

Eine gemäß § 50 Abs.4 GSpG (andere) anwesende Person, die den dieser Bestimmung entsprechenden Verpflichtungen gegenüber den Kontrollorganen nachgekommen wäre, war ebenfalls nicht zugegen.

 

Mit Anzeige vom 29.4.2014 wurde deshalb eine Bestrafung des Beschuldigten als vertretungsbefugtes Organ der c. w. mbh wegen Verletzung der Mitwirkungspflichten im Sinne des § 50 Abs.4 iVm § 52 Abs.1 Z5 GSpG beantragt, da zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht für die Anwesenheit einer Person gesorgt worden war, die gegenüber den Kontrollorganen die Verpflichtungen gemäß § 50 Abs.4 GSpG wahrzunehmen gehabt hätte.

 

In seiner Rechtfertigung vom 29.07.2014 wurde von dem rechtsfreundlich vertretenen Beschuldigten nicht bestritten, dass keine Auskünfte erteilt wurden und dass dies durch die Dienstanweisung so vorgeschrieben worden sei.

Somit bleibt auch unbestritten, dass keine Person am Kontrolltag anwesend war, die die Verpflichtungen gemäß § 50 Abs.4 GSpG gegenüber den Kontrollorganen wahrge­nommen hätte.

Die BH Perg sah mit Bescheid vom 14.4.2015, GZ Pol96-53-2014/KG von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens ab und stellte das Verfahren ein.

 

Begründend führte die Behörde dazu aus:

Zur Abklärung dieser Auskunftsverpflichtung wurden zwischenzeitlich in vielen Erkennt­nissen der Gerichte Grenzen der Duldungs- oder Mitwirkungspflicht des  § 50 Abs.4 aufgezeigt. So auch im  Erkenntnis des Oö Landesverwaltungsgericht vom 15.7.2014,   LVwG-410076/2/HW/BZ/TK, welches der weiteren Beurteilung der ggstl. Angelegenheit zugrunde gelegt wird. Darin führt das Landesverwaltungsgericht auszugsweise an, dass § 50 Abs. 4 GSpG eine "umfassende" Mitwirkungs-und Duldungspflicht normiert, welche sich an verschiedene Adressaten richtet. Im Grunde soll diese Mitwirkungs-und Duldungspflicht die Effizienz der Kontrolle im Rahmen des GSpG steigern (vgl grundlegend EBRV 658 BlgNR 24. GP, 3) und zur Gewinnung der notwendigen Infor­mationen zur Durchführung der Überwachungsaufgaben im Rahmen des GSpG führen, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen  des GSpG erforderlich ist (vgl dazu§ 50 Abs. 4 1. Satz GSpG).

 

Schon im  Wortlaut der Bestimmung des § 50 Abs.4 GSpG ist eine erste Grenze der Duldungs-und Mitwirkungspflicht ersichtlich. Diese Pflichten erstrecken sich nur auf den Bereich der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen  des GSpG. Liegt hingegen der Verdacht - welcher im Kern des Begriffes notwendig ein begründeter, dh auf Tatsachen zurückzuführender ist - auf einen Verstoß gegen das GSpG vor, so endet die Duldungs-und Mitwirkungspflicht. Ab diesem Zeitpunkt handelt es sich nicht mehr um die Durchführung von Überwachungsaufgaben zum Zweck der Einhaltung des GSpG, sondern zum Zwecke der Tataufklärung und Ermittlung wegen eines angenommenen Verstoßes gegen das GSpG.

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass für die Befragung durch die Finanzpolizei im gegenständlichen Fall der bestehende Verdacht von Eingriffen in das Glücksspielmonopol und damit von Übertretungen des GSpG ausschlaggebend war. Es wird auch in der Niederschrift als Gegenstand der Amtshandlung ausdrücklich  der" Verdacht der Übertretung nach dem GSpG" bezeichnet. Schon bei Beginn der Befragung tag eine Verdachtstage vor und endete bei verfassungskonformer Auslegung die  Mitwirkungspflicht gern § 50 Abs 4 GSpG. Damit steht fest, dass für das Verlangen  von Auskünften durch die Finanzpolizei im gegenständlichen Fall a priori der Verdacht von Eingriffen in das Glücksspielmonopol und damit von Übertretungen der Strafbestimmung des § 52 GSpG ausschlaggebend war.

 

Da aber - wie bereits oben ausgeführt - schon aufgrund des Wortlauts des § 50 Abs 4 
1. Satz GSpG die Duldungs-und Mitwirkungspflicht schon bei Bestehen eines begründeten  Verdachts auf einen Verstoß gegen das GSpG endet und ein solcher bereits im Zeitpunkt des Auskunftsverlangens vorgelegen ist ("Verdacht der Übertretung nach dem GSpG" bildete den Grund der Einvernahmen taut Niederschrift), war mangels Mitwirkungspflicht an der Strafverfolgung  und Aufklärung von Delikten keine mit Strafe  bedrohte Handlung möglich.

Zusammengefasst kann daher gesagt werden, dass die Mitwirkungspflicht bereits zu jenem Zeitpunkt endete, als die Finanzpolizei betriebsbereite Geräte im Lokal vorgefunden hat und Testspiele absolvierte, was gleich nach Beginn der Amtshandlung am 23.04.2014 um 14:55 Uhr der Fall war. Daher lag zum Zeitpunkt der Befragung bzw. der Niederschrift um 15:15 Uhr nach verfassungskonformer Auslegung bereits keine Mitwirkungspflicht und daher auch keine Verwaltungsübertretung mehr vor.

 

Mit dieser Ansicht verkennt die Behörde die Rechtslage:

 

§ 50 Abs. 4 GSpG normiert, dass die Behörde nach Abs. 1 und die in Abs. 2 und 3 genannten Organe zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt sind, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt Ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach Abs. 1, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs. 3) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt.

 

Mit der Verweigerung der Aussage unter Verweis auf die Dienstanweisung und die telefonische Anordnung durch Herrn G.H. bzw. aufgrund der Tatsache, dass sonst keine weitere Person vor Ort anwesend war, welche den Kontrollorganen gegenüber den Verpflichtungen des § 50 Abs.4 GSpG nachkommen hätte können, lag sohin ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten vor.

Herrn V.M. wurden allgemeine Fragen gestellt (siehe Niederschrift), welche weder Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse betrafen und welche auch durch einen „normalen Angestellten" beantwortet hätten werden können.

 

Der VwgH sprach zur Frage der Selbstbelastung aus: (VwGH 2013/17/0834, 24.02.2014): Der Verwaltungsgerichtshof ist wiederholt von einer Mitwirkungspflicht der Partei selbst in einem Strafverfahren ausgegangen, wenn es etwa der Behörde nicht möglich ist, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ohne Mitwirkung des Beschuldigten festzustellen (vgl. die bei N. Raschauer in: Raschauer/Wessely, VStG,  Rz 5 zu § 25 angeführte hg. Rechtsprechung).

Mit den in § 50 Abs. 4 GSpG enthaltenen Duldungs- und Mitwirkungspflichten wollte der Gesetzgeber der Versuch der Glücksspielanbieter begegnen, durch mangelnde Kooperation die Behörden an der Erlangung hinreichender Verdachtsmomente zu hindern und so bereits im Ansatz die Einleitung von Strafverfahren zu vereiteln. Nicht nur, dass den Kontrollorganen Testspiele unentgeltlich ermöglicht werden sollten, es sollten sich die Verpflichteten auch nicht durch mangelnde Vorkehrungen ihrer Mitwirkungspflicht entziehen können (vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage 1960 BlgNR 24. GP 51 zu §50 Abs. 4 zweiter Satz GSpG). Ohne diese Pflichten wäre es den Behörde nicht oder nur mit unangemessen hohem Aufwand möglich, Verstöße gegen das Glücksspielgesetz festzustellen und entsprechend zu ahnden.

 

Die Begründung der BH Perg - mit Bezug auf das Erkenntnis des LVwG - wonach sich die Duldungs- und Mitwirkungspflichten nur auf den Bereich der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG beziehen und bei einem Verdacht auf einen Verstoß gegen das GSpG die Duldungs- und Mitwirkungspflicht enden würden, kann weder aus dem Gesetzeswortlaut abgeleitet werden, noch wird dies durch die vorhandene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Thematik der Duldungs- und Mitwirkungspflichten bestätigt. Im § 50 Abs.4 GSpG bezieht sich der Teilsatz „soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich  ist" lediglich  auf das Betreten von Betriebsstätten, Betriebsräumen und anderen Räum­lichkeiten (auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist). Ein Bezug zu den im nächsten Satz des § 50 Abs.4 GSpG beschriebenen Mitwirkungspflichten kann hier jedenfalls nicht gesehen werden, weshalb die Verpflichtung gemäß § 50 Abs.4 GSpG auf Anwesenheit einer Person, die gegenüber den Kontrollorganen die Verpflichtungen des
§ 50 Abs.4 GSpG wahrzunehmen hat, jedenfalls bestehen bleibt.

 

Dazu sprach sich auch der VwGH in seinem Erkenntnis vom 21.08.2014, ZI Ra 2014/17/0004 aus:

Die vom Revisionswerber diesbezüglich ins Treffen geführte Wendung 'soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG erforderlich ist (wobei er die Erforderlichkeit verneint, weil die Kontrollorgane selbst einen Versuch hätten unter­nehmen können, die Betriebsbereitschaft herzustellen) bezieht sich nach dem Wortlaut der genannten Vorschrift nämlich nur auf das Betretungsrecht der betreffenden Kontroll­organe, nicht aber auf die im Einzelnen normierten Duldungs- und Mitwirkungspflichten.

 

Auch wenn eine im Verdacht stehende Person nicht dazu verpflichtet ist Beweise gegen sich selbst zu liefern, ist im gegenständlichen Fall jedenfalls von einer Verletzung der Mitwirkungsverpflichtung des Beschuldigten auszugehen, da - auch aufgrund der durch den Beschuldigten mittels Dienstanweisung und telefonischer Anordnung und der damit hervorgerufenen Aussageverweigerung durch den einzigen im Lokal anwesenden Angestellten - keine (auch nicht allgemeine, sohin nicht belastende) Auskünfte den Kontrollorganen beispielsweise zu den Geräten erteilt wurden und auch keine (andere) Person gemäß der Bestimmung des § 50 Abs.4 GSpG im Lokal anwesend und diesen Verpflichtungen nachgekommen war.

Es entspricht auch nicht der Tatsache, dass die Finanzpolizei betriebsbereite Geräte im Lokal vorgefunden und Testspiele absolviert hat, da gerade dieses aufgrund der Nicht­mitwirkung nicht möglich war.

 

Indem die Behörde dies verkannte, belastet sie ihren Bescheid mit Rechtwidrigkeit.

 

Antrag:

Aufgrund der dargelegten Ausführungen wird beantragt der Beschwerde Folge zu geben, den bekämpften Bescheid zu beheben und - mittels Entscheidung in der Sache - eine Bestrafung auszusprechen.“

 

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Zumal schon aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt die öffentliche mündliche Verhandlung (§ 44 Abs 2 VwGVG).

 

II.2. Nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht fest:

 

Die Abgabenbehörde hat am 24. April 2014 um 14:55 Uhr im Lokal „W. c.“ in P., x, eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz durchgeführt. Das genannte Lokal wird von der c. w. mbH mit Sitz in L., x betrieben. Der Mb ist Geschäftsführer dieser Gesellschaft.

Während der Kontrolle war im Lokal ein Angestellter, Hr. M.V. anwesend. Der Mb war nicht anwesend.

Der Angestellte wurde von der Abgabenbehörde befragt und gab auf die Frage, wer Geschäftsführer des Betriebes sei, an, dass dies der Mb sei. Um 15.20 Uhr rief der Mb im Lokal an und wies seinen Angestellten an, keine Aussagen zu tätigen. Um 15:36 Uhr rief der Angestellte den Mb an, welcher ihn anwies, drei Geräte mit der Bezeichnung K. nicht in Betrieb zu nehmen und kein Geld für Einsätze zur Verfügung zu stellen. Der Angestellte wies zudem ein als Dienst­anweisung bezeichnetes maschinengeschriebenes Formular vor, das zusammen­gefasst zum Inhalt hatte, dass nur der Geschäftsführer auskunftspflichtig sei und anderen im Lokal anwesende Personen keine Auskünfte erteilen dürften. Zudem beinhaltet die Dienstanweisung einen Hinweis auf § 49 Abs 1 lit b AVG, Ausführungen darüber, dass Informationen in Zusammenhang mit dem Betrieb von Eingabeterminals Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse seien und eine Klarstellung, dass ein Verstoß die Entlassung und die Geltendmachung allfällige Schadenersatzansprüche nach sich ziehen würde. Die Dienstanweisung stammt vom 6. Februar 2012 und ist von M.V. unterfertigt. Eine zweite Unterschrift ist unleserlich. Auslassungen im Formular, die sich auf die Bezeichnung des Unternehmens beziehen, sind handschriftlich mit „x“ ausgefüllt.

Die  Aufforderung zur Rechtfertigung vom 17. Juli 2014, enthält ausschließlich folgenden Vorwurf:

„Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit nach Außen hin Vertretungsberufener der Lokalbetreiberfirma c. w. mbh mit Sitz in L., x am 23.4.2014 um 14.55 Uhr in der Lokalität der c. w. mbh in P., x gegen die Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG verstoßen, indem Sie in ihrer Eigenschaft als Bereithalter von Glücksspielgeräten nicht dafür gesorgt haben, dass eine anwesende Peron den Organen der Abgabenbehörde als Organe der öffentlichen Aufsicht, welche zu diesem Zeitpunkt eine Kontrolle am oben angeführten Tatort durchführten, den Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nach kam und umfassend Auskünfte erteilte.“

 

Weitere, einen anderen Vorwurf enthaltende Verfolgungshandlungen hat die zur Anwendung des VStG berufenen BH Perg nicht gesetzt.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III.1. Rechtliche Grundlagen:

 

§ 50 Abs 4 GSpG in der zum Zeitpunkt der Kontrolle gültigen Fassung lautete:

 

§ 50. [...]

(4) Die Behörde nach Abs. 1 und die in Abs. 2 und 3 genannten Organe sind zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebs­räume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach Abs. 1, dem Amts­sachverständigen (§ 1 Abs. 3) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt.

[...]

 

§ 52 Abs 1 Z5 GSpG in der zum Zeitpunkt der Kontrolle gültigen Fassung lautete:

 

§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

[...]

5. wer gegen eine Bestimmung der in § 2 Abs. 3 vorgesehenen Verordnung, gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigeverpflichtung gemäß § 4 Abs. 6 oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs. 4 verstößt;

[...]

 

§ 44a VstG lautet:

 

§ 44a. Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

 

III.2. Rechtliche Beurteilung:

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG in ständiger Judikatur ausgesprochen, die Tat sei im Spruch so weit zu konkretisieren, dass diese nach Tatort und Tatzeit unverwechselbar feststeht sowie eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und damit auch die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985); im Spruch sind demgemäß alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Indivi­dualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind.

 

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist also dann entsprochen, wenn im Spruch die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um den Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhalten nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Eine Umschreibung der Tat bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu
§ 44a VStG).

 

In seinem Erkenntnis vom 31. Juli 2014, Ro 2014/02/0099, hat der Verwaltungs­gerichtshof wie folgt ausgesprochen: „Nach der Rechtsprechung des Verwal­tungsgerichtshofes war die Berufungsbehörde in Verwaltungsstrafsachen berechtigt, die als erwiesen angenommene Tat – unter Beachtung der durch das Verbot der reformatio in peius (§ 51 Abs 6 VStG, vgl nun § 42 VwGVG) gezogenen Grenzen – einer anderen rechtlichen Subsumtion, etwa der Unter­stellung unter eine andere Strafnorm, zu unterziehen (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Oktober 2007, Zl 2006/09/0031). Im Hinblick auf die den Verwaltungs­gerichten übertragene Pflicht, in Verwaltungsstrafsachen über Beschwerden meritorisch zu entscheiden (Art 130 Abs 4 erster Satz B-VG und § 50 VwGVG), kann für das Beschwerdeverfahren gegen Straferkenntnisse der Verwaltungs­behörden vor den Verwaltungsgerichten nichts anderes gelten.“

 

Mit Erkenntnis vom 13. Oktober 2013, 2009/06/0189, sprach der Verwaltungs­gerichtshof aus, dass "‘Sache‘ des Berufungsverfahrens [...] die Angelegenheit [ist], die Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz war; die den Entscheidungsspielraum der Berufungsbehörde begrenzende Sache iSd (gemäß
§ 24 VStG im Strafverfahren anwendbaren) § 66 Abs. 4 AVG ist also nicht etwa jene, welche in erster Instanz in Verhandlung war, sondern ausschließlich die, die durch den (Spruch des) erstinstanzlichen Bescheid(es) begrenzt ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, S 1265 unter E 111f zu § 66 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Gegenstand des Verfahrens vor der belangten Behörde war somit nur die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides genannte Tat.“

 

Die Bestimmung des § 50 Abs 4 GSpG verpflichtet verschiedene Adressaten, (Veranstalter und Anbieter von Glücksspielen und Personen, die Glücks­spieleinrichtungen bereithalten), unmittelbar zur Mitwirkung. Daneben kann jeweils eine Beteiligungssituation bestehen. Denkbar ist etwa, dass der Veranstalter oder Anbieter von Glücksspielen dazu beiträgt oder anstiftet, dass eine bereithaltende Person ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommt. Weiters ist die Variante denkbar, dass eine juristische Person als Veranstalter bzw Inhaber vorhanden ist und ein außenvertretungsbefugtes Organ (zB Geschäftsführer) im Rahmen des § 9 VStG verantwortlich ist. In diesem Zusammenhang kann das außenvertretungsbefugte Organ wiederum in zwei Varianten haften. Entweder setzt das Organ selbst in zurechenbarer Weise ein rechtswidriges Verhalten für die juristische Person oder das außenvertretungsbefugte Organ muss sich ein rechtswidriges Verhalten von Mitarbeitern als Organisationsverschulden zu­rechnen lassen. Vor Allem ist aber denkbar, dass das zur Außenvertretung befugte Organ im Wege des § 7 VStG selbst (also nicht als Vertreter gem. § 9 VStG) haftet, weil es vorsätzlich dazu beigetragen hat, dass der unmittelbaren Täter eine strafbare Handlung gesetzt hat.

Die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person den vom Gesetz geforderten Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt, stellt eine Organisationsverpflichtung dar, die primär dem Unternehmen bzw dem Betreiber, also Veranstalter oder Inhaber trifft, also im Strafverfahren eine Anwendung des § 9 VStG erforderlich machen wird.

  

Da die Art der Täterschaft einer Verwaltungsübertretung nach dem § 50 Abs 4 iVm § 52 Abs 1 Z 5 GSpG also in vielen Erscheinungsformen möglich ist, hat im Spruch des Straferkenntnisses eine genaue, keine Zweifel offen lassende, Darstellung der Täterschaft und Beteiligung iSd § 7 VStG zu erfolgen, um dem Beschuldigten eine entsprechende Verteidigung zu ermöglichen. Das gleiche gilt für Verfolgungshandlungen. Dies insbesondere dann, wenn sie sich im Wesent­lichen damit begnügen, das Gesetz zu zitieren und nicht den Sachverhalt konkretisiert darstellen. Erfolgt diese Differenzierung und Konkretisierung nicht, so ist der Spruch des Straferkenntnisses oder die Verfolgungshandlung nicht iSd Anforderungen nach § 44a Z 1 VStG bestimmt und unverwechselbar und daher mit Rechtswidrigkeit behaftet. So hat beispielsweise der Verwaltungsgerichtshof zur Beteiligungsform der Beihilfe klargestellt, dass im Spruch sowohl die Tatumstände zu konkretisieren sind, welche eine Zuordnung der Tat des Haupttäters zur verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglicht, als auch jenes konkrete Verhalten, durch welches der Tatbestand der Beihilfe verwirklicht wird (vgl VwSlg 13112 A/1990 und VwSlg 13224 A/1990).

 

Diese einzelfallbezogene Konkretisierung des Spruches iSd § 44a Z 1 VStG ist erforderlich, um den Beschuldigten in die Lage zu versetzen, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um den Tatvorwurf zu widerlegen, und um den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl VwGH 18.10.2011, Zl. 2011/02/0281 unter Bezugnahme auf Vorjudikatur) und damit der Gefahr einer allfälligen Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (vgl speziell für Übertretungen nach dem GSpG VwGH 12.3.2010, Zl. 2010/17/0017).

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Auslegung des Terminus des „Bereithaltens“ maßgeblich, ob der in Frage kommenden Person die faktische Macht zukommt, für die Verfügbarkeit oder Nichtverfügbarkeit eines Glücksspielapparates zu sorgen (VwGH 21. August 2014, Ra 2014/17/0004;
15. März 2013, 2012/17/0590).

In seiner Entscheidung vom 20. Juni 2012, 2012/17/0114 führt der VwGH Folgendes aus:

Das GSpG definiert den Begriff des "Bereithaltens" einer Glücksspieleinrichtung bzw. der "Person, die Glücksspieleinrichtungen bereit hält", zwar nicht näher und auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Novelle des GSpG mit BGBl. I Nr. 54/2010, mit welcher § 50 Abs. 4 GSpG in das GSpG eingefügt wurde (658 Blg NR, 24. GP, 8), enthalten keine Ausführungen zu § 50 Abs. 4 GSpG. Unter einer "Person, die Glücksspieleinrichtungen bereit hält", kann jedoch schon nach dem Wortsinn und dem Gesetzeszweck jemand verstanden werden, der de facto für die Bereithaltung einer "Einrichtung", mit der Glücksspiele von Dritten gespielt werden können, sorgt. Das Bereithalten wird vom Gesetzgeber in § 50 Abs. 4 GSpG vom "Veranstalten" und "Anbieten" eines Glücksspielapparates unterschieden. Das "Bereithalten" setzt somit keine rechtlichorganisatorische Beziehung zu der Glücksspieleinrichtung in dem Sinne voraus, dass jemand das Spiel organisierte, dass die Verträge mit ihm abgeschlossen würden oder die Spiele auf seine Rechnung erfolgten. Der Gesetzgeber wollte mit der Bestimmung offensichtlich auch eine Auskunftsverpflichtung jener Personen schaffen, die zwar mit der Veranstaltung des Spiels nicht im eben genannten Sinne zu tun haben, die aber durch ihr Verhalten die Durchführung des Spiels erst ermöglichen und in vielen Fällen bei Kontrollen die einzigen Personen sind, die den Kontrollorganen Auskünfte erteilen können. Im Falle der Aufstellung eines Glücksspielapparats in einem Lokal trifft somit die Auskunftspflicht nach § 50 Abs. 4 GSpG nicht nur den Betreiber des Apparats, der in einer großen Zahl der Fälle nicht im Lokal anwesend sein wird, sondern den- oder diejenigen, die faktisch für die Verfügbarkeit des Apparats sorgen. Die Abgrenzung, welche Angestellte des Lokalbetreibers damit von der Auskunftspflicht erfasst sind, hat sich nach dem Aufgabenbereich des Angestellten zu richten.“

 

Vor dem Hintergrund der verschiedenen möglichen Tatbegehungsformen hat die belangte Behörde also eine differenzierte und konkretisierte Fassung des Tatvorwurfes vorzunehmen. Dabei können sich weitgehend mit dem Gesetzes­wortlaut deckende Formulierungen der Strafbehörde für die Bestimmtheit iSd
§ 44a Z 1 VStG nicht genügen. Durch die substanzlose Verwendung der verba legalia wird nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs noch keine Konkretisierung im Sinne der Anforderungen des § 44a Z 1 VStG vorgenommen. Denn es reicht nicht aus, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung von Tatzeit und Tatort wiederzugeben, sondern die Tat ist ent­sprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Es erweist sich, dass die §§ 50 Abs 4 und 52 Abs 1 Z5 GSpG etliche voneinander abzugrenzende Tatbestandsvarianten zu lassen, nämlich zunächst zwei mögliche Handlungspflichten, das „Mitwirken“ oder das „Dulden“ kennt. Eine Verletzung dieser Pflichten kann wiederum von verschiedenen Personen, dem Veranstalter, dem Inhaber oder dem Bereithalter durch verschiedene im Gesetz ausdrücklich dargestellte Varianten erfolgen, nämlich durch das „nicht umfassend Auskünfte erteilen“, das „nicht umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen“, das „nicht Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspielein­richtungen und in die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschrei­bungen zu gewähren“ oder das „nicht dafür sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt“.

 

Wie bereits oben dargestellt kommen zudem die verschiedenen Tatbegehungs­formen iS des § 7 und des § 9 VStG“ in Betracht. Gerade aufgrund dieser Vielzahl an Varianten, hat die Strafverfolgungsbehörde besonderes Augenmerk auf die Spruchformulierung zu legen, dem Beschuldigten dort sein konkretes Verhalten vorzuwerfen und dieses unter eine der verfügbaren Varianten zu subsumieren, da der Beschuldigte ansonsten nicht Weise davor geschützt ist, für seine Handlung ein zweites Mal bestraft zu werden.

 

III.3. Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus Folgendes:

 

Die belangte Behörde hat dem Mb in ihrer Aufforderung zur Rechtfertigung vom 17. Juli 2014 zusammengefasst vorgeworfen, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer Lokalbetreiberfirma, an einem bestimmten Ort, zu einer bestimmten Zeit, gegen die Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG indem er als Bereithalter von Glücksspielgeräten nicht dafür gesorgt habe, dass eine anwesende Person den Verpflichtungen gegenüber den Kontrollorganen nach kam und umfassend Auskunft erteilte.

 

Der dargestellte Vorwurf, der bereits als Spruchentwurf formuliert ist, entspricht in mehrfacher Hinsicht nicht den Anforderungen des § 44a Z1 VStG und lässt keine Bestrafung durch das Landesverwaltungsgericht zu, zumal wesentliche Sachverhaltsmomente nicht erwähnt wurden und dem Mb zudem ein falscher Vorwurf gemacht wurde. Eine Sanierung kommt angesichts einer dazu not­wendigen Auswechslung des Tatvorwurfes und bereits eingetretener Verfolgungs­verjährung nicht in Betracht.

 

Zusammengefasst kann voraus geschickt werden, dass die belangte Behörde im Spruch auf den konkreten Fall bezogen spezifizieren hätte müssen, ob und wodurch der Mb gegen eine Mitwirkungspflicht oder gegen eine Duldungspflicht verstoßen hat. Dabei hätte sie, sofern der Mb sowohl gegen eine Mitwirkungs-, als auch eine Duldungspflicht verstoßen hätte zu spezifizieren gehabt, welches praktische Verhalten sie dem Mb ankreidet um ihm die Möglichkeit zu geben, konkretisiert zu widersprechen und Beweise anzubieten. Aufgrund der Verwendung des Passus „gegen die Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4“ und der fehlenden diesbezüglichen Konkretisierung hat die Behörde dem Mb einen unzulässigen Alternativvorwurf gemacht, der schon mangels Konkretisierung hinsichtlich des Sachverhaltes, keine Korrektur durch das Verwaltungsgericht zulässt.

 

Die belangte Behörde wirft dem Mb in seiner Funktion als Geschäftsführer letztlich vor „als Bereithalter“ gegen die gesetzliche Bestimmung des § 50 Abs 4 GSpG verstoßen zu haben. Der nicht konkretisierte Grund könnte der Umstand sein, dass der Bf den Mitarbeiter im Lokal angerufen und angewiesen hat, zu schweigen. Denkbar ist aber auch, dass die Behörde davon ausging, dass Grund die Dienstanweisung ist oder, dass im Falle des Verweigerns der Aussage durch die Person im Lokal, nicht dafür gesorgt wurde, dass eine anwesende Person umfassende Auskünfte erteilt.

Auch insofern genügt der Vorwurf nicht den angesprochenen Kriterien, zumal nur vermutet werden kann, welches Verhalten die belangte Behörde dem Mb vorwirft.

 

Aus dem Akt ergibt sich, dass der im Lokal anwesende Mitarbeiter vom Mb angerufen wurde bzw. dieser den Mb während der Kontrolle angerufen hat, um ihn zu fragen, wie er weiter vorgehen soll. Insbesondere ergibt sich aus der Niederschrift, dass der Mb die genannte Person angewiesen hat, keine Aussagen zu tätigen und aufgefundene Geräte nicht in Betrieb zu nehmen.

 

Es steht insofern zweifelsfrei fest, dass der Mb nicht im Lokal anwesend war und deshalb nicht als Bereithalter iSd oben dargestellten Judikatur in Betracht kommt, weil er selbst während der Kontrolle faktisch gerade nicht in der Lage war, Auskünfte zu erteilen, Geräte in Betrieb zu nehmen und sonstige vom Gesetz geforderte Handlungen zu setzen. In diesem Zusammenhang scheint fraglich, ob die von der belangten Behörde gewählte Kombination der Tatbe­standsvarianten „Bereithalter“ und „dafür sorgen, dass eine anwesende Person Verpflichtungen nachkommt“ überhaupt in Betracht kommt, zumal dem „Bereithalter“ inhärent ist, dass er sich (in aller Regel) am Tatort aufhält und selbst verpflichtet ist, entsprechende Maßnahmen zu treffen und Auskünfte zu geben, sodass ein „Dafür-Sorgen“ in aller Regel obsolet sein wird. Die für das „Dafür-Sorgen“ erforderliche Weisungsbefugnis gegenüber zB „Bereithaltern“, bzw. eine entsprechende Organisationsbefugnis im Betrieb, wird idR Veran­staltern bzw Inhabern zukommen, denen das „Nicht-dafür-Sorgen“ als Organisa­tionsverschulden anzulasten ist (§ 9 VStG). Auch kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes eine juristische Person kein Bereithalter sein, weil sie selbst „faktisch“ nicht in der Lage ist, Handlungen zu setzen. Insofern kommt die Verfolgung des Mb nur als unmittelbarer Bereithalter, nicht aber als Verant­wortlicher iSd § 9 VStG für eine juristische Person in Betracht.

 

Eine detaillierte Auseinandersetzung mit dieser Frage kann unterbleiben, zumal vorliegend ohnehin feststeht, dass der Mb schon mangels Anwesenheit und faktischer Eingriffsmöglichkeit nicht Bereithalter gewesen sein kann. Vielmehr lässt sich aus dem Akt ableiten, dass das Unternehmen, dessen Geschäfte der Mb führt, entweder Veranstalter oder Inhaber war.

 

Insgesamt ergibt sich aus dem Akt aber auch, dass der Mb, bzw die c. w. mbh die im Lokal anwesende Person mittels schriftlicher Dienstanweisung vom 6. Februar 2012, insbesondere aber im Wege eines Telefonates am Kontrolltag angewiesen hat, den einschreitenden Beamten der Finanzpolizei keine Auskünfte zu erteilen.

Diese Weisungen, welche die Behörde dem Mb ankreidet, können allerdings nicht, wie oben dargestellt, vom Mb als Bereithalter erteilt worden sein und sind zudem nicht unter die Variante des „Nicht dafür Sorgens, dass eine der anwesenden Personen diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt“ zu subsumieren.

Diese Bestimmung hat eine Verpflichtung des Veranstalters oder Inhabers zum Inhalt, dafür Sorge zu tragen, dass eine Person anwesend ist (idR wohl ein Bereithalter), die den Verpflichtungen, die sonst der Veranstalter oder Inhaber selbst hätte (Auskunft etc.) nachkommt, also anwesend und in der Lage ist, die Pflichten, die das Gesetz formuliert, zu erfüllen. Die belangte Behörde (bzw. die Abgabenbehörde) wäre in diesem Zusammenhang im Übrigen berufen gewesen, Ermittlungen dazu zu führen, welche Funktion die anwesende Person im Betrieb hat, zumal es nach der Judikatur des VwGH (vgl. insb. Ra 2014/17/0004) für die Frage, ob die Person überhaupt Bereithalter ist, auf ihren Aufgabenbereich ankommt. Handelt es sich dabei also um eine Person, die aufgrund ihrer Vereinbarung mit ihrem Arbeitgeber und auch faktisch keinerlei Aufgaben in Zusammenhang mit Glücksspielgeräten hat, kommt sie als Bereithalter nicht in Betracht und hat auch keine aus dem § 50 Abs 1 Z5 GSpG ableitbare Verpflichtungen. Für die Konkretisierung des Spruchs sind derartige Ermittlungen von größter Wichtigkeit zumal etwa bei Vorhandensein eines verweigernden Bereithalters und einer Weisung, wie hier, die Bestrafung des Bereithalters und jene des Weisenden via § 7 VStG in Betracht kommt, im Falle, dass der Anwesende kein Bereithalter iSd Judikatur des VwGH ist, die Bestrafung des Veranstalters oder Inhabers nach der vorliegend gewählten Variante des § 50 Abs 4 GSpG (Organisationsverschulden).

 

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Akt, dass der Mb den Angestellten vorsätzlich dazu bestimmt hat, die Aussage zu verweigern und Glücksspielgeräte nicht in Betrieb zu nehmen. Es liegt somit ein Fall des § 7 VStG in Form der Beteiligung am Delikt des Bereithalters durch Anstiftung vor und hätte es einer Anwendung dieser Bestimmung anstatt der Organisationsvariante des § 50 Abs 4 letzter Fall GSpG, die gewissermaßen einen Auffangtatbestand bildet, bedurft.

Die belangte Behörde hätte also den Mb selbst (nicht als Gf der Veranstalterin), sofern sich die Erfüllung eines objektiven Tatbestandes durch einen Bereithalter als gegeben erweisen würde, im Wege des § 7 VStG als Anstifter zu verfolgen gehabt, weil dieser den Angestellten (vorsätzlich) angewiesen hat, seiner Mitwirkungspflicht nicht nachzukommen. Ob zu diesem Zeitpunkt eine Mitwirkungspflicht überhaupt noch bestand, wäre in der Folge zu prüfen, kann vorliegend angesichts des bereits feststehenden Ergebnisses unterbleiben.

 

III.4. Hinzu kommt, dass die belangte Behörde dem Mb seine Tat lediglich unter Vorhalt der der Bestimmung des § 50 Abs 4 GSpG entnommenen verba legalia vorgeworfen hat. Daneben hat sie in einem einzelnen Satz ausgeführt, dass der Mb nicht dafür gesorgt habe, dass die Person umfassend Auskünfte erteilte. Sie konkretisiert dabei nur durch Erwähnen der Handlung des Angestellten, nicht aber durch jene, die der Mb gesetzt hat. Die belangte Behörde hätte dem Mb jedoch konkretisiert vorzuwerfen gehabt, dass er den Mitarbeiter des von ihm geführten Unternehmens angewiesen hat, keine Auskünfte zu erteilen. Nach der unter III.2. dargestellten Judikatur entspricht der Vorwurf demgemäß nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG und ist es dem Verwaltungsgericht auch angesichts der im April 2014 eingetretenen Verfolgungsverjährung verwehrt, entsprechende Ergänzungen vorzunehmen.

  

III.5. Zusammenfassend ist zu folgern, dass der von der belangten Behörde gemachte Vorwurf schon mangels konkreter Darstellung der Tat nicht geeignet war, eine Bestrafung des Mb herbei zu führen und wurde ihm zudem ein falscher Vorwurf gemacht, da seine Tat eine Bestimmung des Angestellten zur Verweigerung der Mitwirkung zum Inhalt hatte. Eine Korrektur des Spruchs kommt dem Verwaltungsgericht aufgrund der oben dargestellten Umstände (Auswechslung der Tat, Verfolgungsverjährung) nicht zu, sodass der Beschwerde der Organpartei nicht Folge zu geben war.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beur­teilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Pohl