LVwG-410465/8/ER LVwG-410466/8/ER

Linz, 25.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerden des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, x, gegen Spruchpunkt 2 des Bescheides der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 20. Oktober 2014, GZ: VStV 852507/2014, (mitbeteiligte Parteien: 1. B.M.S. s.r.o und 2. T. Betriebs GmbH) wegen Aufhebung der vorläufigen Beschlagnahme eines Gerätes nach dem Glücksspielgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.        Gemäß § 50 VwGVG werden die Beschwerden abgewiesen und Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides bestätigt.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1.     In Spruchpunkt 2 des bekämpften Bescheides hob die Landespolizei­direktion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) die vorläufige Beschlagnahme eines Gerätes nach dem Glücksspielgesetz wie folgt auf:

Gemäß § 53 Abs. 1 Zi. 1 lit. a Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 13/2014, wird von der Landespolizeidirektion die vorläufige Beschlagnahme des Gerätes mit der Gehäusebezeichnung FA8) Afric2Go, Seriennummer: x Versiegelungsplaketten A013873 bis A013876 aufgehoben.

(...)

2. Bei einer von Organen der Abgabenbehörde am 17.07.2014, um 08:18 Uhr, in L., x, im Lokal mit der x-Tankstelle, von Organen des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr durchgeführten Kontrolle, wurde das Gerät mit der im Spruch angeführten Gehäusebezeichnung (FA8) betriebsbereit und voll funktionsfähig vorge­funden. Nach den Angaben der Finanzpolizei wurde das Gerät vorläufig beschlagnahmt weil das Gerät eine Musikbox mit Geld- und Münzwechselfunktion mit nachgeschaltetem Glücksspiel darstellen. Es sei somit der Eingriff in das Glückspielmonopol des Bundes gegeben und der hinreichend begründete Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen
§ 52 Abs. 1 Zi. 1 Glückspielgesetz gerechtfertigt.

Nach der vorläufigen Beschlagnahme der Glückspielgeräte durch Organe der Finanzpolizei gemäß § 53 Abs. 2 GSpG deklarierte sich mit Schreiben vom 21.07.2014 die Fa. B. M. S. s.r.o. als Eigentümerin des Gerätes mit der FA-Nummer 8.

Die angeführte Firma gilt somit als Eigentümer des genannten Gerätes.

Laut Anzeige der Finanzpolizei konnte folgender Spielablauf festgestellt werden:

Nach Eingabe von Banknoten, beim Testspiel in der Höhe von € 30,- wurde entsprechend dem gewählten Vervielfachungsfaktor, nämlich 1, 2, 3 oder 4 ein Betrag in Form von Euro-Münzen in der Höhe von vier, drei, zwei oder einem Euro in die am Gehäuse unten angebrachte Geldlade ausgeworfen. Eine erneute Betätigung der grünen Gerätetaste (‘Rückgabe’) bewirkte die Ausfolgung des zurückbehaltenen Betrages. Betätigte man hingegen die rote Gerätetaste (‘Kaufen’ oder ‘Musik abspielen’) dann wurde in Abhängigkeit vom gewählten Vervielfachungsfaktor, je nach dem im Symbolkranz des Glücksrades an der Gerätefrontseite beleuchteten Feldes, entweder ein, zwei, drei oder vier Musiktitel abgespielt, der entsprechende Geldbetrag in Münzen ausgefolgt. Unmittel­bar nach diesem Vorgang erfolgte automatisch ein Beleuchtungsumlauf am Glücksrad, welcher mit dem zufälligen Stillstand auf einem der zahlreichen Felder am Glücksrad endete, welches beleuchtet blieb. Durch erneute Betätigung der roten Taste wurde der Beleuchtungsumlauf sofort aktiviert. Blieb nach dem Beleuchtungsumlauf ein Betragsfeld markiert, wurde der Gewinn am Display als ‘Rabatt’ dargestellt und durch Drücken einer beliebigen Taste dem ‘Kredit’ zugezählt. In weiterer Folge konnte man sich diesen ‘Kredit’ wiederum durch Drücken der Taste auszahlen lassen.

Laut Anzeige war das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhängig. Die Spieler konnten bei dem elektronischen Glücksrad nur den Mindesteinsatz oder den mit der Vervielfachungsfunktion verbundenen Einsatz auswählen und die Kaufen/Musik-abspielen-Taste bestätigen.

Mit Schreiben des Amts der OÖ. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales, vom 21.03.2013 wurden die Erstbehörden darüber in Kenntnis gesetzt, dass in Einklang mit dem Bundesministerium für Finanzen aufgrund des Sachverständigengutachtens vom 11.02.2013 der Apparat ‘afric2go’ als mehrstufiger Dienstleistungsautomat, welcher sowohl für Geldwechselzwecke als auch zur entgeltlichen Musikunterhaltung bzw. für entgeltlichen Musikdownload verwendet werden kann, einzustufen ist. Es liege hier ein integriertes, zufallsabhängiges Gewinnspiel vor, welches für den Kunden keine zusätzliche vermögensrechtliche Leistung bedinge bzw. wo vom Unternehmer kein Einsatz abgezogen werde.

Als entscheidende Vorfrage galt es daher zu untersuchen, ob und inwieweit der gegenständliche vorläufig beschlagnahmte Automat der Marke Afric2go, Seriennummer x, Versiegelungsplakettennummer A013873-A013876 tatsächlich nicht gemäß der angeführten Beschreibung im Gutachten funktionierte, mit anderen Worten, ob beim gegenständlichen Gerät ‘afric2go’ Ausspielungen im Sinne des § 2 GSpG erfolgten oder nicht.

Während der in der Anzeige vom 18.07.2014 beschriebene Spielablauf des gegenständlichen ‘elektronischen Glücksrades’ völlig identisch mit den beschriebenen Spielabläufen derjenigen Automaten der Marke ‘Afric2go’ ist, deren bescheidmäßige Beschlagnahmen vom UVS bzw. LVwG aufgehoben wurden, wurde als einziges Indiz für das Vorliegen eines Gerätetyps, mit dem Ausspielungen im Sinne des § 2 GSpG vorgenommen werden können, der vom Gerätespielprogramm selbsttätig ausgeführte Beleuchtungsumlauf als Grundlage herangezogen (siehe Anzeige Seite 5 oben).

Entscheid. des LVwG : Beschlagnahme des gegenständlichen Automaten ‘Afric2go’ war in Entsprechung der bisherig ergangenen Entscheidungen des LVwG aufzuheben (LVwG-410095/3/WEI vom 28.01.2014; LVwG-410164/2/HW vom 28.01.2014; LVwG-410005/3/ER/BZ/TK vom 13.03.2014 u.a.).

Vielmehr handelt es sich beim gegenständlichen Automaten zweifelsfrei um einen mehrstufigen Dienstleistungsautomaten, welcher sowohl für Geldwechselzwecke, als auch zur entgeltlichen Musikunterhaltung bzw. für entgeltlichen Musikdownload verwendet werden kann. Im Modus Musikunterhaltung befindet sich im Hintergrund ein zufallsartiges Bonussystem, welches beim Erwerb von Musik durch Drücken einer Taste automatisch ohne Zutun des Users aktiviert wird. Es liegt ein integriertes, zufallsabhängiges Gewinnspiel vor, welches für den Kunden keine vermögensrechtliche Leistung bedingt, bzw. wovon vom Unternehmer kein Einsatz abgezogen wird. Es kann - wie bereits angeführt - keine Verlustsituation eintreten, zumal der Kunde für je € 1,- die Gegenleistung von je einem Musikstück erhält. Es handelt sich somit um keine Ausspielung im Sinne des Glückspielgesetzes.

Der (einzigen) Begründung, dass mit dem Automat der Marke Afric2go, Seriennummer x, Ausspielungen im Sinne des § 2 GSpG vorgenommen werden können, ist allerdings entgegenzuhalten, dass der mit dem Erwerb eines Musiktitels verbundene zufallsabhängige Beleuchtungsumlauf nicht als Gewinnspiel anzusehen ist, da der Kunde dafür keinen Einsatz leisten muss, weshalb auch keine Verlustsituation eintreten kann (vgl. LVwG , LVwG-410095/3/WEI vom 28.01.2014).

Damit gibt es keine stichhaltigen Hinweise im Sachverhalt der vorliegenden Anzeige, dass mit dem gegenständlichen Automaten der Marke Afric2go, Seriennummer x - im Hinblick auf die Beschreibung im Gutachtens des Amtes der Landesregierung vom 21.03.2013 -verbotene Ausspielungen iSd § 2 GSpG ermöglicht wurden und war daher die vorläufige Beschlagnahme aufzuheben. Aufgrund der genannten Erwägungen ist im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass es sich bei den vom der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmten Gerät um kein Glücksspielgerät im Sinne des Glücksspielgesetzes handelt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

I.2. Gegen diese Aufhebung der vorläufigen Beschlagnahme richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr (im Folgenden: Bf), mit der die Aufhebung des bekämpften Bescheides und die Beschlagnahme des verfahrensgegenständlichen Gerätes beantragt werden. Begründend führt die Bf Folgendes aus:

Das im Zuge einer Kontrolle nach dem GSpG am 17.07.2014 von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmte elektronische Glücksrad mit der Gehäusebezeichnung ‘Afric2Go’ Seriennummer: x, FA-KNr. 8, konnte nur gegen Erbringung einer vermögenswerten Leistung, nämlich einen, zwei oder vier Euro pro Spiel benutzt werden. Für die ausschließlich zufallsabhängige Beleuchtung eines der Betragsfelder wurde vom Glücksspielveranstalter der jeweilige Betrag multipliziert mit dem gewählten Einsatzbetrag als Gewinn in Aussicht gestellt.

Nach Vorlage eines Spielguthabens durch Eingabe von Bargeld in den Glücksspielautomaten und nach anschließender Tastenbestätigung wurde - gleichzeitig mit dem Abzug des Einsatzes vom Spielguthaben - an der Gerätefrontseite ein Beleuchtungsumlauf ausgelöst, bei dem mehrmals im Uhrzeigersinn nacheinander sämtliche hinterleuchteten, kreisförmig angeordneten Felder kurz einzeln beleuchtet wurden, bis schließlich eines dieser Felder -ausschließlich zufallsbestimmt - beleuchtet blieb. Dieser Vorgang wurde mit jeder Tastenbetätigung unverzüglich erneut ausgelöst.

Aufgrund der beschriebenen Gerätefunktion ist der gegenständliche Eingriffsgegenstand als elektronisches Glücksrad zu qualifizieren.

Mit der Beleuchtung eines Notensymbols stand der Verlust des Einsatzes fest. Mit der Beleuchtung eines Betragsfeldes war ein Gewinn erzielt worden, der durch jeweils entsprechende Tastenbestätigung entweder dem Spielguthaben zugebucht oder sofort vom Gerät ausgefolgt werden konnte.

Dass es sich bei dem vorgefundenen Glücksspielgerät nicht um einen ‘Musikautomaten’ im Sinne des zitierten Schreibens der Landesregierung handeln konnte, ergab sich zweifelsfrei aus der Tatsache, dass nach Tastenbetätigung weder Musik zu vernehmen war, noch eine Vorrichtung zu finden war, mit welcher die Lautstärke einer Musikwiedergabe allenfalls hätte eingestellt werden können.

Das Gerät war nämlich durch einen am Gerät angesteckten USB-Stick ‘stumm geschaltet’ worden. Wird nämlich bei diesem Gerät Musik auf einen Datenträger heruntergeladen, ist der an linken und rechten Gehäuseseite angebrachte kleine Lautsprecher deaktiviert, was auch durch den dauerhaft am Gerät angesteckten Stick bewirkt wurde, sodass Musikwiedergabe die Glücksspielveranstaltung nicht stören konnte.

Sowohl der Glücksspielveranstalter, als auch der Inhaber und der Eigentümer des Eingriffsgegenstandes wollten somit - offenkundig - gar nicht Musiktitel verkaufen, sondern vielmehr aus der mit dem Gerät ermöglichten Veranstaltung von Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen Einnahmen erzielen, weshalb sie als Unternehmer gem. § 2 Abs 2 GSpG zu qualifizieren sind.

Die Entscheidung über das Spielergebnis, also die Entscheidung über das nach jedem Spieldurchgang beleuchtete Feld, wird stets vom Spielprogramm, also ausschließlich zufallsbestimmt, getroffen. Die vorgefundenen Spiele in Form eines elektronischen Glücksrades waren somit als Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs 1 GSpG zu qualifizieren gewesen. Für die Teilnahme an den von einem Unternehmer gem. § 2 Abs 2 GSpG veranstalteten und angebotenen Glücksspielen in Form eines elektronischen Glücksrades war von den Spielern jeweils eine Vermögenswerte Leistung zu erbringen gewesen. Vom Veranstalter wurden bei diesen Glücksspielen unterschiedlich hohe Gewinne in Aussicht gestellt.

Die im § 2 Abs 1 GSpG normierten Voraussetzungen für die Verwirklichung einer Ausspielung lagen somit zur Zeit der Kontrolle zweifelsfrei vollständig erfüllt vor.

Mangels Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG, und weil die Ausspielungen nicht gem § 4 vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren, mussten die vorgefundenen Glücksspiele in Form von Ausspielungen als verbotene Ausspielungen gern § 2 Abs 4 GSpG betrachtet werden.

Mit diesen dokumentierten Feststellungen lag jedenfalls der für die vorläufige Beschlagnahme erforderliche Verdacht auf einen Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes durch fortgesetzten Verstoß gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG hinreichend substantiiert vor.

Das technisch gleich, wie die unter der Bezeichnung ‘Fun Wechsler’ oder ‘Sweet Beat’ bekannt gewordenen Eingriffsgegenstände, aufgebaute Glücksspielgerät ‘afric2go’, mit gleichem Spielablauf, wurde also - wie durch Testspiele umfassend dokumentiert wurde -ausschließlich als Glücksspielgerät verwendet. Die Frage, ob an einem Gerät mit den vorstehend beschriebenen Funktionen allenfalls auch Musiktitel zur Verfügung standen, wurde bereits vom VwGH als unbeachtlich qualifiziert.

Es wären somit die zahlreichen bereits ergangenen Entscheidungen des VwGH zu dem, aufgrund zahlreich durchgeführter Testspiele als baugleich zu qualifizierenden Geräte mit der Bezeichnung ‘Fun Wechsler’ zu berücksichtigen, also die vorläufige Beschlagnahme auszusprechen gewesen.

Der VwGH hat mit Entscheidung vom 28.06.2011, 2011/17/0068 folgenden Rechtssatz geprägt:

‘...Ausführungen, dass der hier gegebene Automat der Marke ‘Fun-Wechsler’ eine Gewinnchance bot. Durch den Einwurf einer 1 Euro-Münze erwarb man die Chance, bei Aufleuchten einer entsprechenden Zahl durch Einwurf eines weiteren Euro den angezeigten Gewinn zu realisieren. Ob in dem Fall, in dem diese Chance nicht eröffnet wird, ein (fünfsekündiges) Musikstück abgespielt wird oder nicht, ist für die Beurteilung, dass der Apparat eine vom Zufall abhängige Gewinnchance bietet, ohne Belang. Da bei Aufleuchten einer Zahl nach Einwurf einer weiteren 1 Euro-Münze der Gewinn in der Höhe zwischen EUR 2,-- und EUR 20,-- zu realisieren ist, liegt ein aus zwei Teilen bestehendes Spiel vor, dessen Ausgang vom Spieler nicht beeinflusst werden kann: das über einen Gewinn entscheidende Aufleuchten eines Symbols (Note oder Zahl) wird vom Apparat selbsttätig herbeigeführt. Dass im zweiten Teil des Spiels für den Spieler kein Risiko mehr vorhanden ist, sondern das Einwerfen eines weiteren Euro jedenfalls zur Auszahlung des angezeigten Betrags führt, ändert nichts daran, dass der Spieler zu Beginn des Spiels, das ihm die Gewinnchance bietet, den Ausgang nicht vorhersehen und ihn auch nicht beeinflussen kann. Welches Musikstück vor dem Weiterspielen eines Benutzers des Apparates zur allfälligen Realisierung eines Gewinns abgespielt wird (und ob es diesbezüglich eine Auswahlmöglichkeit des Spielers gibt oder nicht bzw. ob überhaupt ein Musikstück gespielt wird), vermag an dem Umstand, dass dem Spieler die Möglichkeit geboten wird, allenfalls für seinen Einsatz etwas zu gewinnen, nichts zu ändern.’

Wenn die Landespolizeidirektion ihre Entscheidung damit begründet, dass keine stichhaltigen Hinweise im Sachverhalt der vorliegenden Anzeige, dass mit dem gegenständlichen Automaten der Marke Afric2go, Seriennummer x - im Gegensatz zu der Beschreibung des Gutachtens des Amtes der Landesregierung vom 21.03.2013 - verbotene Ausspielungen iSd § 2 GSpG ermöglicht wurden und die vorläufige Beschlagnahme des gegenständlichen Automaten ‘Afric2go’ in Entsprechung der bisher ergangen Entscheidungen des LVwG aufzuheben war, so hat es die Behörde unterlassen, eigene Ermittlungen zur Feststellung des materiell wahren Sachverhaltes durchzuführen.

Das LVwG hatte offensichtlich übersehen, dass das vom BMF und vom Amt der Oö. Landesregierung übereinstimmend als Musikautomat qualifizierte Gerät nur dann als solcher zu betrachten war, wenn das Gerät ausschließlich genau nach den die Musikwiedergabe beschreibenden Ausführungen des Sachverständigen betrieben wird.

Schon bei bloß oberflächlicher Betrachtung der Beschreibung muss jedoch - schon aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung - auch klar werden, dass ein derartiger Betrieb wirtschaftlich nicht sinnvoll möglich sein kann. Es muss also klar werden, dass die in den Vordergrund der Betrachtungen gerückte Musikwiedergabefunktion bloß den Glücksspielcharakter des ‘afric2gow verschleiern soll.

Der Behörde hätte somit auffallen müssen, dass mit der zitierten Entscheidung des LVwG Oö. ein dokumentierter Sachverhalt nicht gewürdigt, ein bloß postulierter Sachverhalt aber nicht verifiziert wurde.

Die, im Übrigen bekämpfte, Entscheidung des LVwG hätte also von der Behörde zweifelsfrei nicht ohne eigene Ermittlungen als geeignete Grundlage für die Argumen­tation der Aufhebung der vorläufigen Beschlagnahme herangezogen werden können.

Die Behörde wäre jedenfalls verpflichtet gewesen, den ihr vorgelegten Sachverhalt in der einen oder in der anderen Richtung zu würdigen, um ihre Entscheidung schlüssig zu argumentieren. Entgegen dieser Verpflichtung ist die Behörde vielmehr den Angaben des Betroffenen und einer - durchaus nicht schlüssig begründeten - Entscheidung des LVwG gefolgt, ohne jedoch den damit - gegenüber dem von der Finanzpolizei vorgelegten Tatsachen - verändert vorliegenden Sachverhalt tatsächlich zu verifizieren.

Die Behörde hätte somit die Frage aufzuklären gehabt, ob von der Finanzpolizei bloß ein ‘Musikautomat’, oder doch - wie umfassend schriftlich und bildlich dokumentiert - ein Eingriffsgegenstand gern § 53 Abs 1 GSpG vorläufig beschlagnahmt worden ist.

Da die Landespolizeidirektion für Oberösterreich in ihrem Bescheid die Beschlagnahme des Glücksspielgerätes mit der Bezeichnung ‘Afric2go’ nicht anordnete, belastet sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit.

Im vorliegenden Fall hat die Behörde jedoch - im Gegensatz zur Vorgehensweise des LVwG Salzburg, welches mit Erkenntnis vom 27.01.2014, ZI. LVwg-10/8/3-2014, die Beschlagnahme von Geräten mit der Bezeichnung ‘afric2go’ bestätigte - weder Tatsachen noch Argumente angeführt, weshalb sie den dokumentierten Feststellungen der Finanzpolizei nicht gefolgt ist, sondern auf der Grundlage eines mangels Verifizierung bloß vermeintlichen Sachverhaltes -somit rechtswidrig - die Aufhebung der vorläufigen Beschlagnahme angeordnet hat.“

 

I.3.     Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 24. November 2014 unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde übermittelten Verfahrensakt, sowie in folgende ergänzend beigeschaffte Unterlagen: Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen F.M. vom 11. Februar 2013, Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen Mag. M.S. vom 8. August 2013 sowie in das Schreiben des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales vom 7. März 2013. Ferner fand am 24. Februar 2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung statt.

I.4.     Es steht folgender entscheidungsrelevanter  S a c h v e r h a l t  fest:

 

Anlässlich einer von den Organen der Abgabenbehörde am 17. Juli 2014, um 08:18 Uhr, in L., x, im Lokal der x-Tankstelle durchge­führten Kontrolle wurde das Gerät mit der FA-Nr. 8 mit der Bezeichnung "afric2go" und der Seriennummer x betriebsbereit vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt. Das Gerät befindet sich im Eigentum der mitbeteiligten Partei B.M.S. s.r.o., die mitbeteiligte Partei T. Betriebs GmbH ist Inhaberin. Im selben Raum befand sich ein weiteres Geldwechselgerät.

 

Beim gegenständlichen Gerät mit der Gehäusebezeichnung "afric2go" handelt es sich um ein Gerät, welches unter anderem für Geldwechselzwecke verwendet werden kann. Auf dem Gerät befinden sich eine rote und eine grüne Taste. Mittels Drücken der grünen Taste kann zunächst zwischen Stufe 1, 2 und 4 gewechselt werden. Durch Einwerfen von Münzen oder Einführen von Banknoten in den Banknoteneinzug kommt es zur Anzeige eines entsprechenden Guthabens auf dem Kreditdisplay. Durch erneutes Drücken der grünen Taste kann das Guthaben in 1 Euro oder 2 Euro Münzen gewechselt werden.

Durch Drücken der roten Taste können jedoch – abhängig vom gewählten Multiplikator (der gewählten Stufe) – 1, 2 oder 4 (je nach Stufe) Lieder am Automaten angehört oder auf einen USB-Stick, welcher am Automaten anzuschließen ist und in der Tankstelle zur Verfügung gestellt wird, kopiert werden. Wird die rote Taste bei Stufe 1 gedrückt, so verringert sich der Kreditstand um einen Euro, bei gewählter Stufe 2 verringert sich der Kreditstand um 2 Euro, bei gewählter Stufe 4 um 4 Euro.

 

Während des Anhörens oder Kopierens der Musik, also bereits aufgrund des Drückens der roten Taste, kommt es automatisch zur Aktivierung eines zufalls­abhängigen Bonussystems am Gerät, bei dem der Beleuchtungsumlauf in den Zahlenfeldern und Notensymbolen in der Gerätemitte ausgelöst wird.

Sofern am Ende des vom Kunden nicht beeinflussbaren Beleuchtungsumlaufs ein Zahlenfeld beleuchtet bleibt, bleibt ein Guthaben auf dem Anzeigedisplay stehen, welches dem Kredit zugezählt werden kann. Das aktivierte zufallsabhängige Bonussystem ermöglicht in der Stufe 1 einen Bonus (ein weiteres Guthaben) von 2/4/6/8 oder 20, in Stufe 2 einen Bonus (ein weiteres Guthaben) in doppelter Höhe und in der Stufe 4 in vierfacher Höhe. Durch Drücken der grünen Taste kann der Kredit inklusive eines allfällig erzielten Bonus ausgeworfen werden.

 

Die Musik ist beim Abspielen abruf- und auswählbar.

Im Gerät befand sich ein USB-Stick. Solange der USB-Stick am Gerät angebracht war, war keine Musik hörbar, bei abgezogenem USB-Stick war Musik hörbar.

 

 

II.       Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorge­legten Verwaltungsakt – insbesondere der Fotodokumentation und dem GSP26 Formular – und der Aussage des in der öffentlichen mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen, der als Kontrollorgan bei der gegenständlichen Kontrolle anwesend war. Der Zeuge bestätigte den Spielablauf und sagte glaubhaft aus, dass am Gerät keine Musik hörbar gewesen sei, solange der USB-Stick angebracht war. Ansonsten sei leise Musik zu hören gewesen.

 

 

III.      Gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit.a) Glücksspielgesetz (GSpG, BGBl 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl I 13/2014) kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücks­spielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücks­spielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 54 Abs. 1 GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 leg.cit verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungs­übertretungen nach den Bestimmungen des § 52 Abs. 1 leg.cit einzuziehen, es sei denn, der Verstoß war geringfügig.

 

Gemäß § 52 Abs. 4 letzter Satz GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs. 4 GSpG durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern sie nicht gemäß § 54 leg.cit einzuziehen sind, dem Verfall.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des
§ 2 Abs. 2 daran beteiligt".

 

§ 52 Abs. 3 GSpG lautet: Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwal­tungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirk­licht, so ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

 

Gemäß § 2 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

1.   die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2.   bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammen­hang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3.   bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögens­werte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind, verboten.

 

 

IV.       Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1.    Anders als in einem allfälligen Strafverfahren, bei dem naturgemäß ein umfassendes, verdichtetes Ermittlungsverfahren zu einem abschließenden und unzweifelhaften Ermittlungsergebnis führen muss, erschöpft sich die Ermittlungspflicht im Rahmen eines Beschlagnahmeverfahrens nach § 53 Abs. 1 GSpG im Nachweis eines Verdachts eines GSpG-Verstoßes.

 

IV.1.1.      Aus dem Schreiben des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales, vom 7. März 2013 geht hervor, dass der Leiter der Stabsstelle Finanzpolizei im Finanzministerium mit Stellungnahme vom
28. Februar 2013 mitgeteilt hat, dass das Gerät mit der Bezeichnung "afric2go" als Musikautomat einzustufen sei, wenn es so wie im aktenkundigen Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen F.M. vom 11. Februar 2013 betrieben wird.

 

Nach diesem Gutachten liegt beim "afric2go" ein mehrstufiger Dienstleistungs­automat vor. Er kann als Geldwechsler oder als Musikautomat verwendet werden. Im Gerät sind 121 nummerierte Titel afrikanischer Musik gespeichert, an denen die afric2go GmbH die Rechte zur Veröffentlichung hat und die periodisch erneuert werden, um laufend ein attraktives Musikprogramm zu bieten. Die Musiktitel werden in akzeptabler Qualität abgespielt, dauern drei bis fünf Minuten und können nicht unterbrochen oder abgebrochen werden. Folgender Ablauf der wesentlichen Funktionen wird im Gutachten beschrieben:

 

Durch die Betätigung der grünen "Rückgabe/Wählen" Taste kann die Stufe 1 (ein Lied) oder Stufe 2 (zwei Lieder) gewählt werden. Mittels Münzeingabe oder des Banknoteneinzuges muss ein Guthaben auf dem Kreditdisplay hergestellt werden. Durch Drücken der roten "Musik kopieren/hören" Taste können die Musiktitel gespielt werden. Der Preis für ein Musikstück beträgt je 1 Euro. Zur Auswahl können die im Gerät gespeicherten Musiktitel, die im linken Display am Gerät angezeigt werden, durch kurzes Drücken der roten "Musik hören/kopieren" Taste hintereinander aufgerufen werden und danach ist die Wahl durch langes Drücken dieser Taste zu bestätigen. Bei Stufe 2 erfolgt die Auswahl der Musiktitel analog in zwei Stufen. Dies stellt auch die Auswahl des Einsatzes von 1 Euro oder 2 Euro dar.

Abhängig von der gewählten Stufe (Multiplikator) können in weiterer Folge 1 oder 2 Lieder angehört werden. Alternativ besteht die Möglichkeit zum Download der Musikstücke (als mp3-Datei) mit einem gratis zur Verfügung gestellten USB-Stick, der zu Beginn am USB 2.0 Steckplatz unter dem Display zur Liederanzeige angesteckt werden muss. In diesem Fall erfolgt ein Download auf den USB-Stick durch Drücken der roten "Musik hören/kopieren" Taste.

 

Mit dem jeweiligen Drücken der roten Taste zum Abspielen oder Kopieren eines Musiktitels wird ein Zufallsgenerator aktiviert, der zu einem vom Spieler nicht beeinflussbaren Beleuchtungsumlauf führt, wobei ein allfällig erlangter Bonus durch Aufleuchten eines entsprechenden Zahlensymbolfeldes (2/4/6/8/20) sowie der Displayanzeige "Rabatt" mit Angabe der Zahl im Anzeigedisplay für Musiktitel ersichtlich ist. Durch Drücken einer beliebigen Taste wird der angezeigte "Rabatt" dem Kredit zugezählt.

 

Ein Kreditguthaben inklusive eines allfällig erzielten "Rabattes" kann jederzeit durch Drücken der grünen "Rückgabe/Wählen"-Taste in Münzen und durch Drücken der orangen Wechseltaste in 10-Euro Banknoten ausgeworfen werden.

 

Nach der schlüssigen Ansicht des Gutachters handelt es sich um einen Dienstleistungsautomat für Geldwechselzwecke und zur Musikunterhaltung bzw. für den Musikdownload gegen Entgelt. Das im Modus Musikunterhaltung inte­grierte zufallsabhängige Gewinnspiel erfordert keine zusätzliche vermögenswerte Leistung, weshalb keine Verlustsituation beim Kunden eintreten kann, der für einen Euro jeweils ein Musikstück erhält.

 

IV.1.2.      Das verfahrensgegenständliche Gerät deckt sich sowohl betreffend sein äußeres Erscheinungsbild als auch hinsichtlich seiner Funktionen mit dem im Gutachten beschriebenen Gerätetyp. Aufgrund der Beschreibung der Finanz­polizei, insbesondere im GSP26-Formular sowie in der Fotodokumentation, besteht an der Gleichartigkeit der Funktion und Ausstattung des verfahrens­gegenständlichen Gerätes (vgl. dazu die Feststellungen unter Punkt I.4.) mit jenen im zitierten Basisgutachten dargestellten Geräten mit der Gehäuse­bezeichnung "afric2go" kein Zweifel.

Dass im vorliegenden Fall zusätzlich der Vervielfältigungsfaktor 4 angeboten wurde, ändert nichts an der beschriebenen Funktionsweise, da dadurch lediglich ein weiterer Multiplikator angeboten wurde, der aber an der grundsätzlichen Funktionsweise des Gerätes nichts ändert.

 

Zumal nachweislich zumindest ein USB-Stick vorhanden war, wurde den Kunden damit zweifelsfrei die Möglichkeit geboten, diesen gratis zu nutzen, um die erworbenen digitalen Musikstücke zu speichern. Dass der USB-Stick am Gerät bereits vorhanden war und dadurch das Abspielen der erworbenen Lieder durch deren Download auf den vorhandenen Stick ersetzt wurde, widerspricht nicht den Ausführungen des Gutachtens, zumal darin ausdrücklich festgehalten wird, dass die Musiktitel optional abgespielt oder auf einen USB-Stick gespeichert werden können. Unter Punkt 2.5. des Gutachtens wird ausgeführt, dass der Kunde, wenn er vor Ort keine Lieder hören will, die Möglichkeit hat, diese auf einen USB-Stick zu speichern. Dass bei der verfahrensgegenständlichen Kontrolle keine Musik hörbar war, solange der USB-Stick am Gerät angebracht war, entspricht somit der im Gutachten beschriebenen Funktionsweise. Der Einwand der Bf, dass das Gerät durch einen USB-Stick „stumm geschaltet“ gewesen sei und deshalb kein Musikautomat iSd Gutachtens vorliege, geht daher ins Leere. Vielmehr entspricht diese Wahrnehmung der Finanzpolizei genau der Funktionsweise des begutach­teten Gerätes.

Nach Aussage des zeugenschaftlich einvernommenen Kontrollorgans steht fest, dass bei abgezogenem USB-Stick Musik – wenn auch leise – zu hören war. Damit steht fest, dass mit dem Gerät optional der Download von Musik auf einen USB-Stick und das Abspielen von Musik angeboten wurde, was zur Gänze dem zitierten Gutachten entspricht.

An der Gleichartigkeit des verfahrensgegenständlichen Gerätes, mit dem im Gutachten beschriebenen, besteht für das Oö. Landesverwaltungsgericht somit kein Zweifel.

 

IV.2.1.      In einem Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen Mag. M.D.S. vom 8. August 2013 wird die Frage behandelt, ob der Verkauf eines Musikstückes in digitaler Form (mp3-Dateien) zum Preis von einem Euro an Endkonsumenten als marktüblich anzusehen ist. Nach Auswertung der Angebote von fünf Musikhändlern im Internet ergaben sich meist Preise von 0,99 oder 1,29 Euro pro Musiktitel. Die Preise verschiedener Musikgenres unterscheiden sich dabei im Allgemeinen nicht. Kürzlich erschienene und populäre Musiktitel seien tendenziell etwas teurer. Im Ergebnis hielt der Gut­achter den Verkauf eines Musiktitels in digitaler Form an den Endkonsumenten um 1 Euro für marktüblich, was – insbesondere aufgrund der Auswertung der Angebote von mehreren Musikhändlern im Internet – plausibel erscheint.

 

IV.2.2.      Auch wenn am verfahrensgegenständlichen Gerät "afric2go" das Ergebnis des glücksradähnlichen Beleuchtungsumlaufes, der mit jeder Wahl eines Musiktitels gestartet wird, vom Zufall abhängt, muss noch nicht zwingend ein Glücksspielgerät vorliegen. Denn Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG liegen nicht vor, wenn im Unterschied zu den Fun Wechslern in der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes angenommen werden kann, dass mit der Zahlung eines Euros nicht gleichzeitig auch ein Einsatz für eine Gewinnchance geleistet wird.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Geräten vom Typ Fun Wechsler in seiner Judikatur (vgl. nur VwGH 28.06.2011, 2011/17/0068) ausgeführt, dass nach den Feststellungen zum Spielverlauf das Gerät für einen Einsatz von 1 Euro eine Gewinnchance bot. Durch den Einwurf (bzw. das Belassen im Gerät nach Gebrauch der Geldwechselfunktion) von einer bzw. mehreren Euro-Münzen und Abspielen eines Musikstückes, was zum Verlust eines Euros führte, und durch den damit verbundenen automatischen Start des Beleuchtungsumlaufes bzw. Lichtkranzlaufes erwarb der Spieler die Chance, beim Aufleuchten eines Zahlen- oder Betragssymbols nach neuerlicher Einsatzleistung durch Betätigen der roten Taste den angezeigten Betrag und damit einen Gewinn zu realisieren.

 

Während bei den in der Judikatur angeführten Fun Wechslern die Musiktitel­auswahl – soweit sie überhaupt möglich war – nur im Rahmen von 12 Musik­stücken erfolgen konnte und daher von untergeordneter Bedeutung erschien, steht für Interessenten beim Gerät "afric2go" mit 121 gespeicherten Musik­stücken afrikanischer Herkunft die Musikauswahl (Wahlmöglichkeit mit Display­anzeige) und der optionale Erwerb eines Titels in digitaler Form im Vordergrund. Im Unterschied zu Geräten vom Typ Fun Wechsler wird das Entgelt von 1 Euro beim "afric2go" tatsächlich für den Musiktitel entrichtet, der als adäquate Gegenleistung anzusehen ist. Der mit dem Erwerb eines Musiktitels verbundene zufallsabhängige Beleuchtungsumlauf ist daher als Gewinnspiel anzusehen, für das der Kunde keinen Einsatz leisten muss, weshalb auch keine Verlustsituation eintreten kann.

 

Insgesamt ist in Bezug auf das Gerät mit der FA-Nr. 8 "afric2go" mit der Seriennummer x davon auszugehen, dass insbesondere durch die Möglichkeit des Herunterladens von Musikstücken ein angemessenes Wertäquivalent für die Leistung von 1 Euro vorhanden ist und daher keine Einsatzleistung für ein Glücksspiel vorliegt. Denn der Kunde kann vergleichbar mit gängigen sonstigen "Downloadportalen" (iTunes, Amazon, etc.) Musik erwerben und diese auch für private Zwecke weiter verwenden. Für den automatischen Beleuchtungsumlauf bzw. Lichtkranzlauf wird vom Kunden kein Einsatz mehr geleistet. Insofern ist in Anlehnung an die Rechtsansicht der dem Finanzministerium zurechenbaren Stabstelle der Finanzpolizei davon auszugehen, dass mit dem verfahrens­gegenständlichen Gerät keine Ausspielungen iSd § 2 GSpG stattgefunden haben (vgl. Schreiben des Amtes der Oö. Landesregierung unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Leiters der Stabstelle der Finanzpolizei, Gutachten von Herrn Mag. M.D.S., Gutachten von Herrn F.M.). Dass im selben Raum ein weiterer Wechselautomat gestanden ist, beeinflusst dieses Ergebnis nicht, zumal zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Aufhebung der vorläufigen Beschlagnahme ausschließlich die Eigenschaften des verfahrens­gegenständlichen Gerätes relevant waren. Ein weiteres, im selben Raum aufgestelltes Wechselgerät hat keinen Einfluss auf die festgestellten technischen Eigenschaften des verfahrensgegenständlichen Gerätes und die aus diesen technischen Eigenschaften resultierende rechtliche Beurteilung.

V.      Im Ergebnis war daher die Beschwerde des Finanzamtes als unbegründet abzuweisen, da das verfahrensgegenständliche Gerät den zitierten Gutachten entspricht und somit in Anlehnung an die Rechtsansicht der Stabstelle der Finanzpolizei davon auszugehen ist, dass keine Ausspielungen stattgefunden haben. Die belangte Behörde hat demnach zu Recht die Aufhebung der vorläufigen Beschlagnahme verfügt, da im vorliegenden Fall kein Verdacht einer Übertretung nach § 52 Abs. 1 GSpG besteht.

 

Hinweis:

Betreffend die Beschwerden der im gegenständlichen Verfahren mitbeteiligten Parteien gegen Spruchpunkt 1 des bekämpften Bescheides ergeht ein geson­dertes Erkenntnis.

 

 

VI.     Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil es zur Frage der Einstufung des sog. Unterhaltungsgerätes mit der Bezeichnung "afric2go" – Musikautomat in glücks­spielrechtlicher Hinsicht noch keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs gibt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Elisabeth Reitter