LVwG-150612/9/RK/WP – 150613/2

Linz, 31.08.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Roland Kapsammer über die Beschwerde 1. des M M und
2. der S M, beide vertreten durch x, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Pregarten vom 11. Dezember 2014, GZ: 920-100-2014-K, betreffend Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag nach dem Oö. ROG 1994

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 279 Abs. 1 BAO wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

sowie den

 

B E S C H L U S S

 

gefasst:

 

I.    Das Mehrbegehren hinsichtlich der Ausnahme vom Aufschließungs­beitrag bezüglich der öffentlichen Verkehrsfläche wird gem § 260 Abs 1 BAO als unzulässig zurückgewiesen.

 

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Sachverhalt, bisheriger Verfahrensverlauf:

 

1.    Die Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) sind jeweils Hälfteeigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstücks Nr. x, EZ x der KG P. Nach dem aktuell gültigen Flächenwidmungsplan weist das Grundstück die Widmung Dorfgebiet auf. Das Grundstück ist – was auch von den Bf nicht bestritten wird – durch eine öffentliche Verkehrsfläche, eine öffentliche Wasserversorgungsanlage und eine öffentliche Abwasserentsorgungsanlage aufgeschlossen.

 

2.    Mit Bescheiden des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Pregarten  (im Folgenden: Bürgermeister) jeweils vom 30. Dezember 2013 wurde den Bf die Leistung der Aufschließungsbeiträge für die öffentliche Verkehrsfläche, die öffentliche Wasserversorgungsanlage sowie die öffentliche Abwasserentsorgungs­anlage vorgeschrieben.

 

3.    Mit Schriftsatz vom 25. Juli 2014 stellten die Bf einen „Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG“, da der Bürgermeister der Stadtgemeinde Pregarten über den von den Bf gestellten Antrag vom 21. Jänner 2014 auf „Erteilung von Ausnahmen von den Aufschließungsbeiträgen hinsichtlich gemeindeeigener Kanalisations­anlage, gemeindeeigener Wasserversorgungsanlage sowie öffentlicher Verkehrs­flächen“ bisher nicht entschieden habe.

 

4.    Mit Schreiben des Bürgermeisters vom 29. Juli 2014 wurde den Bf mitgeteilt, ihrem Antrag auf Ausnahme von Aufschließungsbeiträgen stünden die im örtlichen Entwicklungskonzept zum Ausdruck kommenden Interessen an einer geordneten Siedlungsentwicklung entgegen. Den Bf wurde zur Erstattung einer Stellungnahme eine Frist von 2 Wochen eingeräumt.

 

5.    Mit Schreiben vom 4. August 2014 nahmen die Bf durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter Stellung. Sie führten aus, jedes Grundstück sei für sich gesondert zu beurteilen und sei von der Behörde darzulegen, welche Gründe im Besonderen beim gegenständlichen Grundstück gegen die Erteilung der Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag sprechen würden.

 

6.    Mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Pregarten (im Folgenden: belangte Behörde) vom 11. Dezember 2014 wurde dem Antrag der Bf auf Erteilung der „Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag für das Grundstück Parzelle Nr. x, EZ x, KG. P [...] nicht stattgegeben“. Im Begründungsteil führt die belangte Behörde eingangs aus, dieser Bescheid beziehe sich lediglich auf den die öffentliche Kanalisationsanlage sowie die öffentliche Wasserversorgungsanlage betreffenden Teiles des Antrages der Bf. Hinsichtlich der öffentlichen Verkehrsfläche werde ein eigener Bescheid ergehen. Nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften sowie des bisherigen Verfahrensverlaufs führt die belangte Behörde sodann begründend aus, beim „gegenständlichen Grundstück hand[le] es sich nunmehr [Anm: im Unterschied zur Sachlage zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides über die Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag vom 27. November 2001] um das einzige gewidmete, aber unbebaute Baugrundstück in der Ortschaft G. Im örtlichen Entwicklungskonzept [sei] vorgesehen, für gewidmetes aber nicht konsumiertes Bauland den Aufschließungsbeitrag nach dem OÖ. ROG einzuheben und sind allfällige Ausnahmeregelungen nicht vorgesehen. [...] Da bereits mehrere Jahre eine Bebauung von gewidmeten Baugrundstücken in Pregarten mangels Verfügbarkeit nur in Ausnahmefällen möglich wird, können, außer bei Vorliegen aller drei Ausnahmefällen, keinesfalls (neuerliche) Ausnahmen vom Aufschließungsbeitrag gewährt werden“.

 

7.    Gegen diesen Bescheid erhoben die Bf mit Schriftsatz vom 12. Jänner 2015, bei der belangten Behörde am gleichen Tag eingelangt, Beschwerde und beantragen, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge der Beschwerde stattgeben „und den angefochtenen Bescheid des Gemeinderats der Stadtgemeinde Pregarten dahingehend abändern, dass dem Antrag der Beschwerdeführer vom 20.01.2014 stattgegeben und ihnen die Ausnahmebewilligung vom Aufschließungsbeitrag hinsichtlich gemeindeeigener Kanalisationsanlage, gemeindeeigener Wasserversorgungsanlage sowie öffentlicher Verkehrsflächen für das Grundstück Nr. x der EZ x KG P erteilt wird“.

 

8.    Mit Schreiben des Bürgermeisters vom 13. Februar 2015, beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 19. Februar 2015 eingelangt, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

9.    Nach Aufforderung durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich legte die belangte Behörde mit Schreiben vom 5. August 2015 in Ergänzung zum vorgelegten verwaltungsbehördlichen Akt einen Auszug aus dem örtlichen Entwicklungskonzept, den (ersten) Bescheid über die Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag vom 27. November 2001 sowie (nochmals) den sogenannten „Devolutionsantrag“ vom 25. Juli 2014 vor. Die ebenfalls urgierten Zustellnachweise sowie den Antrag auf Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag vom 21. Jänner 2014 konnte die belangte Behörde trotz ausdrücklicher Aufforderung durch das Landesverwaltungsgericht nicht vorlegen.

 

II.      Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt, Einholung eines aktuellen Grundbuchsauszugs zum verfahrensgegenständlichen Grundstück (ON 6 des verwaltungsgerichtlichen Aktes), eines DKM-Katasterauszugs samt Luftbild
(ON 7), eines Auszugs aus dem aktuellen Flächenwidmungsplan (ON 8) sowie durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde ergänzend vorgelegten Auszug aus dem Flächenwidmungsplan; Teil B - Örtliches Entwicklungskonzept Nr. 2 der Stadtgemeinde Pregarten (ON 5 des verwaltungsgerichtlichen Aktes). Den Antrag der Bf auf Erteilung der Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag vom 21. Jänner 2014 konnte die belangte Behörde trotz telefonischer Urgenz durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht beibringen. Gleiches gilt für die jeweiligen Zustellnachweise. Da in diesen Punkten der Sachverhalt zwischen den Verfahrensparteien völlig unstrittig ist, also die Existenz des Antrages (vom 21. Jänner 2014) bzw. die rechtzeitige Einbringung der Schriftsätze der Bf weder von der belangten Behörde noch von den Bf substantiell bestritten wird, geht das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vom oben wiedergegebenen Sach­verhalt aus. Es ergibt sich daher der oben wiedergegebene, entscheidungs­erhebliche Sachverhalt widerspruchsfrei.

 

Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt war, sohin lediglich Rechtsfragen zu beantworten waren und die Bf keinen Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gestellt haben, war eine solche nicht durchzuführen.

 

III.    Rechtslage:

 

1. Gem. § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG einen Monat. Gem. § 249 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht bei der Abgabenbehörde einzubringen, die den Bescheid erlassen hat.

 

Gem. §§ 27 Abs. 1 iVm 1 Abs. 3 Oö. ROG 1994 iVm § 95 Oö. Gemeindeordnung 1990 iVm §§ 288 Abs. 1 iVm 284 BAO war zur Entscheidung über die von den Bf in Verkennung des anzuwendenden Verfahrensrechts fälschlich als „Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG“ bezeichnete Säumnisbeschwerde gem. §§ 288 Abs. 1 iVm 284 BAO der Gemeinderat der Stadtgemeinde Pregarten zuständig. Die – gegen die Sachentscheidung gerichtete – Bescheidbeschwerde war daher beim Stadtamt der Stadtgemeinde Pregarten einzubringen.

 

2.    Gem. § 272 Abs. 1 BAO entscheidet das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch Einzel­richter, soweit gesetzlich nichts anderes angeordnet ist.

 

3.    Gem. § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist (lit a) oder nicht fristgerecht eingebracht wurde (lit b).

 

Gem. § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht außer in den Fällen des § 278 leg cit immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheid­beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

4. Gem. § 27 Abs. 1 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (Oö. ROG 1994) LGBl 1993/114 idF LGBl 2015/69 hat die Gemeinde mit Bescheid einmalig eine Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag zu erteilen. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften des Oö. ROG 1994 lauten auszugsweise:

 

§ 1
Begriff und Abgrenzung

(1) [...]

(2) [...]

(3) Die in diesem Landesgesetz geregelten behördlichen Aufgaben der Gemeinde und die nach diesem Landesgesetz eine Gemeinde als Rechtsträger treffenden Rechte und Pflichten sind im eigenen Wirkungsbereich wahrzunehmen.

 

§ 25

Aufschließungsbeitrag im Bauland

(1) [...]

(2) [...]

(3) Als bebaut gilt ein Grundstück bzw. Grundstücksteil,

1. auf dem ein Gebäude errichtet ist, das nicht unter § 3 Abs. 2 Z 5 der
Oö. Bauordnung 1994 fällt, oder

2. auf dem mit dem Bau eines solchen Gebäudes im Sinn der Oö. Bauordnung 1994 tatsächlich begonnen wurde oder

3. das bzw. der mit einem Grundstück bzw. Grundstücksteil gemäß Z 1 und 2 eine untrennbare wirtschaftliche Einheit bildet, an dieses bzw. diesen unmittelbar angrenzt und mit diesem in der gleichen Grundbuchseinlage eingetragen ist.

(4) Als aufgeschlossen gilt ein Grundstück bzw. Grundstücksteil, wenn es bzw. er selbständig bebaubar ist und

1. von dem für den Anschluß in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als 50 m entfernt liegt oder

2. von dem für den Anschluss in Betracht kommenden Wasserleitungsstrang nicht mehr als 50 m entfernt liegt oder

3. [...]

(5) [...]

(7) Bei der Überprüfung, Einhebung, Vorschreibung und Einbringung des Aufschließungsbeitrags sowie im Verfahren betreffend die Erteilung einer Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag gemäß § 27 und im Verfahren betreffend die Vorschreibung des Erhaltungsbeitrags im Bauland gemäß § 28 sind die Bundesabgabenordnung (BAO) und - soweit dieses Landesgesetz nicht anderes vorsieht - das Oö. Abgabengesetz (Oö. AbgG) anzuwenden.

 

§ 27

Ausnahmen vom Aufschließungsbeitrag

 

(1) Die Gemeinde hat mit Bescheid einmalig eine Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag zu erteilen, wenn

1. dies der Grundstückseigentümer binnen vier Wochen nach Zustellung der Vorschreibung beantragt,

2. dem Interessen einer geordneten Siedlungsentwicklung, insbesondere solche, die im örtlichen Entwicklungskonzept zum Ausdruck kommen, nicht entgegenstehen und

3. das Grundstück keine Baulücke darstellt. Eine Baulücke ist eine in geschlossen bebauten Gebieten zwischen bebauten Grundstücken liegende unbebaute Grundfläche, die zur Sicherung der geordneten Bebauung des Gebiets bebaut werden sollte.

(1a) Die Einbringung des Antrags nach Abs. 1 Z 1 hat die Wirkung, dass die Einhebung des Aufschließungsbeitrags bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens über die Ausnahme gehemmt wird.

(2) Wird der Aufschließungsbeitrag nicht gleichzeitig für alle im § 25 Abs. 1 genannten Komponenten vorgeschrieben, ist der Antrag nach Abs. 1 Z 1 bereits im Gefolge der ersten Teilvorschreibung mit Wirkung für alle Vorschreibungskomponenten einzubringen.

(3) Die Erteilung der Ausnahmebewilligung hat die Wirkung, dass

1. der Vorschreibungsbescheid außer Kraft tritt,

2. innerhalb einer Frist von zehn Jahren ab Rechtskraft des Bewilligungsbescheids in Bezug auf das Grundstück keine weiteren Vorschreibungsbescheide im Sinn des § 25 Abs. 1 erlassen werden dürfen,

3. auf dem Grundstück vor Ablauf dieser Frist weder bewilligungs- noch anzeigepflichtige Bauvorhaben errichtet werden dürfen; die Ausnahmebewilligung gilt in diesem Zeitraum als Abweisungsgrund im Sinn des § 30 Abs. 6 der Oö. Bauordnung 1994, sowie

4. der Abgabenanspruch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren neu entsteht.

 

Die einschlägige Bestimmung der Oö. Gemeindeordnung 1990, LGBl 91 idF LGBl 2013/90 lautet:

 

§ 95
Instanzenzug

Soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist, entscheidet der Gemeinderat über Berufungen gegen Bescheide anderer Gemeindeorgane in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde. Er übt auch die in den verfahrensrechtlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse aus.

 

IV.          Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat über die rechtzeitige Beschwerde erwogen:

 

1. Die Entscheidungsbefugnis des Landesverwaltungsgerichts wird durch den Gegenstand des in Beschwerde gezogenen Bescheides begrenzt. Verfahrensgegenständlich ist die Nichterteilung der Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag hinsichtlich Wasserversorgungsanlage und Abwasser­entsorgungs­anlage. Wenn die Bf in ihrer Beschwerde die Abänderung des angefochtenen Bescheides auch hinsichtlich „öffentlicher Verkehrsflächen“ begehren, erweist sich dieser Antragsteil als unzulässig.

 

2. Die Bf bringen in Bezug auf die Nutzung des verfahrensgegenständlichen Baugrundstückes vor, dieses werde „derzeit als landwirtschaftliche Nutzfläche mit dem angrenzenden Wiesengrundstück [...] als Grünland bewirtschaftet. Eine Bebauung wird in den nächsten zehn Jahren keinesfalls erfolgen“. Entgegen der belangten Behörde behaupten die Bf im Wesentlichen, der Erteilung der Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag stehe das Interesse an einer geordneten Siedlungsentwicklung gerade nicht entgegen, insbesondere da „[b]ereits der Flächenwidmungsplan Nr. 3/1976 die Siedlungsentwicklung in G abgeschlossen hat, keine Änderung des örtlichen Entwicklungskonzeptes eingetreten ist und sich die Verhältnisse seit der letzten Ausnahmeerteilung von vor 10 Jahren insgesamt nicht geändert haben, darüber hinaus eine vermehrte Bebauung im Dorfgebiet ohnehin nicht Ziel der Raumordnung sein kann und ist, weil eher in dichter bebauten Gebieten eine Bebauung erfolgen soll, um Zersiedelung hintanzuhalten“.

 

3. Angesichts des nicht nur in Oberösterreich feststellbaren Überhangs von gewidmetem, aber nicht mobilisierbarem Bauland (vgl. dazu ausführlich BlgLT AB 340/1993, 24. GP 19ff) verfolgt der Landesgesetzgeber seit Erlassung des Oö. Raumordnungsgesetzes 1994 (LGBl 1993/114) die Absicht, durch die Regelung eines sogenannten Aufschließungs- bzw. Erhaltungsbeitrages Baulandspekulationen entgegen­zuwirken und ein vermehrtes Angebot an Baugründen sicherzustellen. Im Kern handelt es sich bei den Aufschließungsbeiträgen um Vorauszahlungen auf die Interessentenbeiträge für den Anschluss an eine gemeindeeigene Kanalisations- bzw. Wasserversorgungs­anlage sowie für die Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz (Baumgartner, Berechnung und Anrechnung des Aufschließungs­beitrages nach dem Oö. ROG, bbl 2000, 59ff; implizit auch Steiner, Zum Aufschließungsbeitrag nach dem
Oö. Raumordnungsgesetz 1994, NZ 1994, 226f; sowie ausdrücklich BlgLT AB 1021/1997, 24. GP 6f). Der Gesetzgeber sieht daneben in § 27 Oö. ROG 1994 die Möglichkeit der Gewährung einer Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag (Erhaltungsbeitrag) vor. Die Erteilung einer Ausnahmebewilligung hat allerdings zur Konsequenz, dass auf dem Grundstück vor Ablauf einer Frist von zehn Jahren weder bewilligungs- noch anzeigepflichtige Bauvorhaben errichtet werden dürfen (sog „Bausperre“).

 

Zur sachlichen Rechtfertigung und verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Aufschließungs- und Erhaltungsbeiträgen im Bauland konstatierte der Verfassungsgerichtshof beispielsweise in seinem Erkenntnis vom 26. Juni 2006, B 3261/05, ausdrücklich:

„[...] während die Grundlage für die Entrichtung des Aufschließungsbeitrages (insoweit dem Interessentenbeitrag verwandt) die Errichtungskosten der Kanalanlage darstellen, knüpft der Erhaltungsbeitrag an der Überlegung an, dass die Erhaltungskosten einer Abwasserentsorgungsanlage unabhängig davon bestehen, ob alle in ihrem Einzugsbereich liegenden Baugrundstücke bereits bebaut sind und damit der Anschlusspflicht und der Pflicht zur Entrichtung der Benützungsgebühren unterliegen oder nicht.

Jener Grundstückseigentümer, der sein Grundstück aus welchen Gründen immer nicht bebaut, soll daher nach dem Willen des Gesetzgebers dessen ungeachtet ebenfalls einen Beitrag zu den Erhaltungskosten beisteuern müssen. Das ist schon im Hinblick darauf sachlich gerechtfertigt, dass auch der Eigentümer unbebauter Grundstücke im Bauland von der mit der Aufschließung (und der damit im Fall der Bebauung gegebenen Anschlussmöglichkeit an einen öffentlichen Kanal) verbundenen Wertsteigerung des Grundstücks profitiert. Darüber hinaus ist die Maßnahme aber auch unter dem Gesichtspunkt sachlich gerechtfertigt, finanzielle Anreize zur Unterlassung der Bebauung zu vermeiden und solche zur Nutzbarmachung des Baulandes (‚Baulandmobilisierung‘) zu schaffen.“

 

4.    Die hinter dem Regelungssystem stehende ratio lässt also erkennen, dass der Landesgesetzgeber angesichts eines massiven öffentlichen Interesses an leistbarem Bauland ein Regelungssystem geschaffen hat, das einen nicht unerheblichen Druck auf Grundstückseigentümer auszulösen vermag, das im Eigentum stehende Grundstück zu bebauen, zu veräußern oder das Risiko der befristeten Nichtbebaubarkeit und der damit potentiell möglichen Änderung des örtlichen Entwicklungskonzeptes bzw. des Flächenwidmungsplanes auf sich zu nehmen. Mit der Novelle LGBl 2015/69 zum Oö. ROG 1994 hat der Landesgesetzgeber darüber hinaus die Möglichkeit zur Erteilung der Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag begrenzt. Künftig soll nach dem Willen des Landesgesetzgebers die Erteilung der Ausnahme nur mehr „einmalig“ zulässig sein. Insgesamt lässt sich daher festhalten, dass dem „Horten“ von Bauland mit dem System der Aufschließungsbeiträge beigekommen werden soll und die Ausnahmetatbestände daher im Zweifel streng auszulegen sind.

 

5. Das Vorbringen der Bf, das – als Bauland gewidmete – Grundstück nicht bebauen zu wollen, sondern weiterhin als Grünland [sic!] verwenden zu wollen, sowie das Argument, es entspreche nicht der dörflichen Siedlungsstruktur, dort die Bebauung voranzutreiben, erscheint vor dem Hintergrund des soeben dargestellten gesetzgeberischen Willens, Bauland möglichst zu mobilisieren und das „Horten“ von Bauland tunlichst hintanzuhalten, wenig zielführend. Ganz im Gegenteil vermag man sich angesichts dieser Argumentationslinie nicht des Eindrucks zu verwehren, dass es genau diese Fallkonstellation ist, der der Gesetzgeber mit der Einrichtung des Systems der Aufschließungsbeiträge beizukommen suchte um solcherart gehortetes Bauland zu mobilisieren.

 

6.    Ihre Entscheidung stützt die belangte Behörde im Wesentlichen auf § 27 Abs. 1 Z 2 Oö. ROG 1994, wonach Interessen einer geordneten Siedlungsentwicklung, insbesondere solche, die im örtlichen Entwicklungskonzept zum Ausdruck kommen, der Erteilung der Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag nicht entgegenstehen dürfen. Gerade solche Interessen liegen hier – entgegen der unsubstantiierten Behauptung der Bf – vor: Der Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Pregarten, Teil B - Örtliches Entwicklungskonzept Nr. 2, kundgemacht am 19. Juli 2010, sieht nämlich unter „1. Baulandkonzept, Nr. 4“ vor, dass „Baulanderweiterungen und -auffüllungen, insbesondere in peripheren Bereichen [...] erst nach entsprechender Nutzung der derzeit vorhandenen Reserven und unter Zugrundelegung der Raumordnungsgrundsätze [...] erfolgen [sollen]“. Als eine dafür vorgesehene Maßnahme sieht das ÖEK vor, „[f]ür gewidmetes aber nicht konsumiertes Bauland ist der Aufschließungsbeitrag, je nach tatsächlich vorhandener Aufschließung des Grundstückes, nach dem O.ö. Raumordnungsgesetz einzuheben“. Offensichtlich besteht daher ein eklatantes raumplanerisches Interesse an der Mobilisierung der bestehenden Baulandreserven. Genau dieses Interesse steht daher der Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag entgegen.

 

7. Im Ergebnis konnten die Bf keinerlei Rechtswidrigkeit des in Beschwerde gezogenen Bescheides darlegen. Die Nichterteilung der Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag hinsichtlich Wasserversorgungsanlage und Abwasser­entsorgungsanlage durch die belangte Behörde erfolgte daher zu Recht.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

1.    Zum Erkenntnis:

 

In der gegenständlichen Entscheidung war lediglich eine Rechtsfrage zu klären, der keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die hier einzig zu klärende Rechtsfrage, ob der Erteilung der Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag Interessen an einer geordneten Siedlungsentwicklung entgegenstehen, hat lediglich Bedeutung für den Einzelfall und waren diese Interessen aus dem örtlichen Entwicklungskonzept abzuleiten. Eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung kommt der Beantwortung dieser Rechtsfrage nicht zu. Darüber hinaus besteht zu dieser Frage eine Rsp des Verwaltungsgerichtshofes, in deren Rahmen sich der Ausspruch des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich bewegt (vgl VwGH 29.7.2015, 2013/17/0040). Die ordentliche Revision ist daher unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

2.    Zum Beschluss:

 

Den Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bildet der in Beschwerde gezogene Bescheid der belangten Behörde. Umfasst der normative Abspruch der belangten Behörde lediglich einen Teil dessen, was in der Beschwerde begehrt wird, geht jener Teil des Beschwerdeantrages über den Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hinaus. Mangels diesbezüglicher Zuständigkeit (Kognitionsbefugnis) ist ein solcher Antrag (Mehrbegehren) mangels Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts als unzulässig zurückzuweisen. Diesbezüglich besteht daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis bzw. diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Roland Kapsammer