LVwG-100037/2/VG/WFu

Linz, 24.09.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Verena Gubesch über die Beschwerde von E M-T, vertreten durch x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. Februar 2015, GZ: Bi96-32-2013, betreffend Verwaltungsübertretungen nach dem Denkmalschutzgesetz,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 38 VwGVG iVm § 66 Abs. 1 VStG hat die Beschwerdeführerin weder einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, noch einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) vom 11. Februar 2015 wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe in Höhe von € 5.000,--, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 500 Stunden, wegen einer Übertretung gemäß § 37 Abs. 2 Z 1 Denkmalschutzgesetz (DMSG) verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

„Sie haben es als Bauherrin zu verantworten, dass am denkmalgeschützten Objekt ‚Schloss x‘ in x, folgende Baumaßnahmen, für die bis heute keine denkmalbehördliche Bewilligung gemäß § 5 Abs. 1 DMSG vorliegt, wie anlässlich eines Lokalaugenscheines durch VertreterInnen des Bundesdenkmalamtes festgestellt wurde, vorgenommen wurde:

Aufstockung des vorderen Traktes in Form einer Loggia, die in historisierender Formensprache der Renaissance errichtet worden ist, und die damit verbundene Errichtung einer Terrasse im Dachgeschoß.“

 

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des maßgeblichen Sachverhaltes im Wesentlichen aus, mit Schreiben vom 17. Juni 2014 habe das Bundesdenkmalamt bekanntgegeben, dass die Errichtung der Loggia und der Terrasse nicht genehmigte bauliche Eingriffe seien und sich die Anzeige des Bundesdenkmalamtes vom 26. Juli 2013 auf diese Punkte beschränke. Wie in der Strafanzeige angeführt, stehe das Schloss x seit 25. Jänner 1940 unter Denkmalschutz. Wie aus der Anzeige ersichtlich, habe die Beschwerdeführerin das denkmalgeschützte Schloss x durch nicht bewilligte Umbauarbeiten verändert und somit gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 DMSG zerstört. Nach Ansicht der belangten Behörde habe die Beschwerdeführerin die Tat zumindest grob fahrlässig begangen, da sie als Bauherrin verpflichtet sei, sich über notwendige Bewilligungen zu informieren bevor Sie ein denkmalgeschütztes Objekt mit Umbauarbeiten verändere. Aufgrund der Tatsache, dass das Schloss x seit dem 25. Jänner 1940 bis heute unter Denkmalschutz stehe, bestehe auch für die belangte Behörde kein Zweifel daran, dass der Beschwerdeführerin bekannt sei, dass das Schloss x unter Denkmalschutz stehe und werde dies von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten. Somit sei der Beschwerdeführerin die vorgeworfene strafbare Handlung jedenfalls subjektiv vorwerfbar. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genüge im konkreten Fall Fahrlässigkeit zur Bestrafung.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Beschwerde vom 13. März 2015. Darin wird zusammengefasst ausgeführt, der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entspreche nicht dem Straftatbestand des § 37 Abs. 2 Z 1 DMSG. Es werde der Beschwerdeführerin darin insbesondere entgegen § 37 Abs. 2 Z 1 DMSG nicht zur Last gelegt, „vorsätzlich“ „entgegen den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 und 2 bzw. § 5 Abs. 1“ „ein Denkmal verändert zu haben“. Der bloße Vorwurf, die Beschwerdeführerin hätte es als Bauherrin „zu verantworten“, dass Baumaßnahmen vorgenommen worden seien, für die keine denkmalbehördliche Bewilligung gemäß § 5 Abs. 1 DMSG vorliege, reiche für eine Bestrafung gemäß § 37 Abs. 2 Z 1 DMSG nicht aus. Die Beweiswürdigung sowie die Sachverhaltsfeststellungen seien mangelhaft. Die belangte Behörde habe es gänzlich unterlassen, den in der Anzeige vom 26. Juli 2013 behaupteten Sachverhalt selbst zu erheben, zu überprüfen bzw. das Vorliegen eines Straftatbestandes schlüssig zu begründen. Es widerspreche elementaren Verfahrensgrundsätzen und Parteirechten, einen mit Anzeige behaupteten Sachverhalt ohne eigenes Ermittlungsverfahren bzw. ohne eigene behördliche Überprüfung einfach dem Straferkenntnis zu Grunde zu legen. Die belangte Behörde hätte aus eigenem ermitteln, nachweisen und begründen müssen, dass die Beschwerdeführerin „vorsätzlich“entgegen den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 und 2 bzw. § 5 Abs. 1 DMSG“ ein Denkmal verändert habe. Tatsächlich habe die belangte Behörde überhaupt nur zu einem einzigen Tatbestandsmerkmal argumentiert, nämlich dass ein Denkmal (unter Denkmalschutz) vorliege und die Beschwerdeführerin davon in Kenntnis gewesen sei. Der bloße Verweis auf § 4 Abs. 1 DMSG ohne konkrete Bezugnahme bzw. Erörterung konkreter Baumaßnahmen im Lichte der einschlägigen Bestimmungen des DMSG reiche nicht aus. Die Ausführungen der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin „durch nicht bewilligte Umbauarbeiten das Denkmal zerstört habe stelle eine Scheinbegründung dar. Die belangte Behörde hätte viel konkreter, spezifischer argumentieren müssen, wieso die gegenständlichen Baumaßnahmen eine Zerstörung und weshalb diese überhaupt denkmalschutzrechtlich relevant seien, also überhaupt einer Bewilligung des Denkmalamtes bedürften. Die Feststellung, dass die Bauarbeiten „nicht genehmigte bauliche Eingriffe“ seien, enthalte keine Begründung, ob die Eingriffe überhaupt einer Genehmigung nach dem DMSG bedürften bzw. eventuell genehmigungsfähig seien. Mangels ausreichender eigener Sachkenntnis hätte sich die belangte Behörde eines Sachverständigen bedienen müssen. Es werde der Beschwerdeführerin lediglich zur Last gelegt, dass für die Baumaßnahmen keine denkmalbehördliche Bewilligung gemäß § 5 Abs. 1 DMSG vorliege. Es werde aber nicht begründet (ermittelt, nachgewiesen), dass die Baumaßnahmen eine Zerstörung bzw. denkmalschutzrelevante Veränderung der Bausubstanz darstelle. Die belangte Behörde führe im angefochtenen Straferkenntnis aus, die Beschwerdeführerin habe die Tat „zumindest grob fahrlässig begangen“. Nach dem Straftatbestand des § 37 Abs. 2 Z 1 DMSG müsse jedoch Vorsatz vorliegen bzw. nachgewiesen werden. Im Verwaltungsstrafverfahren sei jedenfalls im Zweifel zugunsten des Beschuldigten von der geringeren Schuldform auszugehen. Werde die im Straftatbestand geforderte Schuldform Vorsatz nicht mit Sicherheit nachgewiesen, gehe vielmehr die Behörde selbst davon aus, dass lediglich grobe Fahrlässigkeit vorliege, dürfe im Zweifel keine Verurteilung wegen einer Vorsatztat erfolgen. Der Beschwerdeführerin hätte der Vorsatz hinsichtlich sämtlicher Tatbestandselemente des § 37 Abs. 2 Z 1 DMSG nachgewiesen und begründet werden müssen. Die Beschwerdeführerin sei unbescholten. Das Verschulden sei äußerst geringfügig und die Folgen unbedeutend, da selbst das Denkmalamt auf jegliche eigene Sanktionen wie die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes verzichte und sämtliche Baumaßnahmen „zur Kenntnis“ nehme. Die ganze Angelegenheit liege lange zurück. Es werde ausdrücklich Verjährung bzw. Verfristung eingewendet. Jedenfalls lägen die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe vor. Die verhängte Strafe sei überhöht, da nicht tat- und schuldangemessen.

 

I.3. Mit Vorlageschreiben vom 23. März 2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG abgesehen werden, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine gemäß § 2 VwGVG zuständige Einzelrichterin erwogen:

 

Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht dem angelasteten Straftatbestand des § 37 Abs. 2 Z 1 DMSG entspreche, so ist sie damit im Ergebnis aus folgenden Gründen im Recht:

 

Gemäß § 37 Abs. 2 Z 1 (erster Fall) DMSG ist, wer vorsätzlich entgegen den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 und 2 bzw. § 5 Abs. 1 ein Denkmal verändert, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis 50 800 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Eine Umschreibung der Tat bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004], Anm. 2 zu § 44a VStG und Seite 1522, jeweils mit Hinweisen auf höchstgerichtliche Judikatur).

 

Wesentliches Tatbestandselement der angelasteten Verwaltungsübertretung ist die vorsätzliche Begehungsweise, welches auch im Spruch des Straferkenntnisses (als wesentliches Tatbestandselement) vorzuwerfen ist (siehe UVS Oberösterreich, VwSen-390076/3/Kl/Rd vom 14. Februar 2000 zur insofern vergleichbaren Vorgängerbestimmung zu § 37 Abs. 2 Z 1 DMSG), da der betreffende Tatbestand ausdrücklich ein spezifisches Verschulden (hier: Vorsatz) erfordert (vgl. Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 44a VStG [Stand 1.7.2013, rdb.at] Rz 4, mwN sowie VwGH 20.7.1988, 86/01/0258).

 

Der Beschwerdeführerin wurde im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses jedenfalls kein Vorsatz angelastet. Vielmehr ging die belangte Behörde offenbar rechtsirrig davon aus, dass im gegenständlichen Fall nach § 5 Abs. 1 VStG ein fahrlässiges Verhalten für eine Bestrafung ausreiche und nahm ein grob fahrlässiges Verhalten der Beschwerdeführerin an (siehe Seiten 5f des angefochtenen Bescheides).

 

Gemäß § 37 Abs. 7 DMSG beginnt die Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 2 VStG bei den in den Abs. 2 bis 4 aufgezählten Delikten erst ab dem Zeitpunkt, zu dem das Bundesdenkmalamt von den unerlaubt vorgenommenen Handlungen oder Unterlassungen Kenntnis erlangt hat und die schuldtragende Person ausgeforscht ist; die Frist endet jedenfalls fünf Jahre nach Beendigung der Tat.

 

Eine alle Tatbestandsmerkmale umfassende Tatumschreibung ist während der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 2 VStG (diese begann jedenfalls am 26. Februar 2013 mit dem Einlangen der Fertigstellungsanzeige beim Bundesdenkmalamt und endete – mangels Übergangsbestimmung zu § 31 Abs. 2 VStG idF BGBl. I. Nr. 33/2013, siehe Rundschreiben BKA-Verfassungsdienst vom 23.3.2013, Zl. BKA-601.468/0004-V/1/2013 – am 26. Februar 2014) nicht erfolgt. Jedenfalls ist auch aus dem Tatvorwurf in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 3. Dezember 2013 nicht ersichtlich dass der Beschwerdeführerin eine vorsätzliche Veränderung eines denkmalgeschützten Objektes entgegen den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 und 2 bzw. § 5 Abs. 1 DMSG zur Last gelegt wird. Somit ist hinsichtlich der Verwaltungsübertretung des § 37 Abs. 2 Z 1 (erster Fall) DMSG inzwischen jedenfalls Verfolgungsverjährung eingetreten, sodass im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben kann, ob eine Spruchkorrektur durch das Landesverwaltungsgericht in Frage käme.

 

Folglich war der Beschwerde stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnisses aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin, insbesondere auf die geltend gemachten Verfahrensmängel.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs. 9 VwGVG und § 38 VwGVG iVm § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Verena Gubesch