LVwG-000097/16/Bi

Linz, 01.10.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn S. W., x, x, vom 20. März 2015 gegen die vom Bezirkshauptmann von Grieskirchen wegen Übertretung des OÖ. Hundehaltegesetzes ausgesprochene Ermahnung vom 12. März 2015, Sich20-346-2014, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 17. September 2015  

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und die in Beschwerde gezogene Ermahnung mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch insofern  abgeändert wird, als die Wortfolge: „…vom Garten Ihres Wohnhauses in x, x, aus zwei Joggern auf der angrenzenden Straße nachlaufen konnten…“ durch die Wortfolge „… auf der Privatstraße innerhalb Ihres Gestüts in x, x, zwei Joggern nachlaufen konnten…“ ersetzt wird.

 

II.

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren.

 

III.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 3 Abs.3 Z1 iVm 15 Abs.1 Z2 HHG 2002 eine Ermahnung erteilt.

Zugrundegelegt wurde laut Schuldspruch, er habe es unter Missachtung seiner Verpflichtung als Hundehalter am 15. September 2014, 18.30 Uhr, unterlassen, seine drei Dackel mit dem Rufnamen „Rüdiger“ (Wurfjahr 2007), „Herbert“ (Wurfjahr 2013) und „Gudrun“ (Wurfjahr 2009) ordnungsgemäß zu beaufsichtigen und zu verwahren, sodass die die Hunde vom Garten seines Wohnhauses in N, D, aus zwei Joggern auf der angrenzenden Straße nachlaufen hätten können, wobei um 18.30 Uhr einer der Hunde Herrn C. E. in den rechten Oberschenkel gebissen und ihn dabei leicht verletzt habe, obwohl seine Hunde in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren und zu führen seien, dass Menschen und Tiere durch den Hund nicht gefährdet werden. 

 

2. Dagegen hat der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungs­gericht zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Am 17. September 2015 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Bf und des Zeugen C. E. (E) durchgeführt. Der Vertreter der belangten Behörde ist nicht erschienen. Auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses wurde verzichtet.

 

3. Der Bf macht im Wesentlichen geltend, es seien Tatsachen insofern falsch dargestellt worden, als nicht die Hunde zwei Joggern vom Haus aus auf der angrenzenden Straße nachgelaufen seien, sondern der Zeuge E sei widerrechtlich in sein Privatgrundstück eingedrungen und die angrenzende Straße sei eine Privatstraße, die eingefriedet und mit einem Tor verschlossen sei. Im Eingangsbereich stehe eine Hinweistafel „Einfahrt verboten“ mit der Zusatztafel „Privatstraße“, „Befahren und Betreten verboten“. Die Hunde hätten natürlich die Eindringlinge verbellt, was er aus 5-6 m Entfernung beobachtet habe. Der Zeuge E sei unbeeindruckt weitergelaufen und habe auch nichts gesagt. Eine ev. Attacke seiner Hunde hätten weder er noch seine Gattin beobachtet. Der Zeuge E hätte sich wohl dazu artikuliert, hätte wirklich einer der Hunde ihn gebissen. Dieser habe eine knielange Hose getragen und die Dackel hätten wohl ein Podest gebraucht, um in derartige Höhen vorzudringen. Ein Biss sei nicht nachgewiesen und das Verfahren von der StA Wels eingestellt worden. Der Bescheid sei für ihn befremdlich.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der der Bf gehört, die Ausführungen der belangten Behörde in der Begründung des in Beschwerde gezogenen Bescheides berücksichtigt und der Zeuge E unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 288 StGB einvernommen wurde.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Das Anwesen x ist ein Gestüt mit Grünflächen und einem Wohnhaus im nördlichen Bereich. In Nord-Süd-Richtung verläuft eine Straße etwa in der Mitte durch, die im Norden durch ein gatterähnliches Tor, im Süden durch ein Schubtor abgeschlossen wird. Jeweils von außen sichtbar befindet sich an beiden Enden ein Verkehrszeichen „Fahrverbot“ mit Zusatz „Privatstraße – Betreten und Befahren verboten“. Diese links der Straße stehende Tafel ist von Norden her auch sichtbar, wenn das Tor offen ist. Im Südteil mündet die Privatstraße in eine Straße mit öffentlichem Verkehr, die dort eine Sackgasse bildet. Im Norden führt ein Feldweg vom Wald kommend in Richtung Gestüt, der beim Tor endet.    

Der Bf hat die örtlichen Verhältnisse durch digitale Fotos in der Verhandlung dokumentiert und betont, diese existierten bereits seit etwa 4 Jahren in dieser Form, also auch am 16. September 2014.

Der Bf schilderte den Vorfall so, dass er am Abend des 15. September 2014 mit seiner Gattin vor dem Wohnhaus gesessen sei und die Dackel friedlich bei ihnen gelegen seien. Als zwei Jogger direkt neben dem Haus vorbeigelaufen seien, seien die Dackel zu diesen hingesprungen und hätten gebellt. Sie beide hätten nichts davon bemerkt, dass ein Dackel jemanden gebissen hätte. Weder ihm noch seiner Gattin sei aufgefallen, dass ein Dackel einen der Läufer gebissen hätte, was sie auch noch nie getan hätten. Er habe die Hunde zurückgerufen; niemand habe etwas gesagt. Erstmals habe er in der Nacht von einem angeblichen Hundebiss erfahren, als gegen Mitternacht die Polizei mit dem Zeugen E gekommen sei; die Impfpässe seien in Bezug auf Tollwut kontrolliert  worden und in Ordnung gewesen. Auch habe der Zeuge E nie Schadenersatz für eine kaputte Hose geltend gemacht.

 

Der Zeuge E erläuterte im Rahmen seiner Einvernahme, er sei mit seinem Begleiter vom Wald her gekommen und beim (nördlichen) geöffneten Gatter weitergelaufen, wobei ihm weder das Gatter noch der links der Straße stehende Hinweis auf die Privatstraße aufgefallen sei. Er habe die Örtlichkeit nach dem Vorfall nochmals besichtigt und habe dabei erst das Gatter und die Kennzeichnung als Privatstraße gesehen. Als er und sein Begleiter beim Wohnhaus vorbeigelaufen seien, sei dort jemand heraussen gesessen und plötzlich seien drei Dackel zu ihnen hingelaufen, von denen ihn einer von hinten in den linken Oberschenkel gebissen habe. Er sei weitergelaufen, um dort wegzu­kommen; niemand habe sie angesprochen. Sie hätten dann ein etwas offen stehendes Tor passiert, es ein wenig weiter geöffnet und seien auf die Straße hinaus. Erst dort habe er nachgesehen und eine kleine, leicht blutende Bisswunde am Oberschenkel entdeckt; die Sporthose sei nicht kaputt gewesen.

Er habe zu Hause geduscht und sei gegen 20.00 Uhr nochmals zum Gestüt gefahren, um nach der Tollwutimpfung der Hunde zu fragen. Er sei beim Schubtor stehengeblieben und habe zum Wohnhaus hinübergerufen; dort sei keine Glocke. Da ihn niemand gehört habe, sei er ins Krankenhaus nach Wels gefahren, danach zur PI Neukirchen/W. und mit den Beamten wieder zum Gestüt, wo mit dem Bf die Tollwutimpfung geklärt worden sei.

 

In der Verhandlung wurde auch die Verletzungsanzeige des KH Wels erörtert. Demnach hat der Bf mit der Diagnose „Hundebiss am linken Oberschenkel“ Medikamente gegen eine Infektion, ein Antibiotikum und gegen die Schmerzen bekommen und es wurde ein Salbenverband angelegt.

Damit ist aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes das Vorliegen einer  Verletzung des Zeugen E als erwiesen anzusehen, auch wenn die von ihm beim Laufen getragene Sporthose nicht beschädigt war.

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 15 Abs.1 Z2 HHG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer einen Hund entgegen der Bestimmungen des § 3 Abs.1 und 2 hält.

§ 3 Abs.2 Z1 leg.cit. bestimmt, dass ein Hund in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren oder zu führen ist, dass Menschen und Tiere durch den Hund nicht gefährdet werden.

Diese Bestimmungen des OÖ. HHG enthalten – im Gegensatz zu § 3 Abs.2 Z3 keine Einschränkung auf öffentliche Orte, weshalb davon auszugehen ist, dass sie auch innerhalb einer Liegenschaft und auf Straßen ohne öffentlichen Verkehr gelten.

 

Dem Bf ist zuzustimmen, dass im ggst Fall der Zeuge E auf einer Privatstraße durch das Anwesen gelaufen ist, wobei aber dessen Aussage, das gatterähnliche Tor von Norden her sei offen gewesen, glaubhaft ist. Nach den vorgelegten Fotos ist nicht auszuschließen, dass der Zeuge das Tor mit einem Zaun verwechselt hat; allerdings ist das links der Straße befindliche Verkehrs­zeichen „Fahrverbot“ mit dem Hinweis, dass das Befahren und Betreten der Privatstraße verboten sei, gut einsehbar und hätte vom Zeugen wahrgenommen werden müssen.

Damit ist festzuhalten, dass sich die Hunde beim Durchlaufen der Strecke durch den Zeugen E im unmittelbaren Bereich ihres Wohnhauses befunden haben. Die im Spruch genannte an den Garten des Wohnhauses angrenzende Straße war auch keine allgemein zur Benützung freie Straße, sondern eben die Privatstraße durch das Gestüt. Die Hunde waren somit auch außerhalb des Wohnhauses auf dieser Privatstraße zuhause, der Zeuge E der „Eindringling“.

 

Dass die Hunde dem Zeugen E und seinem Begleiter nachliefen und sie anbellten, ist damit verständlich und in Ordnung. Dass einer der Hunde – welcher der drei Dackel konnte im Beweisverfahren nicht geklärt werden – dem Zeugen E von hinten hinaufsprang, fiel dem Bf, der vor dem Haus saß und nach eigenen Aussagen Sicht auf die Jogger hatte, offenbar auf, weil er die Hunde sofort zurückrief.

 

Da aber der Bf offensichtlich nicht in der Lage war, die Intensität dieser Reaktion des Hundes auf den laufenden Zeugen E zu beeinflussen, ist hier nicht mehr von einer bloßen über ein zumutbares Maß hinaus bestehenden Belästigung des Zeugen sondern von dessen tatsächlicher Gefährdung im Sinn des § 3 Abs.2 Z1 . HHG auszugehen. Insofern liegt auch eine mangelhafte Beaufsichtigung durch den Bf vor, zumal er nur im Nachhinein zu reagieren und den Hund zurückzurufen vermochte, wobei ihm aber auch zugutezuhalten ist, dass er von den beiden in der Annäherung für ihn nicht sichtbaren Joggern überrascht wurde.

Er hat damit den ihm – nunmehr im Hinblick auf die Örtlichkeit korrigiert – zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und, da ihm eine Glaubhaftmachung (gänzlich) mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 VStG nicht gelungen ist, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten, wobei aber zu betonen ist, dass den Zeugen E ein nicht unerhebliches Maß an Mitverschulden trifft.     

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.      

 

Unter Bedachtnahme auf die oben dargelegten Argumente ist zweifelsohne von geringfügigem Verschulden auszugehen, das den Ausspruch einer Ermahnung rechtfertigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. 

 

 

Zu II.:

 

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren.

 

 

 

Zu III.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim VwGH einzubringen.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger