LVwG-300562/8/PY/BC

Linz, 30.06.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn D. R.,  H., S., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 1. Dezember 2014, GZ: Ge-219/13, wegen Verwaltungs­übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG),

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstraf­verfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 VStG eingestellt.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.            
1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 1. Dezember 2014, GZ: Ge-219/13, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z 1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 36 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

„Sie haben es als verantwortlicher Beschäftiger zu vertreten, dass Sie den x Staatsbürger  Z. R., geb. am x, am 2.5.2012 in  S., H., mit dem Ausmalen eines Raumes im Erdgeschoß beschäftigten, ohne dass dieser Ausländer eine Beschäfti­gungsbewilligung besaß, oder diesem Ausländer eine Zulassung als Schlüssel­kraft erteilt worden wäre, oder diesem Ausländer eine Anzeigebestätigung, ein Befreiungsschein oder ein Niederlassungsnachweis erteilt worden wäre. Sie haben somit oa. Ausländer entgegen den Bestimmungen des § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz beschäftigt. Dies stellt eine Übertretung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes dar.“

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrens­ganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass aufgrund einer Anzeige des Finanzamtes Steyr gegen den Beschuldigten wegen des im Spruch angeführten Tatbestandes ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wurde. Von diesem wurde als Rechtfertigung vorgebracht, dass Herr Z. R. sein Cousin wäre und ohne Auftrag einen Freundschaftsdienst erledigt hätte. Die erkennende Behörde gehe vom angezeigten Tatbestand aus und sei der Beschuldigte als verantwortlicher Beschäftiger gegenständlichen Dienstnehmers für die
Verwal­tungsübertretung verantwortlich.

 

Abschließend legt die Behörde ihre für die Strafbemessung maßgeblichen Gründe dar.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in der vorgebracht wird, dass es sich bei Herrn Z. R. um den Cousin des Bf und um keinen Maler, sondern einen LKW-Fahrer handelt, der auf der Durchreise mit seinem LKW einen Zwischenstopp einlegte um die Ehegattin des Bf sowie dessen Kind im Landeskrankenhaus Steyr zu besuchen. Er habe ohne Absprache Verschönerungsarbeiten in der Wohnung durchgeführt und könne dies nicht als Verwaltungsübertretung bezeichnet werden.

 

3. Mit Schreiben vom 30. Dezember 2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Gemäß § 2 VwGVG ist dieses zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch
Aktenein­sichtnahme. Dem Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr als am Verfahren beteiligte Organpartei wurde Gelegenheit gegeben, eine Stellungnahme zum Beschwerde­verfahren abzugeben. In der dazu am 19. Februar 2015 eingelangten Stellung­nahme wird das Beschwerdevorbringen bestritten und unter Vorlage weiterer Beweismittel auf die Wahrnehmung anlässlich der Kontrolle verwiesen.

 

5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäfti­gungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsende­bewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Rot-Weiß-Rot – Karte plus" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt. 

 

Gemäß § 2 Abs. 4 1. Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§§ 12 bis 12c) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Rot-Weiß-Rot - Karte plus (§ 41a NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

Gemäß § 38 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 i.d.g.F. sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des 2. Teiles und des Finanzstrafgesetzes – FinStrG, BGBl. Nr. 129/1958, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen im Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwal­tungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist von diesem Zeitpunkt.

 

Gemäß § 31 Abs. 2 1. und 2. Satz VStG erlischt die Strafbarkeit einer Verwal­tungsübertretung durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem im Abs. 1 genannten Zeitpunkt.

 

5.2. Dem Bf wird im angefochtenen Straferkenntnis eine Übertretung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes am 2. Mai 2012 zur Last gelegt. Er verantwortet sich – bereits im Verfahren vor der belangten Behörde – damit, dass es sich bei der gegenständlichen Tätigkeit um einen freiwilligen und unentgeltlichen Gefälligkeitsdienst seines Cousins gehandelt hat.

 

Bei der Beurteilung, ob in einem konkreten Fall ein dem Reglement des AuslBG unterliegender Gefälligkeitsdienst des (der) Ausländer(s) anzunehmen ist, hat die Behörde eine Würdigung aller Umstände des Falles vorzunehmen (vgl. VwGH vom 18. Dezember 2006, Zl. 2005/09/0153, uva). Dabei fallen Gefälligkeits­dienste dann nicht unter den Begriff der bewilligungspflichtigen Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG, wenn sie nicht nur kurzfristig, freiwillig und unentgeltlich, sondern auf Grund spezifischer Bindungen zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger erbracht werden. Insgesamt ist auch im Zusammenhang mit der Behauptung bloßer Gefälligkeitsdienste gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG vom wahren wirtschaftlichen Gehalt und nicht von der äußeren Erscheinungsform auszugehen (VwGH vom 25. März 2010, Zl. 2010/09/0048).

Als solche Familiendienste, die kein Arbeitsverhältnis begründen, sind im Rahmen einer familiären Beistands- und Mitwirkungspflicht erbrachte Leistungen anzusehen. Ob es sich um einen Familiendienst oder um ein Dienstverhältnis bzw. arbeitnehmerähnliches Verhältnis handelt, ist anhand aller Umstände des Falles, insbesondere auch unter Einbeziehung der Behauptungen und Zuge­ständnisse der Betroffenen zu beurteilen, wobei aber auch hinsichtlich von Leistungen, die von einer familiären Beistandspflicht erfasst wären, durchaus ein Dienstverhältnis vereinbart werden kann (vgl. mit zahlreichen weiteren Hinweisen VwGH vom 22. Oktober 2003, Zl. 2001/09/0135). Kein Dienstver­hältnis bzw. arbeitnehmerähnliches Verhältnis ist bei Verwandten anzunehmen, wenn es sich lediglich um Gefälligkeitshandlungen handelt, die ihr gesamtes Gepräge, insbesondere nach Art, Umfang und Zeitdauer von den familiären Bindungen zwischen Angehörigen erhalten. Dabei sind die gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beachten, insbesondere Art, Umfang und Zeitdauer der verrichteten Tätigkeiten, die Stärke der tatsächlichen verwandtschaftlichen Beziehungen sowie die Motive des Betroffenen. Ob die Tätigkeit wie ein Beschäftigter oder als "Familiendienst" verrichtet wird, entscheidet sich somit nach dem Gesamtbild der den Einzelfall prägenden Umstände. Wesentlich ist dabei der Verwandtschaftsgrad anzusehen. Je enger die Beziehungen sind, umso mehr spricht dafür, dass die Tätigkeit durch diese Beziehung geprägt ist und nicht wie von einem Beschäftigten verrichtet wird. In Verbindung mit dem Verwandtschaftsgrad sind außerdem Art und Umfang der Tätigkeit maßgebend. Es ist das Gesamtbild der ausgeführten oder beabsichtigten Verrichtungen zu beurteilen (vgl. VwGH vom 29. Jänner 2009, Zl. 2008/09/0277).

 

Von der belangten Behörde wurde dem Bf zwar eine Aufforderung zur Recht­fertigung übermittelt, zu der vom Bf ergangenen Rechtfertigung wurden jedoch keine Ermittlungsschritte gesetzt und erst kurz vor Eintritt der Strafbar­keitsverjährung das gegenständliche Straferkenntnis erlassen. Zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wären jedoch weitere Erhebungen, insbesondere auch eine Einvernahme des gegenständlichen Dienstnehmers über die getroffenen Vereinbarungen und allfällige Beweggründe seiner Tätigkeit, erforderlich gewesen. Im Hinblick auf den entfernten Aufent­haltsort des Zeugen war es dem Oö. Landesverwaltungsgericht nicht mehr möglich, in der noch verbleibenden Zeit vor Eintritt der Strafbarkeitsverjährung drei Jahre nach der vorgeworfenen Tat ein den Anforderungen des Artikel 6 Abs. 2 EMRK gerecht werdendes Ermittlungsverfahren durchzuführen, weshalb Zweifel an der Täter­schaft des Bf verbleiben und ausreichende Beweise für einen Schuldspruch nicht vorliegen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II.            Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist in den zitierten Gesetzes­stellen begründet.

 

 

 

III.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Andrea Panny