LVwG-300669/3/Kü/BZ

Linz, 17.09.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde des Herrn C.H., x, x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R.F., x, x, vom 24. März 2015 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 3. März 2015, SV96-113-2013, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), zu Recht  e r k a n n t:

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG eingestellt.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG hat der Beschwerdeführer weder einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich noch einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) hat mit dem Straferkenntnis vom 3. März 2015, SV96-113-2013, über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 111 Abs. 1 Z 1 iVm § 33 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl Nr. 189/1955 idF BGBl I Nr. 398/2011 eine Geldstrafe in der Höhe von 730 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 2 Tagen verhängt. Gleichzeitig wurde dem Bf die Bezahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 73 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

Sie haben im von Ihnen am Standort T., x, geführten Gewerbebetrieb (Gewerbeberechtigungen: seit 23.4.2012 Erdbewegungen, für die statische Kenntnisse nicht erforderlich sind; seit 3.1.2013 auch: gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kfz des Strassenverkehrs oder solchen Kfz mit Anhänger, bei denen die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insg. 3500 kg nicht übersteigt (§ 1 Abs. 2 Güterbeförderungsgesetz 1995) – ein Bevollmächtigter gemäß § 35 Abs. 3 zur Erfüllung der SV-rechtlichen Meldepflicht wurde nicht bestellt – den seit 1.10.2012 bis laufend gegen Entgelt, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit, als Zeitungspaketzusteller beschäftigten, nicht von der Vollversicherung gemäß § 5 ausgenommene, damit in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung pflichtversicherten Dienstnehmer:

 

B.B., geb. x, u. Staatsangehöriger, wohnhaft W., x,

 

nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger (hier Oö GKK) angemeldet (weder mit Mindestangaben-, noch Vollanmeldung), obwohl Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG pflichtversicherte Person (Voll- und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger an- und binnen 7 Tagen nach Ende der Pflichtversicherung abzumelden haben.“

 

Begründend wird ausgeführt, dass die angelastete Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen sei, zumal davon auszugehen sei, dass A. keinen Grund gehabt hätte eine falsche Aussage bezüglich des Arbeitsbeginnes von B. zu machen. B. sei als Arbeitnehmer des Beschuldigten zu qualifizieren.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 24. März 2015, mit der die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Verfahrens, in eventu die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Zurückverweisung zur neuerlichen Entscheidung nach Ergänzung der Beweisaufnahme angestrebt werden.

 

Begründet wird diese Beschwerde wie folgt:

„In der Bescheidbegründung wird zwar ausführlich der Strafantrag der Finanzpolizei, Team 46, Finanzamt Grieskirchen-Wels samt Vernehmungsprotokolle der Einvernahmen des B.B. und M.A. durch die Finanzpolizei, meine Rechtfertigung und die Stellungnahme der Finanzpolizei hiezu dargetan, die Erwägungen der belangten Behörde erschöpfen sich aber letztendlich auf Seite 8 des abgefochtenen Bescheides darin, festzustellen, die angelastete Verwaltungsübertretung sei als erwiesen anzusehen, zumal davon auszugehen wäre, dass A. keinen Grund hätte, eine falsche Aussage bezüglich des Arbeitsbeginnes von B. zu machen. B. sei als Arbeitnehmer des Beschuldigten zu qualifizieren.

Diese Begründung ist unzureichend, nicht überprüfbar, setzt sich nicht mit den einzelnen Widersprüchen der von der Finanzpolizei vernommenen Personen, nämlich B.B. und M.A. auseinander und hat selbst, außer der Einvernahme des C.H., keine Einvernahme der beiden Zeugen B. und A. durchgeführt, sondern lediglich die Protokolle der Finanzpolizei übernommen und somit sich keinerlei persönlichen Eindruck über die Glaubwürdigkeit, vor allem des Belastungszeugen A. gemacht.

Abgesehen von den im folgenden noch zu behandelnden unzulänglichen Befragung der beiden genannten Personen durch die Finanzpolizei und den darauf zurückzuführenden Begründungsmängeln ist das Verfahren daher mangelhaft geblieben und der Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet.

Der Zeuge A., dem nach Ansicht der belangten Behörde uneingeschränkte Glaubwürdigkeit zukommt, gibt anlässlich seiner Einvernahme am 22.2.2013 von der Finanzpolizei an ‚mein Ansprechpartner dort (im Lager R.), wo die Firmen M., M. und B. ein Lager unterhielten, sei zurzeit ein Herr C. Er ist der Chef des Lagers. Diesbezüglich gab es eine Änderung. Vorher war A.A.S. der Chef.‘

Seit wann dieser C. (gemeint C.H.) der ‚Chef‘ im Lager gewesen sein soll, erklärt der Zeuge A. nicht. Mit dem Begriff ‚zurzeit‘ kann nur der Tag der Einvernahme gemeint sein, das war der 22.2.2013. An diesem Tag verfügte der Beschuldigte tatsächlich laut Spruch die Straferkenntnisse (seit 3.1.2013) über eine entsprechende Gewerbeberechtigung und hat diese nach Angaben des Beschuldigten auch ausgeübt. Aus diesen Ausführungen des A. kann daher auf ein Beschäftigungsverhältnis des B. beim Beschuldigten im Dezember 2012 nicht geschlossen werden.

Der Zeuge A. fährt weiter fort, er hätte ursprünglich seit 1.3.2012 zwei Touren (B. I. und M.) übernommen gehabt, diese bei R.R. (Mutter von A.A.S.) aber mit 14.7., bzw. 11.8.2012 gekündigt.

Daraus geht hervor, dass R.R. offensichtlich vorher der ‚Chef‘ gewesen ist.

Ab 1.10.2012 habe nach Angabe der Zeuge A. B. diese beiden Touren übernommen (offensichtlich unter A.A.S.).

Der Beschuldigte hat in seiner Einvernahme vor der BH Vöcklabruck erklärt, er habe mit 1.12.2012 die Firma (Zeitungslager und Zeitungszusteller) übernommen, vorher sei er selbstständiger Zeitungszusteller für zwei Touren im Bezirk V. gewesen.

Als Beweis wird eine Kopie des Pachtvertrages mit der Fa. F. GmbH samt Zusatzvereinbarung vom 1.12.2012 vorgelegt. Die Angaben des Zeugen A., der Beschuldigte sei bereits vorher ‚Chef‘ gewesen, sind daher objektiv unrichtig und damit widerlegt. Der Vertrag bestätigt eindeutig die Angaben des B. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass der Vertrag mit F. GmbH vor dem 1.12.2012 R.R., bzw. nach ihr A.A.S. inne hatte.

In diesem Frachtvertrag war ein Auslieferungsgebiet mit Tourenaufstellung vereinbart. Die verschiedenen Touren waren also vorgegeben und standen nicht im Belieben des Frachtführers.

Ferner ist in diesem Vertrag festgehalten, der Auftragnehmer müsse die Beförderung nicht selbst durchführen, er sei befugt, sie durch dritte Unternehmen oder Personen besorgen zu lassen.

Der Auftragnehmer hat für die Durchführung des Pachtvertrages sämtliche notwendigen Betriebsmittel auf seine Kosten und Gefahr bereit zu stellen. Er muss seine Frachtführertätigkeit selbstständig durchführen und ist an keine bestimmte Arbeitszeit und keine Weisung gebunden.

Eben diese wesentlichen Punkte für die Beurteilung einer selbstständigen Tätigkeit finden sich auch in dem gleichfalls am 1.12.2012 zwischen C.H. und M.A. abgeschlossenen Frachtvertrag (Subfrachtvertrag).

Vor dem Abschluss eines Subfrachtvertrages zwischen H. und A. muss Letzterer einen Vertrag mit R. oder S. gehabt haben. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass A., wenn er sein Gewerbe abgemeldet hatte – was seitens der Behörde nicht überprüft worden ist – eben ‚schwarz‘ gefahren ist, bzw. B. seinerseits als Subfrachtführer beschäftigt hat. Schließlich gibt A. zu, über die Tankkarte der Fa. F. GmbH, die ab 1.12.2012 aufgrund des Frachtvertrages mit F. H. zustand, verfügt zu haben. Dies steht im Widerspruch der Ergebnisse der Zeugeneinvernahme B., der behauptet, von A. während drei Wochen im November 2012 eine Einschulung bekommen zu haben und immer nur mit A. gesprochen zu haben, der ihm auch die Arbeit angeboten habe. Tatsächlich war B., wie von H. angegeben, erst ab 1.12.2012 für ihn als selbstständiger Zusteller im Rahmen eines Subfrachtvertrages tätig. Dieser Vertrag wurde vorerst mündlich abgeschlossen, da B. erst mit 1.12.2012 um die Erteilung einer Gewerbeberechtigung angesucht hat. Zu einer schriftlichen Ausfertigung ist es nicht mehr gekommen, weil B. die Tätigkeit bereits im Jänner 2013 wieder beendet hat.

Für Dezember 2012 wurde seitens B. eine ordnungsgemäße Rechnung an H. ausgestellt, wobei auffällt, dass die Rechnung sich in Händen des B. befunden hat und von ihm der Finanzpolizei vorgelegt worden ist. Wie A. zu dieser Rechnung gekommen ist, wurde seitens der Behörde nicht weiter hinterfragt, wäre aber wesentlich gewesen, weil dieser Umstand die Aussagen des H. und des B. stützt, wonach H. nach seinen eigenen Angaben A. das Geld für B. unter Abzug der Treibstoffkosten übergeben hat und B. erklärt, M.A. einen Beleg über ca. € 5.400,00 unterschrieben zu haben, aber kein Geld erhalten zu haben. H. hat das Geld A. zwecks Weiterleitung an B. übergeben, zumal ersterer mit B. auch das Entgelt für die Zurverfügungstellung des PKW zu verrechnen hatte.

Von der uneingeschränkten Glaubwürdigkeit des Zeugen A., von der die belangte Behörde ausgeht, kann daher keine Rede sein. Die belangte Behörde hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, diese Personen selbst zu vernehmen, sondern gibt dem angefochtenen Bescheid lediglich deren Angaben vor der Finanzpolizei wieder, wobei auf die Stellungnahme der Finanzpolizei zur Rechtfertigung des H. offensichtlich kritiklos übernommen wird.

Was den in der Stellungnahme gegenüber H. erhobenen Vorwurf betrifft, diesen wiederholt aufgefordert zu haben, Unterlagen hinsichtlich der Vereinbarung mit B. vorzulegen ist festzuhalten, dass keine schriftlichen Unterlagen existieren und daher nicht vorgelegt werden konnten. Soweit Unterlagen vorhanden waren, hat H. sie Herrn D.Z., Mitarbeiter des Finanzamtes Vöcklabruck, übergeben. Was die Finanzpolizei mit diesen Unterlagen gemacht hat, entzieht sich der Kenntnis des H.

Was die von der Finanzpolizei ins Treffen geführten Merkmale einer unselbstständigen Tätigkeit des B. betrifft, ist auszuführen:

Die von B. übernommene Tour war nicht von H. vorgegeben, sondern ergibt sich vielmehr aus dem Frachtvertrag zwischen F. GmbH und H. betreffend Zustellung von Zeitungen und Zeitschriften. Es liegt in der Natur der Sache, dass diese Waren vom Transporteur nicht nach Belieben durch die Gegend gefahren werden, sondern aufgrund einzuhaltender logistischer Grundsätze, damit Zeitungen und Zeitschriften zur rechten Zeit am rechten Ort sind. Auch wenn der Subfrächter grundsätzlich zeitlich ungebunden ist, müssen die Zeitungen naturgemäß in der Früh und nicht erst am Nachmittag am Zielort landen, weil sich kein Zeitungsleser am Abend eines bestimmten Tages noch eine Zeitung für diesen Tag kaufen wird.

Die Subfrächter mussten für das Vorhandensein eines Fahrzeuges selbst Sorge tragen und haben lediglich den verbrauchten Treibstoff ersetzt erhalten, wobei sie über Wunsch eine Begünstigung von sogenannten Tankkarten der Fa. F. bekommen konnten. Der Subfrächter konnte sich seinerseits auch einer dritten Person zur Vornahme der von ihm übernommenen Transportleistungen bedienen, er konnte selbstverständlich neben der Erfüllung des zwischen H. und F. abgeschlossenen Frachtvertrages auch andere Dienstleistungen verrichten, sofern er noch die Zeit dazu hatte. Die von der Finanzpolizei behauptete ‚Scheinselbstständigkeit‘ und damit verbunden die verpflichtende Anmeldung des B. nach den Bestimmungen des ASVG, welche Rechtsansicht die belangte Behörde vertritt, liegt daher nicht vor.“

 

3. Die belangte Behörde hat diese Beschwerde gemeinsam mit dem Verfahrensakt mit Schreiben vom 31. März 2015 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Dieses hat gemäß § 2 VwGVG durch Einzelrichter zu entscheiden.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:

 

Am 01.12.2012 wurde zwischen der F. GmbH, x, als Auftraggeber und dem Bf als Auftragnehmer ein Frachtvertrag abgeschlossen. Gegenstand des Vertrages ist die Belieferung von Kundschaft mit diversen Gütern, Pakten, Eilpaketen etc., wobei das Auslieferungsgebiet aus einer Tourenaufstellung, die eine Anlage zum Frachtvertrag bildet, hervorgeht. Im Wesentlichen hat der Bf mit diesem Vertrag die Zustellung von Zeitungen vom Lager R. aus übernommen.

 

Im Frachtvertrag ist festgelegt, dass der Bf die Beförderung nicht selbst durchführen muss, sondern befugt ist, dies durch dritte Unternehmen oder Personen besorgen zu lassen. Jedenfalls trägt der Bf die alleinige Verantwortung für die ordnungsgemäße Erfüllung der Vereinbarung. Zudem hat der Bf die für die Durchführung des Frachtvertrages notwendigen Betriebsmittel auf seine Kosten und Gefahr bereitzustellen.

 

Vor dem 01.12.2012 war der Bf als selbstständiger Zusteller für 2 Touren im Bezirk V. tätig und lag die Verantwortung für die Verteilung von Zeitungen vom Lager R. aus bei anderen juristischen Personen und nicht beim Bf.

 

Da der Bf die Verantwortung für das Lager R. und die rechtzeitige Auslieferung übernommen hat, hat dieser ebenso mit Wirksamkeit 1.12.2012 einen Frachtvertrag mit Herrn A.M. abgeschlossen. Inhalt des Vertrages waren die Touren 492, 493 und 482, für die jeweils eine pauschale Abrechnung vereinbart wurde. Im Frachtvertrag ist festgelegt, dass sich der Auftragnehmer jederzeit vertreten lassen kann und sämtliche für die Durchführung des Frachtvertrages notwendigen Betriebsmittel auf seine Kosten und Gefahr bereitzustellen hat. Herr A. hatte bereits mit den Rechtsvorgängern des Bf einen gleichlautenden Frachtvertrag abgeschlossen und hat daher diese Verteilungstouren bereits vor dem 1.12.2012 in gleicher Weise durchgeführt.

 

Bereits vor dem 1.12.2012 war Herr A. auf der Suche nach einem Vertreter, der seine Touren übernehmen kann, weil er aufgrund einer Krankheit dazu nicht mehr in der Lage war. Er hat in der Folge den u. Staatsangehörigen B.B. gefunden und mit diesem vereinbart, dass er die Touren während seiner Krankheit übernehmen sollte. Zu diesem Zweck hat M. sein Fahrzeug an B. vermietet. A. hat in der Folge eine Einschulung von Herrn B. für die einzelnen Touren vorgenommen. Zudem hat er ihm eine Tankkarte der Firma x, welche Herrn A. bereits von der F. GmbH zur Verfügung gestellt wurde, übergeben. Herr B. ist in der Folge die Touren bis 17.2.2013 gefahren. Ab 18.2.2013 hat Herr A. diese Aufgabe wieder übernommen.

 

Da Herr M. selbstständig eine Vertretung organisiert hat, liegt ein schriftlicher Vertrag zwischen dem Bf und Herrn B. nicht vor und wurden auch sonst zwischen den beiden letztgenannten keine Vereinbarungen getroffen. Aufgrund des Umstandes, dass Herr B. die Vertretung von Herrn A. übernommen hat, wurden in der Folge die Abrechnungen der Touren sowie Abrechnungen der Tankkarte zwischen dem Bf und Herrn B. direkt vorgenommen.

 

Herr B. verfügte seit 1. Dezember 2012 über eine Gewerbeberechtigung für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kfz des Straßenverkehrs oder solchen Kfz mit Anhänger, bei denen die Summe der höchst zulässigen Gesamtgewichte insg. 3.500 kg nicht übersteigt.

 

Anlässlich einer Kontrolle am 12. Februar 2013 stellten Organe des Finanzamtes fest, dass der Bf den u. Staatsbürger, B.B., für die Zustellung von Zeitungspaketen für Hauszusteller in dafür vorgesehene Boxen beschäftigt, ohne diesen vor Arbeitsantritt bei der Oö. Gebietskrankenkasse angemeldet zu haben und erstatteten daher Anzeige bei der Bezirksverwaltungsbehörde.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Strafantrag, den Aussagen von Herrn A. und Herrn B. anlässlich ihrer Einvernahmen vor dem Finanzamt, der Rechtfertigung des Bf sowie dem Beschwerdevorbringen, dem die genannten Frachtverträge angeschlossen waren. Im Besonderen stellt Herr A. anlässlich seiner Einvernahme dar, dass er selbst an Herrn B. herangetreten ist, dass dieser ihn bei den einzelnen Touren vertreten soll. Zudem ergibt sich aus dem zwischen der F. GmbH und dem Bf abgeschlossenen Frachtvertrag, dass der Bf vor dem 1.12.2012 nicht verantwortlich für das Lager R. gewesen ist.

 

 

II. Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich:

 

1. Als Dienstnehmer gilt gemäß § 4 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz entlohnt werden, oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Nach § 33 Abs. 1a leg. cit. kann der Dienstgeber die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1.    vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.    die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

Nach § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß § 111 Abs. 2 leg. cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 539 Abs. 1 leg. cit. ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z. B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

Nach Abs. 2 können durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden.

Ferner ist gemäß Abs. 3 ein Sachverhalt so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.

Abs 4 besagt: Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend.

Gemäß Abs. 5 gelten Grundsätze, nach denen

1.   die wirtschaftliche Betrachtungsweise,

2.   Scheingeschäfte, Formmängel und Anfechtbarkeit sowie

3.   die Zurechnung

nach den §§ 21 und 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

2. Für die Beurteilung, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, kommt es auf das Gesamtbild und den wahren wirtschaftlichen Gehalt der konkret ausgeübten Tätigkeit an. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH hängt die Frage, ob bei einer Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten weitgehend ausgeschaltet oder – wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung – nur beschränkt ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, VwSlg 12325/A sowie VwGH 20.03.2014, 2012/08/0024 mwN).

 

Die persönliche Arbeitspflicht ist stets die Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG und damit eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses.

Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vgl. VwGH 20.03.2014, 2012/08/0024 mwN). Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung (vgl. wiederum VwGH 20.03.2014, 2012/08/0024 mwN).

 

3. Verfahrensgegenständlich wird dem Bf vorgeworfen, dass er „von 1. Oktober 2012 bis laufend“ Herrn B. gegen Entgelt in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit als Zeitungspaketzusteller beschäftigt habe, ohne diesen vor Arbeitsbeginn beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet zu haben.

 

Diesem Tatvorwurf steht grundsätzlich entgegen, dass der Frachtvertrag, abgeschlossen zwischen dem Bf und der F. GmbH, erst am 1. Dezember 2012 wirksam wurde. Vor dem 1. Dezember 2012 war der Bf für das Lager R. und die Verteilung der Zeitungen nicht verantwortlich, sondern als selbstständiger Zeitungszusteller tätig. Die Annahme der belangten Behörde, dass der Bf bereits seit 1. Oktober 2012 einen Frachtvertrag mit der F. GmbH abgeschlossen hat und der Bf somit bereits seit 1. Oktober 2012 diese Tätigkeit versah, entspricht nicht dem Akteninhalt.

 

B. hat im Zuge der Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei ausgesagt, dass sein erster Arbeitstag der 2. Dezember 2012 gewesen sei. Die Aussagen des B. decken sich mit den Aussagen des Bf bzw. mit seinem Beschwerdevorbringen und sind glaubwürdig. Der Subvertrag, abgeschlossen zwischen dem Bf und Herrn A., sollte ebenso erst ab 1. Dezember 2012 Wirksamkeit erhalten. Diesem Vertrag ist zu entnehmen, dass A. die Beförderungen nicht selbst durchführen muss, sondern sich vertreten lassen kann. Daraus kann geschlossen werden, dass sich auch der von A. ausgewählte Vertreter B. bei seiner Tätigkeit ab Dezember 2012 vertreten lassen konnte. Eine persönliche Arbeitspflicht kann somit aus dem Inhalt der vorliegenden vertraglichen Regelungen sowie dem festgestellten Sachverhalt nicht abgeleitet werden. Zudem verfügte B. ab Dezember 2012 über die entsprechende Gewebeberechtigung.

 

Die Innehabung eines Gewerbescheines – und daraus folgend eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG – schließt die Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 4 ASVG aus (in diesem Sinne auch VwGH 16.10.2014, Ro 2014/08/0074 mwN).

 

In Zusammenhang mit einem Zeitungszusteller hat der OGH in den Vordergrund gerückt, dass die Tatsache, dass Zeitungszusteller die für sie bestimmten Zustellpakete an einer bestimmten Abgabestelle entgegennehmen müssen und die Zustellung innerhalb einer gewissen Zeitspanne vornehmen müssen für sich allein betrachtet für das Bestehen eines echten Dienstvertrags noch nicht indikativ ist, da es sich hierbei schlicht um sachliche, in der Natur der durchzuführenden Tätigkeit liegende Weisungen handelt. Weiters hat das Höchstgericht in diesem Zusammenhang festgehalten, dass selbst die Vorgabe einer spezifischen Fahrtroute in den Hintergrund tritt, wenn keine persönliche Dienstpflicht besteht und ein umfassendes Vertretungsrecht eingeräumt wurde (vgl. OGH 30.10.2003, 8 Ob A 45/03f). Zudem hat auch der VwGH ein Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs. 2 ASVG dann angenommen, wenn der Zeitungskolporteur den Zeitungsverkauf nicht nur an einem bestimmten Standort und zu einer bestimmten Mindestzeit vorzunehmen hat, sondern er auch persönlichen Weisungen unterliegt sowie bestimmte Jacken, Kappen und Taschen zu tragen hat und darüber hinaus ein generelles Vertretungsrecht auszuschließen ist (VwGH 19.10.2005, 2004/08/0082).

 

Zusammenfassend ist festzustellen, dass Herr B. keiner persönlichen Arbeitspflicht unterlegen ist, er vielmehr selbst Vertreter des Vertragspartners des Bf gewesen ist und auch er berechtigt war sich vertreten zu lassen, Hilfspersonen beizuziehen oder für andere Arbeitgeber zu agieren. Insofern ist davon auszugehen, dass Herr B. in keinem Dienstverhältnis zum Bf gestanden ist, weshalb diesem auch nicht die Verletzung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht angelastet werden kann. In diesem Sinne war daher der Beschwerde Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bf gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG weder ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht noch für das verwaltungsbehördliche Verfahren vorzuschreiben.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger