LVwG-601052/2/FP

Linz, 12.10.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerde von J M, geb. x, x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden, vom 1. September 2015, GZ: VerkR96-12312-2015, wegen einer Übertretung der StVO

 

den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I.          Gem. § 28 VwGVG wird die Beschwerde im Punkt der Schuld als unzulässig zurückgewiesen.

 

und zu Recht   e r k a n n t :

 

II.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde über die Höhe der Strafe als unbegründet abgewiesen.

 

III.        Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von  10 Euro zu leisten.

 

IV.       Gegen diesen Beschluss und dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Aufgrund einer Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich wegen Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 12 km/h erhielt der Bf am 22. Juni 2015 eine Aufforderung gem. § 103 Abs 2 KFG.

Er trat in der Folge mit der belangten Behörde in Verbindung und wurde ihm auf sein Ersuchen hin am 26. Juni 2015 das bezughabende Radarfoto übermittelt. Mit e-mail vom 26. Juni 2015 ersuchte der Bf um „Strafmilderung bez Kosten“.

Die belangte Behörde teilte dem Bf  mit, er müsse zunächst den Lenker bekannt geben und könne sodann unter Vorlage eines Gehaltszettels Einspruch gegen die Strafhöhe erhoben werden.

Der Bf gab bekannt, dass er das Fahrzeug gelenkt habe, woraufhin die belangte Behörde eine Strafverfügung erließ und eine Geldstrafe iHv 50 Euro verhängte. Die Strafverfügung wurde am 10. August 2015 bei der Postdienststelle 4040 hinterlegt.

 

I.2. Am 10. August 2015 erhob der Bf Einspruch. Dieser lautete wie folgt:

 

[...]

„Ich suche hiermit um Strafmilderung an!

Begründung: befinde mich im Augenblich in einer Situation wo ich beim AMS gemeldet bin.

Im Anhang ist ein Bestätigungsauszug vom AMS

[...]

 

Der Bf schloss dem e-mail ein Schreiben des AMS „Mitteilung über den Leistungsanspruch“ vom 5. Juni 2015 an, aus welchem sich einen Leistungsanspruch iHv 33,9 Euro pro Tag ergibt.

 

I.3. Nach Einholung einer Auskunft über Verwaltungsvorstrafen erließ die belangte Behörde ein Straferkenntnis, verhängte eine Strafe iHv 35 Euro und sprach aus, dass der Bf gem § 64 VStG einen Betrag zu den Kosten des Strafverfahrens iHv 10 Euro zu leisten habe.

 

Die belangte Behörde begründete zusammengefasst, sie sei der Ansicht, dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung bei Bemessung der Strafe richtig angenommen worden seien. Die im Einspruch dargelegten Gründe würden als begründet erscheinen. Eine Herabsetzung auf das festgesetzte Ausmaß würde gerade noch vertretbar sein. Die Geldstrafe sei notwendig, um den Bf in Hinkunft von der Begehung weiterer gleichartiger Übertretungen abzuhalten.

 

I.4. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Bf Beschwerde und führte aus:

[...]

„Ich M J Geb. x in L bekenne mich nicht schuldig in solch einem großen Strafausmaß!“.

(und div Verfahrungskosten)

Ich lege jetzt zum zweiten mal Berudfung dagegen!“

Bitte um unverzügliche Einstellung des Verfahren gemäß § 66 Abs 4 AVG

möchte ich dass der Berufung Folge gegeben wird,

das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z.2 VStG eingestellt wird.

 

Sowie gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahren auferlegt werden.

[...]   

 

I.5. Mit Schreiben vom 22. September 2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oö. zur Entscheidung vor, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu treffen.

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht, aufgrund derer der maßgebliche Sachverhalt vollends geklärt werden konnte.

Zumal hinsichtlich der Beschwerde über die Schuld mit einer Zurückweisung vorzugehen, in der Sache lediglich über die Höhe der Strafe zu erkennen ist, welche zudem unter 500 Euro liegt und der Bf keine öffentliche mündliche Verhandlung beantragt hat, obwohl er in der Rechtsmittelbelehrung auf die Möglichkeit der Beantragung einer solchen hingewiesen wurde, kann eine Verhandlung gem. § 44 Abs 3 VwGVG unterbleiben.

 

II.2. Nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht fest:

 

Dem Bf wurde am 5. August 2015 eine Strafverfügung zugestellt in welcher ihm eine Geschwindigkeitsübertretung vorgeworfen und eine Geldstrafe iHv 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 34 Stunden) verhängt wurde.

Der Bf übermittelte am 10. August 2015 ein e-mail an die belangte Behörde, welches folgenden Text aufwies:

[...]

„Ich suche hiermit um Strafmilderung an!

Begründung: befinde mich im Augenblich in einer Situation wo ich beim AMS gemeldet bin.

Im Anhang ist ein Bestätigungsauszug vom AMS

[...]

 

Der Bf bezieht Notstandshilfe iHv 33,9 Euro pro Tag (Schreiben AMS).

 

Der Bf hat am 15. April 2015 um 17.58 Uhr mit seinem Fahrzeug Audi x,        x die B120 bei Strkm 9.505 in Fahrtrichtung Gmunden im Ortsgebiet von St. Konrad befahren und dabei die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 12 km/h überschritten (Messtoleranz abgezogen) (rechtskräftige Strafverfügung).

 

Das Verwaltungsvorstrafenregister bei der LPD Oö. weist im Hinblick auf den Bf 12 Vormerkungen auf, darunter acht Geschwindigkeitsverstöße, ein Rotlichtverstoß, zwei Parkvergehen und ein Verstoß gegen § 103 Abs 2 KFG (Lenkererhebung) (Auszug Verwaltungsvorstrafenregister).

 

II.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungsstrafakt, insbesondere den in Klammern angegebenen Beweismitteln.

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat erwogen:

 

III.1. Gesetzliche Grundlagen:

 

§ 49 VStG lautet:

§ 49.  (1)  Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

(2)  Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, dann ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

(3)  Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird, dann ist die Strafverfügung zu vollstrecken. 

 

§ 64 VStG lautet:

Kosten des Strafverfahrens

§ 64. (1) In jedem Straferkenntnis ist auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

(2) Dieser Beitrag ist für das Verfahren erster Instanz mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat.

(3) Sind im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens Barauslagen erwachsen (§ 76 AVG), so ist dem Bestraften der Ersatz dieser Auslagen aufzuerlegen, sofern sie nicht durch Verschulden einer anderen Person verursacht sind; der hienach zu ersetzende Betrag ist, wenn tunlich, im Erkenntnis (der Strafverfügung), sonst durch besonderen Bescheid ziffernmäßig festzusetzen. Dies gilt nicht für Gebühren, die dem Dolmetscher zustehen, der dem Beschuldigten beigestellt wurde.

(3a) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr.33/2013)

(4) Von der Eintreibung der Kostenbeiträge (Abs. 1 und § 54d) und der Barauslagen ist abzusehen, wenn mit Grund angenommen werden darf, daß sie erfolglos wäre.

(5) Die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a sind sinngemäß anzuwenden.

(6) Wird einem Antrag des Bestraften auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens nicht stattgegeben, so gelten hinsichtlich der Verpflichtung zur Tragung der Verfahrenskosten sinngemäß die vorhergehenden Bestimmungen.

 

§ 19 VStG lautet:

 

Strafbemessung

§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

§ 33 Abs 1 StGB lautet:

 

Besondere Erschwerungsgründe

§ 33. (1) Ein Erschwerungsgrund ist es insbesondere, wenn der Täter

1. mehrere strafbare Handlungen derselben oder verschiedener Art begangen oder die strafbare Handlung durch längere Zeit fortgesetzt hat;

2. schon wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt worden ist;

3. einen anderen zur strafbaren Handlung verführt hat;

4. der Urheber oder Anstifter einer von mehreren begangenen strafbaren Handlung oder an einer solchen Tat führend beteiligt gewesen ist;

5. aus rassistischen, fremdenfeindlichen oder anderen besonders verwerflichen Beweggründen gehandelt hat;

6. heimtückisch, grausam oder in einer für das Opfer qualvollen Weise gehandelt hat;

7. bei Begehung der Tat die Wehr- oder Hilflosigkeit eines anderen ausgenützt hat.

 

 

§ 34 Abs 1 StGB lautet:

 

 

Besondere Milderungsgründe

§ 34. (1) Ein Milderungsgrund ist es insbesondere, wenn der Täter

1. die Tat nach Vollendung des achtzehnten, jedoch vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres oder wenn er sie unter dem Einfluß eines abnormen Geisteszustands begangen hat, wenn er schwach an Verstand ist oder wenn seine Erziehung sehr vernachlässigt worden ist;

2. bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht;

3. die Tat aus achtenswerten Beweggründen begangen hat;

4. die Tat unter der Einwirkung eines Dritten oder aus Furcht oder Gehorsam verübt hat;

5. sich lediglich dadurch strafbar gemacht hat, daß er es in einem Fall, in dem das Gesetz die Herbeiführung eines Erfolges mit Strafe bedroht, unterlassen hat, den Erfolg abzuwenden;

6. an einer von mehreren begangenen strafbaren Handlung nur in untergeordneter Weise beteiligt war;

7. die Tat nur aus Unbesonnenheit begangen hat;

8. sich in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung zur Tat hat hinreißen lassen;

9. die Tat mehr durch eine besonders verlockende Gelegenheit verleitet als mit vorgefaßter Absicht begangen hat;

10. durch eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende drückende Notlage zur Tat bestimmt worden ist;

11. die Tat unter Umständen begangen hat, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen;

12. die Tat in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum (§ 9) begangen hat, insbesondere wenn er wegen vorsätzlicher Begehung bestraft wird;

13. trotz Vollendung der Tat keinen Schaden herbeigeführt hat oder es beim Versuch geblieben ist;

14. sich der Zufügung eines größeren Schadens, obwohl ihm dazu die Gelegenheit offenstand, freiwillig enthalten hat oder wenn der Schaden vom Täter oder von einem Dritten für ihn gutgemacht worden ist;

15. sich ernstlich bemüht hat, den verursachten Schaden gutzumachen oder weitere nachteilige Folgen zu verhindern;

16. sich selbst gestellt hat, obwohl er leicht hätte entfliehen können oder es wahrscheinlich war, daß er unentdeckt bleiben werde;

17. ein reumütiges Geständnis abgelegt oder durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat;

18. die Tat schon vor längerer Zeit begangen und sich seither wohlverhalten hat;

19. dadurch betroffen ist, daß er oder eine ihm persönlich nahestehende Person durch die Tat oder als deren Folge eine beträchtliche Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung oder sonstige gewichtige tatsächliche oder rechtliche Nachteile erlitten hat.

 

§ 99 Abs 3 lit a StVO lautet:

 

 § 99. Strafbestimmungen.

[...]

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,

a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist,

[...]

 

§ 52 Abs 1 und 2 VwGVG lautet:

 

Kosten

§ 52. (1) In jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, ist auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

(2) Dieser Beitrag ist für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand des Verwaltungsgerichtes zu tragen hat.

 

III.2. Zur Zurückweisung der Beschwerde im Punkt der Schuld:

 

Wie sich § 49 VStG entnehmen lässt, kennt dieser verschiedene Varianten des Einspruches gegen die Strafverfügung, insbesondere einen „vollen“ Einspruch, der sich gegen Schuld und Strafe richtet und die Strafverfügung außer Kraft treten lässt, und einen Einspruch nur über die Strafe (ggf. auch einen solchen über Kosten).

 

„Dem Einspruch muss zu entnehmen sein, ob sich dieser nur gegen das Ausmaß bzw die Art der Strafe, gegen die Kostenentscheidung oder gegen den Schuldspruch richtet, zumal hiedurch unterschiedliche Rechtswirkungen bedingt werden. Entscheidend für die Beurteilung des Anfechtungsumfangs ist nicht die ausdrückliche Bezeichnung im Einspruch, sondern eine objektive Betrachtungsweise des Rechtsmittels in seiner Gesamtheit (zB VwGH 15. 5. 1991, 91/02/002).

Ein Antrag auf Strafmilderung (§ 20) oder auf Absehen einer Strafe ist als Einspruch gegen das Ausmaß der Strafe zu qualifizieren (VwGH 6. 10. 1993, 91/17/0208).“ Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 49 VStG RZ 9 (Stand 1.7.2013, rdb.at).

 

„Wird mit dem Einspruch bloß die Art oder das Ausmaß der Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten, bleibt die Strafverfügung weiterhin in Kraft; der unangefochten gebliebene Schuldspruch erwächst in Rechtskraft; die Behörde darf daher nur über den angefochtenen Teil – die Strafe oder Kosten – neu entscheiden (VwGH 25. 4. 2002, 2000/15/0084). Ein solcher Einspruch kann, zumal die Strafverfügung nicht außer Kraft getreten ist, wirksam zurückgezogen werden.“ Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 49 VStG RZ 12 (Stand 1.7.2013, rdb.at).

 

Der vom Bf am 10. August 2015 eingebrachte Einspruch ist inhaltlich eindeutig. Der Bf führt aus, um Strafmilderung ansuchen zu wollen und legt zum Beweis seines Einkommens einen Leistungsnachweis des AMS vor.

 

Die Strafverfügung erwuchs demnach im Punkt der Schuld in Rechtskraft und blieb iSd obigen Ausführung im Rechtsbestand.

Es steht damit fest, dass der Bf den ihm vorgeworfenen Verstoß gegen die StVO (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit) in sowohl objektiver als auch subjektiver Hinsicht begangen hat.

 

Die belangte Behörde war in der Folge lediglich zum neuerlichen Abspruch über die Strafe zuständig.

 

Gleiches gilt für das Landesverwaltungsgericht.

 

Der Bf führt nunmehr in seiner Beschwerde aus, er bitte um unverzügliche Einstellung des Verfahrens und Behebung des Straferkenntnisses.

 

Aufgrund des seinerzeitigen Einspruches lediglich über die Höhe der Strafe ist es dem Landesverwaltungsgericht verwehrt, auch über den Punkt der Schuld abzusprechen. Es ist zur Entscheidung unzuständig, da eine rechtskräftig entschiedene Sache vorliegt und ist die Beschwerde des Bf im Punkt der Schuld, die auf die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens abzielt, als unzulässig zurückzuweisen.

 

III.3. Zur Beschwerde über die Höhe der Strafe. 

 

Die Bemessung der Strafe erfolgt im Verwaltungsstrafverfahren innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens (vorliegend bis zu 726 Euro). Innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens hat die Behörde Ermessen. Die Behörde muss ihre Strafbemessung nachvollziehbar begründen, also Erwägungen darstellen, um der Partei und den Gerichten die Nachprüfung zu ermöglichen (vgl. VwGH 17. Oktober 2008, 2005/12/0102).

Bei der Strafbemessung sind objektive Kriterien (Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat; Abs 1) und subjektive Kriterien (Erschwerungs- und Milderungsgründe, Einkommens- und Vermögensverhältnisse, allfällige Sorgepflichten; Abs 2) zu berücksichtigen.

(vgl. Weilguni, in Lewisch/Pfister/Weilguni, VStG § 19, RZ 1-3, rdb.at).

 

Das vorliegend geschützte Rechtsgut ist jenes der Sicherheit im Straßenverkehr, in diesem Zusammenhang einerseits das Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer, andererseits auch Leib und Leben. Dieses Rechtsgut ist als bedeutend einzustufen.

 

Im Straßenverkehr ereignen sich alljährlich unzählige Verkehrsunfälle mit teils dramatischen Folgen, die zu einem nicht unerheblichen Teil auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen sind. Die Behörden sind bemüht auf Straßenabschnitten, die dies aus Erwägungen der Verkehrssicherheit erfordern, die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten zu beschränken, um die Gefahren des Straßenverkehrs zu minimieren. Die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h im Ortsgebiet schlägt in dieselbe Kerbe. Im Übrigen ist hinlänglich bekannt, dass schon geringfügige Erhöhungen der Fahrgeschwindigkeit, den Bremsweg beträchtlich verlängern und so zu erheblichen nachteiligen Folgen (Verletzung und Tod) für andere Verkehrsteilnehmer führen können. So kann etwa davon ausgegangen werden, dass der Bremsweg bei einer Geschwindigkeit von          50 km/h etwa 25 m, bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h schon 36 m beträgt. Eine nur geringfügig höhere Geschwindigkeit entscheidet daher ggf. über Leben und Tod einer auf der Straße befindlichen Person, zumal ein Anhalten bei Einhalten der erlaubten Geschwindigkeit ggf. noch möglich ist, bei Überschreiten nicht. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes in Zusammenhang mit Geschwindigkeitsbeschränkungen (Sicherheit im Straßenverkehr, Leib und Leben) erheblich ist und dieses durch eine Überschreitung von 12 km/h, besonders im Ortsgebiet, bereits deutlich beeinträchtigt ist.

 

Was die Erschwerungs- und Milderungsgründe betrifft ist festzustellen, dass der Bf bereits acht mal wegen Geschwindigkeitsverstößen und einmal wegen eines Rotlichtverstoßes vorbestraft ist. Diese Vorstrafen wiegen schwer, sie zeigen, dass Geldstrafen den Bf bislang nicht von der Begehung weitere Geschwindigkeitsdelikte abhalten konnten und er immer wieder straffällig wird.

 

Es ist in diesem Zusammenhang zu bemerken, dass die belangte Behörde, auch angesichts des geringen Einkommens des Bf durchaus an der Strafe iHv Euro 50 festhalten hätte können. Die nunmehr verhängte Strafe vom 35 Euro ist angesichts der vielen Vorstrafen als äußerst milde zu beurteilen.

Es besteht keinerlei Anlass, die verhängte Strafe weiter zu reduzieren.

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe wurde von der belangten Behörde korrekt bemessen.

 

Ein Vorgehen nach § 45 Abs 1 Z4 VStG (Ermahnung) kam angesichts der deutlichen Geschwindigkeitsüberschreitung (von mehr als 22 %) und des nicht nur geringfügigen Verschuldens des Bf nicht in Betracht. Es kamen im Verfahren keine Umstände hervor, die darauf hingewiesen hätten, dass der Bf subjektiv nicht in der Lage war, die objektiv gebotene Sorgfalt einzuhalten oder, dass ihm diese nicht zumutbar gewesen wäre.

 

III.4. Zu den Verfahrenskosten

 

„Der Bf wendet sich offenbar auch gegen die von der belangten Behörde verhängten Verfahrenskosten.

Eine Kostenvorschreibung hat [...] zu erfolgen, wenn aufgrund eines Einspruchs gegen die Höhe der in einer Strafverfügung verhängten Strafe diese in einem Straferkenntnis herabgesetzt wird; auch diese Entscheidung ist nach dem Wortlaut des § 49 Abs 2 Satz 3 ein „Straferkenntnis“, für das § 64 Abs 1 gilt (vgl Walter/Thienel II2 § 64 Anm 4; Thienel/Schulev-Steindl5 548; Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger9 Rz 959; VwGH 23. 9. 1994, 94/02/0256).“ Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 64 VStG RZ 4 (Stand 1.7.2013, rdb.at)

 

Die Kostenvorschreibung ist demnach eine dem behördlichen Ermessen nicht unterliegende gesetzliche Folge der § 64 Abs 1 und 2 VStG. Die belangte Behörde musste Kosten in der gesetzlichen Höhe vorschreiben. Der Mindestbetrag gem. § 64 Abs 2 VStG beträgt 10 Euro. Dieser Betrag wurde vorgeschrieben.

 

Ähnliches gilt für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht. Insofern sind dem Bf gem § 52 Abs 2 VwGVG Kosten iHv 20% der verhängten Strafe, mindestens aber 10 Euro vorzuschreiben.

 

III.5. Aus all diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

 

Für den Bf ist die Möglichkeit zur Revisionserhebung gemäß § 25a Abs.4 VwGG von gesetzeswegen ausgeschlossen.

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde und der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.  P o h l