LVwG-700119/2/BP/SA

Linz, 07.10.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde der A K, geb. x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 24. August 2015, GZ: Pol96-543-2013, wegen Übertretung des Oö. Sexualdienstleistungsgesetzes (Oö. SDLG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG  iVm § 44a VStG iVm §§ 3 Abs. 3 Z. 3 und 17 Abs. 1 Z. 3 und Abs. 4 Oö. Sexualdienstleistungsgesetz – Oö. SDLG, LGBl. Nr. 80/2012, wird aus Anlass der Beschwerde der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.       Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.               

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 24. August 2015, GZ: Pol96-543-2013, wurde über die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) gemäß § 3 Abs. 3 Z. 3 iVm § 17 Abs. 1 Z. 3 iVm § 17 Abs. 4 Oö. Sexualdienstleistungsgesetz – Oö. SDLG, LGBl. Nr. 80/2012 idF LGBl. Nr. 90/2013, eine Geldstrafe in der Höhe von 2.000 Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 134 Stunden  verhängt.

 

Die belangte Behörde führt dabei folgenden Tatvorwurf aus:

Sie haben am 23.07.2013 um ca. 15.05 Uhr im Objekt x als grundbücherliche Hälfteeigentümerin zwei Räume im 1. Stock und einen Raum im 2. Stock entgeltlich oder unentgeltlich außerhalb behördlich bewilligter Bordelle an Personen überlassen, die dort im Zeitraum vom 24.01.2013 bis 23.07.2013, zumindest aber am 23.07.2013, um ca. 15.05 Uhr, Sexualdienstleistungen anbahnten und/oder ausübten, obwohl für dieses oa. Objekt keine Bordellbewilligung gemäß § 4 Abs. 1 Oö. SDLG vorlag.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 27. September 2015.

 

3. Mit Schreiben vom 30. September 2015 legte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen.

 

Die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte entfallen, da nach dem festgestellten Sachverhalt feststand, dass das in Beschwerde gezogene Straferkenntnis aufzuheben war.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt I. 1 dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.

 

II.

 

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt, weshalb eine weiterführende Beweiswürdigung zu unterbleiben hatte.

 

III.

 

1. Gemäß § 2 Z 1 Oö. Sexualdienstleistungsgesetz SDLG, LGBl. Nr. 80/2012, versteht man unter dem Begriff Sexualdienstleistung die gewerbsmäßige Duldung sexueller Handlungen am eigenen Körper oder die gewerbsmäßige Vornahme sexueller Handlungen.

 

Gemäß § 2 Z 4 Oö. SDLG ist ein Bordell ein Betrieb, in dem die Sexualdienstleistung durch eine oder mehrere Personen angebahnt oder ausgeübt wird. Gemäß § 2 Z 5 Oö. SDLG gelten bordellähnliche Einrichtungen, wie zB Laufhäuser oder Studios, als Bordell.

 

Gemäß § 4 Abs. 1 Oö. SDLG darf ein Bordell nur mit Bewilligung der Gemeinde betrieben werden (Bordellbewilligung).

 

Gemäß § 3 Abs. 3 Z 3 Oö. SDLG ist die entgeltliche oder unentgeltliche Überlassung von Räumen oder Gebäuden außerhalb behördlich bewilligter Bordelle an Personen, die dort Sexualdienstleistungen anbahnen oder ausüben, verboten.

 

Gemäß § 17 Abs. 1 Z 3 Oö. SDLG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer den im § 3 Abs. 1 Z 3 und im § 3 Abs. 3 enthaltenen Verboten zuwiderhandelt; gemäß § 17 Abs. 4 Oö. SDLG sind Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 Z 3 bis 9 mit Geldstrafe bis 5.000 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis 10.000 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen.

 

2.1. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Formulierung des Spruchs zunächst, dass das inkriminierte Verhalten, das Überlassen nach dem Wortlaut lediglich für den 23. Juli 2013 um 15:05 angelastet wurde.

 

Weiters aber stellt sich bei näherer Betrachtung zunächst die Frage, ob der im angefochtenen Straferkenntnis gewählte Tatvorwurf die Erfordernisse des § 44a VStG erfüllt.

 

2.2. Gemäß § 44a VStG ist die als erwiesen angenommene Tat der den Deliktstatbestand erfüllende Sachverhalt. Der Beschuldigte hat in diesem Sinne das Recht, dass ihm die Tat richtig und vollständig vorgehalten wird (VwgH 8.8.2008, 2008/09/0042). Die Umschreibung dieser Tat hat bereits im Spruch zu erfolgen und muss so präzise sein, dass der Bf nicht der Gefahr der Doppelbestrafung ausgesetzt ist und er sich entsprechend verteidigen kann (statt vieler VfSlg 11.894 A/1985). Die Tat muss somit alle Tatbestandselemente umfassen und darf keinen Zweifel daran lassen, wofür der Täter bestraft worden ist (VwGH 23.4.2008, 2005/03/0243). Ungenauigkeiten haben nur dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Strafbescheides wenn dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt werden (VwSlg 15.745 A/2001).

 

Das Nachschärfen der Umschreibung der Tat ist vor dem Hintergrund des Schutzzweckes des § 44a VStG begrenzt und darf die Tat einerseits nicht ausgetauscht werden (zB VwGH 27.2.2015, 2011/17/0131) und ist andererseits ein Ergänzen bzw. Nachschärfen der Tat nur im Rahmen der Verfolgungsverjährung zulässig (zB VwGH 10.12.2008, 2004/17/0226).

 

3.1. Der in Rede stehende Spruch führt zwar die Bf als Überlassende an, gibt jedoch hinsichtlich der Personen, denen die Räumlichkeiten überlassen wurden, keinerlei – über den Gesetzestext hinausgehende – Konkretisierung an. Für die Möglichkeit zu einer entsprechenden Verteidigung wäre es – in Anbetracht der oa. Judikatur – unbedingt erforderlich gewesen, im Tatvorwurf die beiden ungarischen Prostituierten namentlich anzuführen, da dadurch einer potentiellen Doppelbestrafung hätte entgegengetreten werden können, was bei der Anführung „an Personen“ nicht der Fall ist. Auch ist die Verteidigungsmöglichkeit der Bf im Hinblick auf die Erfüllung der weiteren Tatbestandselemente wesentlich eingeschränkt, wenn ihr nicht bekannt gegeben wird, welchen Personen vorgeworfen wird, in den überlassenen Räumlichkeiten die Prostitution angebahnt oder ausgeübt zu haben. Diesbezüglich würde auch die bloße Angabe der Nationalität nicht ausreichen. Anzumerken ist hier zudem, dass die Identitäten der betroffenen Prostituierten ja von Beginn des Verfahrens an bekannt waren, weshalb die erforderliche Konkretisierung auch gar nicht durch Umschreibung, sondern klar durch die Namensnennung vorgenommen hätte werden können.

 

Dass die Damen namentlich in der Begründung angeführt sind, vermag diesen Spruchmangel nicht zu entkräften, da als normativer Teil des Bescheides lediglich der Spruch anzusehen ist.

 

3.2. Nachdem auch in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 17. Juli 2014 (gegen Schluss des Dokuments) lediglich 2 ungarische Prostituierte erwähnt werden, wobei diese weder namentlich angeführt noch die Anzeige noch die mit den Damen aufgenommenen Protokolle zur Kenntnis gebracht wurden, war dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich diesbezüglich eine Spruchkorrektur verwehrt.

 

4. Aufgrund des aufgezeigten Spruchmangels war ohne auf die Argumentation der Beschwerdegründe oder die materiellen Erwägungen der Behörde eingehen zu können der in Rede stehende Bescheid aufzuheben, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG war der Bf kein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (Spruchpunkt II.)

 

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Bernhard Pree