LVwG-700118/2/Sr/SA

Linz, 01.10.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde des Ö S, geboren am x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G S, x, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 14. Juli 2015, GZ VStV/915300462027/2015, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes (Oö. PolStG)  

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG wird der Beschwerde insofern stattgegeben als von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen und stattdessen eine Ermahnung erteilt wird.

 

II.       Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG hat der Beschwerdeführer weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren zu leisten.  

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.              

 

1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 14. Juli 2015, GZ VStV/915300462027/2015, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) gemäß § 10 Abs. 1 lit.a Oö. PolStG LGBl. Nr. 36 idgF eine Geldstrafe in der Höhe von 60 Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 6 Stunden verhängt.

 

Die belangte Behörde führt dabei folgenden Tatvorwurf aus:

 

Sie haben am 30.03.2015 um 17:13 Uhr in Linz, Nietzschestraße 35, Sicherheitsschleuse der Verkehrsinspektion den öffentlichen Anstand verletzt, indem Sie den Einsatzbeamten in der Sicherheitsschleuse der Verkehrsinspektion mit Ausdrücken wie „Sie sind a bissl deppert wordn" beschimpften. Ihr Verhalten hat in der Öffentlichkeit einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte dargestellt.

 

Begründend führt die belangte Behörde aus:

 

Der Tatbestand der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung ist durch die eigene dienstliche Wahrnehmung der einschreitenden Polizeibeamten, der hierüber vorgelegten Anzeige vom 30.3.2015 sowie aufgrund des behördlich durchgeführten Ermittlungsverfahrens zweifelsfrei erwiesen.

Es steht daher fest, dass Sie die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung begangen haben.

Gegen die Strafverfügung vom 31.3.2015 erhoben Sie fristgerecht anwaltlich vertreten einen schriftlichen Einspruch.

Mit Aufforderung vom 15.4.2015 wurde Ihrem Anwalt der gesamte Akteninhalt zur Kenntnis gebracht und wurden Sie zur Rechtfertigung binnen einer Frist von 2 Wochen aufgefordert. Gleichzeitig wurden Sie aufgefordert, die Ihrer Verteidigung dienlichen Beweismittel bekanntzugeben. Die Aufforderung zur Rechtfertigung enthielt gemäß § 42 Abs. 1 VStG die Androhung, dass das Strafverfahren ohne Ihre Anhörung durchgeführt wird, falls Sie dieser keine Folge leisten.

Laut Rückschein wurde die Aufforderung am 20.4.2015 im Büro Ihres Anwaltes zugestellt. Sie haben weder innerhalb der Frist von zwei Wochen noch bis zum heutigen Tag eine Stellungnahme abgegeben, sodass das Strafverfahren, wie bereits angedroht, ohne Ihre Anhörung durchgeführt wurde.

Gemäß § 1 Abs. 1 OÖ. Pol. StG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer den öffentlichen Anstand verletzt.

Gemäß § 1 Abs. 2 OÖ. Pol. StG ist als Anstandsverletzung im Sinne des Absatz 1 jedes Verhalten in der Öffentlichkeit anzusehen, das einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte bildet.

Gemäß § 10 Abs. 1 lit. a OÖ. Pol. StG sind Verwaltungsübertretungen gemäß § 1 OÖ. Pol. StG von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Wirkungsbereich einer Landespolizeidirektion von dieser mit Geldstrafe bis zu € 360,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

Sie haben zur angeführten Zeit in Linz, Nietzschestrasse 35 einen Beamten mit Ausdrücken wie „Sie sind a bissl deppert wordn" beschimpft und dadurch ein Verhalten gesetzt, das eindeutig einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte bildet.

In der Sache selbst bestand für die erkennende Behörde keinerlei Anlass, an der Richtigkeit des angezeigten Sachverhaltes zu zweifeln zumal dieser in seiner Anzeige ausführlich dargelegt wurde.

Indem von Ihnen weitere Angaben im Strafverfahren unterblieben sind, war für die Behörde erwiesen, dass Sie tatsächlich gegen die angeführte Bestimmung des OÖ. Polizeistrafgesetzes verstoßen haben, weshalb nun spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Bei der Bemessung der Strafe wurde das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, berücksichtigt.

Die verhängte Geldstrafe, die sich im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens befindet, entspricht dem Unrechts- und dem Schuldgehalt der Tat und erscheint der Behörde notwendig, Sie in Hinkunft von der Begehung derartiger Übertretungen abzuhalten.

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kam Ihnen zugute.

Bei der Strafbemessung wurde davon ausgegangen, dass Sie kein hiefür relevantes Vermögen besitzen, keine Sorgepflichten haben und ein Einkommen von € 850,- netto monatlich beziehen.

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, durch die rechtsfreundliche Vertretung des Bf rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 10. August 2015 worin begründend Nachstehendes ausgeführt wird:

 

Am 30.03.2015  war das  Fahrzeug der Zeugin A A, amtliches Kennzeichen x, auf   der Höhe Landstraße 55, 4020 Linz, abgestellt. Am Nachmittag des 30.03.2015 beschlossen der   Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin, die Zeugin A A, und der Zeuge K G mit dem minderjährigen Sohn des Beschwerdeführers einen Spaziergang zu machen. Der Beschwerdeführer ging mit seinen minderjährigen Sohn im Arm und dem Zeugen K G zum Auto der Lebensgefährtin vor, um aus dem Kofferraum den Kinderwagen herauszuholen. Der Beschwerdeführer legte seinen gerade schreienden Sohn in das Maxi Cosi am Rücksitz des Fahrzeuges hinein und setzte sich der Zeuge K G neben diesen auf die Rückbank, um ihn zwischenzeitlich abzulenken. Als sich der Beschwerdeführer sodann beim Kofferraum befand, blieb neben dem Fahrzeug  ein Streifenwagen  stehen und  stieg  sodann ein Inspektor (Dienstnummer: x) der Landespolizeidirektion Oberösterreich aus. Der Beschwerdeführer wurde vom Inspektor sodann aufgefordert, den Führerschein und den Zulassungsschein vorzuzeigen. Der Beschwerdeführer teilte dem Inspektor mit, dass er das Fahrzeug gar nicht gelenkt habe, Woraufhin der Inspektor fragte, „ob der Heilige Geist gefahren sei". Der Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge vom Inspektor aufgefordert, einen Alkoholvortest zu machen. Dieser verlief trotz dreimaliger Wiederholung negativ. Auch der Zeuge K G wurde aufgefordert, den Alkoholvortest zu machen, wobei auch dieser Test negativ verlief. Der Inspektor teilte dem Beschwerdeführer schließlich mit, dass der Autoschlüssel abgenommen und sichergestellt würde und die Fahrzeugeigentümerin diesen bei der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Nietzschestraße, abholen könne.

 

Einige Stunden später fuhren der Beschwerdeführer, seine Lebensgefährtin und der Zeuge K G zum Wachzimmer (Nietzschestraße), um den Autoschlüssel abzuholen. In der Sicherheitsschleuse der Verkehrsinspektion befand sich auch der Inspektor (Dienstnummer: x), der zuvor den Schlüssel abgenommen hatte. Der Beschwerdeführer versuchte von diesem eine Erklärung dafür zu bekommen, warum ihnen der Fahrzeugschlüssel abgenommen worden war. Der Inspektor äußerte sich gegenüber dem Beschwerdeführer dahingehend, dass er ihn verhaften würde, würde er nicht aufhören bzw. das Wachzimmer verlassen. Auf diese Äußerung reagierte der Beschwerdeführer entrüstet und fragte den Inspektor - zugegebenermaßen - ob er „a bissl deppert wordn" sei. Aufgrund dieser Äußerung des Beschwerdeführers wurde gegen ihn das angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

Beweis: A A, Landstraße 119/S1, 4020 Linz, als Zeugin, K G,  x, PV.

 

Die belangte Behörde geht davon aus, dass die verbale Entgleisung des Beschwerdeführers einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte darstellt. Insofern unterliegt die belangte Behörde einem Irrtum. Dass der Beschwerdeführer aufgrund der Geschehnisse aufgebracht war, ist verständlich und nachvollziehbar. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer mit der Androhung der Festnahme provoziert. Die verbale Entgleisung des Beschwerdeführers kann unter den gegebenen Umständen keinesfalls als groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte gesehen werden. Vielmehr handelt es sich um eine entschuldbare Fehlleistung, die jedenfalls straflos zu bleiben hat. Unter den konkreten Umständen des gegenständlichen Falles ist von der Verhängung einer Geldstrafe abzusehen. Selbst wenn man von einem groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte ausginge, wäre eine bloße Ermahnung jedenfalls tat- und schuldangemessen.

3. Mit Schreiben vom 1. September 2015 legte die Landespolizeidirektion Oberösterreich den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landes-verwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG).

 

Gemäß Art 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass eine weitere mündliche Erörterung eine Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, konnte gemäß § 24 Abs. 3 und Abs. 4 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Dass dem Entfall der Verhandlung Art 6 EMRK oder Art 47 der EU-Charta der Grundrechte entgegenstünde, vermag nicht erkannt zu werden.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von dem unter den Punkten 1 und 2 dargestellten Sachverhalt aus.

 

II.             

 

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist im Wesentlichen unbestritten.

 

 

III.          

 

1. Die einschlägigen Bestimmungen des Gesetzes vom 21. März 1979 über polizeirechtliche Angelegenheiten (Oö. Polizeistrafgesetz - Oö. PolStG.), LGBl 1979/36 idF LGBl 2014/66, lauten wie folgt:

 

㤠1

Wahrung des öffentlichen Anstandes

(1) Wer den öffentlichen Anstand verletzt, begeht eine Verwaltungsübertretung.

(2) Als Anstandsverletzung im Sinne des Abs. 1 ist jedes Verhalten in der Öffentlichkeit anzusehen, das einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte bildet.

 

§ 10

Strafbestimmungen

 (1) Verwaltungsübertretungen gemäß den §§ 1, 1a, § 2 Abs. 2 und § 3 sind von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, von der Landespolizeidirektion, bei Übertretungen nach

a) den §§ 1 und 3 mit Geldstrafe bis 360 Euro,

b) …

zu bestrafen.“

 

2. Nach § 1 Abs. 2 Oö. PolStG ist unter Anstandsverletzung jenes Verhalten zu verstehen, das einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitten bildet und zudem in der Öffentlichkeit gesetzt wird.

 

Der Tatbestand der Verletzung des öffentlichen Anstandes wird durch ein Verhalten erfüllt, das mit den allgemeinen Grundsätzen der Schicklichkeit nicht im Einklang steht und das einen groben Verstoß gegen diejenigen Pflichten darstellt, die jedermann in der Öffentlichkeit zu beachten hat. Bei der Beurteilung der Verletzung jener Formen des äußeren Verhaltens, die nach Auffassung gesitteter Menschen der Würde des Menschen als sittlicher Person bei jedem Heraustreten aus dem Privatleben in die Öffentlichkeit entsprechen, ist ein objektiver Maßstab anzulegen (vgl VwSlg 11.077 A /1983; 13.342 A /1990; VwGH 4.9.1995, 94/10/0166).

 

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung VfSlg. 10.700/1985 ausgeführt, dass, "[o]b der Anstand verletzt wird oder nicht, … auch bei einer öffentlichen Äußerung nicht bloß nach ihrem Wortlaut beurteilt werden [kann]. Es kommt vielmehr entscheidend darauf an, mit welchen Äußerungen die in Betracht kommenden Zuhörer den Umständen nach zu rechnen haben. Auch hier gilt, was für den gesamten Bereich des öffentlichen Anstandes charakteristisch ist: dass nämlich die Erfordernisse in jeder Situation andere sind; was in der einen anstößig ist, kann in der anderen ganz natürlich sein. Wer eine – wenn auch öffentliche – Theateraufführung besucht, muss weithin eine Sprache in Kauf nehmen, die er im täglichen Leben grob anstößig finden würde. Andererseits gibt es Gelegenheiten und Anlässe in der Öffentlichkeit, bei denen Formulierungen, die sonst kaum auffallen, als so schwerer Verstoß gegen die Schicklichkeit erscheinen, dass sie auch in einer demokratischen Gesellschaft nicht hingenommen werden müssen. Die berechtigten Erwartungen sind dort und da ganz verschieden. Die Öffentlichkeit ist ferner keine einheitliche Größe. Was tragbar ist, wechselt auch nach der Art des Publikums." Dieser Auffassung hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 19.10.2005, 2003/09/0074, angeschlossen.

 

3. Im Beschwerdefall ist durch die Anwesenheit weiterer - in Hörweite befindlicher - Polizeibeamten in den an die Sicherheitsschleuse angrenzenden Räumlichkeiten der Polizeiinspektion das Tatbestandselement der „Öffentlichkeit“ jedenfalls als erfüllt anzusehen, da der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge bereits die so genannte "Sukzessivöffentlichkeit" genügt, dh die "Öffentlichkeit" bei einer Anstandsverletzung ist zu bejahen, wenn die Möglichkeit bestand, dass die Handlung durch einen Zeugen im Hinblick auf den mit der Tat verbundenen Belästigungseffekt auch einer anderen Person bekannt werden würde (siehe VwGH 18.6.1984, 84/10/0023).

 

4. Es bleibt daher letztlich zu beurteilen, mit welchen im Beisein des amtshandelnden Polizeibeamten und der in Hörweite befindlichen Zeugen gefallenen Äußerungen des Bf die in Betracht kommenden Zuhörer den Umständen nach zu rechnen hatten.

 

Wie vom Bf nicht in Abrede gestellt, hat er zum in der Sicherheitsschleuse amtshandelnden Polizeibeamten gesagt, „ob er a bissl deppert wordn sei“. Weiters steht außer Streit (die belangte Behörde ist der Darstellung der umfassenden Beschwerdeausführungen nicht entgegen getreten), dass der Bf diese Äußerung in der Meinung getätigt hat, der Polizeibeamte würde ihn verhaften, sollte er nicht aufhören, eine Erklärung für die zuvor durchgeführte Amtshandlung (Abnahme der Fahrzeugschlüssel) zu erlangen.

 

Bei dieser Äußerung handelt es sich nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich daher keineswegs um eine milieubedingte Aussage sondern um eine solche, die in der konkreten Situation nicht zu erwarten war und auch nicht geduldet werden braucht. Wenn der Bf, möglicherweise zu Recht, der Meinung war, aufgrund der vorgenommenen Abnahme des Fahrzeugschlüssels, der unterlassenen „Rechtfertigung“, der Androhung der Festnahme und des Verweises aus der PI ungerecht behandelt zu werden, hätte er in Folge Beschwerde einbringen können, anstelle sich in der Wortwahl zu vergreifen.

 

Der objektive Tatbestand ist somit als erfüllt anzusehen.

 

5. Umstände, welche das Verschulden des Bf ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb gemäß § 38 VwGVG iVm § 5 Abs. 1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen und somit auch die subjektive Tatseite zu bejahen ist.

 

6. Nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich ist jedoch im Sinne des § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG davon auszugehen, dass die Intensität der Beeinträchtigung des durch § 1 Abs. 1 Oö. PolStG geschützten Rechtsguts lediglich gering ist, da der Bf die Äußerung erst dann getätigt hat, nachdem die Amtshandlung eine emotionale Steigerung erfahren hat; abgesehen vom Meldungsleger und den außerhalb der Sicherungsschleuse befindlichen Polizeibeamten, die diese Ansage lediglich bedingt und jedenfalls nur schallgedämmt wahrnehmen konnten, hat niemand sonst Kenntnis von der Äußerung erlangt. Zudem ist nicht erkennbar, dass das Verschulden des Bf bei der Begehung der Tat mehr als nur gering gewesen sein soll.

 

Aufgrund des aus dem Beschwerdeschriftsatz ableitbaren Eindrucks konnte, insbesondere aus spezialpräventiven Überlegungen heraus, von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen und unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des gesetzten Verhaltens mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden. Diese dürfte nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich ausreichen, um den Bf in Hinkunft von Übertretungen des § 1 Abs. 1 Oö. PolStG abzuhalten.

 

7. Bei diesem Ergebnis ist dem Bf gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufzuerlegen.

 

V. Zulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da der Frage, ob konkret die Äußerungen des Bf in der damaligen Situation den öffentlichen Anstand verletzten, keine grundsätzliche, dh über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt und die Entscheidung darüber hinaus der zitierten, einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Stierschneider