LVwG-150282/20/RK/FE

Linz, 02.07.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Roland Kapsammer über die Beschwerde (vormals Vorstellung) des Herrn Dipl.‑Päd. H B, x, vertreten durch x, gegen den (mittlerweile aufgehobenen) Bescheid der Oö. Landesregierung vom 23.8.2011, Zl. IKD(BauR)‑014331/3-2011-Gus/Neu, in Verfolgung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Dezember 2014, B 1163/2011-18, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben, den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I. Der Beschwerde wird stattgegeben. Der Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen vom 24.3.2011, Zl. Bau‑8/2010, wird aufgehoben und die Angelegenheit wird zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG an den Gemeinderat der Gemeinde Adlwang zurückverwiesen.

 

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I. Verfahrensgang, Sachverhalt:

 

I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: „Bf“) ist alleiniger Eigentümer der Liegenschaft Nr. x, KG t.

Vom Bf wurde im gesamten Verfahren vor der Erstbehörde u.a. vorgebracht, dass das Bauvorhaben dem Bebauungsplan widersprechen würde bzw., soweit dieser aufgehoben wurde, die Aufhebung gesetzwidrig erfolgt sei.

Auch widerspreche die auf dem Grundstück gegebene Baulandwidmung bzw. Wohngebietswidmung der Leitlinie des Landes Oberösterreich für die Beurteilung von Raumordnungsfragen in Hochwasserabflussbereichen und den Bestimmungen des Oö. ROG 1994.

Der gegenständliche Bebauungsplan hätte für die verfahrensgegenständlichen Grundstücke ausschließlich eine zweigeschoßige Bebauung mit einer Traufenhöhe von maximal 6,5 m bzw. eine zweigeschoßige Einzelbebauung mit einer Traufenhöhe von maximal 6,5 m vorgesehen. Dessen Aufhebung durch die Gemeinde würde als gesetzwidrig erachtet werden; dies auf Grund einer gegebenen Verletzung von subjektiven Rechten des Bf, weil die ehemals vorgelegenen Einschränkungen (auf Grund des in Geltung gestandenen Bebauungsplanes) nun nicht mehr gegeben wären, was für den Bf nachteilig wäre.

 

Mit Bescheid vom 7.2.2011, Zl. Bau-8/2010,  erteilte der Vizebürgermeister der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen als Baubehörde erster Instanz der beteiligten Partei des Ausgangsverfahrens die Baubewilligung für den Neubau der Wohnanlage x mit 20 Wohnungen samt Tiefgarage auf dem Grundstück Nr. x1, KG t, und den Neubau der Wohnanlage x mit 13 Wohnungen samt Tiefgarage auf dem Grundstück Nr. x, KG t, nach Maßgabe der Projektunterlagen.

Die Einwendungen u.a. des Bf wurden als unbegründet abgewiesen. Der Bf ist vom bebauten Grundstück durch eine Straße getrennt.

 

Der Gemeinderat der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen wies die dagegen vom Bf des Ausgangsverfahrens erhobene Berufung mit Bescheid vom 24.3.2011 als unbegründet ab.

 

Der Bf brachte gegen diese Entscheidung Vorstellung ein. Die Oö. Landesregierung wies die Vorstellung mit (in weiterer Folge angefochtenem) Bescheid vom 23.8.2011, Zl. IKD(BauR)–014331/3-2011-Gus/En, als unbe-gründet ab.

 

Dagegen richtete sich die auf Art. 144 B‑VG gestützte Beschwerde des Bf, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art. 2 StGG), auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art. 5 StGG) geltend gemacht wird. Der Bf behauptet auch die Verletzung von Rechten wegen Anwendung gesetzwidriger Verordnungen, insbesondere der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen vom 25.3.2004, mit welcher der Bebauungsplan Nr. 1, später Nr. 4 "x o", samt seinen Einzeländerungen Nr. 1 bis 3 und 4.4 bis 4.9 aufgehoben wurde.

 

I.2.

Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 139 Abs. 1 Z 2 B‑VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen, mit welcher der Bebauungsplan x o Nr. 1, später Nr. 4, samt allen Einzeländerungen 1 bis 3 und 4.4 bis 4.9 aufgehoben wurde, beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen vom 25.3.2004, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 15.7.2004, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel in der Zeit vom 23.7.2004 bis zum 10.8.2004 (Aufhebungsverordnung), ein.

 

Mit anschließendem Erkenntnis vom 4.12.2014, V 88/2014, hob der Verfassungsgerichtshof diese Verordnung als gesetzwidrig auf.

In wesentlicher Begründung dieses aufhebenden Erkenntnisses führte der Verfassungsgerichtshof in seinen Entscheidungsgründen sinngemäß aus, dass die in der Verhandlungsschrift des Gemeinderates der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen als zuständige Raumordnungsbehörde angeführten Motive für die Aufhebung des gegenständlichen in Geltung gestandenen Bebauungsplanes, nämlich,  diese Bebauungspläne seien "völlig veraltet" und würden „bei weitem nicht mehr den heutigen Anforderungen entsprechen“, jedenfalls hinsichtlich des Aspektes des völligen Veraltetseins derartiger Pläne nicht erkennen lassen würden, auf welche Umstände der Gemeinderat eine solche Einschätzung tatsächlich stützte und welche raumplanerischen Defizite aus der Geltung dieses Planes als vorhanden erachtet würden.

Dies  sei somit nicht geeignet, die Aufhebung des Bebauungsplanes x o im Sinne des § 36 Abs. 6 Oö. ROG 1994 mit der gesetzlich zu fordernden Konkretheit zu begründen.

Die im Laufe des Verfahrens eingeholten Rückäußerungen der belangten Behörde, welche eine Konkretisierung der Erwägungen des Gemeinderates im Zuge der Verordnungserlassung gebracht hätten, wären deswegen nicht zu berücksichtigen gewesen, weil im verfassungsgerichtlichen Verordnungsprüfungsverfahren die Begründung der Änderung eines Bebauungsplanes nicht mehr nachgeholt werden könne (wozu entsprechende verfassungsgerichtliche Judikaturnachweise angegeben wurden).

Auf eine weitere Prüfung hinsichtlich ferner aufgetauchter, mehr im formalen Bereich gelegener, Bedenken bei der Aufhebung des gegenständlichen Bebauungsplanes durch die in Prüfung gezogene Verordnung ging der Verfassungsgerichtshof sodann nicht mehr näher ein.

 

Auf Grund der Aufhebung dieser (Aufhebungs‑)Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen mit Erkenntnis vom 4.12.2014, V 88/2014- 16, entschied sodann der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 10.12.2014, B 1163/2011‑18, über die beim Verfassungsgerichtshof am 12.10.2011 eingelangte Beschwerde des Bf gegen den schon angesprochenen Bescheid der Oö. Landesregierung vom 23.8.2011, Zl. IKD(BauR)‑014331/3-2011-Gus/Neu, mit welchem der hier gegenständliche Bescheid von der ehemaligen Oberbehörde (Amt der Oö. Landesregierung) durch Abweisung der dort eingebrachten Vorstellung im Ergebnis bestätigt wurde, und hob diesen Bescheid mit Spruchpunkt I. auf.

Unter Punkt 3., enthalten in den Entscheidungsgründen, führte er ferner aus, dass die belangte Behörde (ehemalige Oberbehörde Oö. Landesregierung) bei Erlassung des angefochtenen Bescheides davon ausgegangen wäre, dass im Bauverfahren kein Bebauungsplan anwendbar sei, weil der frühere Bebauungsplan x o vom Gemeinderat der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen mit der Aufhebungsverordnung aufgehoben worden wäre.

Nachdem jedoch eben diese Verordnung (Aufhebungsverordnung) nunmehr ihrerseits aufgehoben worden wäre und ein ersatzlos aufgehobener Bebauungsplan mit der Aufhebung der aufhebenden Verordnung durch den Verfassungsgerichtshof neuerlich seine Wirksamkeit erlange (unter Zitierung zweier Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes), wäre nicht auszuschließen, dass die Nichtberücksichtigung des Bebauungsplanes im Bauverfahren für den Bf nachteilig war, weshalb dieser wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden wäre (unter Zitierung des Erkenntnisses VfSlg. 10.303/1984, 10.515/1985).

 

Die zuletzt genannte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes langte am 18.12.2014 beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ein.

 

II. Beweiswürdigung:

 

Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und insbesondere aus den bezughabenden Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes vom 4.12.2014, mit welchem der gegenständliche Bebauungsplan als gesetzwidrig aufgehoben wurde, und vom 10.12.2014, mit welchem der Bescheid der ehemaligen Oberbehörde (Oö. Landesregierung) vom 23.8.2011 aufgehoben wurde, sowie aus eigenen Erhebungen des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich samt Anforderung von Aktenbestandteilen der belangten Baubehörde.

 

III. Maßgebliche Rechtslage:


Vorweg ist festzuhalten, dass das gegenständliche Baubewilligungsverfahren durch die Aufhebung des vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtenen Bescheides der Oö. Landesregierung vom 23.8.2011 (Anlassfall) in jene Lage zurücktritt, in der es sich vor Fällung des angefochtenen Bescheides befunden hat. Die Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof wirkt somit ex tunc, also so, als ob der aufgehobene Bescheid nie erlassen worden wäre (vgl. etwa VfSlg. 17.045/2003 mwN; analoge Anwendung des § 42 Abs. 3 VwGG aF).

 

Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10.12.2014, B 1163/2011‑18, bewirkt somit, dass über die ursprünglich an die Oö. Landesregierung gerichtete Vorstellung neuerlich zu entscheiden ist.

 

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 9 B‑VG ist die Zuständigkeit zur Weiterführung dieses Verfahrens auf das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen. Die (wieder unerledigte) Vorstellung ist folglich als Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im Sinne des VwGVG zu werten.

 

Die Bestimmung des § 31 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), LGBl. Nr. 66/1994, in der hier noch maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 96/2006, lautet auszugsweise:

 

"§ 31

Einwendungen der Nachbarn

 

(1) Nachbarn sind

 

1.     bei Wohngebäuden einschließlich der dazugehörigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 10 m entfernt sind;

 

2.     bei allen anderen Bauvorhaben sowie für die Nachbarrechte im Sinn des Abs. 5: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 m entfernt sind.

 

Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern oder Grundeigentümerinnen gleichgestellt."

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat im Rahmen des durch §§ 27 und 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG normierten Prüfungsumfanges durch seinen gemäß § 2 VwGVG zuständigen Einzelrichter erwogen:

 

Mit dem bereits erwähnten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4.12.2014 hob dieser, wie schon ausgeführt, den Bebauungsplan x o Nr. 1, später Nr. 4, samt allen Einzeländerungen 1 bis 3 und 4.4 bis 4.9 auf. Gleichsam als Konsequenz dieses im Vorfeld ergangenen Erkenntnisses hob der Verfassungsgerichtshof auch den Bescheid der ehemaligen Oberbehörde vom 23.8.2011, Zl. IKD(BauR)‑014331/3-2011-Gus/Neu, mit der unter Spruchpunkt I. genannten wesentlichen Begründung auf, dass der Bf durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden sei.

Wie schon erwähnt, führt der Verfassungsgerichtshof weiter aus, dass ein ersatzlos aufgehobener Bebauungsplan sodann mit der Aufhebung der diesen aufhebenden Verordnung durch den Verfassungsgerichtshof neuerlich seine Wirksamkeit erlangt.

Als rechtliche Konsequenz führt er die in ähnlichen Fällen in diversen Erkenntnissen mehrfach geäußerte Rechtsansicht näher aus, wonach wegen der somit gebotenen Berücksichtigung des aufgehobenen Bebauungsplanes (welche eben nicht erfolgt sei) durch die belangte Behörde für den Bf bereits nicht auszuschließen wäre, dass dies für ihn nachteilig gewesen sei, weswegen er als in seinen Rechten verletzt zu betrachten wäre (als Beispiel für viele z.B.: VwGH v. 3.10.1986, Zl. B 709/83).

 

Schon aus der Begründung des hier gegenständlichen Bescheides des Gemeinderates der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen ist klar ersichtlich, dass die Berufungsbehörde (Gemeinderat) vom Nichtvorliegen eines Bebauungsplanes bei ihrer Berufungsentscheidung ausgegangen ist.

Auf Grund der zum damaligen Zeitpunkt gegebenen klaren Rechtslage, die durch die Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes erhärtet ist (VwGH Zl. 95/02/0194), ist die Behörde durchaus im Recht, wenn sie ausführte, dass sich die zweitinstanzliche Behörde mit der allfälligen Gesetzmäßigkeit der Aufhebungsverordnung nicht auseinanderzusetzen hatte.

Die Berufungsbehörde ist daher zutreffend von einer Flächenwidmung "Wohngebiet" und einem nicht existenten Bebauungsplan zum damaligen Zeitpunkt ausgegangen, die spätere (oben aufgezeigte) Entwicklung in der Angelegenheit führt jedoch nunmehr zu einem rechtlichen Handlungsbedarf in Richtung auf eine nunmehr  gegebene Berücksichtigungsverpflichtung.

 

Vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist somit davon auszugehen, dass die anzustellende ex post Betrachtung des Verfahrens der belangten Behörde gezeigt hat, dass das dortige Ermittlungsverfahren eben in wesentlichen Teilen auf einer Sachverhaltsermittlung aufgebaut hat, die nunmehr als nicht mehr maßgebend zu bezeichnen ist, da diese nur in Zusammenhang mit den im konkreten Einzelfall hier anzuwendenden Verwaltungsvorschriften, zu denen auch der wiederum in Geltung stehende Bebauungsplan gehört, zu sehen ist.

Die Ermittlungen der belangten Behörde sind jedoch zu einer (nach einer ex post Betrachtung) wesentlich anderen Rechtslage erfolgt, weshalb wesentliche Ermittlungselemente offenkundig nicht Beachtung gefunden haben.

Im Gegenteil ist ein wesentlicher Teil der für das abgeführte Bauverfahren einschlägigen Rechtsnormen (der Bebauungsplan) als zum damaligen Entscheidungszeitpunkt nicht mehr in Geltung stehend betrachtet worden und deshalb auch nicht Gegenstand der diesbezüglichen Sachverhaltsermittlungen gewesen.

Jedoch ist es nunmehr als gegebene Rechtslage zu betrachten, dass der aufgehobene Bebauungsplan eben doch Rechtswirksamkeit nunmehr entwickelt, weshalb auch von einer in Teilen anderen Verwaltungssache für die belangte Behörde ausgegangen werden muss (vgl. hiezu Hengstschläger/Leeb, AVG [2. Ausgabe 2014], § 4 Rz 1, § 37 Rz 2 "Stand 1.7.2005").

Es ist daher vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich davon auszugehen, dass zumindest wesentliche Teile der Rechtsgrundlage der belangten Behörde eine Änderung erfahren haben und die darauf bezogenen Sachverhaltsannahmen der Baubehörde im Ermittlungsverfahren somit ex post betrachtet als zumindest in wesentlichen Teilen unzutreffend zu beurteilen sind.

 

Somit verbleibt für eine Anwendung des § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG weiters zu prüfen, ob die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass eine Behebung des angefochtenen Bescheides und eine Zurückverweisung an die Behörde zur neuerlichen Entscheidung zulässig ist, wenn die Behörde danach ihr neuerliches Ermittlungsverfahren voraussichtlich mindestens zum gleichen Datum abschließen kann wie es das Verwaltungsgericht hinsichtlich dieser nunmehr als teilweise neu zu betrachtende Verwaltungssache könnte.

Bezüglich des Kriteriums der Kosten ist eine Zurückverweisung zulässig, wenn dadurch höchstens etwas höhere Kosten entstünden, als wenn das Verwaltungsgericht sein Ermittlungsverfahren durchführt (vgl. zur wortgleichen Bestimmung in Art. 130 Abs. 4 Z 2 B‑VG: Leeb, Das Verfahrensrecht der [allgemeinen] Verwaltungsgerichte unter besonderer Berücksichtigung ihrer Kognitionsbefugnis in Janko/Leeb [Herausgeber], Das Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz [2013) 85 [99 f]; ebenso Fischer, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte erster Instanz [VwGVG], in Österreichische Juristenkommission [Herausgeber], Justizstaat, Chance oder Risiko). Im gegenständlichen Fall ist für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht ersichtlich, dass die eigene Sachverhaltsermittlung hinsichtlich dieser teilweisen neuen Verwaltungsrechtssache eine Kostenersparnis - in welche Richtung auch immer (konkrete Amtshandlung/Gesamtverfahren) - bewirken könnte. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die Behörde ihr Ermittlungsverfahren erst zu einem späteren Zeitpunkt abschließen wird können als das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ein von ihm geführtes abschließen könnte.

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Roland Kapsammer

Beachte:

Der angefochtene Beschluss wurde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

VwGH vom 27. April 2016, Zl.: Ra 2015/05/0069-12