LVwG-550606/8/Br

Linz, 12.10.2015

IM   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter
Mag. Dr. H. Bleier über die Beschwerde des R E, geb. x, x, H, vertreten durch Mag. x, Rechtsanwalt, x, L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 15. Juni 2015, GZ: Agrar96-15 sub 1-2015-Pr, nach der am 7. Oktober 2015 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht:

 

 

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Die Behörde als Organ der Landesverwaltung hat mit dem oben zitierten Bescheid dem Beschwerdeführer die ihm von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach unter Agrar41-2-1988 sub 298 am 2. Mai 1988 ausgestellte Jagdkarte für die Dauer von einem Jahr und zehn Monaten - beginnend mit 15. Juni 2015 bis zum 15. April 2017 - gestützt auf § 38 Abs. 1 lit. a und d iVm § 39 Abs. 1
lit. a und Abs. 2, § 40 sowie  § 46 iVm § 44 Oö. JagdG entzogen.

Für eben diesen Zeitraum wurde ihm auch die Betrauung als Jagdschutzorgan für das genossenschaftliche Jagdgebiet H widerrufen und die Aufforderung ausgesprochen, die Jagdkarte, den Ausweis und das Abzeichen des Dienstaus­weises als Jagdschutzorgan unverzüglich (gemeint wohl ab Rechtskraft des Bescheides) bei der Behörde (Bezirkshauptmannschaft Rohrbach) abzugeben.

Die aufschiebende Wirkung nach § 13 Abs. 2 VwGVG wurde der Beschwerde letztlich nicht aberkannt.

 

I. 1. Gestützt wurde die Entscheidung im Wesentlichen auf die jagdfachlichen Gutachten der Amtssachverständigen Ing. R vom 4. März 2015 und  
Dipl.-Ing. P vom 27. April 2015.

Diese jagdfachlichen Gutachten bezogen sich grundsätzlich auf die Eignung des sogenannten Kugelfanges von der nur auf einem Luftbild markierten Position des Beschwerdeführers bei seiner Schussabgabe auf ein Rehkitz.

Insgesamt wurde aus der Sicht dieser jagdfachlichen Gutachter die Schuss­abgabe als zu flach und mit einer Hangneigung von weniger als 15 % bezeichnet. Diesbezüglich wurde auf viele von den Sachverständigen beigeschaffte Planauszüge verwiesen. Die Schussabgabe sei ohne Benützung einer jagdlichen Einrichtung vom Boden aus erfolgt und sei daher als gefährlich einzustufen und aus jagdfachlicher Sicht zu unterlassen gewesen, so das abschließende Kalkül.

Verwiesen wurde von der Behörde wohl auch auf eine weitere eingeholte jagdfachliche Stellungnahme von Mag. C B des Oö. Jagdverbandes vom
10. März 2015. Dieser bezeichnete den Kugelfang unter der Annahme der Schussabgabe in eine Entfernung von 50 m in Länderebene einer Hangneigung von 15 % bei bestehendem Grasbewuchs als sehr wahrscheinlich. Dieser Fach­meinung lag jedoch kein Ortsaugenschein zu Grunde.

Im Zuge eines zweiten Ortsaugenscheines im Beisein des Dipl.-Ing. P sei vom Beschwerdeführer eine von der Aktenlage abweichende Position seiner Schuss­abgabe angegeben worden. Es kam die Rede auf die Möglichkeit, das Reh vielleicht doch getroffen gehabt zu haben, jedoch in weiterer Folge bei einer am Rande des Maisfeldes durchgeführten Nachschau nach Schweiß das beschossene Stück nicht gefunden zu haben. Dies wurde von der Behörde in weiterer Folge in deren Bescheidbegründung zum Vorwurf der nicht weidgerechten Jagdausübung und Nachsuche qualifiziert.

Nach umfangreichen Ausführungen über oder zur Frage des Kugelfanges gelangte schließlich der jagdfachliche Sachverständige zum Ergebnis, es wäre mit Sicherheit kein geeigneter Kugelfang zur Verfügung gestanden.

Schließlich wäre wohl unbestritten, so die Behörde in weiterer Folge, dass jeder Schütze für seine Schussabgabe verantwortlich sei. Es müsse ein geeigneter Kugelfang vorhanden sein, damit das Geschoss sicher absorbiert werden könne. Erst durch einen solchen Kugelfang (gewachsener Boden plus ausreichend großer Aufprallwinkel) würde die Energie des Geschosses verlässlich vernichtet und könne dieses als Ganzes oder in Teilstücken keinen Schaden mehr anrichten. Im Zweifelsfalle hätte daher der Schuss unterbleiben müssen.

Basierend auf diesen Annahmen gelangte die Behörde zum rechtlichen Schluss, dass dem Beschwerdeführer auf die festgesetzte Dauer die Jagdkarte entzogen und ebenfalls dessen Bestellung zum Jagdschutzorgan widerrufen werden müsse.

 

 

II. In der dagegen durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Beschwerde(n) wird eingangs des Sachverhaltes diese Schussabgabe auf ein Rehkitz vom 21. September 2014 gegen 06.45 Uhr dargestellt und darauf hingewiesen, dass das Projektil in etwa 800 m Entfernung bei einer Doppel­verglasung der Schmutzschleuse eines Hauses die erste Glasscheibe durch­schlagen habe.

In weiterer Folge werden der behördliche Verfahrensgang skizziert und abschließend die Anträge an das Landesverwaltungsgericht auf § 28 Abs. 2 und Abs. 3 1. Satz VwGVG sowie § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG verbunden, die/den angefochtenen Bescheid(e) aufzuheben und in eventu nach ergänzenden Feststellungen des maßgeblichen Sachverhaltes diesen abzuändern und die Entzugsdauer herabzusetzen sowie jedenfalls eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG durchzuführen.

Die inhaltliche Rechtswidrigkeit wird insbesondere darin erblickt, dass die agierenden jagdfachlichen Sachverständigen keinerlei fundierte Ausbildung im Bereich des Schießwesens oder der Ballistik hätten und daher die Kompetenz zur Abgabe des Gutachtens nicht vorhanden sei, auch hinsichtlich der Anmerkung des Amtssachverständigen, dass einer Pflicht im Sinne des § 57 Oö. JagdG nicht nachgekommen worden wäre, eine Nachsuche sehr wohl vom Schützen und Beschuldigten, der selbst Hundeführer  sei, mit dessen Hund durchgeführt worden sei.

Ferner wurde es als falsch darzustellen versucht, dass der Geschossabpraller automatisch einem fehlenden Kugelfang zugeordnet worden sei.

In diesem Zusammenhang wird insbesondere auf ein vom Beschwerdeführer seiner Beschwerde beigefügtes Gutachten eines schießtechnischen Sachver­ständigen verwiesen, dessen Gutachten seitens der Behörde in keiner Weise berücksichtigt worden sei.

Des Weiteren wird auf Forschungsergebnisse über die Eignung eines Kugelfanges in Form eines bewachsenen Geländes und auf die entsprechende diesbezügliche Fachliteratur verwiesen. Ebenfalls wird auf eine Stellungnahme der Deutschen Versuchs- und Prüfanstalt für Jagd und Sportwaffen e.V. vom 11. Mai 2015 verwiesen.

In den vom Beschwerdeführer zitierten und mit der Beschwerde vorgelegten Fachmeinungen wird insbesondere zum Ausdruck zu bringen versucht, dass dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dieser Schussabgabe kein Verhalten zur Last fallen würde, das an seiner Verlässlichkeit berechtigte Zweifel auf­kommen ließe.

Schließlich vermeint der Beschwerdeführer, die Behörde habe die Gutachtenslage nur einseitig, nämlich die Fachmeinung der Amtssachverständigen, gelten lassen und habe keine dieser entgegenstehenden Fachmeinungen berücksichtigt.

Zusammenfassend und abschließend vermeint der Beschwerdeführer, dass nach den in Österreich geltenden Ausbildungsrichtlinien und Unfallverhütungsvor­schriften ein ausreichender Kugelfang gegeben gewesen sei.

Selbst wenn man die Erkenntnisse des DEVA-Forschungsvorhabens zu Grunde legte, wäre sein Verhalten subjektiv nicht vorwerfbar, nicht strafbar.

Der Unfall (gemeint wohl Vorfall) sei auf die Verkettung unglücklicher Umstände zurückzuführen, welche für den Schützen nicht einmal ansatzweise vorhersehbar gewesen wären, nämlich wären diese einerseits am täuschenden Gelände und der bislang nicht bekannten Begünstigung von Abprallern durch bleifreie Munition, welche der Beschwerdeführer verwendet habe, zu sehen.

 

II. 1. Mit diesen Ausführungen ist der Beschwerdeführer letztlich im Recht!

 

 

III. Mit Vorlageschreiben vom 20. Juli 2015 hat die Behörde den Verfahrensakt unter Anschluss eines Inhaltsverzeichnisses dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Der Verwaltungsstrafakt wurde unter Hinweis auf die oben bezeichnete Vorlage mit Schreiben vom 5. August 2015 mit dem Antrag auf Entscheidung auch darüber vorgelegt bzw. nach Einlangen auch der diesbezüg­lichen Beschwerde nachgereicht.

Im Vorlageschreiben wurde angemerkt, dass eine Beschwerdevorentscheidung nicht erlassen worden ist, zumal damit voraussichtlich die Angelegenheit nicht zur Zufriedenheit aller Parteien erledigt werden hätte können bzw. trotzdem mit einem Vorlageantrag zu rechnen gewesen wäre.

Weiters führte die Behörde zum Beschwerdevorbringen bereits im Vorlage­schreiben aus, dass beide von der Behörde eingeholten jagdfachlichen Gutachten (gemeint wohl Amtssachverständigengutachten) übereinstimmend zum Ergebnis gelangt wären, dass der Beschwerdeführer bei der Schussabgabe auf das Rehkitz ganz sicher keinen geeigneten Kugelfang zur Verfügung gehabt habe. Den vom Beschwerdeführer vorgelegten jagdfachlichen Äußerungen (gemeint die zu seinen Gunsten sprechenden) habe die Behörde nicht folgen können, zumal es sich dabei um eher grundsätzliche Angaben gehandelt hätte, die rein auf seinen Angaben basierten und ohne Durchführung eines Lokalaugenscheines erfolgt wären.

 

III. 1.    Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nach § 24 Abs. 1 VwGVG im Administrativverfahren und nach § 44 Abs. 1 VwGVG im Verwaltungsstraf­verfahren durchzuführen.

Dieses Verfahren war mit dem im Sachzusammenhang stehenden und dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nachgereichten Verwaltungsstrafver­fahren zu verbinden. Der Strafverfahrensakt wurde mit Vorlageschreiben vom
5. August 2015 vorgelegt.

 

III. 2. Beweis erhoben wurde durch Verlesung der mit der Beschwerde im Administrativ­verfahren vorgelegten Befunderhebungen durch allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige und deren fachlichen Stellung­nahmen (Beilagen.\1 bis .\7). Erörtert wurden das im Rahmen des Beschwerde­verfahrens erstellte Gutachten des jagdfachlichen Amtssachverständigen
Dipl.-Ing. D, die mündlich erstatteten Fachmeinungen der vom Beschwerde­führer zur öffentlichen mündlichen Verhandlung stellig gemachten allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für das Jagdwesen -  Mag. C B und für das Schießwesen - Ing. H. O sowie Anhörung des Beschwerde­führers als Beschuldigten und Partei des Administrativverfahrens.

Die Behörde war bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung ebenfalls vertreten.

Vorgelegt wurde die Mitteilung der StA Wels vom 28. Oktober 2014,
GZ: 449 49 BAZ 461/14b-1, über die Benachrichtigung des Beschwerdeführers von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen ihn gemäß § 190 Z 2 StPO (Beilage.\1). In Augenschein genommen wurde vom Schießsachverständigen erstmals das vom Beschwerdeführer damals verfeuerte und von ihm zur Verhandlung mitgebrachte Geschoss.

Das Straferkenntnis mit dem Tatvorwurf der nicht weidgerechten Jagdausübung wurde am Schluss der öffentlichen mündlichen Verhandlung mit der mündlich verkündeten Entscheidung behoben.

Die dort getroffenen Sachverhaltsfeststellungen waren auch diesem Verfahren zu Grunde zu legen.

 

 

IV.  Sachverhalt:

 

Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer am 21. September 2014 gegen 06.45 Uhr an der besagten Örtlichkeit von einem Maisfeld aus stehend und am Bergstock angestrichen auf etwa 40 m im Zuge des Herbstrehabschusses ein Rehkitz beschoss und dieses offenbar verfehlte. Er versuchte den Schuss auf den Träger (am Hals) des Rehs anzutragen. Der sogenannte Kugelschuss wurde aus der Waffe des Kalibers 30.06 abgefeuert. Erstmals verwendete der Beschwerde­führer ein bleifreies Geschoss der Marke Hornady. Als sogenannter Kugelfang bot sich eine leicht ansteigende und den Rehkörper an der Horizontlinie deutlich überragende Wiesenfläche. Dahinter lag wiederum ein sich aus dem
(Luft-)Bildmaterial darstellendes etwa 200 m tiefes  Waldstück. Das Geschoss prallte von der Wiese ab, überflog den Wald und schlug schließlich in einem
800 m vom Schützen entfernten Haus in dessen Glastür ein.

Das Reh sprang flüchtig ab. Der Beschwerdeführer begab sich mit seinem Hund zum Anschuss (jene Stelle an der das Reh beschossen wurde), konnte dort jedoch keinen Hinweis auf einen allfälligen Treffer (Schweiß = Blutspuren) finden.

Diese Handlungsabfolge wurde hier dem Beschwerdeführer einerseits als nicht weidgerechte Jagdausübung zur Last gelegt und andererseits darin die Grundlage erblickt, ihm die jagdfachliche Verlässlichkeit abzusprechen.

 

IV. 1. Mit Schriftsatz vom 18. August 2015 legte der Beschwerdeführer noch zwei Fotos über seine Schussposition und das dahinter befindliche Gelände unter Positionierung einer Rehattrappe (Beilage./2) an der Stelle des beschossenen Rehkitzes vor. Diese Darstellung wurde vom Amtssachverständigen in dessen Gutachten mit der Schussposition 3 zu Grunde gelegt.

Demnach galt es im Rahmen dieses Verfahrens nachzuvollziehen, ob die Situation der Schussabgabe aus der Sicht der Jagdpraxis vertretbar gewesen ist oder ob der Beschwerdeführer diesen Schuss unter Missachtung jagdlicher Sorg­faltspflichten abgab bzw. mit einem derart weittragenden Abpraller (Geller) hätte rechnen müssen.

 

IV. 2. Eingangs werden auszugsweise die vom Beschwerdeführer im Beschwerde­schriftsatz zitierten Fachmeinungen in deren Ergebnis zusammenfassend darge­stellt:

 

Im Gutachten des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachver­ständigen für das Schießwesen, Ing. O, wird etwa im Befund festge­halten, dass es sich bei dem vom Beschwerdeführer verwendeten Geschosstyp um ein in jüngerer Zeit vom Handel propagiertes bleifreies Geschoss mit einem Gewicht von 9,7 Gramm und einer Mündungsgeschwindigkeit von knapp
900 m/sek. gehandelt hat.

Auf Seite 3 dieses Gutachtens wurde auf das Ergebnis von Beschussversuchen Bezug genommen. Daraus ergebe sich, dass bleifreie Geschosse nach dem Abprallen eine signifikant größere Masse (im Mittel um 36 %) und ebenfalls eine um 28 % höhere Energie als bleihaltige Geschosse aufweisen. Bleifreie Geschosse würden nach dem Abprallen signifikant weiter fliegen als bleihaltige Geschosse. Erstere 747 m und zweitere lediglich 516 m. Dieser Umstand sei in der Bewerbung bleifreier Geschosse bislang nirgends erwähnt worden.

Zusammenfassend gelangte der Sachverständige in dessen Gutachten hinsicht­lich des vom Beschwerdeführer verfahrensgegenständlich abgegebenen Schusses zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer das Abprallverhalten dieses Geschosses nicht wissen konnte und er offenbar auch damit nicht rechnen hat müssen. Die Wiesenfläche sei von der diesem Verfahren zu Grunde gelegten und vom jagdfachlichen Gutachter determinierten „Position 3“ oberhalb des beschossenen Rehkitzes in zumindest zweifacher Höhe des Kitzes sichtbar gewesen. Das beschossene Stück habe sich jedenfalls nicht an der Horizontlinie befunden. Vielmehr sei rund um das beschossene Rehkitz die Wiese in einer Tiefe von etwa 200 m sichtbar gewesen. Hinter der Wiesenfläche habe sich ein Wald in einer Tiefe von etwa 180 m und erst 340 m weiter dahinter wiederum das letztlich getroffene Haus befunden. Mit einem herkömmlichen Teilmantelgeschoss mit Bleikern hätte in dieser Situation mit hoher Wahrscheinlichkeit kein Geschoss­rest den Wiesenboden verlassen.

Diesem Gutachten wurden acht Literaturhinweise beigefügt.

 

In der Beilage findet sich eine Feldstudie über Auftreffwinkel und Abprall­verhalten von Geschossen. Aus dieser kann abgeleitet werden, dass bei einer Hochstandhöhe von 6 m lediglich auf eine Entfernung von 34 m hinreichend gesichert gelten könne, dass bei einem Geschossauftreffwinkel von zumindest  10° mit keinem Abpraller (Geller) mehr gerechnet werden müsse, was in der täglichen jagdlichen Praxis weitgehend nicht einzuhalten sei, weil Rehe (Schalenwild) in der Praxis aus größerer Entfernung beschossen werden müssten.

Die in der Beilage./3 beigeschlossenen Jagd- und Unfallverhütungsvorschriften (UVV) mit dem Stand Jänner 2013 verweisen betreffend den Büchsenschuss unter Ziffer 3.2. auf einen geeigneten Kugelfang. Als solcher sei der Hintergrund des Geländes anzusehen, wobei ein Wald aufgrund der hohen Gellergefahr keinen geeigneten Kugelfang darstelle.

 

Mit der Beilage./4 wird von der deutschen Versuchs- und Prüfanstalt für Jagd- und Sportwaffen e.V. - x auf das Ergebnis eines Forschungsprojektes auch über das „Abprallverhalten auf weichem Boden“ (Wald- und Feldboden) verwie­sen. Es wäre daher möglich, so der Verfasser I. Rottenberger, eine Aussage zum hier vorliegenden Fall zu treffen. Insbesondere wurde auf die Abprallsituation beim Verfehlen eines Rehwildes Bezug genommen bzw. im Kalkül eingegangen.

Darin wird etwa bekräftigt, dass ab einem Auftreffwinkel von 10° kein Geschoss mehr das Medium „weicher Boden“ verlassen hat. Nicht auszuschließen wäre, dass es Geschosskonstruktionen gebe, die dennoch in der Lage sind, auch bei einem Winkel von mehr als 10° den Boden noch zu verlassen. Abschließend wird darin darauf hingewiesen, dass es etwa in Deutschland bislang keine einzu­haltenden Sicherheitswinkel bei Schussabgaben in Bodenrichtung gibt. Es wurde jedoch auf ein Gerichtsverfahren verwiesen, wo ein Jäger für einen Schuss in einem Winkel von weniger als 30° und dabei eingetretenem Abpraller verant­wortlich gemacht hätte werden sollen. Das Oberlandesgericht gelangte unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Auffassung, dass bei der Schussabgabe ein Sicherheitswinkel von mindestens 30° ausreiche, um nach menschlichem Ermessen eine ausreichende Gewähr zur Vermeidung eines Abprallers zu bieten.

In der Beilage./5 wird ein weiteres, vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers beigeschafftes, Gutachten von H A M vorgelegt.

Der Sachverständige erklärt darin eingangs, zum konkreten Fall keine Angaben machen zu können, sondern im Ergebnis jedoch aus dem an sich feststehenden Sachverhalt schlussfolgern zu können.

Dies würde zum Ergebnis führen, dass die Gefahr von Abprallern in der Praxis weitgehend unterschätzt würde. Auf die Schusswinkel werde in der Praxis so gut wie keine Rücksicht genommen, jedoch würde sich aus praktischer Sicht die Jagd ad absurdum führen, wenn die laut Studien angegebenen Schusswinkel von 10° nicht unterschritten werden dürften. Demnach würde die maximal zulässige Schussdistanz aus einer etwa drei Meter hohen Reviereinrichtung (Kanzel oder Hochsitz) lediglich 34 m betragen und sich bei einer Schussdistanz auf 100 m nur mehr ein Winkel von 2,5° ergeben. In der Praxis bewegte sich demnach der Großteil der Jäger auf dünnem Eis, was die Einhaltung der empfohlenen 10° Schusswinkel betreffen würde.

In weiterer Folge wird eine Gegenüberstellung von Gefährdungen des Hinter­grundes durch bleihaltige gegenüber bleifreien Geschossen näher dargestellt. Darin wird insbesondere das wesentlich höhere Gefahrenpotenzial durch bleifreie Geschosse gegenüber bleihaltigen Geschossen in Folge deutlich höherer Wahr­scheinlichkeit von Abprallern aufgezeigt.

Abschließend wird vermeint, dass nicht der Jäger, sondern der Fachhandel mit bleifreien Geschossen „geflutet“ werde, wobei der Informationspflicht über die größere Abpralleigenschaft und Hintergrundgefährdung nur bedingt nachge­kommen würde.

Hier habe, so der Sachverständige im Schlusssatz, die Verwendung von bleifreier Munition zu einer Potenzierung des Gefahrenpotenzials geführt. Der Sach­verständige M verweist abschließend auf die Studie der Universität Bern von Dr. B N, publiziert in der deutschen Jagdzeitung, RUAG Ammotec, technischer Leiter G G.

Die Beilage./6 hat eine Stellungnahme von L F vom 15. Mai 2015 zum Gegenstand. Diese verweist auf seine nunmehr neun Jahre währende Funktion als Ausbildner für den Bereich der Handhabung von Jagdwaffen und das Schießwesen in Jungjäger- und Jagdhüterkursen im Bereich des Bezirkes Linz-Land. Bei der Ausbildung werde darauf hingewiesen, dass der gewachsene Boden (gemeint vegetationsbewachsene Boden) grundsätzlich als ausgezeichneter Kugel­fang diene. Hinsichtlich des Winkels wurde angemerkt, dass ein zu flacher Winkel zum Abprallen führen könne, jedoch eine dezidierte Zahl (wie die Zahl) nicht genannt bzw. gelehrt würde. Grundsätzlich werde seit Jahrzehnten gelehrt, dass hinter einem zu beschießenden Stück ein vollständig gewachsener Boden einen Kugelfang bieten würde.

 

Die Beilage./7 hat ebenfalls ein Schreiben eines Jagdausbildners zum Inhalt, der seit 17 Jahren als aktiver Jäger und Vortragender in der Landwirtschafts­schule Waizenkirchen des Freigegenstandes Jagd tätig sei.

Auch dieser bringt zum Ausdruck, dass gewachsener (gemeint bewachsener) Boden grundsätzlich als geeigneter Kugelfang im Rahmen der Ausbildung dargestellt werde, wenn sich ein solcher Boden hinter einem beschossenen Wild befinde. Selbstverständlich müsse etwa Rücksicht auf Bodenfrost oder Gesteins­material am Boden genommen werden. Unter solchen Umständen könne es zu unbeabsichtigten „Abprallern“ kommen. Sollte ein gewachsener Boden nicht als ausreichender Kugelfang geeignet sein, dann wäre wohl eine Jagd auf Schalen­wild „in unserem Gebiet“ mit gängiger gesetzlich erlaubter Büchsenmunition kaum mehr denkbar, so dieser Ausbildner von Jägern.

Auf diese Expertenaussagen stützt der Beschwerdeführer bzw. dessen Rechts­vertreter seine Beschwerdeausführungen, sowohl im Verwaltungsstraf- als auch im Administrativverfahren.

 

IV. 3. Feststellungen und Beweiswürdigung im verwaltungsgerichtlichen Verfah­ren:

 

Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung schildert der Beschwerde­führer die damalige Situation. Er erklärt nochmals, unter Hinweis auf ein Foto mit einer am Anschuss positionierten Rehattrappe, die Schusssituation. Darin ver­weist er auf die erstmalige Verwendung eines bleifreien Geschosses, welches er zwischenzeitig nur mehr am Schießplatz verwende.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich folgt der vom Beschwerde­führer dargestellten Schussposition 3 auf eine Distanz von 34 m. Demnach hatte sich der Beschwerdeführer dem Rehkitz über das Maisfeld angepirscht und dieses aus  einer Stelle am Pirschstock angestrichen beschossen, wo der Mais bereits etwas zusammengebrochen war. Der Schuss wurde während des Äsens des Rehs, also bei dessen gesenktem Haupt (Kopf), auf den Träger (Hals des Rehs) angetragen. Diese Position ergab laut Gutachten noch eine ausreichende Überhöhung des ansteigenden Geländes und demnach einen scheinbar tauglichen Kugelfang. Dahinter befand sich als Horizontlinie auch noch ein Nadelwald. Das Kitz ging auf den Schuss flüchtig ab und eine mit dem Hund durchgeführte Nachsuche brachte zum Ergebnis, dass er das Reh wohl nicht getroffen haben dürfte.

 

Der jagdfachliche Amtssachverständige führt einen auf mehrere Schuss­posi­tionen abstellenden und umfangreichen Ortsaugen­schein durch, bei dem Bilder und Messdaten erhoben werden, und erstattet ein darauf basie­rendes, mehrere Varianten darstellendes, Gutachten. Dieses wurde im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung ausführlich vorgetragen. Letztlich blieb nur die soge­nannte „Variante 3“, von der aus eine Schussabgabe als vertretbar beurteilt wurde. Auch der vom Beschwerdeführer der öffentlichen mündlichen Verhand­lung beigezogene Jagdsachverständige Mag. B schloss sich dem Kalkül des Amtssachverständigen an.

 

IV. 4. Der Schießsachverständige - der bislang das Geschoss nur in Abbildung kannte -  folgert aus dem von der Polizei sichergestellten Geschoss, dass dieses - ob am Ziel vorbei oder auch nicht - Bodenkontakt gehabt haben muss, ehe es von dort abprallte, den Wald überflog und schließlich mit nicht mehr allzu großer Energie noch die Glasscheibe durchschlug. Dies wird nachvollziehbar mit der Verformung der an sich geringen glatten frontalen Deformierung erklärt.

Der Sachverständige nimmt dabei Bezug auf einschlägige Literatur, der zur Folge bei bleifreien Geschossen durch deren sehr geringere Verformungsneigung die Geschossmasse nahezu zur Gänze erhalten bleibe. Dies im Gegensatz zu einem konventionellen Bleikern-Geschoss.

 

Letztlich wurde von den Sachverständigen daraus der fachliche Schluss gezogen, dass aus der vom Beschwerdeführer zuletzt angegebenen Schussposition (laut Gutachten Nr. 3) die Schussabgabe sowohl jagdlich als auch schießtechnisch vertretbar gewesen ist. Der Beschwerdeführer habe aus seiner Erfahrung heraus mit diesem Abprall­verhalten nicht rechnen können und müssen. Die bleifreien Geschosse wurden im Fachkreis sehr beworben, jedoch sei vom Handel nicht hinreichend deren Abprallverhalten aufgeklärt worden, welches laut Sachver­ständigem unter Bezugnahme auf die Fachliteratur mit bis zu fünf­facher Wahr­scheinlichkeit angegeben wurde.

 

Letztlich vertrat der ballistische Sachverständige die Fachmeinung, dass in dieser Situation ein Bleigeschoss keinen Abpraller mit einer derart weiten Flugbahn zur Folge gehabt hätte, weil durch die größere Verformung und den Verlust an Masse beim (ersten) Auftreffen am Boden eine deutlich schlechtere aerodynamische Form und folglich der zweite Aufschlag am Boden in deutlich kürzerer Distanz erfolgt wäre.

 

Diesen plausiblen und logisch nachvollziehbaren Darstellungen folgt daher das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die ursprünglich variierende Darstellung der Schussposition und der Positionie­rung des Rehs beim Beschuss erklärte der Beschwerdeführer mit der Fehler­anfälligkeit der Markierung mit einem x auf einem Luftbild im Maßstab 1:5000.

Auch dies ist durchaus nachvollziehbar, wobei - wie oben schon ausgeführt - seine nunmehr dargestellte Position sowohl aus jagdpraktischer Sicht logischer scheint und letztlich dies auch gutachterlich untermauert werden konnte. Wäre nämlich das Reh auf 74 m - wie offenbar vom Amtssachverständigen im Behörden­verfahren in seinem antizipativ beweiswürdigenden und als tendenziös den Beschwerdeführer vorverurteilenden Gutachten zu Grunde gelegt worden zu sein scheint - beschossen worden, wäre die Entscheidung für einen Trägerschuss über den Bergstock mit höchster Wahrscheinlichkeit von keinem die Trefferwahr­scheinlichkeit realistisch beurteilenden Jäger getroffen worden. Darüber hinaus hätte das Geschoss von dort den Boden - wenn überhaupt - in einem so flachen Winkel berührt, dass die Einschlagenergie noch deutlich höher gewesen wäre, sodass nur eine Glasscheibe durchschlagen worden wäre. Auch dies ist unter Bedachtnahme auf die Anfangsgeschwindigkeit im Bereich von 900 m/sek. logisch nachvollziehbar.

Wenn der behördliche Amtssachverständige schließlich meinte, in diesem Fall „hätte die Kugel im Zweifel im Lauf zu bleiben gehabt“, müsste letztlich die Rehwildbejagung überhaupt in Frage gestellt werden, weil in der Praxis keine Hochstände in dreifacher Höhe denkbar sind und Rehe nur mehr auf etwas mehr als 30 m beschossen werden könnten, um einen Auftreffwinkel des Geschosses von mehr als 10 º zu erreichen.

 

Letztlich bezeichnet auch der dem Beschwerdeverfahren beigezogene jagdfach­liche Amtssachverständige in dessen umfang- und variantenreich abgefassten Gutachten dieses Ereignis auf die Verkettung unglücklicher Umstände rückführ­bar. Diese vermögen daher weder den Schuldvorwurf der nicht weidgerechten Jagdausübung zu tragen, noch kann trotz dieses wohl bedauerlichen Zwischen­falles an der jagdlichen Verlässlichkeit des Beschwerdeführers sachlich kein Zweifel begründet gesehen werden.

 

Da letztlich erst dieses Ereignis das Abprallverhalten von bleifreien Geschossen verdeutlicht, wird sich künftighin der Fachkreis im größeren Umfang mit dieser Problematik auseinanderzusetzen haben.

 

Letztlich verwies selbst die Vertreterin der Behörde in deren Schlussvortrag sinngemäß darauf, die Entscheidung über die Beschwerde würde schlussendlich von der gerichtlichen Beweiswürdigung abhängen.

 

IV. 4.1. Der Amtssachverständige für das Jagdwesen erstattet folgendes Gutach­ten, worin er mehrere Positionen, auf diverse Entfernungen differenziert und mit Bildmaterial unterlegt, darstellt:

 

Bezugnehmend auf das Ersuchen vom 28. Juli 2015 erlaube ich mir, das jagdfachliche Gutachten betreffend der Beschwerde R E zu übermitteln.

 

Der Unterfertigte wurde aufgefordert, zu folgender Fragestellung ein Gutachten zu erstellen:

 

Ob die zu einer Sachbeschädigung führende Schussabgabe im Zuge des sogenannten Herbstrehabschusses in alltäglicher jagdlicher Praxis vertretbar war oder ob hier die Schussabgabe aus Sicht des Jägers (also aus jagdfachlicher Sicht ex ante beurteilt) unterbleiben hätte müssen bzw. diese gegen Grundsätze der Weidgerechtigkeit erfolgte.

 

Folgende Unterlagen wurden verwendet:

·         Siehe Aktenverzeichnis Agrar96-15 sub 1-2014

·         Literatur: N S - Geschoßwirkung und Kugelfang (Österrei­chischer Jagd- und Fischerei-Verlag)

·         Lokalaugenschein, welcher am 4.9.2015 stattgefunden hat (siehe Anhang)

Dauer Lokalaugenschein: 3 Stunden

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, Agrar96-15 sub 1-2015-Pr vom
15. Juni 2015, wurden im Spruchteil IV. folgende Ausführungen zum Thema Kugelfang und Schussabgabe getätigt:

 

Aus jagdfachlicher Sicht ist bei beiden, angegebenen Positionen des Jägers (STO 2 18.03.2015 Stellungnahme E und STO 3 23.4.2015 LA), mit der Schuss­abgabe in Richtung Nordosten und somit am konkreten Standort geographisch betrachtet in Richtung der Kuppenlage kein ausreichender Kugelfang gegeben.

Dass es sich um ein Gelände ohne ausreichenden Kugelfang handelt - flaches Gelände mit einer Hangneigung von weniger als 15 % - ist auch aus den Höhenschichtlinien im Plan vom 22.01.2015 ersichtlich.

Überdies ist die Abgabe eines Schusses wie im konkreten Fall, ohne erhöhte jagdliche Einrichtung vom Boden aus als gefährlich einzustufen und daher aus jagdfachlicher Sicht zu unterlassen.

 

Nun zur Frage, ob die zur Sachbeschädigung führende Schussabgabe im Zuge des sogenannten Herbstrehabschusses in alltäglicher jagdlicher Praxis vertret­bar war oder ob hier die Schussabgabe aus Sicht des Jägers unterbleiben hätte müssen?

 

Zum Thema ‚Kugelfang‘ finden sich in der einschlägigen Literatur nur sehr allgemeine Aussagen zum gegenständlichen Thema. So ist in den Jagd-Unfallverhütungsvorschriften (Empfehlungen der Zentralstelle Österreichischer Landesjagdverbände - Stand 01.2013) zu lesen, dass ein Büchsenschuss nur dann abgegeben werden darf, wenn ein geeigneter Kugelfang vorhanden ist. Als geeigneter Kugelfang ist der Hintergrund des Geländes anzusehen. Der Wald ist auf Grund der hohen Gellergefahr kein geeigneter Kugelfang. Bei Gellergefahr (Frost, Wasser, Bäume, Weinstöcke usw.) ist vor Schussabgabe erhöhte Vorsicht zu beachten.

 

Demnach muss sich der praktizierende Jäger im Revier in der Regel auf sein Bauchgefühl verlassen, welches jedoch subjektiv, nicht messbar und im Streitfall schwer rekonstruier­bar ist.

 

Einen praktikablen Ansatz liefern die Ausführungen von N S. Er schreibt, dass, wenn der Kugelfang knapp hinter dem Stück entfernt, ein bis zwei Körpergrößen Kugelfang rundherum für eine sichere Schussabgabe reichen. Weiters zitiert er auch eine Studie der DEVA (Deutsche Versuchs- und Prüf- Anstalt für Jagd- und Sportwaffen), wonach  bei einem weichem Untergrund und unter 5° Einschusswinkel es eine Tendenz zum Abprallern gibt.

 

Auf Basis dieser Literaturangaben wurden vom Unterfertigten die sich im Akt befindlichen Positionen des Schützen bzw. beschossenen Rehs (STO1, STO 2 u. STO3) dahingehend beurteilt - ob eine sichere Schussabgabe möglich war oder nicht.

 

Grundsätzliche Annahmen:

·         Aussagen beziehen sich auf Standorte aus den Planunterlagen des Gutachtens von Herrn DI P

·         Höhenkoten wurden aus dem Digitalen Oberösterreichischen RaumInformations­system (DORIS) exportiert

·         Schulterhöhe Rehkitz (Ende September 9 kg : 55 cm)

·         Auflager (Pirschstock) bei Schussabgabe: 140 cm

 

Mittels EDV (ACAD) wurden Querprofile erstellt und die höchsten Geländepunkte (aus Sicht des Schützen) ermittelt und mit Hilfe der angenommenen Schulterhöhe des Rehes durch Verlängerung der Schussachse ein theoretischer Kugelfang errechnet.

Abbildung 1: Beispiel - Querprofil des Standorts 3 (STO 3) mittel ACAD

 

Im Zuge der Gutachtenserstellung wurden nur die beiden zuletzt angegebenen Positionen des Schützen und auch des beschossenen Rehes näher untersucht und beurteilt (STO 2: 18.03.2015 Stellungnahme E und STO 3: 23.4.2015 LA).

 

Ergebnis Beurteilung Standort 2:

 

·         Angaben zum Standort vom 18.03.2015

·         Entfernung Schütze-Reh: 75 m

·         Standort des Rehes ist genau auf der Kuppe - kein Kugelfang!

 

Von diesem Standort aus hätte keine Schussabgabe erfolgen dürfen!

 

 

Abbildung 2: Bild links: Lokalaugenschein/ Bild rechts: Beurteilung des Kugelfanges - Standort des Schützen Punkt „2“ ( Blau: kein Kugelfang; Rot: Kugelfang < 1 Körpergröße; Gelb: Kugelfang 1-2 fache der Körpergröße)

Daten aus der Berechnung decken sich auch mit den Bildaufnahmen vom Lokalaugen­schein. Weiters wurde geprüft, ob vom STO 2 überhaupt ein sicherer Schuss angebracht werden konnte? Zu diesem Zweck wurde Richtung 0°; 22,5°; 45° und 67,5° alle 10 m eine mögliche Schussabgabe (genügend Kugelfang) geprüft.

 

Ergebnis: Ein sicherer Schuss ist nur in Richtung Norden auf sehr kurze Distanz möglich.

 

 

 

 

Ergebnis Beurteilung Standort 3

 

·         Angaben zum Standort vom 23.4.2015

·         Entfernung Schütze - Reh: 34 m

·         1,25 fache Kugelfang; Einschusswinkel 5,8°

 

 

Abbildung 3: Bild links: Lokalaugenschein/ Bild rechts: Beurteilung des Kugelfanges - Standort des Schützen Punkt „3“ ( Blau: kein Kugelfang; Rot: Kugelfang < 1 Körpergröße; Gelb: Kugelfang 1-2 fache der Körpergröße)

Daten aus der Berechnung decken sich auch mit den Bildaufnahmen vom Lokalaugen­schein. Weiters wurde geprüft, ob vom STO 3 überhaupt ein sicherer Schuss angebracht werden konnte?

 

Eine sichere Schussabgabe wäre demnach nur in Richtung NO bis max. 50 m möglich. Ergänzt um das Kriterium Einschusswinkel zeigt sich, dass eine sichere Schussabgabe nur in jene Richtung und Entfernung möglich gewesen wäre, die auch am 23.4.2015 beim Lokalaugenschein zu Protokoll gegeben wurde.

 

Die Frage, ob die zur Sachbeschädigung führende Schussabgabe vertretbar war oder ob hier die Schussabgabe aus Sicht des Jägers unterbleiben hätte müssen, ist letztlich durch die Frage, von welcher Position aus tatsächlich geschossen wurde, zu beantworten!“

 

 

V. Rechtlich hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

§ 38 Abs. 1 Oö. JagdG:

 

Voraussetzung für die Erlangung einer Jagdkarte ist der Nachweis

a.    der im Zusammenhang mit der Jagdausübung erforderlichen Verlässlich­keit;

b.    der jagdlichen Eignung;

c.    einer ausreichenden Jagdhaftpflichtversicherung;

d.   dass kein Verweigerungsgrund im Sinne des § 39 vorliege.

 

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die gemäß § 38 Abs. 1 lit. a Oö. JagdG für die Ausstellung einer Jagdkarte erforderliche Verlässlichkeit grundsätzlich auch ohne Vorliegen einer strafrechtlichen  Verurteilung zu verneinen sein kann. Die fehlende Verurteilung bzw. eine Einstellung des Strafverfahrens - etwa wegen einer gefährlichen Drohung oder wie hier des strafrechtlich relevanten Gefähr­dungs­tatbestandes - ist laut Judikatur kein Hindernis für eine eigenständige Beurteilung des Persönlichkeitsbildes und - wie hier die Behörde - negativen Beurteilung.

Auch hier hat die Strafverfolgungsbehörde offenbar keinen strafwürdigen Gefähr­dungstatbestand erblickt gehabt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof scheint zu den §§ 38 ff Oö. JagdG - soweit überblickbar - im Grunde einer am (unerwünschten) Erfolg orientiert zu schei­nenden Recht­sprechung anzuhängen.

Gemäß § 40 Oö. JagdG ist die Jagdkarte zu entziehen, wenn bei einem Inhaber einer Jagdkarte der ursprüngliche oder noch fortdauernde Mangel einer der Voraussetzungen des § 38 Oö. JagdG nachträglich zum Vorschein kommt oder eine dieser Voraussetzungen nachträglich wegfällt. Gemäß § 38 Abs. 1 Oö. JagdG werden als Voraussetzungen für die Erlangung einer Jagdkarte unter anderem der Nachweis der im Zusammenhang mit der Jagdausübung erforderlichen Ver­lässlichkeit (lit. a) und der Nachweis, dass kein Verweigerungsgrund im Sinne des § 39 Oö. JagdG vorliegt (lit. d), verlangt (VwGH 17.12.2014,
Ra 2014/03/0040 mit Hinweis auf VwSlg 14.155 A/1994).

Jedoch stellt sich hier sehr wohl die Frage, ob diese Schussabgabe eine rechtliche Grundlage bietet, dass bei einem Jäger, der ein auf einer Wiese unter der Horizontlinie und mit einem Wald im Hintergrund stehendes Reh im Zuge des Herbstreh­abschusses beschießt, bereits bei einem nicht vorhersehbaren Abpraller die Annahme gerechtfertigt ist, dem Schützen die jagdfachliche Verlässlichkeit abzusprechen. Inwieweit vor dem Hintergrund nicht eine Vielzahl der Jäger in  Erfüllungspflicht des Abschussplanes in dieser Situation ebenso gehandelt hätte, war hier auf der Tatsachenebene und demnach an der realen Verkehrspraxis zu messen.  War dieser Abpraller auf die Verkettung unvorhersehbarer Umstände, insbesondere in Verbindung auch mit der Unkenntnis über die deutlich höhere Abprallwahrscheinlichkeit des vom Beschwerdeführer im Jagdbetrieb erstmals verwendeten bleifreien Geschosses, zurückzuführen, galt es hier zu klären.

Wie hier gutachterlich mit Bezug auf die Literatur eindrucksvoll festgestellt, kann offenbar in der Praxis ein Geller oft nicht gänzlich ausgeschlossen werden, d.h., hätte dies nicht auch jedem anderen Jäger und Schützen genauso unterlaufen können.

Mit dieser differenzierenden Feststellung hatte sich der Verwaltungsgerichtshof in seiner oben zitierten Entscheidung zumindest nicht erkennbar auseinander­zusetzen gehabt bzw. sich bislang nicht nachvollziehbar auseinandergesetzt. Eine pauschalierende und ausschließlich am (negativen) Erfolg gemessene Beurteilung würde letztlich Ungleiches in der Rechtsfolge gleich behandeln.

 

 

 

V. 1. Gemäß § 40 Abs. 1 lit. e Oö. JagdG sind bei Vergehen und Übertretungen die Bezirksverwaltungsbehörden ermächtigt und verpflichtet, aus der Eigentüm­lichkeit der strafbaren Handlung im Zusammenhang mit der Persönlichkeit des Bewerbers zu prüfen, ob ein Entzug der Jagdkarte oder eine Verweigerung der Jagdkarte gerechtfertigt ist. Eine frühere Regelung im JagdG erwies sich als zu starr. Es ist vorgekommen, dass Jägern wegen an sich geringfügiger Verfeh­lungen, die mit der Jagdausübung nicht in den entferntesten Zusammenhang zu bringen waren, auf Grund eines gerichtlichen Urteils die Jagdkarte auf die Dauer von drei Jahren entzogen werden musste.

 

In einem Fall etwa lag dem Schützen offenbar eine im Grunde ganz bewusst in Kauf genommene Gefährdung oder überhaupt ein minder ausgeprägtes Gefah­ren­bewusstsein über die Gefährlichkeit der Schussabgabe und damit die Frage eines Persönlichkeitsmangels oder Defizits in der Sinneshaltung zu Grunde. Hier kann sachlich und humanistisch betrachtet kein charakterliches Defizit gesehen werden, welches die Verlässlichkeit fraglich erscheinen lassen könnte. 

Eine Prüfung der „Eigentümlichkeit einer strafbaren Handlung im Zusammenhang mit der Persönlichkeit des Bewerbers“, insbesondere, dass selbst konkret tatbestandsmäßig erfasste Verweigerungsgründe nicht als absolut gelten und nicht zu starr auszulegen sind, ergibt sich selbst aus der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH  23.10.2013, 2011/03/0099, sowie VwGH 31.3.2005,  2003/03/0051, 21.1.1999,  98/20/0321).

Auch vor dem Hintergrund der dem öffentlichen Interesse dienenden Zielsetzung der §§ 38 ff Oö. JagdG, denen zur Folge es unverlässliche Personen von der Jagdausübung auszuschließen gilt, ist jeweils eine eigenständige Beurteilung der jagdlichen Verlässlichkeit durch die Behörde, jedoch unabhängig von der Erledigungsart des gerichtlichen Strafverfahrens, geboten (Reisinger/Schiffner, Oö. Jagdrecht 2010, VwGH vom 28.3.2006, 2003/03/0026)[1].

Vor diesem Hintergrund war auch hier vom Landesverwaltungsgericht Ober­österreich eigenständig zu prüfen, ob aufgrund von Handlung(en) des Beschwerde­führers  die Folgerung gerechtfertigt ist, er weise nicht mehr die vom Oö. JagdG geforderte Verlässlichkeit auf (abermals VwGH 28.3.2006, 2003/03/0026).

Ein im öffentlichen Interesse begründbarer Entzugsgrund kann in einem für den Schützen in Wahrheit nicht vorhersehbaren Abpraller sachlich betrachtet wohl nicht begründet werden.

Dem unbestimmten und durch die Judikatur ausgelegten Rechtsbegriff „Verlässlichkeit“ darf letztlich kein Inhalt zugedacht werden, der über die im Gesetz  (§ 39) definierten und deliktsspezifisch festgelegten höchsten zulässigen Zeiträume (Delikte, die alle ein Defizit in der Verbundenheit mit gesetzlich
geschützten Werten zum Inhalt haben) unter diesem Begriff dennoch eine sich im Ergebnis über drei Jahre erstreckende Unverlässlichkeitsannahme die  Verwei­gerung einer Jagdkarte zuließe.

 

V. 2. Grundsätzlich scheint der Hinweis auf  Entzugspraktiken anderer Berech­tigungen, entgegen der bislang (zuletzt etwa aus dem Erkenntnis vom 17.12.2014, Ra 2014/03/0040) hervorleuchtenden Sichtweise, offenbar doch durchaus berechtigt. Bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit, bei der es darauf ankommt, ob der Betroffene eine Gefahr für andere Verkehrs­teilnehmer [konkret Straßenbenützer] darstellt und inwieweit er sich aufgrund des Bildes seiner Gesamtpersönlichkeit voraussichtlich im Verkehr künftighin verhalten wird, wobei im Rahmen dieser Ausübung sich Unfälle letztlich auch als unver­meidlich herausstellen (vgl. VfSlg. 6976/1973), stellt sich auch hier im Ergebnis diese Frage ebenso.

So ist das Sachlichkeitsgebot als Maßstab einer verfassungskonformen Rechtsan­wendung zu Grunde zu legen, das wiederum den Kreis in einem Urteil des EGMR mit Blick auf Art. 4, 7. ZP schließt.  Darin scheint ein vergleichender Hinweis auf die Praxis im Führerscheinentzugsverfahren - entgegen der etwa im VwGH-Erkenntnis vom 17.12.2014, Ra 2014/03/0040, zum Ausdruck gelangenden Rechtsmeinung  - durchaus zulässig zu sein. In einer Presseaussendung des Präsidenten des Gerichtshofes zum Fall „Rinas v. Finnland, Nr. 17039/13 vom 27.1.2013“ wurde dies sachzusammenhängend dargestellt. Vor diesem Hinter­grund scheint es schwer nachvollziehbar, dass ein solches Ereignis eine sachliche Gefahr in sich bergen könnte, der Betroffene würde abermals im Zusammenhang mit Schussabgaben einen solchen Erfolg leichtfertig herbeiführen wollen. Vielmehr bewirkt ein derartiges Ereignis einen wohl unauslöschlichen Erfahrungs­gewinn, welcher den Beschwerdeführer etwa zum Umstieg auf konventionelle Bleimunition veranlasste.

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich sieht daher in dem vom Beschwerde­führer nicht kalkulierbar gewesenen Abpraller keine sachliche Grund­lage, auf dessen fehlende Verlässlichkeit zu schließen und ihm die  Jagd­karte zu entziehen und auch die Berechtigung als Jagdschutzorgan zu wider­rufen.

Einem derartigen Entzug würde letztlich nur ein verschuldensunabhängiger strafender Charakter zukommen und liefe demnach dem Schutzziel des Art. 4,
7. ZPEMRK krass zuwider. Ein nicht gänzlich ausschließbares Restrisiko eines Abprallers, insbesondere durch die im Fachkreis vermehrt beworbene Verwen­dung einer in der Praxis noch wenig erprobten bleifreien Munition, vermag einem bislang stets rechtsverbundenen Menschen nicht als Verlässlichkeitsmangel zugeschrieben werden.  Ein solches Ereignis vermag sachlich beurteilt nicht als Grund dafür herhalten, eine derart betroffene Person vom einschlägigen Verkehrskreis auszuschließen.

Letztlich müsste im Grunde jeder Teilnehmer eines bestimmten Verkehrskreises, dem bei der Ausübung einer gefahrengeneigten Tätigkeit ein Schadensfall widerfährt, als „unverlässlich“ gelten. Selbst wenn im Umgang mit Schusswaffen  höchste Sorgfalt zu fordern ist, liegt es in der Natur der Materie, dass in dieser Situation auch jedem wertverbundenen Menschen dieses Verkehrskreises dieses Ereignis widerfahren hätte können.

Eine Person von einer Tätigkeit auszuschließen, bedarf der nachvollziehbaren Feststellung, ob eine Person eine Gefahr für andere Teilnehmer des jeweiligen Verkehrskreises darstellt und wie sie sich aufgrund des Bildes ihrer Gesamt­persönlichkeit voraussichtlich künftighin verhalten wird.

Selbst vom Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwGH 30.6.2011, 2011/03/0072) werden für die Beurteilung der Verlässlichkeit im jagdrechtlichen Sinn die Wertungs­kriterien zur waffenrechtlichen Verlässlichkeit im Sinne des § 8 Abs. 1
Z 1 und 2 WaffG grundsätzlich ident gesehen.

Danach gilt ein Mensch als verlässlich, wenn er sachgemäß mit Waffen umgehen werde und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass er Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werde oder mit Waffen unvorsichtig umgehe oder diese nicht sorgfältig verwahren werde. Als „missbräuchlich“ gelte jeder gesetz- oder zweckwidrige Gebrauch. Die Umstände dieses Schadens­ereignisses lassen sachlich besehen einen solchen Rückschluss nicht zu. Dafür spricht nicht zuletzt die langjährige unbeanstandete Jagdausübung des Beschwerdeführers.

Wenn jedoch jüngst der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit einer Kostenentscheidung (Beschluss vom 9.9.2015, Ro 2015/03/0028-6) selbst die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Landesverwaltungsgericht noch nach zweieinhalb Jahren nach einem aus einem vergleichbaren Anlass von der Behörde ausgesprochenen Entzug einer Jagdkarte (der im zweiten Rechts­gang abermals zu Gunsten des Beschwerdeführers aufgehoben worden war) offenbar als rechtswidrig darstellt, mag trotz der hier sachverständig umfassend untermauerten h. Sachentscheidung mit der Judikatur des Verwaltungsgerichts­hofes in Konflikt beurteilt werden.

Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde im zitierten Beschluss als dem Interesse des Beschwerdeführers trotz dessen (in vorläufiger Bindung an das aufhebende Erkenntnis des VwGH) aberkannter Verlässlichkeit „prävalie­rendes Gewicht“ zumessend qualifiziert. Diese Sicht des Höchstgerichtes könnte daher auch diese Sachentscheidung mit der bisherigen Sichtweise des Höchst­gerichtes zumindest in Konflikt erscheinen lassen.

Daraus lässt sich ein durchaus punitiver Charakter der höchstgerichtlichen Beurteilung der jagdlichen Verlässlichkeit bzw. Entzugspraxis ermessen. Dies vor dem Hintergrund, dass etwa in dem der verwaltungsgerichtlichen Beurteilung zu Grunde gelegenen Ausgangsverfahren die Behörde offenbar fast zwei Jahre keine vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr zu orten vermochte, ehe sie nach einem uneffektiv geführten behördlichen Ermittlungsverfahren, nach zweieinhalb Jahren, plötzlich „Gefahr in Verzug“ zu erblicken vermeinte und - wie positiv hervorzuheben es hier offenbar nicht gehandhabt wurde - im Entzugsbescheid einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung wegen einer diesem Ereignis nicht  zugeschriebenen Gefahr in Verzug nicht aberkannt wurde.

Vom Verwaltungsgerichtshof scheint jedoch einem wirksamen Rechtsschutz geringere Valenz zugedacht, als einer sachlich beurteilt nur mehr als fiktiv zu beurteilenden Gefahrenvermutung und darin der von einer Verwaltungsbehörde getroffene nachhaltige Rechtseingriff „prävalierend zu Gunsten des Beschwerde­führers gewertet“ wird.

 

V. 2.1. Der Verwaltungsgerichtshof möge daher im Revisionsfall durch einen verstärkten Senat die Entzugspraxis von Jagdkarten, die offenbar einer am Erfolgsmaßstab orientierten Beurteilung anzuhängen scheint, an einem praxis­relevanten ex ante-Maßstab des Verkehrskreises schärfen.

 

 

VI. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da sich auch im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage stellt, der mit Blick im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil sich diese vom Verwaltungsgerichtshof in scheinbar vergleichbaren Konstellationen abweichend - offenbar weitgehend an dem verschuldensunabhängigen Erfolg - zu orientieren scheint (VwGH 26.3.2015, Ra 2015/22/0042). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher vor, weil vor diesem Hintergrund die h. Entscheidung von der Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht oder die Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beant­wortet scheint, weil im Lichte der Ausführungen des Sachverständigen für das Schießwesen der Beschwerdeführer mit einem derartigen Abprallverhalten des auf ein Reh abgefeuerten Büchsengeschosses nicht rechnen musste und dieser Aspekt bislang vom Höchstgericht nicht zu beantworten war. Da letztlich Schießversuche zeigen, dass die Jagdpraxis von einem Hochstand kaum Schüsse in einem Winkel von mehr als 10º zulassen, bleibt, wenn auch noch so geringes, letztlich jedoch ein zu tolerierendes, weil der Kontrolle des Jägers entzogenes Restrisiko, welches hier gegen den Beschwerdeführer unverschuldet schlagend geworden ist. Dies darf der objektiven Wahrheit wegen nicht verschwiegen bleiben.

So hat letztlich auch das Strafgericht kein strafwürdiges Verhalten festgestellt, wobei auch aus verwaltungsgerichtlicher Sicht von einer nicht vorhersehbaren Folge dieser Schussabgabe ausgegangen werden musste. Daher scheint ein Jagd­kartenentzug vor dem Hintergrund  - nämlich des hinter dieser Schuss­abgabe präsumierten Verlustes  der jagdlichen Verlässlichkeit - letztlich mit Grundprinzipien im Sinne des Art. 4 7. ZPEMRK einer Doppelsanktion in Konflikt zu sehen. Der Entzug könnte hier empirisch gesehen nur als (Zusatz-)Strafe begriffen und empfunden werden. Von einer Änderung der Sinneshaltung und dem Schutz öffentlicher Interessen kann hier mit einem Ausschluss des Beschwerdeführers aus der Jägerschaft nicht ernsthaft argumentiert werden (Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 27.1.2015 Zl. 17036/13). Darin wird etwa explizit auch auf den Führerscheinentzug verwiesen, wenngleich die Ausgangs­lage - wie auch in diesem Fall - nicht unbedingt vergleichbar ist.

Da die höchstgerichtliche Spruchpraxis weitgehend auf den Erfolg abzustellen scheint und eine Differenzierung am Fahrlässigkeitsmaßstab sowie eine zeitliche Determination mit jagdgesetzlich definierten und zeitlich begrenzten Entzugstat­beständen nicht erkennen lässt, mag in dieser Entscheidung ein Abgehen von der Rechtsprechung erblickt werden, sodass die ordentliche Revision im Sinne der Rechtssicherheit zuzulassen war.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzu­bringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungs­gericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr.  B l e i e r

 

 

 

 

 

 

 

 

[1] Nach § 39 Abs. 1 lit. d Oö. JagdG ist die Ausstellung einer Jagdkarte bei Vorliegen der in dieser Bestimmung genannten Verurteilungen zu verweigern, ohne dass - gesondert - die Verlässlichkeit zu prüfen wäre; der Betreffende gilt also schon ex lege als unverlässlich. Demgegenüber hat eine Bestrafung im Sinne des § 39 Abs. 1 lit. e und f Oö. JagdG nur dann zur Verweigerung der Ausstellung einer Jagdkarte zu führen, wenn „nach der Eigentümlichkeit der strafbaren Handlung im Zusammenhang mit der Persönlichkeit des Bewerbers dessen Verläss­lichkeit nicht zweifelsfrei erwiesen“ ist (§ 39 Abs. 3 Oö. JagdG). Die im Sinne des § 38 Abs. 1 lit. a Oö. JagdG für die Ausstellung einer Jagdkarte erforderliche Verlässlichkeit kann aber auch dann fehlen, wenn eine Verurteilung des Bewerbers nicht vorliegt. (Hier: Die fehlende Verurteilung bzw. die diversionelle Einstellung des Strafverfahrens wegen der Drohungen des Bf ist schon deshalb kein Hindernis für eine eigenständige Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Bf. Auch vor dem Hintergrund der öffentlichen Interessen dienenden Zielsetzung der §§ 38 ff Oö. JagdG, unverlässliche Personen von der Jagdausübung auszuschließen, ist eine eigenständige Beurteilung der jagdlichen Verlässlichkeit des Bf durch die belangte Behörde, unabhängig von den für die diversionelle Einstellung des Strafverfahrens maßgeblichen Erwägungen, geboten).

Beachte:

Das angefochtene Erkenntnis wurde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

VwGH vom 3. Mai 2017, Zl.: 2016/03/0003-4