LVwG-700124/6/BP/BD

Linz, 09.11.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des F K, x, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 15. September 2015, GZ: VStV/915301204757/2015, wegen einer Übertretung des Fremdenpolizei-gesetzes, in mündlicher Verkündung

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG  iVm. § 120 Abs. 3 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 144/2013 iVm.
§§ 20 und 64 Abs. 2 VStG, wird der Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 500 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 50 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde auf 50 Euro herabgesetzt werden.

 

II.       Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.               

 

1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom
15. September 2015, GZ: VStV/915301204757/2015, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) gemäß § 120 Abs. 3 Z 2 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro verhängt.

 

Die belangte Behörde führt dabei folgenden Tatvorwurf aus:

Sie haben, wie am 05.08.2015, um 16:30 Uhr, in 4020 Linz, A1 Str.km 166, Betriebsumkehre E. Berg, festgestellt wurde, mit dem Vorsatz, das Verfahren zur Erlassung oder die Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen hintanzuhalten, dem Fremden (§ 2 Abs. 4 Z 1 FPG) X K, geb.: x, Staatsangehörigkeit K, den unbefugten Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union erleichtert, indem Sie ihm seit Oktober 2013 in x Unterkunft gewährt hatten.

 

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 120 Abs. 3 Z 2 Fremdenpolizeigesetz BGBl. I Nr. 144/2013 idgF.

 

Begründend führt die belangte Behörde ua. aus:

Am 05.08.2015 wurde Ihr Bruder X K einer Kontrolle unterzogen, wobei festgestellt wurde, dass er sich nicht rechtmäßig in Österreich aufhält.

In diesem Zusammenhang wurde Ihnen vorgehalten, Ihrem Bruder den unbefugten Aufenthalt in Österreich erleichtert zu haben, und wurde gegen Sie von einem Polizeibeamten der LPD gem. § 120 Abs. 3 Z. 2 FPG Anzeige erstattet.

Aus der Anzeige vom 15.08.2015 geht hervor, dass Sie am 05.08.2015 dem Polizeibeamten gegenüber angegeben hatten „Er ist mein Bruder. Es war eben so."

 

Im eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren rechtfertigen Sie sich folgendermaßen:

„Die mir in diesem Schreiben vom 02.09.2015 zur Last gelegte Verwaltungsübertretung habe ich in diesem Sinne nicht begangen.

Ich habe Herrn K X nicht Unterkunft gewährt, er hat nicht bei mir gewohnt. Er hat ab und zu bei mir übernachtet, mehr nicht. Wo er sich ständig aufgehalten hat, weiß ich nicht und ich habe auch nie gefragt, da er ein erwachsener Mann ist.

Des Weiteren habe ich Herrn K X immer wieder ans Herz gelegt, das Land zu verlassen und auf gesetzlichem Wege wieder einzureisen. Leider hat er mir kein Gehör geschenkt."

 

Mit Schreiben vom 05.08.2015 wurde Ihr Bruder X vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aufgefordert, das Bundesgebiet unverzüglich zu verlassen.

Dieser Aufforderung ist er allerdings nicht nachgekommen. Am 29.08.2015 wurde er in Linz angetroffen und festgenommen.

Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 31.08.2015 hat Ihr Bruder unter anderem angegeben:

„Ich halte mich seit dem Jahr 2013 durchgehend in Österreich auf. Mein Visum ist abgelaufen. Ich bin dennoch nicht in die Heimat zurückgekehrt. Ich lebe unangemeldet bei meinem Bruder K F. Er unterstützt mich."

 

Ihr Bruder X ist am 01.09.2015 mit Unterstützung von Verein Menschenrechte in den K zurückgekehrt.

 

(...) Das VStG enthält keine ausdrückliche Regelung des Vorsatzes. Das Gesetz setzt aber in den Bestimmungen über die Tatbeteiligung (§ 7 VStG) und den Versuch (§ 8 VStG) die Strafbarkeit vorsätzlichen Handelns voraus. Ebenso geht § 5 leg. cit. selbst im Hinblick auf die Anordnung, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, ersichtlich von einem Stufenverhältnis zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz aus. Der Rechtsprechung des VwGH zufolge gilt in diesem Zusammenhang die Regelung des Vorsatzes in § 5 StGB der Sache nach auch für das VStG (VwGH vom 15.05.1991, 90/10/0152).

Gem. § 5 Abs. 3 StGB handelt der Täter wissentlich, wenn er den Umstand oder Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich hält, sondern sein Vorliegen oder Eintreten für gewiss hält.

Aus Ihrer Rechtfertigung geht zweifelsfrei hervor, dass Sie gewusst haben, dass sich Ihr Bruder nicht rechtmäßig in Österreich aufhält.

Sie verantworten sich zwar, dass Ihr Bruder nur ab und zu bei Ihnen genächtigt hat, doch sind die Angaben Ihres Bruders, wonach er bei Ihnen gewohnt hat und von Ihnen unterstützt worden ist, durchaus glaubhaft und nachvollziehbar.

 

Es war Ihnen bewusst, dass sich Ihr Bruder illegal in Österreich aufhält und muss Ihnen auch klar gewesen sein, dass der illegale Aufenthalt eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nach sich zieht; dennoch haben Sie ihn unangemeldet bei sich wohnen lassen und ihm den unbefugten Aufenthalt in Österreich erleichtert.

 

Zur Strafhöhe ist anzumerken, dass es sich hierbei um die Mindeststrafe für dieses Delikt handelt und im gegenständlich Fall kein Grund für eine außerordentliche Milderung der Strafe im Sinn von § 20 VStG vorliegt.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende durch den Bf rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 2. Oktober 2015, in welcher er begründend wie folgt ausführt:

Ich muss nochmals betonen, dass Herr K X nicht bei mir gewohnt hat. Er hat ab und zu bei mir übernachtet, meistens als ich es gar nicht mitbekommen habe. Die Aussage meines Bruders ist nicht korrekt, dass er bei mir gewohnt hat und ich ihn unterstützt habe. Er hat sich selbst versorgt und Unterkünfte gesucht, da ich eine eigene Familie zu unterstützen habe.

 

Natürlich habe ich versucht ihn zu überreden, das Land zu verlassen, aber ich konnte ihn nicht zwingen. Ich wusste nie, wo er sich aufgehalten hat und er hörte nie auf mich. Warum ich bestraft werden soll, für die Taten meines volljährigen Bruders kann ich nicht verstehen.

 

Ich bitte Sie dringendst von der Strafe abzusehen oder diese erheblich zu verringern, da ich keine Möglichkeit habe, diese in solch einer Höhe zu begleichen. Ich habe 3 Kinder und eine Frau zu ernähren und bin Alleinverdiener bin.

 

3. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2015 legte die Landespolizeidirektion Oberösterreich den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungs-gericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerde-vorbringen.

 

Zusätzlich wurde am 9. November 2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durchgeführt.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus: 

 

Der Bf schränkte in der öffentlichen mündlichen Verhandlung seine Beschwerde dahingehend ein, dass sie sich nunmehr nur gegen die Höhe des Strafausmaßes richtet. Hinsichtlich der Tat selbst zeigte er sich geständig.

 

Er wies darauf hin, dass er unbescholten sei und es nicht vermocht habe, seinen jüngeren Bruder zur Anzeige zu bringen.

 

 

II.             

 

Aufgrund der Aktenlage erübrigt sich eine weiterführende Beweiswürdigung. Die Angaben des Bf zum äußerst guten Verhältnis zu seinem jüngeren Bruder sind völlig glaubwürdig.

 

 

III.            

 

1.1. Gemäß § 120 Abs. 3 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I
Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 144/2013, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von € 1.000,- bis € 5.000,-, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen zu bestrafen, wer mit dem Vorsatz, das Verfahren zur Erlassung oder die Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen hintanzuhalten, einem Fremden den unbefugten Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union wissentlich erleichtert.

 

1.2. Der Bf schränkte seine Beschwerde auf das Strafausmaß ein, weshalb das Vorliegen der objektiven als auch der subjektiven Tatseite als gegeben anzunehmen ist.

 

2.1. Gemäß § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

 

Auch auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen ebenso zu berücksichtigen.

 

2.2. Im Rahmen der Strafbemessung verhängte die belangte Behörde die gesetzliche Mindeststrafe, sah aber keinen Grund für eine weitere Reduktion.

 

Für ein gänzliches Absehen von der Strafe mangelt es jedenfalls an den unbedeutenden Folgen der Tat, da das geschützte Rechtsgut, die Verhinderung der Förderung illegalen Aufenthalts sehr wohl verletzt worden war, weshalb § 45 Abs. 1 Z 4 VStG nicht zur Anwendung gebracht werden kann. Zu prüfen bleibt jedoch, ob der Bf die Voraussetzungen nach § 20 VStG erfüllt.

 

2.3. Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe um die Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Im vorliegenden Fall ist zunächst anzumerken, dass auch die belangte Behörde keine Erschwerungsgründe feststellte und solche auch im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht nicht hervorkamen.

 

Als Milderungsgründe sind aber jedenfalls das freimütige Geständnis des Bf, seine bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit und der Umstand zu erkennen, dass der Bf – aufgrund der engen familiären Bindung zu seinem jüngeren Bruder – eine Anzeige wegen dessen illegalen Aufenthalts nicht in Erwägung gezogen hatte.

 

3. Sohin war § 20 VStG in Anwendung zu bringen, die verhängte Geldstrafe auf 500 Euro, die Ersatzfreiheitstrafe auf 50 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde auf 50 Euro herabzusetzen (Spruchpunkt I.). 

 

4.1. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben wird.

 

4.2. In diesem Sinn war dem Bf kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem LVwG aufzuerlegen (Spruchpunkt II.).

 

 

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Bernhard Pree