LVwG-480003/14/Gf/MSch/DC/Mu LVwG-480004/14/Gf/MSch/DC/Mu

Linz, 24.09.2016

I M  N A M E N  D E R  R E P U B L I K !

 

 

 

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Grof über die Beschwerden 1.) der F A KFT und 2.) der N S, beide vertreten durch RA Dr. G S, wegen der am 22. Juni 2016 in W,R, aus Anlass einer nach dem Glücksspielgesetz durchgeführten Lokalkontrolle von Organen der Landespolizeidirektion Oberösterreich und des Finanzamtes Grieskirchen-Wels gesetzten Akte verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt

 

 

 z u  R e c h t  e r k a n n t / b e s c h l o s s e n :

 

 

I.            Die Erstbeschwerdeführerin wurde durch das zwangsweise Eindringen von Beamten des Einsatzkommandos Cobra, der Bundespolizei und der Finanzpolizei in ihre Betriebsräumlichkeiten in ihrem Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Hausrechts gemäß Art. 9 StGG i.V.m. den §§ 2, 3 und 5 HausRG verletzt.

 

II.         Die Zweitbeschwerdeführerin wurde durch die von Beamtinnen der Bundespolizei vorgenommene Durchsuchung ihrer Kleidung und Handtasche sowie ihrer Person in unbekleidetem Zustand, wobei sie sich nackt nach vorne beugen musste, in ihrem Grundrecht auf Menschenwürde (Art. 1 EGRC) und auf Nichtvornahme einer erniedrigenden Behandlung (Art. 4 EGRC und Art. 3 EMRK) verletzt.

 

III.       Soweit sich die Beschwerde gegen das Abdecken von Kameraobjektiven durch Beamte der Finanzpolizei richtet, wird diese wegen insoweit nach Art. 131 Abs. 3 B-VG i.V.m. § 50 Abs. 3 und 4 GSpG und i.V.m. § 1 Abs. 1 und Abs. 3 Z. 2 BFinGG gegebener sachlicher Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Bundes für Finanzen als unzulässig zurückgewiesen.

 

IV.        Der Bund (Verfahrenspartei: LPD ) ist gemäß § 35 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 1 und Z. 2 VwG-AEV dazu verpflichtet, sowohl der Erstbeschwerdeführerin als auch der Zweitbeschwerdeführerin jeweils Kosten in einer Höhe von 1.198,60 Euro, sohin Kosten in Höhe von insgesamt 2.397,20 Euro, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

V.           Die Erstbeschwerdeführerin ist dazu verpflichtet, dem Bund (Verfahrenspartei: Finanzamt Grieskirchen-Wels) gemäß § 35 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 bis Z. 5 VwG-AEV Kosten in Höhe von insgesamt 887,20 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

VI.        Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.

 

Vorgängiges Behörden- und Verwaltungsgerichtsverfahren

 

 

1. In ihrem dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich (im Folgenden auch: LVwG ) am 14. Juli 2016 per e‑mail übermittelten, hg. als (erst) am folgenden Tag eingebracht zu wertenden, auf Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B‑VG gestützten Beschwerdeschriftsatz machten die beiden Rechtsmittelwerberinnen geltend, dass sie durch von Organen des Finanzamtes Grieskirchen-Wels und der Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden auch: LPD ) am 22. Juni 2016 vorgenommene Akte verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt jeweils in verfassungs- und einfachgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden seien.

 

Begründend wurde dazu – zusammengefasst – ausgeführt, dass an diesem Tag beginnend ab ca. 21:00 Uhr mehrere Beamte in dem von der Erstbeschwerdeführerin betriebenen, in der R in W situierten Lokal eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz durchgeführt hätten. Dabei hätten sich die Exekutivorgane, die zum Teil vermummt und bewaffnet gewesen seien, durch das Aufbrechen von Türen gewaltsam Zutritt zum Lokal und zu dessen einzelnen Räumlichkeiten verschafft, wobei insgesamt 8 Türen, ein Fassadenfenster, ein Stehtisch, ein Sessel und eine Glaswand vorsätzlich beschädigt worden seien; zudem sei auch versucht worden, eine Überwachungskamera zu zerstören. Alle Türen seien jeweils nicht versperrt gewesen und hätten von einem Fachmann binnen kurzer Zeit ohne Beeinträchtigung ihrer Beschaffenheit und Funktion geöffnet werden können; keinesfalls hätten jedoch – wie von den einschreitenden Organen – ein Rammbock, ein Vorschlaghammer und ein Winkelschleifer zum Einsatz gebracht werden müssen. Insgesamt belaufe sich der Sachschaden auf ca. 50.000 Euro.

 

Im Keller des Lokals seien sodann – ebenfalls maskierte und bewaffnete – Beamte auf die Zweitbeschwerdeführerin, eine rumänische Staatsangehörige, getroffen, die an diesem Abend als einzige Angestellte im Lokal gearbeitet habe. Diese sei mit einer Faustfeuerwaffe bedroht und anschließend in die im Erdgeschoß gelegene Küche gezerrt worden. Dort sei sie zunächst in bekleidetem Zustand von Polizeibeamtinnen am ganzen Körper abgetastet worden. In der Folge habe man die Zweitbeschwerdeführerin in einen (zu diesem Zeitpunkt nicht in Betrieb befindlichen) Kühlraum verbracht und eine Besichtigung ihres unbekleideten Körpers – wobei sie sich in Anwesenheit von drei Polizistinnen auch hätte nach vor bücken müssen – sowie eine Durchsuchung ihrer Kleidung und ihrer Handtasche vorgenommen. Hierauf sei sie unter der Androhung, im Weigerungsfall in ihren Heimatstaat Rumänien ausgewiesen zu werden, dazu gezwungen worden, die Personaldaten ihres Arbeitgebers bekannt zu geben. Insgesamt habe die Zweitbeschwerdeführerin diesen Kühlraum ca. eine Stunde lang nicht verlassen dürfen, wobei ihr übel geworden, ihr jedoch während dieses Zeitraumes trotz mehrmaligen Ersuchens untersagt worden sei, Wasser zu sich zu nehmen. Erst nach dem Eintreffen ihres Rechtsvertreters sei ihr das Verlassen des Kühlraumes gestattet worden. Aufgrund der damit verbundenen psychischen Belastung habe sich die Zweitbeschwerdeführerin insgesamt 6 Zahnkronen ausgebissen, wobei allein für die zahnärztliche Erstbehandlung schon Kosten in einer Höhe von 2.500 Euro entstanden seien; außerdem hätte sie wegen ihrer traumatischen Erlebnisse auch noch zusätzliche ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen.

 

In der Zwischenzeit hätten andere Exekutivbeamte zwei Überwachungskameras mit Zetteln überklebt und dadurch deren Funktionszweck vereitelt sowie weiters versucht, mehrere mit Müllsäcken bedeckte Automaten zu bespielen, was jedoch mangels Herstellung einer Stromverbindung nicht gelungen sei. Schließlich seien 15 andere, ebenfalls nicht funktionsfähige, im Eigentum der Erstbeschwerdeführerin stehende Glücksspielgeräte durch Versiegelung vorläufig in Beschlag genommen worden.

 

Da sich die Vorgehensweise der Organe der belangten Behörden und der dadurch verursachte Sachschaden unter Bedachtnahme darauf, dass keinerlei Gefahr in Verzug vorgelegen sei, als außer jedem Verhältnis zum angestrebten Erfolg – nämlich der bloßen Beschlagnahme von Glücksspielgeräten – stehend erweise, sei die Erstbeschwerdeführerin insoweit in rechtswidriger Weise in ihrem Grundrecht auf Eigentum verletzt worden.

 

Zudem seien die Rechtsmittelwerberinnen durch das Überkleben von zwei Sicherheitskameras auch widerrechtlich daran gehindert worden, entsprechende, ihnen als dienlich erscheinende Beweismittel anzufertigen.

 

Schließlich lasse sich auch für die Besichtigung der Zweitbeschwerdeführerin in unbekleidetem Zustand – zumal von dieser zu keiner Zeit ein gefährlicher Angriff ausgegangen sei noch sie in irgendeiner Form Widerstand geleistet hätte – weder eine plausible Rechtfertigung noch eine tragfähige Rechtsgrundlage finden.

 

Aus allen diesen Gründen wurde daher die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Amtshandlungen beantragt.

 

2. Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat diese Maßnahmenbeschwerde den belangten Behörden am 22. Juli 2016 mit einer Ladung zur öffentlichen Verhandlung zur Kenntnisnahme übermittelt (vgl. LVwG-480003/2/Gf/Mu, ONr. 2 des hg. Aktes).

 

3. In der Folge hat der Juristische Dienst der Finanzpolizei in Vertretung des Finanzamtes Grieskirchen-Wels mit Schriftsatz vom 8. August 2016 eine Gegenschrift erstattet und mit dieser eine Kopie der do. Bezug habenden Unterlagen (nämlich: eine Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme, eine Dokumentation der vorläufig beschlagnahmten Geräte, einen Aktenvermerk vom 24. Juni 2016, eine Fotodokumentation, eine Niederschrift mit der Zweitbeschwerdeführerin, eine Niederschrift mit einem Lokalgast und ein als „Zeitablauf-Protokoll“ bezeichnetes Schriftstück) vorgelegt.

 

In dieser Gegenschrift wird zunächst vorgebracht, dass das Rechtsinstitut der Maßnahmenbeschwerde nach Lehre und Judikatur lediglich einen subsidiären Rechtsbehelf verkörpere. Außerdem ergebe sich aus § 1 Abs. 3 Z. 3 des Bundesfinanzgerichtsgesetzes, dass die Entscheidungszuständigkeit bezüglich der gegenständlichen Maßnahmenbeschwerde, soweit sich diese gegen ein Vorgehen von Organen der Finanzpolizei richtet, nicht dem LVwG , sondern dem Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen zukomme.

 

Bezüglich des maßgeblichen Sachverhalts sei darauf hinzuweisen, dass zivile und uniformierte Polizeibeamte zu Beginn der Kontrolle mehrmals an der Zugangstür zum Lokal geläutet hätten, ihnen jedoch nicht geöffnet worden sei. Daher seien die Eingangs- und die Schleusentüre von Beamten der Einsatzgruppe „Cobra“ mittels Zwangsgewalt aufgebrochen worden. Im Lokalinneren sei zunächst nur die als Kellnerin angestellte Zweitbeschwerdeführerin gesehen worden, die sich jedoch trotz entsprechender Aufforderung und Rechtsbelehrung geweigert hätte, die dort aufgestellten Glücksspielgeräte in Betriebsbereitschaft zu versetzen. Hierauf seien die Objektive zweier Überwachungskameras mit Zetteln abgedeckt und ein in der Folge in einem Lift angetroffener Lokalgast zur Aufstellsituation und zum Betrieb der Geräte niederschriftlich befragt worden. Schließlich sei auch mit der Zweitbeschwerdeführerin eine Niederschrift aufgenommen und die vorläufige Beschlagnahme von 15 Geräten verfügt worden. An einem dieser Geräte sei ein Warnhinweis darauf, dass bei unbefugtem Öffnen in großen Mengen paralysierendes Gas freigesetzt und eine Nebelgranate gezündet werde, angebracht gewesen. Am 23. Juni 2016 sei die Amtshandlung gegen 00:11 Uhr beendet worden.

 

Soweit es in rechtlicher Hinsicht die behauptete Gesetzwidrigkeit der Vorgangsweise von Exekutivbeamten der Finanzpolizei betrifft, ergebe sich aus den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes (im Folgenden auch: VwGH) vom 27. Februar 2013, 2012/17/0430, und vom 15. Dezember 2014, 2011/17/0333, dass ein temporäres Abdecken der Objektive von Videokameras im Zuge einer nach dem Glücksspielgesetz durchgeführten Kontrolle nicht als rechtswidrig anzusehen sei.

 

Daher wird die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

Aus den dieser Gegenschrift angeschlossenen Unterlagen geht u.a. hervor, dass der hier maßgeblichen Inspektion bereits am 5. Juni 2016 eine durch Beamte des Stadtpolizeikommandos Wels vorgenommene Lokalkontrolle vorausgegangen sei, die wiederum auf am 25. November 2015 im Auftrag eines Wiener Unternehmens erfolgten Wahrnehmungen eines Privatdetektivs basiert hätte; davon ausgehend seien auch schon damals, nämlich am 5. Juni 2016, die verfahrensgegenständlich beschlagnahmten Geräte von den Polizeibeamten betriebsbereit vorgefunden und fotografiert worden.

 

4. Am 16. August 2016 hat der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen nachträglich als Beweismittel einen Zusammenschnitt der von den im Lokal installierten Kameras angefertigten Videoaufzeichnungen in Form einer DVD (Dateiname: „wels.avi“, Gesamtlänge 4:54 Minuten) sowie in der Folge den Bericht der Direktion für Spezialeinheiten beim Bundesministerium für Inneres (Einsatzkommando Cobra) vom 26. Juli 2016, Zl. E1/2229/2016, an die Staatsanwaltschaft Wels samt Einsatzbericht der Generaldirektion für Öffentliche Sicherheit beim Bundesministerium für Inneres (Einsatzkommando Cobra) vom 23. Juni 2016, Zl. 3000-23399/2016, und den Beschluss der Staatsanwaltschaft Wels vom 17. August 2016, 15 St 123/16b-4, über die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen einzelne Beamte des Einsatzkommandos Cobra gemäß § 190 Z. 1 StPO vorgelegt (ONr. 5 des hg. Aktes).

 

Die DVD zeigt – jeweils mit Tagesdatum und eingeblendeter Uhrzeit versehen – zunächst das gewaltsame Aufbrechen der Eingangstüre zum Lokal mit einem Rammbock, einem Spaten und einem Winkelschleifer (Dauer: von ca. 21:07 Uhr bis ca. 21:09 Uhr und von 21:32 Uhr bis 21:33 Uhr); das Betreten des Lokales durch mehrere, teilweise maskierte Beamte, die mit Schutzhelmen, Schutzwesten und Stablampen ausgerüstet sind und dabei mit in Anschlag gebrachten Pistolen vorgehen; den Versuch der Außerbetriebsetzung einer in einem als „Schleuse“ bezeichneten Raum angebrachten Überwachungskamera mit der Hand (um ca. 21:08:50 Uhr) und das Aufbrechen einer diesen abschließenden Zwischentüre mit einem Vorschlaghammer (Dauer: von ca. 21:08:55 Uhr bis 21:09:00 Uhr); das Aushebeln einer weiteren Zwischentüre in einem als „Theke“ bezeichneten Raum (um ca. 21:12 Uhr); aus zwei verschiedenen Kameraperspektiven das Eindringen in einen als „Automatenraum“ bezeichneten Raum, in dem sich keine Personen, jedoch mehrere Spielapparate befinden, mit gezogenen Waffen, das Umwerfen eines Stehtisches und das Einschlagen einer Zwischentür mit einem Vorschlaghammer (Dauer: von ca. 21:12 Uhr bis ca. 21:13 Uhr).

 

Im Einsatzbericht der Generaldirektion für Öffentliche Sicherheit vom 23. Juni 2016 wird darauf hingewiesen, dass das Einsatzreferat des Stadtpolizeikommandos (SPK) Wels am Vortag die Einsatzgruppe Cobra um Unterstützung bei der Kontrolle des verfahrensgegenständlichen illegalen Wettlokales ersucht habe. Zuvor sei die Finanzpolizei Wels an das SPK Wels um Unterstützung herangetreten. Da die Betreiber des Wettlokales den Sicherheitsorganen bislang den Zutritt immer verwehrt hätten und die angeordnete Durchsuchung auf Grund der massiven Türen faktisch nicht möglich gewesen wäre, sei das Einsatzkommando Cobra um technische Unterstützung bei der gewaltsamen Öffnung untersucht worden. Nach vergeblichem Läuten sei die gewaltsame Öffnung der Türen – nämlich: der Eingangstüre mit Ramme, Motorflex und Spaten; der Schleusentüre mit einem Schlägel und der folgenden Türen mit Kralle bzw. Schlägel) jeweils zuvor mit dem Einsatzleiter der LPD und der Finanzpolizei abgestimmt worden.

 

Aus dem Bericht der Direktion für Spezialeinheiten vom 26. Juli 2016 geht darüber hinaus hervor, dass Grundlage für die gewaltsame Öffnung der Türen eine Amtshandlung der Finanzpolizei mit Assistenzleistung des Stadtpolizeikommandos Wels gewesen sei. Aufgrund eventueller Gefährdung für einschreitende Beamte habe die Feuerwehr jeglichen technischen Support abgelehnt, weshalb das Einsatzkommando Cobra um Unterstützung ersucht worden sei. Dabei sei bereits bei der vorangegangenen Einsatzbesprechung insbesondere darauf hingewiesen worden, dass die massive Eingangstüre nicht ohne erheblichen Schaden zwangsweise geöffnet werden könne. Weiters sei vereinbart worden, dass eine gewaltsame Öffnung der Eingangstür erst nach ergebnislosem Läuten vorzunehmen ist. Da jedoch eine freiwillige Öffnung nicht erfolgte, seien sohin diese Tür mittels Ramme, Motorflex und Spaten und die aus dem Barbereich führenden Türen sodann mittels Kralle bzw. Vorschlaghammer aufgebrochen worden. Im Keller sei sodann ein Raum mit einem zum Betrieb der Glücksspielautomaten und Videokameras dienendem Server wahrgenommen worden.

 

5. Mit hg. Schriftsatz vom 23. August 2016 wurde den belangten Behörden jeweils eine Kopie dieser DVD übermittelt.

 

6. Mit Schreiben vom 12. September 2016 hat die LPD dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen den Einsatzbericht der Generaldirektion für die Öffentliche Sicherheit (Einsatzkommando Cobra, Standort Mitte-Cobra) vom 23. Juni 2016, Zl. 3000-23399/2016, die Meldung der Direktion für Spezialeinheiten beim Bundesministerium für Inneres (Einsatzkommando Cobra) vom 12. September 2016, Zl. E1/2229/2016, an die Staatsanwaltschaft Wels und einen (undatierten) Aktenvermerk des Polizeikommissariates Wels („Zusammenfassung der Glücksspielkontrolle vom 22.06.2016“) übermittelt.

 

Während sich der Einsatzbericht vom 23. Juni 2016 und die Meldung vom 12. September 2016 jeweils mit dem oben unter I.4. dargestellten Einsatzbericht und dem Bericht vom 26. Juli 2016 inhaltlich decken, geht aus dem Aktenvermerk zunächst hervor, dass im verfahrensgegenständlichen Lokal immer wieder strafrechtlich relevante Sachverhalte vorgekommen seien (Verdacht des Betruges, der Körperverletzung etc.) und auch die Vermutung bestanden habe, dass dort illegale Glücksspielautomaten betriebsbereit aufgestellt seien. Daher sei im Zusammenwirken mit der Finanzpolizei für den 22. Juni 2016 eine Kontrolle nach dem GSpG vereinbart worden.

 

Zuvor sei der Polizei bereits mehrfach der Zutritt verweigert worden, weshalb gegebenenfalls eine zwangsweise Öffnung der Türen in Aussicht genommen werden musste. Da es sich bei jenem Haus, in dem das Lokal etabliert ist, nach Auskunft eines Beamten des SPK Wels um ein ehemaliges Bankgebäude handle, sei dieses mit einer massiven Eingangstüre (allenfalls mit Panzerglas) sowie mit Türen, die mit Querbalken versehen sind, ausgestattet; daher sei eine Öffnung mittels Sperrdienst, dem insbesondere eine Überwindung der Balken von außen nicht möglich sei, von vornherein nicht zielführend. Da die Feuerwehr das Gefahrenpotential nicht habe einschätzen können, sei sohin das Einsatzkommando Cobra zur Unterstützung angefordert worden. Vom Leiter der Finanzpolizei sei zudem darauf hingewiesen worden, dass Glücksspielgeräte auch mit Reizgas ausgestattet sein könnten, dessen Austritt von einem Bediensteten mittels Funkfernsteuerung ausgelöst werden könne.

 

Beim Einsatz vor Ort hätten zunächst zwei zivil gekleidete und sodann uniformierte Beamte durch Läuten sowie über die Video-Gegensprechanlage Einlass in das Lokal begehrt. Da seitens der Lokalverantwortlichen keine Reaktion erfolgte, sei eine gewaltsame Öffnung der Eingangstür sowie weiterer, im Lokal befindlicher und versperrter Türen durch das Einsatzkommando Cobra erfolgt, bis jene Räume betreten werden konnten, in denen sich Glücksspielgeräte befanden.

 

Die in einem unversperrten Raum im Keller betretene Lokalverantwortliche habe sich äußerst unkooperativ verhalten; sie sei daher von zwei Polizeibeamtinnen gemäß § 40 Abs. 2 SPG nach einem Fernauslöser durchsucht worden. Im Übrigen sei es auch dem Rechtsvertreter der Lokalverantwortlichen nach seinem Eintreffen nicht gelungen, diese zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Mitwirkungspflicht zu bewegen.

 

7. Zum Abschluss der Amtshandlung wurden von den Beamten insgesamt 15 Geräte vorläufig in Beschlag genommen, und zwar derart, dass diese vor Ort belassen, jedoch mit amtlichen Siegeln versehen wurden.

 

Als Begründung wurde hierfür angegeben, dass im verfahrensgegenständlichen Lokal seit mindestens 5. Juni 2016 sog. „Auftragsterminals“ ohne erforderliche behördliche Konzession betriebsbereit aufgestellt gewesen seien, an denen nach entsprechender Geldeingabe unterschiedliche Spiele hätten durchgeführt werden können, die – weil keinerlei Möglichkeit bestanden habe, auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen gezielt Einfluss zu nehmen – nach dem Glücksspielgesetz als Glücksspiele zu qualifizieren seien.

 

8. Mit Bescheid der LPD (Polizeikommissariat Wels) vom 4. August 2016, Zl. VStV-916300930674-2016, wurde diese vorläufige Beschlagnahme behördlich bestätigt.

 

Im Bezug habenden Akt der LPD sind u.a. ein Aktenvermerk der Finanzpolizei (Team 46) vom 24. Juni 2016 über die Lokalkontrolle am 22. Juni 2016, die an diesem Tag mit der Zweitbeschwerdeführerin und einem Lokalgast aufgenommenen Niederschriften bezüglich der Glücksspieleigenschaft der beschlagnahmten Geräte, die Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme samt Dokumentationen der Geräteüberprüfungen sowie ein als „Protokoll“ über den Ablauf der Kontrolle bezeichneter Aktenvermerk der Finanzpolizei vom 23. Juni 2016 enthalten.

 

9. Gegen diesen der Erstbeschwerdeführerin am 9. August 2016 zugestellten Bescheid hat jene am 19. August 2016 – und damit rechtzeitig – per Telefax eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich eingebracht.

 

10. Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes vom 7. September 2016, LVwG 411591/2/Gf/Mu, wurde dieses Bescheidbeschwerdeverfahren in analoger Anwendung des § 34 Abs. 3 VwGVG bis zum Einlangen des Erkenntnisses oder Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes über die dg. anhängigen Beschwerden, die eine gleichartige Rechtsfrage wie im hg. Verfahren – nämlich jene, nach der Unions- bzw. Verfassungskonformität der Monopolbestimmungen des GSpG – betreffen, ausgesetzt.

 

11. Mit e-mail vom 14. September 2016 hat die LPD (Polizeikommissariat Wels) nochmals Teile des Aktes des do. Beschlagnahmeverfahrens zu Zl. VStV-916300930647-2016 (s.o., Pkt. 8) vorgelegt.

 

 

 

II.

 

Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung

 

 

1. Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die von den Verfahrensparteien vorgelegten Beweismittel – nämlich: in den Akt der LPD zu Zl. VStV-916300930647-2016 und in die Bezug habenden Aktenteile der Finanzpolizei (Team 46; ohne Aktenzahl) einerseits sowie in die von den Beschwerdeführerinnen vorgelegten Aufnahmen der in ihrem Lokal installierten Überwachungskameras und weiteren schriftlichen Unterlagen (Meldung der Direktion für Spezialeinheiten im Bundesministerium für Inneres vom 26. Juli 2016, Zl. E1/2229/2016, über gewaltsame Türöffnungen und Mitteilung der Staatsanwaltschaft Wels vom 17. August 2016 über die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 194 Abs. 2 StPO, Zl. 15 St 123/16b-4) andererseits (siehe dazu im Einzelnen bereits oben unter I.) – und im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 15. September 2016, zu der für die Verfahrensparteien RAA Mag. R H als Vertreter der Beschwerdeführerinnen sowie Hofrat Mag. M M als Vertreter der LPD Oberösterreich und FOI W S als Vertreter des Finanzamtes Grieskirchen-Wels erschienen sind.

 

2. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

 

2.1. Am 5. Juni 2016 haben Beamte des Stadtpolizeikommandos (im Folgenden auch: SPK) Wels in dem in der R, W, etablierten, von der Erstbeschwerdeführerin betriebenen Lokal „x“ u.a. wegen des Verdachtes einer Übertretung des GSpG eine Kontrolle durchgeführt.

 

Da den einschreitenden Beamten die Haupteingangstüre nicht geöffnet wurde, konnte das Lokal nur durch den unversperrten Hintereingang betreten werden.

 

Im Zuge der Nachschau wurde sodann festgestellt, dass sich im Lokalinneren mehrere Automaten befinden. Von diesen wurden zwar Lichtbilder angefertigt, eine vorläufige Beschlagnahme wurde jedoch nicht ausgesprochen, weil den einschreitenden Polizeibeamten an diesem Tag kein Sachverständiger der Finanzpolizei zur Verfügung gestanden war.

 

2.2. Daher wurde in der Folge zwischen der LPD – Polizeikommissariat (im Folgenden auch: PK) Wels und der Finanzpolizei (Team 46) vereinbart, in diesem Lokal am 22. Juni 2016 eine neuerliche Kontrolle durchzuführen.

 

Geleitet wurde diese Amtshandlung am Vorfallstag von Mag. M, einem Angehörigen des rechtskundigen Dienstes beim PK Wels. Weiters waren an diesem Einsatz zum einen Beamte der Finanzpolizei und zum anderen Exekutivbeamte der Bundespolizei sowie Beamte des Einsatzkommandos Cobra beteiligt, wobei sämtliche Beamten weisungsmäßig dem Einsatzleiter der LPD , jene der Finanzpolizei darüber hinaus – nämlich: bezüglich der Überprüfung und Bespielung der Automaten – auch der Leitungsbefugnis von FOI W S unterstanden.

 

Dabei handelte es sich ausschließlich um eine Kontrolle nach § 50 Abs. 4 GSpG, nicht hingegen um ein Vorgehen aufgrund eines strafgerichtlichen Deliktes; insbesondere wurde nicht wegen des Verdachtes eines Vergehens gegen § 168 StGB eingeschritten. Der konkrete Zweck der Amtshandlung bestand im Auffinden von (vermeintlich) illegal betriebenen Glücksspielautomaten, die nach Untersuchung und Bespielung schließlich beschlagnahmt werden sollten. Die entsprechende Verdachtslage gründete sich dabei auf die vorangegangene Kontrolle durch Beamte des SPK Wels am 5. Juni 2016.

 

Eine staatsanwaltliche Ermächtigung, richterliche Bewilligung oder schriftliche Ermächtigung der Behörde lag nicht vor, weil es einer solchen nach Auffassung des Einsatzleiters nicht bedurfte; daher wurde Derartiges auch im Nachhinein nicht eingeholt.

 

2.2.1. Konkret wurde am 22. Juni 2016 etwa zwei Stunden vor der Kontrolle, also gegen 19:00 Uhr, eine Einsatzbesprechung abgehalten. In deren Zuge wurde vom Einsatzleiter klargestellt, dass die Beamten in erster Linie versuchen sollen, wie normale Besucher – nämlich durch Läuten an der Haupteingangstür – in das Lokal zu gelangen. Allerdings wurde auf Grund der Begleitumstände der am 5. Juni 2016 vorausgegangenen Kontrolle – damals war das Lokal versperrt und auf ein entsprechendes Läuten war den Beamten nicht geöffnet worden, sodass diese nur durch eine Hintertür ins Innere gelangen konnten – auch damit gerechnet, dass die Einsatzkräfte nicht freiwillig ins Lokal gelassen werden und sich diese daher möglicherweise nur durch Zwangsausübung Zutritt verschaffen können werden.

 

Auf Grund der bei der Kontrolle am 5. Juni 2016 angefertigten Fotos war zudem bekannt, dass im Gebäude mehrere Türen, die mit Riegeln bzw. Querbalken versehen werden können, vorhanden sind. Davon ausgehend hatte ein Beamter des SPK Wels vorab einen Schlüsseldienst kontaktiert, der erklärt hatte, dass eine Öffnung von mit Querbalken versehenen Türen durch einen Aufsperrdienst entweder sehr lange dauern würde oder gegebenenfalls technisch überhaupt nicht möglich sei.

 

Daraufhin wurde die Feuerwehr um Assistenzleistung ersucht; deren Verantwortliche lehnten jedoch mit dem nicht näher begründeten Hinweis, dass ihnen ein Öffnen solcher Türen „zu gefährlich“ sei, ab.

 

Schließlich entschied der Einsatzleiter, das Einsatzkommando Cobra beizuziehen.

 

Zudem hatte sich im Zuge der Einsatzbesprechung ergeben, dass in Betracht gezogen werden müsse, dass von den im Lokal aufgestellten Geräten möglicherweise Reizgas versprüht und ein solcher Effekt mittels Funkfernbedienung ausgelöst werden kann.

 

2.2.2. Gegen 21:00 Uhr läuteten sodann zunächst zwei zivil gekleidete und hierauf zwei uniformierte Beamte der Bundespolizei an der Haupteingangstür des Lokales. Da diese mit einer Video-Gegensprechanlage ausgestattet war, wurde über diese zugleich auch verbal der Einsatz von Zwangsmaßnahmen für den Fall des Nichtöffnens angedroht.

 

Nachdem jeweils keine Reaktion feststellbar, insbesondere der Eingang nicht freiwillig geöffnet worden war, erteilte der Einsatzleiter den Beamten des Einsatzkommandos Cobra trotz des von diesen vorab erhaltenen Hinweises, dass die Öffnung der massiven Eingangstür nicht ohne erhebliche Sachschäden durchgeführt werden könne, die Anordnung, das Lokal mittels Anwendung von Zwangsmaßnahmen zu betreten. Über die Hintertür – wie anlässlich der vorangegangenen Kontrolle am 5. Juni 2016 – in das Lokal zu gelangen, wurde diesmal nicht versucht.

 

2.2.3. In der Folge wurde zunächst die Eingangstüre unter Verwendung eines Rammbocks, eines Spatens und eines Winkelschleifers gewaltsam aufgebrochen bzw. deren Querstrebe zerschnitten. Sodann wurde das Lokal von mehreren, teilweise maskierten Beamten betreten, die zum Teil mit Schutzhelmen, Schutzwesten und Stablampen, allerdings nicht mit Gasmasken, ausgerüstet waren und dabei in vorderer Linie mit in Anschlag gebrachten Pistolen vorgingen.

 

In einem als „Schleuse“ bezeichneten Raum wurde zunächst von einem Beamten versucht, eine dort angebrachte Überwachungskamera gewaltsam mit der Hand außer Funktion zu setzen und in der Folge eine diesen Raum abschließende Zwischentüre mit einem Vorschlaghammer zwangsweise geöffnet. Weiters wurden in einem als „Theke“ bezeichneten Raum mehrere aus diesem führende Türen mit einer Kralle ausgehebelt und anschließend mit gezogenen und in Anschlag gehaltenen Waffen in den „Automatenraum“ eingedrungen. In diesem befanden sich keine Personen, aber zahlreiche Spielapparate. Im Zuge von dessen Durchquerung wurde ein Stehtisch achtlos beiseite gestoßen und dann eine Zwischentür mit einem Vorschlaghammer eingeschlagen.

 

In einem Kellerraum wurde schließlich der Server, von dem aus die Spielautomaten mit entsprechender Software und Strom versorgt wurden, aufgefunden.

 

2.2.4. In einem weiteren, unversperrten Raum im Keller wurde sodann die Zweitbeschwerdeführerin betreten und von mehreren Polizeibeamtinnen nach einem Funkfernauslöser durchsucht.

 

Zu diesem Zweck wurde sie zunächst am Körper abgetastet. Dann wurde sie dazu aufgefordert, ihre Kleidung (eng anliegendes, ärmelloses Top; Leggins; Schuhe; Unterwäsche) vollständig abzulegen und sich unbekleidet nach vorne zu bücken; ein Eingriff in Körperöffnungen erfolgte in diesem Zusammenhang jedoch nicht. In der Folge wurde auch ihre Handtasche durchsucht und ihr das Mobiltelefon abgenommen.

 

Eine Fernbedienung wurde dabei (und auch im weiteren Verlauf der Lokalkontrolle) nicht aufgefunden. Außerdem hat sich die Zweitbeschwerdeführerin zwar unkooperativ – denn es gelang auch ihrem Rechtsvertreter nicht, sie nach seinem Eintreffen gegen 22:10 Uhr zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Mitwirkungspflicht, insbesondere zur Herstellung einer Stromversorgung und/oder zum Hochstarten der Geräte, zu bewegen –, aber nicht aggressiv verhalten; zudem ist von ihr auch in keiner Phase ein gefährlicher Angriff gegen die Einsatzkräfte ausgegangen.

 

Insgesamt befand sich die Zweitbeschwerdeführerin fast eine Stunde lang in der Gewahrsame der Polizeibeamtinnen, wobei ihr u.a. auch längere Zeit untersagt wurde, Wasser zu sich zu nehmen, obwohl sie einen Schwächeanfall erlitten und sich insgesamt sechs Zahnkronen ausgebissen hatte.

 

2.2.5. Zwischenzeitlich wurden von Beamten der Finanzpolizei die Objektive von zwei Überwachungskameras mit sog. ‚post-it‘-Zetteln abgedeckt und 15 im Lokal aufgefundene Spielautomaten begutachtet; dabei wurde deren Standort zwecks Anbringung von Amtssiegeln geringfügig verändert.

 

Es gelang den Beamten allerdings nicht, diese Geräte auch zu bespielen.

 

2.2.6. Zum Abschluss der Amtshandlung wurden diese Geräte vorläufig in Beschlag genommen, und zwar derart, dass diese vor Ort belassen, jedoch mit amtlichen Siegeln versehen wurden.

 

2.2.7. Die Amtshandlung wurde am 23. Juni 2016 gegen 00:10 Uhr beendet.

 

3. Diese – auch zwischen den Verfahrensparteien im Wesentlichen völlig unstrittigen – Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Akteninhalt und auf die vom Vertreter der Beschwerdeführerinnen vorgelegten schriftlichen Unterlagen.

 

Unter einem wird das Verhandlungsprotokoll (ONr. 12 des hg. Aktes) zum integrierenden Bestandteil des gegenständlichen Erkenntnisses erklärt.

 

 

 

 

III.

 

Rechtliche Beurteilung

 

 

1. Zur sachlichen Zuständigkeit

 

 

1.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit.

 

Welcher Typus von Verwaltungsgericht – nämlich: Verwaltungsgericht des Bundes, Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen oder eines der Verwaltungsgerichte der Länder – für solche Maßnahmenbeschwerde zuständig ist, ergibt sich aus dieser Bestimmung jedoch nicht unmittelbar.

 

1.2. Nach Art. 131 Abs. 3 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 bis Abs. 3 B-VG in Rechtssachen in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und Gemeinden) und des Finanzstrafrechts sowie in sonstigen gesetzlich festgelegten Angelegenheiten, soweit die genannten Angelegenheiten unmittelbar von den Abgaben- oder Finanzstrafbehörden des Bundes besorgt werden.

 

Eine Angelegenheit einer „öffentlichen Abgabe“ oder eine solche des „Finanzstrafrechts“ liegt im gegenständlichen Fall nicht vor, sodass diese beiden Aspekte im vorliegenden Zusammenhang außer Betracht bleiben können.

 

Es bleibt also die Frage zu klären, ob in einem Gesetz bezüglich einer „sonstigen Angelegenheit“, die unmittelbar von den Abgaben- oder Finanzstrafbehörden des Bundes zu besorgen ist, eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Bundes für Finanzen – im Besonderen zur Entscheidung über Maßnahmenbeschwerde – vorgesehen ist.

 

1.3. Insoweit kommt zunächst das Bundesfinanzgerichtsgesetz, BGBl I 14/2013 i.d.g.F. BGBl I 105/2014 (im Folgenden: BFinGG) in Betracht.

 

1.3.1. Gemäß § 1 Abs. 1 BFinGG obliegt dem Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen die Entscheidung über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 bis 3 B-VG in Rechtssachen in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und Gemeinden) und des Finanzstrafrechts sowie in sonstigen gesetzlich festgelegten Angelegenheiten, soweit die genannten Angelegenheiten unmittelbar von den Abgaben- oder Finanzstrafbehörden des Bundes besorgt werden.

 

Als „Abgabenbehörden des Bundes“ i.S.d. § 1 Abs. 1 BFinGG gelten nach § 1 Abs. 2 BFinGG explizit nur das Bundesministerium für Finanzen, die Finanzämter und die Zollämter; und zu den sonstigen Angelegenheiten i.S.d. § 1 Abs. 1 BFinGG gehören u.a. gemäß § 1 Abs. 3 Z. 2 BFinGG ausdrücklich auch Entscheidungen über Maßnahmenbeschwerden (Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG) gegen Abgabenbehörden des Bundes, soweit nicht Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (§ 1 Abs. 1 BFinGG) oder der Beiträge (§ 1 Abs. 3 Z. 1 BFinGG) betroffen sind.

 

Insgesamt folgt daraus, dass das Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen insbesondere zur Entscheidung über Beschwerden gegen Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zuständig sind, soweit diese einem Finanzamt zurechenbar sind.

 

1.3.2. Ergibt sich hingegen (aus dem im gegenständlichen Fall schon von vorherein nicht einschlägigen Art. 131 Abs. 2 B-VG keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Bundes und) aus Art. 131 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit entsprechenden einfachgesetzlichen Vorschriften keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Bundes für Finanzen, so erkennen nach Art. 131 Abs. 1 B-VG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG – und damit auch über Maßnahmenbeschwerden – die Verwaltungsgerichte der Länder.

 

1.4. Gemäß § 50 Abs. 1 des Glücksspielgesetzes, BGBl 620/1989 i.d.g.F. BGBl I 118/2015 (im Folgenden: GSpG), sind für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz die Bezirksverwaltungsbehörden, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion (im Folgenden: LPD) zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, die LPD zuständig.

 

Diese Behörden können sich nach § 50 Abs. 2 GSpG der Mitwirkung der Organe der öffentlichen Aufsicht bedienen; zu den Organen der öffentlichen Aufsicht zählen jedenfalls die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Abgabenbehörden.

 

Zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind die Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs. 3 GSpG auch aus eigenem Antrieb berechtigt; die Organe der Abgabenbehörden können zur Sicherung der Ausübung ihrer Überwachungsbefugnisse die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes hinzuziehen.

 

Die Behörde nach § 50 Abs. 1 GSpG und die in § 50 Abs. 2 und 3 GSpG genannten Organe sind gemäß § 50 Abs. 4 GSpG zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach § 50 Abs. 1 GSpG, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs. 3 GSpG) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt. Die Behörde nach § 50 Abs. 1 GSpG und die Organe der öffentlichen Aufsicht sind ermächtigt, diese Überwachungsagenden mittels unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durchzusetzen. Die Ausübung ist dem Betroffenen anzudrohen. Die Organe haben deren Ausübung zu beenden, sobald der angestrebte Erfolg erreicht wurde, sich zeigt, dass er auf diesem Wege nicht erreicht werden kann oder der angestrebte Erfolg außer Verhältnis zu dem für die Durchsetzung erforderlichen Eingriff steht. Eine Gefährdung des Lebens oder eine nachhaltige Gefährdung der Gesundheit ist jedenfalls unzulässig.

 

Nach § 50 Abs. 1 GSpG hat die Abgabenbehörde in Verwaltungsverfahren nach den §§ 52, 53 und 54 GSpG dann, wenn zu einer Verwaltungsübertretung eine von ihr stammende Anzeige vorliegt, Parteistellung und kann Beschwerde gegen Bescheide sowie Einspruch gegen Strafverfügungen erheben.

 

1.5. Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 3 des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes, BGBl I 9/2010 i.d.g.F. BGBl I 105/2014 (im Folgenden: AVOG), obliegt den Finanzämtern mit allgemeinem Aufgabenkreis für ihren Amtsbereich u.a. auch die Vollziehung der den Abgabenbehörden mit dem GSpG zugewiesenen Aufgaben.

 

Solcherart durch das GSpG nicht den in § 50 Abs. 1 erster Satz GSpG genannten Behörden und auch nicht den Exekutivorganen der Abgabenbehörden, sondern den Abgabenbehörden selbst übertragene Aufgaben finden sich – soweit für den vorliegenden Fall von Interesse – allerdings bloß in § 50 Abs. 5 GSpG (Parteistellung und Rechtsmittellegitimation), in § 50 Abs. 6 GSpG (Stellungnahmerecht), in § 50 Abs. 8 GSpG (Information durch die Staatsanwaltschaft) und in § 50 Abs. 10 GSpG (Kostenersatzanspruch).

 

1.6. Mit § 10b Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Durchführung des AVOG, BGBl II 165/2010 i.d.g.F. BGBl II 6/2016 (im Folgenden: AVOG‑DV), wurde auf Basis des § 9 Abs. 3 AVOG die Finanzpolizei als eine besondere Organisationseinheit mit Sitz in Wien und Dienststellen bei allen Finanzämtern mit allgemeinem Aufgabenkreis – denen nach § 13 Abs. 1 Z. 3 AVOG u.a. die Wahrnehmung der nach dem GSpG den Abgabenbehörden übertragenen Agenden zukommt – eingerichtet.

 

Nach § 10b Abs. 2 Z. 2 lit. c AVOG-DV obliegt der Finanzpolizei im Rahmen ihrer Unterstützungstätigkeit für die Finanzämter als Abgabenbehörden wie diesen die Wahrnehmung der den Abgabenbehörden u.a. im Bereich der Vollziehung des GSpG delegierten Aufgaben. Damit ist klargestellt, dass die Finanzpolizei zwar – u.a. auch im Bereich des GSpG – wie die von ihr vertretene Abgabenbehörde agieren kann. Allein auf Grund dieser Bestimmung mutiert sie jedoch nicht zu einer (Abgaben-)Behörde, sondern bleibt staatsorganisatorisch besehen weiterhin deren bloßes Hilfsorgan. Anderes könnte von § 10b Abs. 2 Z. 2 lit. c AVOG-DV als einer bloßen Verordnungsbestimmung mangels entsprechender gesetzlicher Deckung auch gar nicht angeordnet werden.

 

1.6. Soweit es für den gegenständlichen Fall von Belang ist, ergibt sich aus § 50 Abs. 4 dritter Satz GSpG, dass sowohl „die Behörde“ nach § 50 Abs. 1 GSpG (d.i. mit Blick auf den gegenständlichen Fall die – weil es sich um ein Einschreiten im Gebiet einer Statutarstadt handelte – LPD ) als auch die in § 50 Abs. 2 und Abs. 3 GSpG „genannten Organe“ (also die „Organe der öffentlichen Aufsicht“, wozu nach § 50 Abs. 2 zweiter Satz GSpG „jedenfalls die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Abgabenbehörden“ zählen) dazu ermächtigt sind, die ihnen nach dem GSpG obliegenden Überwachungsaufgaben gegebenenfalls auch aus eigenem mit unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durchzusetzen.

 

Da sowohl das GSpG als auch das AVOG und die AVOG-DV jeweils untechnisch nur von „Organen“ sprechen und insbesondere nicht zwischen „Behördenorganen“, bloßen „Hilfsorganen“ und „Organwaltern“ differenzieren, ist davon auszugehen, dass unter dem in § 50 Abs. 4 GSpG verwendeten Terminus der (in § 50 Abs. 2 und Abs. 3 GSpG) „genannten Organe“ auch die Finanzpolizei als bloßes Hilfsorgan zu verstehen ist, sich dieser insoweit also gleichsam als ein umfassender Oberbegriff darstellt.

 

Vor diesem Hintergrund sind somit gemäß (isoliert betrachtet; siehe aber auch unten, III.3.3.1.4.2.) § 50 Abs. 4 GSpG auch die Bediensteten der Finanzpolizei als (nicht bloß verordnungsmäßig, sondern) gesetzlich dazu befugt anzusehen, aus eigenem, d.h. ohne gesonderte behördliche Ermächtigung, Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu setzen; tun sie dies, so werden sie allerdings nicht „als Abgabenbehörde“, sondern – weil insoweit in keiner Weise erkennbar ist, dass § 50 GSpG auch eine Änderung der Staatsorganisation intendieren würde – weiterhin als spezialgesetzlich ausnahmsweise zu einem autonomen Einschreiten ermächtigte Hilfsorgane tätig. Solche Handlungen sind dann zwar aus rein organisatorischer Sicht gemäß § 9 Abs. 3 AVOG dem nach § 4 Abs. 1 AVOG-DV örtlich zuständigen „Finanzamt mit allgemeinem Aufgabenkreis“ – das gemäß § 13 Abs. 1 Z. 3 GSpG auch zur Besorgung spezifischer Aufgaben nach dem GSpG berufen ist –, im vorliegenden Fall also dem Finanzamt Grieskirchen-Wels, zuzurechnen; sachlich besehen erweitern sie hingegen dessen auf die Befugnisse gemäß § 50 Abs. 5, Abs. 6, Abs. 8 und Abs. 10 GSpG eingeschränkte Zuständigkeit um die in § 50 Abs. 4 GSpG genannten Überwachungsaufgaben mit der gleichsam „GSpG-spezifischen Eigentümlichkeit“, dass Letztere nur von den Organwaltern der Finanzpolizei aus eigenem Antrieb besorgt werden können, d.h. entsprechende Handlungsaufträge der Abgabenbehörde insoweit mithin unzulässig sind. Diese – im Ergebnis systemkonforme – Konsequenz erklärt sich vornehmlich daraus, dass die Kompetenz für behördliche, auf das Verwaltungsstrafverfahren und auf Betriebsschließungen Bezug habende Maßnahmen gemäß § 50 Abs. 1 erster Satz GSpG schon prinzipiell nicht bei den Abgabenbehörden, sondern bei den Bezirksverwaltungsbehörden bzw. bei der LPD liegt.

 

1.7. Neben dieser Kompetenz zur Setzung von Zwangsakten aus eigenem Antrieb können die Organe der öffentlichen Aufsicht allerdings – und dies stellt gleichsam den Regelfall dar – auch über einen behördlichen Auftrag hin tätig werden. Diesbezüglich sieht, wie bereits ausgeführt, § 50 Abs. 1 erster Satz GSpG die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörden bzw. der LPD vor, die sich hierfür jeweils sowohl der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes als auch jener der Abgabenbehörden – und damit auch der Finanzpolizei als deren Hilfsorgan – bedienen können (vgl. § 50 Abs. 2 erster Satz GSpG).

 

Da den Finanzämtern mit allgemeinem Aufgabenkreis gemäß § 13 Abs. 1 Z. 3 AVOG nur die Vollziehung der den „Abgabenbehörden“ mit dem GSpG zugewiesenen Aufgaben zukommt und in § 50 GSpG für die Bereiche „Verwaltungsstrafverfahren und Betriebsschließungen“ als Agenden der Abgabenbehörde lediglich eine Parteistellung und Beschwerdebefugnis (§ 50 Abs. 5 GSpG), eine Stellungnahmebefugnis (§ 50 Abs. 6 GSpG), ein Anspruch auf Verständigung durch die Staatsanwaltschaft (§ 50 Abs. 8 GSpG) und gegebenenfalls ein Kostenersatzbegehren (§ 50 Abs. 10 GSpG) vorgesehen sind, ergibt sich daraus insgesamt, dass den Abgabenbehörden im Besonderen keine Kompetenz zukommt, den Bediensteten der Finanzpolizei als ihren Hilfsorganen eine Ermächtigung zur Setzung von Zwangsakten zu erteilen.

 

1.8. Aus all dem folgt, dass eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Bundes für Finanzen zur Entscheidung über Beschwerden gegen auf der Grundlage des GSpG gesetzte Maßnahmen unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nur insoweit besteht, als Organwalter der Finanzpolizei derartige Akte ohne behördliche Ermächtigung, also aus eigenem, gesetzt haben. Denn nur in diesem Umfang existiert eine auch die Vollziehung des GSpG erfassende „gesetzlich festgelegte Angelegenheit“ i.S.d. Art. 131 Abs. 3 B-VG bzw. liegt eine GSpG-bezogene „sonstige gesetzlich festgelegte Angelegenheit“ i.S.d. § 1 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 3 Z. 2 BFinGG vor.

 

In allen anderen Fällen, d.h. insbesondere dann, wenn sich die Beschwerde gegen einen Zwangsakt eines Exekutivorganes des öffentlichen Sicherheitsdienstes i.S.d. § 5 Abs. 2 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl 566/1991 i.d.g.F. BGBl I 61/2016 (im Folgenden: SPG), richtet oder solche Beamten bzw. Organwalter der Finanzpolizei auf einen auf § 50 Abs. 1 erster Satz GSpG basierenden Auftrag einer Bezirksverwaltungsbehörde oder einer LPD hin eingeschritten sind, ist demgegenüber auf Grund der Generalklausel des Art. 131 Abs. 1 B-VG das örtlich zuständige Verwaltungsgericht des Landes zur Entscheidung berufen.

 

1.9. Im vorliegenden Fall haben die Sachverhaltsfeststellungen ergeben, dass die Lokalkontrolle am 22. Juni 2016 i.S.d. § 50 Abs. 1 erster Satz GSpG prinzipiell unter der Führung des Einsatzleiters der LPD stand.

 

Davon ausgehend waren die von den beteiligten Organwaltern der Finanzpolizei gesetzten Zwangsakte – wie insbesondere das Betreten des Lokales der Erstbeschwerdeführerin – grundsätzlich der LPD zuzurechnen.

 

Lediglich insoweit, als es um die autonome Begutachtung und Bespielung der aufgefundenen Geräte und die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Maßnahmen – wie insbesondere das Abdecken der Objektive von zwei Überwachungskameras und die Anbringung von Amtssiegeln und Ortsverschiebung von Geräten – durch Beamte der Finanzpolizei geht, liegen eigenständige Akte unmittelbarer Verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt der Finanzpolizei i.S.d. § 50 Abs. 3 GSpG i.V.m. § 50 Abs. 4 GSpG vor.

 

1.10. Davon ausgehend ist daher zur Entscheidung über die vorliegend von den Beschwerdeführerinnen eingebrachte, auf Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG gestützte Maßnahmenbeschwerde das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich gemäß Art. 131 Abs. 1 B‑VG i.V.m. § 3 Abs. 2 Z. 2 VwGVG insoweit sachlich und örtlich zuständig, als es nicht den Beschwerdevorwurf des Abdeckens der Kameraobjektive betrifft: Insoweit war diese sohin wegen nach Art. 131 Abs. 3 B-VG i.V.m. § 50 Abs. 3 und 4 GSpG und i.V.m. § 1 Abs. 1 und Abs. 3 Z. 2 BFinGG gegebener sachlicher Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Bundes für Finanzen als unzulässig zurückzuweisen.

 

 

2. Zur Sachentscheidungsbefugnis im Hinblick auf § 86a VfGG

 

 

2.1. Interpretiert man die Bestimmung des § 86a VfGG unionsrechtskonform (vgl. näher LVwG vom 8. August 2016, LVwG-411506/5/Gf/Mu, S. 68 ff), so ergibt sich, dass das LVwG durch den Beschluss des VfGH vom 2. Juli 2016, E 945/2016 u.a. (= BGBl I 57/2016, ausgegeben am 12. Juli 2016), nicht daran gehindert ist, im vorliegenden Fall eine Sachentscheidung zu treffen:

 

Denn nach § 86a Abs. 3 Z. 1 lit. a VfGG tritt zwar mit Ablauf des Tages der Kundmachung eines derartigen Beschlusses – d.i. hier: seit dem 13. Juli 2016 – grundsätzlich die Wirkung ein, dass von den Verwaltungsgerichten nur solche Handlungen vorgenommen oder Anordnungen und Entscheidungen getroffen werden dürfen, „die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden können“ (und nicht umgekehrt: „durch die das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden kann“!) oder die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten.

 

Da jedoch einerseits eine Feststellung des VfGH dahin, ob das im GSpG normierte Monopolsystem mit der österreichischen Verfassung vereinbar ist oder nicht, keine Auswirkung für die Beurteilung der Unionsrechtskompatibilität dieser nationalen Regelung hat und andererseits die letztere Frage vom LVwG eigenständig und ohne Bindung an die Rechtsansicht anderer Gerichte – nämlich anhand einer konkreten Überprüfung der faktischen Kohärenz der Monopolbestimmungen des GSpG im Lichte einer verhältnismäßigen Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV – zu beurteilen ist (vgl. EuGH vom 30. April 2014, C-390/12 [Pfleger, EU:C:2014:281], RN 55 ff, und vom 15. Oktober 2015, C‑581/14 [Naderhirn, EU:C:2015:707], RN 32, m.w.N.), kann sohin die hg. Entscheidung – zumindest, soweit es die unionsrechtliche Frage betrifft – durch das Erkenntnis des VfGH nicht beeinflusst werden.

 

Allgemein folgt daraus, dass die Bestimmung des § 86a VfGG sohin auf unionsrechtliche Fragen nicht anzuwenden ist.

 

2.2. Im Übrigen ist mit Blick auf die hier vorliegende Konstellation auch auf § 34 Abs. 3 VwGVG zu verweisen, wonach – selbst für den Fall, dass man diese Bestimmung als für Verfahren gemäß § 86a VfGG analog maßgeblich hält (vgl. z.B. LVwG-411528 vom 2. August 2016) – eine beschlussmäßige Aussetzung für den Typus der Maßnahmenbeschwerde schon von vornherein nicht in Betracht kommt.

 

Davon abgesehen würde sich der Rechtsschutz – gesamthaft betrachtet – zudem in der Regel als nicht mehr als effektiv i.S.d. Art. 13 EMRK bzw. als nicht in angemessener Zeit gewährleistet i.S.d. Art. 6 Abs. 1 EMRK erweisen, wenn der VfGH einen Beschluss nach § 86a VfGG gefasst hat, darauf basierend vom Verwaltungsgericht das Beschwerdeverfahren gegen den Beschlagnahmebescheid – wie im gegenständlichen Fall (vgl. LVwG 411591/2/Gf/Mu vom 7. September 2016) – auszusetzen ist und während des – möglicherweise lange währenden bzw. hinsichtlich seiner Dauer im Vorhinein nicht absehbaren – Zeitraumes, für den der vom VfGH gemäß § 86a VfGG gefasste Beschluss maßgeblich ist, über eine Maßnahmenbeschwerde nicht entschieden werden könnte.

 

2.3. Schließlich ist zwar zu bedenken, dass das Rechtsinstitut der Maßnahmenbeschwerde im Interesse der Vermeidung einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes grundsätzlich bloß einen subsidiären Rechtsbehelf verkörpert, d.h., dass eine solche Beschwerde im Besonderen dann nicht (mehr) ergriffen werden kann, wenn bzw. sobald ein Beschlagnahmebescheid gemäß § 53 Abs. 3 GSpG erlassen wurde, weil ab diesem Zeitpunkt gegen den Beschlagnahmebescheid eine Beschwerde nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG erhoben werden kann.

 

Diese Subsidiarität kommt jedoch nicht zum Tragen, wenn bzw. soweit mit dem letztgenannten Rechtsbehelf bloß die Aufhebung der Beschlagnahme von Spielautomaten, nicht jedoch auch in einer der Rechtskraft fähigen Weise die eigenständige Feststellung der Unverhältnismäßigkeit jener der Beschlagnahme vorausgegangenen, mit dieser lediglich durch ein basales behördliches Handlungsmotiv verbundenen, im Übrigen jedoch völlig autonomen – weil jeweils gegen eigenständige Rechtsgüter gerichteten – Amtshandlungen erreicht werden kann, d.h.: Der Beschwerdegegenstand einer Bescheidbeschwerde i.S.d. Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B‑VG einerseits und jener einer Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG ist in einer derartigen Konstellation nicht deckungsgleich bzw. anders gewendet: wesensverschieden.

 

 

3. In der Sache

 

 

3.1. Aufgrund des im gegenständlichen Fall als entscheidungsrelevant festgestellten Sachverhalts sind vorweg folgende Rechtsvorschriften in Betracht zu ziehen:

 

 

3.1.1. Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EGRC) und Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)

 

 

Gemäß Art. 1 EGRC ist die Würde des Menschen unantastbar; sie ist zu achten und zu schützen.

 

Nach Art. 4 EGRC darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Diese Bestimmung entspricht zufolge den Amtlichen Erläuterungen (im Folgenden: AE) zu Art. 52  Z. 1 EGRC jener des (wortgleichen) Art. 3 EMRK.

 

Gemäß Art. 7 EGRC hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Kommunikation. Diese Bestimmung entspricht nach den AE zu Art. 52  Z. 1 EGRC jener des Art. 8 EMRK, d.h., diese Garantie ist als unter dem Vorbehalt gewährleistet anzusehen, dass ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, insoweit ein solcher gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, für die öffentliche Ruhe und Ordnung, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, für die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung strafbarer Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Nach Art. 17 Abs. 1 EGRC hat jede Person das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu erwerben. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für den Verlust des Eigentums. Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist. Diese Bestimmung entspricht zufolge den AE zu Art. 52  Z. 1 EGRC jener des Art. 1 des 1. ZPMRK.

 

 

3.1.2. Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger (RGBl 142/1867 i.d.g.F. BGBl 684/1988 – StGG) und Gesetz zum Schutze des Hausrechts (RGBl 88/1862 i.d.g.F. BGBl 422/1974 – HausRG)

 

 

Nach § 1 des gemäß Art. 9 Abs. 2 StGG als Bestandteil des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger anzusehenden und damit im Verfassungsrang stehenden HausRG darf eine Hausdurchsuchung – d.i. die Durchsuchung der Wohnung oder sonstiger zum Hauswesen gehöriger Räumlichkeiten – in der Regel nur kraft eines mit Gründen versehenen richterlichen Befehles unternommen werden; dieser Befehl ist dem Betroffenen sogleich oder doch innerhalb der nächsten 24 Stunden zuzustellen.

 

Zum Zweck der Strafgerichtspflege kann gemäß § 2 Abs. 2 HausRG bei Gefahr im Verzug eine Hausdurchsuchung auch durch die Sicherheitsorgane aus eigener Macht vorgenommen werden, wenn gegen jemanden ein Vorführungs- oder Haftbefehl erlassen oder wenn jemand auf der Tat betreten, durch öffentliche Nacheile oder öffentlichen Ruf einer strafbaren Handlung verdächtig bezeichnet oder im Besitz von Gegenständen betreten wird, welche auf die Beteiligung an einer solchen hinweisen; in diesem Fall ist dem Beteiligten auf sein Verlangen sogleich oder doch binnen der nächsten 24 Stunden die Bescheinigung über die Vornahme der Hausdurchsuchung und deren Gründe zuzustellen.

 

Zum Behuf der polizeilichen oder finanziellen Aufsicht dürfen nach § 3 HausRG von den Organen derselben Hausdurchsuchungen nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen vorgenommen werden; jedoch gelten auch hier die Vorschriften des § 2 bezüglich der Ermächtigung zur Hausdurchsuchung und der Bescheinigung über deren Vornahme.

 

Gemäß § 5 HausRG sind Hausdurchsuchungen zum Behuf der polizeilichen Aufsicht sowie jene zum Zweck der Strafgerichtspflege jeweils nach den Vorschriften der Strafprozessordnung vorzunehmen.

 

 

3.1.3. Sicherheitspolizeigesetz (BGBl 566/1991 i.d.g.F. BGBl I 61/2016 – SPG) und Sondereinheiten-Verordnung (BGBl II 207/1998 i.d.g.F. BGBl II 287/2012 – SEV)

 

 

3.1.3.1. Nach § 39 Abs. 1 SPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes – dazu zählen gemäß § 5 Abs. 2 Z. 1 SPG auch die Angehörigen des Wachkörpers „Bundespolizei“ –  u.a. dazu ermächtigt, Räume zu betreten, sofern dies zur Abwehr eines gefährlichen Angriffs erforderlich ist. Unter einem „gefährlichen Angriff“ ist gemäß § 16 Abs. 2 SPG die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Verlangen eines Verletzten verfolgt wird, sofern es sich um einen Straftatbestand nach dem StGB oder nach dem Verbotsgesetz, nach dem Fremdenpolizeigesetz, nach dem Suchtmittelgesetz, nach dem Anti-Doping-Bundesgesetz oder nach dem Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz handelt.

 

Gemäß § 39 Abs. 3 Z. 3 SPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes u.a. auch dazu ermächtigt, Räume zu durchsuchen, soweit dies der Suche nach einer Sache dient, die für einen gefährlichen Angriff bestimmt ist.

 

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind weiters ermächtigt, Behältnisse, auch wenn sich diese in Räumen befinden, unter den Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 SPG zu öffnen und unter den Voraussetzungen des § 39 Abs. 3 SPG zu durchsuchen.

 

Bei der Handhabung dieser Befugnisse ist nach § 39 Abs. 7 SPG besonders darauf zu achten, dass Eingriffe in die Rechtssphäre der Betroffenen die Verhältnismäßigkeit i.S.d. § 29 SPG wahren. Die Bestimmungen des § 121, § 122 Abs. 2 und Abs. 3 und § 96 StPO gelten sinngemäß, es sei denn, es würde der Zweck der Maßnahme dadurch vereitelt.

 

Nach einem gefährlichen Angriff sind für die Durchsuchung von Grundstücken, Räumen, Fahrzeugen und Behältnissen gemäß § 39 Abs. 8 SPG ausschließlich die Bestimmungen der StPO maßgeblich.

 

Gemäß § 40 Abs. 1 SPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes dazu ermächtigt, Menschen, die festgenommen worden sind, zu durchsuchen, um sicherzustellen, dass diese während ihrer Anhaltung weder ihre eigene körperliche Sicherheit noch die anderer gefährden und nicht flüchten.

 

Weiters sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach § 40 Abs. 2 SPG dazu ermächtigt, Menschen zu durchsuchen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, diese stünden mit einem gegen Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum gerichteten gefährlichen Angriff in Zusammenhang und hätten einen Gegenstand bei sich, von dem Gefahr ausgeht.

 

Die den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in § 40 Abs. 1 und 2 SPG eingeräumten Befugnisse gelten gemäß § 40 Abs. 3 SPG auch für das Öffnen und das Durchsuchen von Behältnissen (z.B. Koffer oder Taschen), die der Betroffene bei sich hat.

 

Bei Durchsuchungen gemäß § 40 Abs. 1 und 2 SPG haben sich die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach § 40 Abs. 4 SPG auf eine Durchsuchung der Kleidung und eine Besichtigung des Körpers zu beschränken, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, der Betroffene habe einen Gegenstand in seinem Körper versteckt; in solchen Fällen ist mit der Durchsuchung ein Arzt zu betrauen.

 

Erweist sich ein Eingriff in die Rechte von Menschen insoweit als erforderlich, als eine solche Befugnis im SPG vorgesehen ist und entweder andere Mittel zur Erfüllung dieser Aufgaben nicht ausreichen oder der Einsatz anderer Mittel außer Verhältnis zum sonst gebotenen Eingriff steht (§ 28a Abs. 3 SPG), so darf dieser gemäß § 29 Abs. 1 SPG dennoch nur geschehen, soweit er die Verhältnismäßigkeit zum Anlass und zum angestrebten Erfolg wahrt. Insbesondere haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemäß § 29 Abs. 2 SPG von mehreren zielführenden Befugnissen jene auszuwählen, die voraussichtlich die Betroffenen am wenigsten beeinträchtigt (Z. 1); darauf Bedacht zu nehmen, ob sich die Maßnahme gegen einen Unbeteiligten oder gegen denjenigen richtet, von dem die Gefahr ausgeht oder dem sie zuzurechnen ist (Z. 2); darauf Bedacht zu nehmen, dass der angestrebte Erfolg in einem vertretbaren Verhältnis zu den voraussichtlich bewirkten Schäden und Gefährdungen steht (Z. 3); auch während der Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt auf die Schonung der Rechte und schutzwürdigen Interessen der Betroffenen Bedacht zu nehmen (Z. 4); sowie die Ausübung der Befehls- und Zwangsgewalt zu beenden, sobald der angestrebte Erfolg erreicht wurde oder sich zeigt, dass er auf diesem Wege nicht erreicht werden kann (Z. 5).

 

3.1.3.2. Nach § 6 Abs. 3 SPG kann der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates mit Verordnung für Zwecke einer wirksameren Bekämpfung krimineller Verbindungen oder, wenn wegen der hierzu gegen Menschen oder Sachen allenfalls erforderlichen Zwangsgewalt eine besondere Ausbildung erforderlich ist, zur Beendigung gefährlicher Angriffe aus Organen gemäß § 6 Abs. 2 SPG Sondereinheiten bilden und ihnen die ausschließliche oder schwerpunktmäßige Wahrnehmung dieser Aufgaben im gesamten Bundesgebiet auftragen.

 

Gemäß § 1 Z. 4 der Sondereinheiten-Verordnung, BGBl II 207/1998 i.d.g.F. BGBl II 278/2012 (im Folgenden: SEV) ist das Einsatzkommando Cobra (EKO-Cobra) als Sondereinheit der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit errichtet. Diesem Einsatzkommando obliegt es nach § 5 SEV, in unmittelbarer Unterstellung unter den Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit schwerpunktmäßig (Z. 1) gefährlichen Angriffen ein Ende zu setzen, wenn wegen der hierfür gegen Menschen oder Sachen allenfalls erforderlichen Zwangsgewalt besonders geübte Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes mit besonderer Ausbildung benötigt werden und solche Organe auf lokaler oder regionaler Ebene nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen; (Z. 2) den vorbeugenden Schutz gemäß § 22 Abs. 1 Z. 2 und 3 SPG bei erhöhter Gefährdungslage sicherzustellen; sowie (Z. 3) den Sicherheitsdienst an Bord österreichischer Zivilluftfahrzeuge sowie im Rahmen diplomatischer Missionen auszuüben. Behält sich nach § 14 Abs. 1 SPG u.a. der Landespolizeidirektor eine von einer nachgeordneten Sicherheitsbehörde geführte Amtshandlung durch Weisung vor, so hat der Angewiesene dies aktenkundig zu machen und dem übergeordneten Organ unverzüglich eine Gleichschrift zu übermitteln; die nachgeordnete Behörde darf in dieser Angelegenheit nur mehr auf Grund neuerlicher Weisung des Landespolizeidirektors tätig werden.

 

Nach § 8 Abs. 1 SEV schreitet diese Sondereinheit im gesamten Bundesgebiet ein, wobei sie bei der Aufgabenerfüllung auf die Zusammenarbeit mit anderen Sicherheitsbehörden bedacht ist. Die örtliche Zuständigkeit der Sicherheitsbehörden bleibt dadurch nach § 8 Abs. 2 SEV unberührt; insbesondere müssen Weisungen des Bundesministers für Inneres oder des Landespolizeidirektors gemäß § 14 Abs. 1 SPG gesondert ergehen. Schließlich kann das Einsatzkommando Cobra gemäß § 8 Abs. 3 SEV eine Amtshandlung auch jederzeit und in jedem Umfang einer anderen örtlich zuständigen Sicherheitsbehörde abgeben.

 

 

3.1.4. Glücksspielgesetz (BGBl 620/1989 i.d.g.F. BGBl I 118/2015 – GSpG)

 

 

Nach § 50 Abs. 4 GSpG sind die Organe der öffentlichen Aufsicht zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben u.a. dazu berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt. Die Organe sind ermächtigt, diese Überwachungsaufgaben mit unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durchzusetzen. Die Ausübung ist dem Betroffenen anzudrohen. Die Organe haben deren Ausübung zu beenden, sobald der angestrebte Erfolg erreicht wurde, sich zeigt, dass er auf diesem Wege nicht erreicht werden kann oder der angestrebte Erfolg außer Verhältnis zu dem für die Durchsetzung erforderlichen Eingriff steht. Eine Gefährdung des Lebens oder eine nachhaltige Gefährdung der Gesundheit ist jedenfalls unzulässig.

 

 

3.1.5. Strafprozessordnung (BGBl 631/1975 i.d.g.F. BGBl I 65/2016 – StPO)

 

 

Nach § 117 Z. 2 StPO ist zunächst unter der „Durchsuchung von Orten und Gegenständen“ einerseits das Durchsuchen eines nicht allgemein zugänglichen Grundstückes, Raumes, Fahrzeuges oder Behältnisses (lit. a) sowie andererseits einer Wohnung oder eines anderen Ortes, der durch das Hausrecht geschützt ist, und darin befindlicher Gegenstände (lit. b) zu verstehen; als „Durchsuchung einer Person“ gilt nach § 117 Z. 3 StPO zum einen die Durchsuchung der Bekleidung einer Person und der Gegenstände, die sie bei sich hat (lit. a), sowie zum anderen die Besichtigung des unbekleideten Körpers einer Person (lit. b); als „körperliche Untersuchung“ definiert § 117 Z. 4 StPO die Durchsuchung von Körperöffnungen, die Abnahme einer Blutprobe und jeden anderen Eingriff in die körperliche Integrität von Personen.

 

Im Besonderen legt sodann § 119 Abs. 1 StPO bezüglich der Durchsuchung von Orten und Gegenständen fest, dass eine solche zulässig ist, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sich dort eine Person verbirgt, die einer Straftat verdächtig ist, oder Gegenstände oder Spuren befinden, die sicherzustellen oder auszuwerten sind.

 

Hinsichtlich der Durchsuchung einer Person ordnet § 119 Abs. 2 StPO an, dass diese zulässig ist, wenn die Person festgenommen oder auf frischer Tat betreten wurde (Z. 1); einer Straftat verdächtig ist und auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie Gegenstände, die der Sicherstellung unterliegen, bei sich oder Spuren an sich habe (Z. 2); oder durch eine Straftat Verletzungen erlitten oder andere Veränderungen am Körper erfahren haben könnte, deren Feststellung für Zwecke eines Strafverfahrens erforderlich ist (Z. 3).

 

Gemäß § 120 Abs. 1 StPO sind sowohl Durchsuchungen von Orten und Gegenständen nach § 117 Z. 2 lit. b StPO als auch von Personen nach § 117 Z. 3 lit. b StPO grundsätzlich von der Staatsanwaltschaft auf Grund einer gerichtlichen Bewilligung anzuordnen; lediglich bei Gefahr im Verzug ist die Kriminalpolizei – wozu nach § 18 Abs. 3 StPO auch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zählen – berechtigt, diese Durchsuchungen vorläufig auch ohne Anordnung und Bewilligung vorzunehmen; Gleiches gilt in den Fällen des § 170 Abs. 1 Z. 1 StPO (Festnahme eines unmittelbar bei der Tat Betretenen) für die Durchsuchung von Personen nach § 117 Z. 3 lit. b StPO. Durchsuchungen nach § 117 Z. 2 lit. a StPO und nach § 117 Z. 3 lit. a StPO kann die Kriminalpolizei hingegen von sich aus durchführen.

 

Nach § 121 Abs. 1 StPO ist der Betroffene vor jeder Durchsuchung unter Angabe der hierfür maßgebenden Gründe aufzufordern, die Durchsuchung zuzulassen oder das Gesuchte freiwillig herauszugeben; von dieser Aufforderung darf nur bei Gefahr im Verzug sowie im Fall des § 119 Abs. 2 Z. 1 StPO (Festnahme oder Betretung auf frischer Tat) abgesehen werden. Die Anwendung von Zwang (§ 93 StPO) ist im Fall der Durchsuchung einer Person nach § 119 Abs. 2 Z. 3 StPO unzulässig.

 

Gemäß § 121 Abs. 2 StPO hat der Betroffene das Recht, bei einer Durchsuchung nach § 117 Z. 2 StPO anwesend zu sein sowie einer solchen und einer Durchsuchung nach § 117 Z. 3 lit. b StPO eine Person seines Vertrauens zuzuziehen. Ist der Inhaber der Wohnung nicht zugegen, so kann ein erwachsener Mitbewohner seine Rechte ausüben. Ist auch das nicht möglich, so sind der Durchsuchung zwei unbeteiligte, vertrauenswürdige Personen beizuziehen. Davon darf nur bei Gefahr im Verzug abgesehen werden.

 

Nach § 121 Abs. 3 StPO sind bei der Durchführung der Durchsuchung Aufsehen, Belästigungen und Störungen auf das unvermeidbare Maß zu beschränken. Die Eigentums- und Persönlichkeitsrechte sämtlicher Betroffener sind soweit wie möglich zu wahren. Eine Durchsuchung von Personen nach § 117 Z. 3 lit. b StPO ist stets von einer Person desselben Geschlechts oder von einem Arzt unter Achtung der Würde der zu untersuchenden Person vorzunehmen.

 

Gemäß § 122 Abs. 1 StPO hat die Kriminalpolizei über jede Durchsuchung nach § 120 Abs. 1 erster Satz letzter Halbsatz StPO sobald wie möglich der Staatsanwaltschaft zu berichten, welche im Nachhinein eine Entscheidung des Gerichts über die Zulässigkeit der Durchsuchung (§ 99 Abs. 3 StPO) zu beantragen hat. Wird die Bewilligung nicht erteilt, so haben Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln den der gerichtlichen Entscheidung entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

 

In jedem Fall ist dem Betroffenen nach § 122 Abs. 3 StPO sogleich oder längstens binnen 24 Stunden eine Bestätigung über die Durchsuchung und deren Ergebnis sowie gegebenenfalls die Anordnung der Staatsanwaltschaft samt gerichtlicher Entscheidung auszufolgen oder zuzustellen.

 

Gemäß § 123 Abs. 1 StPO ist eine körperliche Untersuchung zulässig, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass eine Person Spuren hinterlassen hat, deren Sicherstellung und Untersuchung für die Aufklärung einer Straftat wesentlich sind (Z. 1); auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass eine Person Gegenstände im Körper verbirgt, die der Sicherstellung unterliegen (Z. 2); oder Tatsachen, die für die Aufklärung einer Straftat oder die Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit von maßgebender Bedeutung sind, auf andere Weise nicht festgestellt werden können (Z. 3).

 

Eine körperliche Untersuchung nach § 123 Abs. 1 Z. 1 StPO ist gemäß § 123 Abs. 2 StPO auch an Personen zulässig, die einem durch bestimmte Merkmale individualisierbaren Personenkreis angehören, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sich der Täter in diesem Personenkreis befindet und die Aufklärung einer mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedrohten Straftat oder eines Verbrechens nach dem 10. Abschnitt des StGB andernfalls wesentlich erschwert wäre.

 

Nach § 123 Abs. 3 StPO ist eine körperliche Untersuchung von der Staatsanwaltschaft auf Grund einer gerichtlichen Bewilligung anzuordnen. Bei Gefahr im Verzug kann die Untersuchung auch auf Grund einer Anordnung der Staatsanwaltschaft durchgeführt werden, doch hat die Staatsanwaltschaft in diesem Fall unverzüglich die gerichtliche Bewilligung einzuholen. Wird diese nicht erteilt, so hat die Staatsanwaltschaft die Anordnung sofort zu widerrufen und das Ergebnis der körperlichen Untersuchung vernichten zu lassen.

 

Gemäß § 123 Abs. 5 StPO ist jede körperliche Untersuchung von einem Arzt vorzunehmen; im Übrigen gelten die Bestimmungen der §§ 121 sowie 122 Abs. 1 letzter Satz und 3 StPO über die Durchsuchung sinngemäß.

 

 

3.2. Unionsrechtswidrigkeit des im GSpG normierten Monopolsystems

 

 

3.2.1. Dass das im GSpG verankerte Monopolsystem nicht mit dem Unionsrecht, im Besonderen nicht mit der Dienstleistungsfreiheit gemäß den Art. 56 ff AEUV vereinbar ist, hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich – jeweils mit ausführlicher Begründung – bereits wiederholt, zuletzt insbesondere im Erkenntnis vom 8. August 2016, LVwG-411506/5/Gf/Mu (siehe BEILAGE), ausgesprochen; die diesbezügliche Begründung dieses Erkenntnis wird hiermit auch zum integrierenden Bestandteil der vorliegenden Entscheidung erklärt.

 

3.2.2. Widerspricht eine innerstaatliche Regelung dem Unionsrecht, so hat diese nach ständiger Rechtsprechung des EuGH insbesondere in Sachverhalten mit Auslandsbezug – wobei ein solcher hier offenkundig insoweit gegeben ist, als die Erstbeschwerdeführerin ihren Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union, nämlich in Ungarn, hat – faktisch unangewendet zu bleiben. Dieser Grundsatz ist – zumal in Österreich auch nach mittlerweile mehr als 20-jähriger Mitgliedschaft zur Europäischen Union noch immer keine spezifischen prozessualen Regelungen hinsichtlich einer Exklusivkompetenz eines innerstaatlichen Organs zur national-verbindlichen Feststellung der Unionsrechtswidrigkeit sowie einer damit im Zusammenhang stehenden allfälligen übergangsweisen Weitergeltung  unionsrechtswidriger Normen bestehen – von jedem staatlichen Organ auf jeder Ebene des Verfahrens unmittelbar zu beachten.

 

Konkret bedeutet dies insbesondere, „dass der Verstoß eines Wirtschaftsteilnehmers gegen eine Regelung im Glücksspielbereich nicht zu Sanktionen führen kann, wenn diese Regelung mit Art. 56 AEUV nicht vereinbar ist“ (vgl. EuGH vom 30. April 2014, C 390/12 [Pfleger, EU:C:2014:281], RN 64, m.w.N.).

 

Daraus resultiert für den vorliegenden Fall, dass eine Bestrafung der Beschwerdeführerinnen wegen des Verdachtes einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG sowie die Setzung von Eingriffsmaßnahmen gegen diese im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens ausgeschlossen ist, weil sich diese Strafbestimmung bzw. die damit im Zusammenhang stehenden Eingriffsbefugnisse (wie insbesondere jene gemäß § 50 Abs. 4 GSpG) rechtssystematisch jeweils als auf der Glücksspielmonopolregelung des GSpG fußende und mit dieser in einem untrennbaren Zusammenhang stehende Rechtsvorschriften darstellen.

 

Das gewaltsame Betreten des Lokales der Erstbeschwerdeführerin und die Durchsuchung und Besichtigung des unbekleideten Körpers der Zweitbeschwerdeführerin erweisen sich daher schon aus diesem Grund als rechtswidrig.

 

 

3.3. Rechtswidrigkeit im Hinblick auf verfassungsrechtliche und national-einfachgesetzliche Rechtsvorschriften

 

 

Doch selbst wenn man die Frage der Unionsrechtswidrigkeit der nationalen, das Glücksspiel-Monopolsystem sichernden Bestimmungen des GSpG außer Acht ließe, käme man auf Grund folgender Überlegungen ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis:

 

 

3.3.1. Gewaltsames Betreten des Lokales der Erstbeschwerdeführerin

 

 

3.3.1.1. Zunächst ist davon auszugehen, dass der nach nationalem Verfassungsrecht garantierte Schutz des Hausrechts inhaltlich weiter reicht als die entsprechenden Gewährleistungen des Art. 7 EGRC bzw. des Art. 8 EMRK; denn dieser erfasst nicht nur die Wohnung, sondern auch Geschäfts- und Betriebsräumlichkeiten (vgl. z.B. W. Berka, Die Grundrechte, Wien 1999, RN 489; E. Wiederin, in: D. Merten – H.J. Papier – G. Kucsko-Stadlmayer, Handbuch der Grundrechte, Bd. VII/1, 2. Aufl., Heidelberg 2014, RN 76 zu § 10; und J. Hengstschläger – D. Leeb, Grundrechte, 2. Aufl., Wien 2013, RN 14/3; jeweils mit entsprechenden Judikaturnachweisen).

 

Das Lokal der Erstbeschwerdeführerin fällt daher in den Anwendungsbereich des § 1 HausRG.

 

3.3.1.2. Davon ausgehend bedurfte eine „zum Behufe der polizeilichen Aufsicht“ i.S.d. § 3 HausRG vorgenommene Hausdurchsuchung – worunter die Besichtigung eines Raumes und von dessen Bestandteilen deshalb, um festzustellen, ob und an welcher Stelle sich in diesem ein bestimmter Gegenstand befindet (vgl. die bei J. Hengstschläger – D. Leeb, a.a.O., RN 14/4, angeführte Rechtsprechung), zu verstehen ist – einer spezifischen gesetzlichen Rechtfertigung.

 

Mit Blick auf den gegenständlichen Fall scheint hierfür § 50 Abs. 4 GSpG eine entsprechende Ermächtigung zu bieten.

 

Die Gesetzesmaterialien (vgl. 684 BlgNR, 25. GP, S. 33) führen zu dieser seit der Novelle BGBl I 118/2015 ermöglichten behördlichen Eingriffsbefugnis aus:

 

„Die im Abs. 4 statuierten Duldungs- und Mitwirkungspflichten stellen eine wesentliche Voraussetzung einer effizienten Kontrolle dar und sind aus diesem Grund als Verstöße gemäß § 52 Abs. 1 Z 5 verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert. Im Vollzug hat sich diese Maßnahme als äußerst wirksam herausgestellt.

 

Mit der Änderung wird klargestellt, dass die Durchsetzung der Befugnisse nach diesem Bundesgesetz auch zur Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt.

 

Daher sollen beispielsweise verschlossene Haus- und Zimmertüren sowie verschlossene Behältnisse, wie insbesondere auch Glücksspielautomaten, zum Zwecke der Durchsetzung der Überwachungsaufgaben auch zwangsweise geöffnet werden können. Dabei sind die jeweils gelindesten noch zum Ziel führenden Maßnahmen anzudrohen und anzuwenden.“

 

Diesen Erläuterungen lässt sich allerdings nicht entnehmen, dass in diesem Zusammenhang neben der Bedachtnahme auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip auch speziell auf das HausRG Bezug habende verfassungsrechtliche Überlegungen angestellt worden wären.

 

Dies vermag freilich nichts daran zu ändern, dass – wenn danach schon unter einem bloßen „Betreten“ i.S.d. § 50 Abs. 4 GSpG zugleich auch die Befugnis zur Vornahme einer Hausdurchsuchung nicht nur für Behörden, sondern auch für bloße Exekutivorgane zu verstehen sein soll – die im HausRG verfassungsmäßig vorgesehenen Vorbehalte auch hier maßgeblich sind.

 

Im Besonderen bedeutet dies, dass Exekutivbeamte der Bundespolizei im Falle einer eigenmächtigen Vornahme einer Hausdurchsuchung selbst bei Gefahr in Verzug einer vorangehenden schriftlichen Ermächtigung der Behörde – dieser kommt in der Praxis vornehmlich deshalb essentielle Bedeutung zu, weil dadurch schon ex ante der Gegenstand und der Umfang der Durchsuchung beweiskräftig eingegrenzt und damit willkürlichen Eingriffen entsprechend vorgebeugt wird – bedürfen und zudem über die Vornahme derselben eine Bescheinigung ausstellen müssen (vgl. die §§ 2 und 3 HausRG).

 

Darüber hinaus sind bei der Vornahme solcher Hausdurchsuchungen auch die Bestimmungen der StPO – zumindest sinngemäß – zu beachten (§ 5 HausRG).

 

3.3.1.3. Im gegenständlichen Fall wurde die Hausdurchsuchung zum Zweck der Auffindung, Begutachtung und Bespielung von präsumtiv illegal im Lokal der Erstbeschwerdeführerin aufgestellten Glücksspielgeräten durchgeführt; sie wurde daher von der belangten Behörde (allseits unbestritten) auf § 50 Abs. 4 GSpG gestützt – und insbesondere nicht wegen des Verdachtes des Vorliegens eines Vergehens gegen § 168 StGB vorgenommen –, sodass es sich um eine solche „zum Behufe der polizeilichen Aufsicht“ i.S.d. § 3 erster Satz HausRG handelte.

 

Sohin ist die belangte Behörde zwar zutreffend davon ausgegangen, dass sie a priori weder einer richterlichen Bewilligung noch einer Ermächtigung der Staatsanwaltschaft bedurfte.

 

Allerdings wäre sowohl eine vorangehende schriftliche Ermächtigung der Behörde erforderlich und der Erst‑ bzw. der Zweitbeschwerdeführerin eine begründete Bescheinigung über die Tatsache der Vornahme einer Hausdurchsuchung auszustellen gewesen.

 

Da im vorliegenden Fall aber allseits unbestritten beides nicht vorlag, stellt sich das zwangsweise Betreten des Lokales somit schon im Hinblick auf § 2 zweiter Satz HausRG einerseits und auf § 2 letzter Satz HausRG als rechtswidrig dar.

 

3.3.1.4. Zudem erwies sich die Art und Weise, in der in das Lokal der Erstbeschwerdeführerin eingedrungen wurde, als unverhältnismäßig:

 

3.3.1.4.1. Davon ausgehend, dass die LPD – was von ihr selbst gar nicht in Abrede gestellt wird – zweifelsfrei nicht wegen des Verdachtes des Vorliegens einer gerichtlich strafbaren Handlung, insbesondere nicht wegen eines Vergehens gegen § 168 StGB, sondern bloß wegen einer vermeintlichen (wenn auch mit erheblicher Strafe bedrohten) Verwaltungsübertretung – nämlich des § 52 Abs. 1 GSpG – eingeschritten ist, schied die Vermutung des Vorliegens einer „allgemeinen Gefahr“ bzw. eines „gefährlichen Angriffes“ i.S.d. § 16 Abs. 1 bis 3 SPG ebenso schon von Vornherein aus wie die Annahme, dass die Voraussetzungen für eine erste allgemeine Hilfeleistungspflicht gemäß § 19 SPG gegeben gewesen wären.

 

Damit kam aber für die Exekutivbeamten der Bundespolizei auch keine der jeweils an § 16 bzw. § 19 SPG anknüpfenden, in § 39 Abs. 1 bis SPG statuierten Berechtigungen zum Betreten bzw. Durchsuchen von Räumen zum Tragen.

 

In gleicher Weise waren schließlich auch die Voraussetzungen für eine Beiziehung des Einsatzkommandos Cobra nicht erfüllt, weil § 6 Abs. 3 SPG und § 5 Z. 1 SEV insoweit ebenfalls jeweils auf das Kriterium des „gefährlichen Angriffes“ abstellen.

 

3.3.1.4.2. Dem gegenüber ermächtigt § 50 Abs. 4 GSpG die Behörde einerseits, andererseits aber auch die Exekutivorgane nach eigenem Dafürhalten dazu, zwecks Vornahme einer Hausdurchsuchung auch dann zwangsweise in verschlossene Räume einzudringen (s.o., III.3.3.1.2.), wenn die Kriterien des § 16 SPG bzw. des § 19 SPG nicht erfüllt sind.

 

Diese Befugnis steht jedoch – wie sich aus § 50 Abs. 4 letzter Satz GSpG ergibt – unter dem Vorbehalt, dass die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu beenden ist, sobald

1. entweder der angestrebte Erfolg erreicht wurde oder

2. sich zeigt, dass er auf diesem Wege nicht erreicht werden kann oder

3. der angestrebte Erfolg außer Verhältnis zu dem für die Durchsetzung erforderlichen Eingriff steht.

 

3.3.1.4.2.1. In diesem Zusammenhang kann der LPD zwar das Bemühen, den verfassungsmäßig festgelegten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten zu wollen, nicht von vornherein abgesprochen werden.

 

Denn deren Einsatzleiter hatte angeordnet, dass zunächst versucht werden sollte, auf die übliche Art und Weise in das Lokal zu gelangen. Dem entsprechend wurde (allseits unbestritten) mehrfach an der Eingangstür geläutet und über die Video-Gegensprechanlage verbal Einlass begehrt, worauf hin jedoch seitens der zu diesem Zeitpunkt für das Lokal verantwortlichen Zweitbeschwerdeführerin keinerlei Reaktion erfolgte.

 

Außerdem war bei der dem zwangsweisen Eindringen vorangegangenen Einsatzbesprechung erwogen worden, einen Schlüsseldienst bzw. die Feuerwehr beizuziehen; beide Wege erwiesen sich jedoch aus – ex ante und objektiv besehen – nicht unplausiblen Gründen – denn einerseits hatte der Schlüsseldienst erklärt, dass das Öffnen von mit Querbalken gesicherten Türen (sofern dies technisch überhaupt möglich ist) einen zu langen Zeitraum in Anspruch nehmen würde, wodurch der Lokalverantwortliche ausreichend Gelegenheit gehabt hätte, die Spielautomaten stillzulegen; andererseits konnte seitens der LPD die Feuerwehr zu einem dieser (möglicherweise deshalb, weil es zu einem Reizgasaustritt hätte kommen können) als „zu gefährlich“ erscheinenden Einsatz rechtlich nicht verhalten werden – in concreto nicht als zweckmäßig.

 

3.3.1.4.2.2. Hingegen wurde im Unterschied zu der zuvor am 5. Juni 2016 durchgeführten Inspektion bei der hier maßgeblichen Lokalkontrolle am 22. Juni 2016 nicht (auch) versucht, durch die (damals unversperrte) sog. „Hintertür“ ins Lokal zu gelangen.

 

Weiters hätte im gegenständlichen Fall nicht außer Acht gelassen werden dürfen, dass einerseits die Beamten des Einsatzkommandos Cobra schon im Vorhinein selbst darauf hingewiesen haben, dass allein schon im Falle der zwangsweisen Öffnung der massiven Eingangstür mit einem erheblichen Sachschaden zu rechnen ist (vgl. den Bericht für Spezialeinheiten vom 26. Juli 2016 [oben I.4.] sowie oben, II.2.2.2.).

 

Diese schon ex ante unschwer vorhersehbare Konsequenz wurde im Übrigen auch im Nachhinein insoweit zur Gewissheit, als der vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen in der öffentlichen Verhandlung vor dem LVwG vorgelegte und auch vom Vertreter der LPD unbestritten gebliebene, von einem Fachbetriebes für diverse Reparaturarbeiten erstellte Kostenvoranschlag eine Gesamtsumme von 46.704,00 Euro ausweist (vgl. BEILAGE 2 zum Verhandlungsprotokoll, ONr. 12 des hg. Aktes).

 

Im Übrigen hätte der Einsatzleiter der LPD zu bedenken gehabt, dass die Mitglieder der Einsatzgruppe Cobra – abgesehen davon, dass deren Heranziehung hier schon von den gesetz- und verordnungsmäßigen Voraussetzungen her rechtlich nicht gedeckt war (vgl. bereits oben, III.3.3.1.4.1.) dann, wenn diese der Setzung von behördlichen Zwangsakten beigezogen werden, stets nach einem zuvor minutiös eingeübten Konzept vorgehen, das auf die raschest mögliche und effektive Beendigung eines gefährlichen Angriffes ausgerichtet ist (vgl. § 5 Z. 1 SEV: „Dem EKO-Cobra obliegt es, ..... gefährlichen Angriffen ein Ende zu setzen, wenn wegen der hierfür gegen Menschen oder Sachen allenfalls erforderlichen Zwangsgewalt besonders geübte Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes mit besonderer Ausbildung benötigt werden .....“). Diese schemenhafte, in erster Linie dem Hauptziel der Beendigung eines gefährlichen Angriffes – der hier allseits unbestritten nicht vorlag – verpflichtete und gerade deshalb die in § 50 Abs. 4 GSpG gemeinte (nämlich sich bloß auf den Aspekt einer effizienten und effektiven Glücksspielkontrolle beziehende) Verhältnismäßigkeit vermissen lassende Vorgangweise zeigte sich im vorliegenden Fall insbesondere daran, dass zwecks möglichst schneller Hindernisüberwindung nicht etwa bloß Türschlösser aufgebrochen, sondern – wie nachstehende, der vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen vorgelegten Videodatei entnommene „Screenshot“-Sequenz beispielhaft belegen – ganze Türblätter, Querstreben und Glasfüllungen zerstört wurden; die einzelnen Räume mit im Anschlag gehaltenen Pistolen, mit Schutzhelmen bzw. Gesichtsmasken und mit kugelsicheren Westen betreten wurden; ein Stehtisch achtlos beiseite gestoßen und Barhocker umgeworfen wurden; etc.

 

 

 

 

 

Abb. 1: Aufbrechen der Haupteingangstür mittels Ramme

 

 

 

 

Abb. 2: Durchtrennen des Querbalkens mittels Winkelschleifer

 

 

 

 

 

 

Abb. 3: Betreten des Vorraumes (sog. „Schleuse“) mit in Anschlag gebrachten Pistolen

 

 

 

 

Abb. 4: Aufbrechen einer Zwischentür mittels Vorschlaghammer

 

 

 

Abb. 5: Achtloses Beiseitestoßen eines Stehtisches

 

 

 

 

Abb. 6: Durchsuchen des Automatenraumes mit in Anschlag gebrachten Pistolen

 

 

Vor diesem Hintergrund musste daher dem Einsatzleiter der LPD klar sein, dass die Heranziehung der Einsatzgruppe Cobra lediglich zu dem Zweck, eine Kontrolle nach § 50 Abs. 4 GSpG durchzuführen, angesichts der ihr eigenen Vorgangsmethoden und Bewegungs- bzw. Verhaltensabläufe ein schon von vornherein ungeeignetes, weil überschießendes Instrumentarium darstellt. Denn § 50 Abs. 4 GSpG ermächtigt die Behörde und die Exekutivorgane nach der insoweit unmissverständlichen Textierung der letzten beiden Sätze dieser Bestimmung nicht zu einem sonst der Allgemeinheit untersagten, zwangsweisen Betreten von Räumlichkeiten gleichsam „unter allen Umständen“, sondern eben nur dann und insoweit, als der angestrebte Erfolg nicht außer Verhältnis zu dem für die Durchsetzung erforderlichen Eingriff steht. Lässt sich ein Betreten hingegen nicht ohne unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte des Betroffenen realisieren, ist dieses nach aktuell gegebener Rechtslage zu unterlassen stattdessen etwa zu einem späteren Zeitpunkt und/oder im Beisein eines Rechtsvertreters des Betroffenen und/oder über einen im Falle eines zwangsweisen Aufbrechens einen geringfügigeren Schaden verursachenden anderen Zugang zur Räumlichkeit etc. neuerlich zu versuchen.

 

Da im vorliegenden Fall nicht ein Einschreiten wegen gravierender strafgerichtlicher Delikte (wie z.B. Mord, erpresserische Entführung oder Terrordrohung), sondern bloß eine Suche nach vermeintlich illegalen Glücksspielgeräten vorlag, ist diese Verhältnismäßigkeit aber offensichtlich nicht mehr gewahrt, wenn ein Sachschaden von nahezu 50.000 Euro verursacht und dabei zudem ohne sachliche Notwendigkeit eine Vorgangsweise an den Tag gelegt wird, die objektiv besehen weitgehend den Boden einer routinemäßigen Behördenkontrolle verlassen hat und somit nicht anders als eine zielgerichtete Demonstration von staatlicher Macht verstanden werden kann.

 

3.3.1.5. Schließlich ist in rechtssystematischer Hinsicht noch auf Folgendes hinzuweisen:

 

3.3.1.5.1. Wäre die LPD im gegenständlichen Fall auf Grund des Vorliegens des Verdachtes einer gerichtlich strafbaren Handlung – etwa wegen eines Vergehens gegen § 168 StGB – eingeschritten, so hätte selbst in dieser gleichsam am obersten Ende der ultima-ratio-Skala angesiedelten Konstellation (Justizstrafrecht) die Durchsuchung des Lokales der Erstbeschwerdeführerin nach vermeintlich illegal betriebenen Glücksspielgeräten (sowie der Person der Zweitbeschwerdeführerin in unbekleidetem Zustand gemäß § 120 Abs. 1 StPO) nur dann von den Exekutivbeamten vorläufig ohne gerichtliche Bewilligung und ohne Anordnung der Staatsanwaltschaft vorgenommen werden dürfen, wenn insoweit auch Gefahr in Verzug vorgelegen wäre; nach § 122 Abs. 1 StPO wäre jedoch auch in diesem Fall von der Staatsanwaltschaft eine nachträgliche gerichtliche Bewilligung einzuholen und für den Fall von deren Nichterteilung der der gerichtlichen Entscheidung entsprechende Rechtszustand herzustellen gewesen.

 

Lag hingegen – wie im gegenständlichen Fall – Gefahr in Verzug nicht vor, hätte demgegenüber (sowohl) die Durchsuchung des Lokales – also eines gemäß § 117 Z. 2 lit. b StPO durch das Hausrecht geschützten anderen Ortes als einer Wohnung – (als auch die Durchsuchung des unbekleideten Körpers der Zweitbeschwerdeführerin) zwingend einer vorangehenden Ermächtigung der Staatsanwaltschaft, die sich auf eine entsprechende richterliche Bewilligung hätte gründen müssen, bedurft.

 

Da sich die einschreitenden Organe hier weder auf eine ex ante noch auf eine ex post erteilte Ermächtigung der Staatsanwaltschaft und erst recht nicht auf eine richterliche Bewilligung stützen konnten, wäre sohin sogar im Falle eines Einschreitens wegen des Verdachtes des Vorliegens einer gerichtlich strafbaren Handlung die Durchsuchung des Lokales (und auch die Durchsuchung der Zweitbeschwerdeführerin in unbekleidetem Zustand) gesetzlich nicht gedeckt gewesen, bzw. anders gewendet: wäre die Erstbeschwerdeführerin dadurch in ihrem Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Hausrechts gemäß Art. 9 StGG i.V.m. HausRG (bzw. die Zweitbeschwerdeführerin ihrem Grundrecht auf Menschenwürde [Art. 1 EGRC] und auf Nichtvornahme einer erniedrigenden Behandlung [Art. 4 EGRC und Art. 3 EMRK]; siehe dazu unten, III.3.3.2.) verletzt worden.

 

3.3.1.5.2. Da die Exekutivorgane im gegenständlichen Fall aber nicht wegen des Verdachtes der Begehung einer justizgerichtlich strafbaren Handlung, sondern bloß wegen des Verdachtes des Vorliegens einer Verwaltungsübertretung eingeschritten sind, ist der belangten Behörde zunächst zuzugestehen, dass der Schutz der Wohnung und dieser vergleichbarer Räumlichkeiten gemäß § 3 erster Satz HausRG lediglich unter Gesetzesvorbehalt gewährleistet ist.

 

Dies bedeutet, dass der einfache Gesetzgeber – soweit es die materiellen Gründe für die Befugnis zur Vornahme einer Hausdurchsuchung betrifft – von Verfassungs wegen dazu ermächtigt ist, spezialgesetzliche Sonderbestimmungen (wie etwa in Gestalt der §§ 39 und 40 SPG und des § 50 Abs. 4 GSpG) zu schaffen. Dies jedoch nur insoweit, als einerseits – wie aus § 3 zweiter Satz HausRG hervorgeht – die Vorgabe des § 2 HausRG beachtet wird, wonach die einschreitenden Sicherheitsorgane zumindest einer vorangehenden schriftlichen Ermächtigung durch ihre Behörde bedürfen; und andererseits ist darauf hinzuweisen, dass § 5 erster Satz HausRG vorsieht, dass auch solche „Hausdurchsuchungen zum Behufe der polizeilichen Aufsicht ..... nach den Vorschriften der Strafprozessordnung vorzunehmen“ sind, d.h., dass also auch insoweit die Bestimmungen der StPO zum Tragen kommen.

 

Dass im HausRG für verwaltungsstrafrechtliche Angelegenheiten eine (vorangehende oder nachträgliche) justizrichterliche Bewilligung und/oder Ermächtigung der Staatsanwaltschaft nicht vorgesehen war, erklärt sich historisch besehen aus dem Grundprinzip der Gewaltenteilung, das schon die Dezemberverfassung 1867 prägte (vgl. Art. 14 des StGG über die richterliche Gewalt, RGBl 144/1867) und auch im B-VG seit dessen Stammfassung verankert ist (vgl. Art. 94 Abs. 1 B-VG i.d.F. BGBl 1/1920). Dies bedeutet jedoch nicht, dass daraus für den Bürger ein vergleichsweise geringerer Rechtsschutz resultieren würde – vielmehr ergibt sich aus einem Größenschluss gerade das Gegenteil: Wenn nämlich schon im Bereich des die vergleichsweise wesentlich gravierenderen Delikte regelnden gerichtlichen Strafrechts den staatlichen Eingriffsbefugnissen ein relativ hoher Rechtsschutzstandard des Betroffenen gegenübersteht – wie dieser beispielsweise in Bezug auf Haus- und Personendurchsuchungen durch eine vorangehende oder zumindest nachträgliche, auf eine entsprechende richterliche Bewilligung gegründete Ermächtigung der Staatsanwaltschaft gekennzeichnet ist –, so darf dieser Grundrechtsgewährleistungslevel von Verfassung wegen, nämlich insbesondere deshalb, weil Art. 6 Abs. 1 EMRK undifferenziert von einem einheitlichen Strafrechtsbegriff ausgeht (vgl. jüngst wiederum EGMR vom 20. September 2016, 926/08), im Bereich des Verwaltungsstrafrechts – wenn er dort nicht ohnehin schon a priori als signifikant höher angesetzt werden muss – zumindest keinesfalls unterschritten werden.

 

Konzediert man davon ausgehend dem Gesetzgeber, dass sich dieser zum Zeitpunkt der Schaffung der §§ 39 und 40 SPG bzw. des § 50 Abs. 4 GSpG der mit der Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch die B-VG-Novelle BGBl I 51/2012 verbundenen Konsequenzen noch nicht (bzw. zumindest noch nicht in vollem Umfang) bewusst sein musste, sodass allein der Umstand der Nichtnormierung einer vorangehenden Ermächtigung zur Vornahme einer Haus- und/oder Personendurchsuchung (nunmehr:) durch das Verwaltungsgericht in diesen Bestimmungen noch nicht zu deren Verfassungswidrigkeit führt, so müssen die in Rede stehenden Vorschriften vor dem aufgezeigten Hintergrund aber zumindest dahin verfassungskonform interpretiert werden, dass die nachprüfende Kontrolle derartiger exekutivorganlicher Eingriffe durch die Verwaltungsgerichte – und zwar völlig ungeachtet allfälliger Schwierigkeiten in der alltäglichen Vollzugspraxis – zumindest einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung standhalten muss. An die Stelle des in einer vorangehenden Bindung an eine staatsanwaltliche und zudem auf eine richterliche Bewilligung gegründete Ermächtigung liegenden prinzipiellen Misstrauens in Bezug auf ein gesetzeskonformes Vollzugshandeln tritt somit im Bereich des Verwaltungsstrafverfahrens gleichsam ein Vertrauensvorschuss, der unter einer solcherart ausgerichteten ex-post-Kontrolle steht, dass jede Art der Gesetzwidrigkeit eine entsprechende förmliche gerichtliche Feststellung nach sich zieht (die in der Folge allenfalls in einen Amtshaftungsanspruch münden kann).

 

3.3.1.6. Aus allen diesen zuvor angeführten Gründen würde sich daher das zwangsweise Betreten des Lokales der Erstbeschwerdeführerin in der konkreten Art und Weise, wie dies im gegenständlichen Falls erfolgte, selbst dann aus formellen (nämlich: fehlende schriftliche behördliche Ermächtigung und fehlende begründete Bescheinigung über die Durchführung der Hausdurchsuchung) sowie aus materiellen Gründen (nämlich: Unverhältnismäßigkeit der konkreten Vorgangsweise) als rechtswidrig erweisen, wenn man den Aspekt der Unionsrechtswidrigkeit der in § 50 Abs. 4 GSpG normierten behördlichen Eingriffsbefugnisse außer Acht lässt.

 

 

3.3.2. Durchsuchung der Kleidung und Handtasche der Zweitbeschwerdeführerin, Besichtigung ihres unbekleideten Körpers und Aufforderung, sich nach vorne zu bücken

 

 

3.3.2.1. Nach den insoweit auf Grund der Aktenlage und den Äußerungen der Parteienvertreter insgesamt resultierenden Sachverhaltsfeststellungen wurde bei  der vor dem zwangsweisen Betreten des Lokales abgehaltenen Einsatzbesprechung u.a. auch die Möglichkeit in Erwägung gezogen, dass dort ein Spielautomat aufgestellt sein könnte, durch den mittels einer Funkfernbedienung der Austritt von Reizgas veranlasst werden könnte. Daher sollte darauf geachtet werden, dass sich die Lokalverantwortlichen während der Kontrolle jeweils im selben Raum wie die Inspektionsorgane aufhalten, da Erstere wohl kaum einen Reizgasaustritt auslösen würden, wenn sie auch selbst davon betroffen wären.

 

Wie sich jedoch daran zeigt, dass keiner der einschreitenden Beamten, insbesondere auch nicht jene des Einsatzkommandos Cobra, die gleichsam die Vorhut bildeten und im Übrigen – gemessen am Anlass ihres Einschreitens – überproportional (nämlich z.B. mit Schusswaffen, schusssicheren Westen und Spezialhelmen) ausgerüstet waren, zu seinem prophylaktischen Schutz eine Gasmaske o.Ä. trug, wurde diesbezüglich auch seitens der Einsatzleitung nicht mit einer diesbezüglich akuten Gefährdung gerechnet, sondern dieser Aspekt objektiv besehen lediglich als eine vielleicht doch nicht gänzlich auszuschließende Gefährdung in Erwägung gezogen. Dies ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass der dementsprechende Verdacht vor dem Beginn des behördlichen Einschreiten allseits unbestritten nur auf einem Zeitungsbericht beruhte, wonach anlässlich einer GSpG-Kontrolle in Wien mittels eines Gerätes, das dieselbe Typenbezeichnung trug wie ein solches, das auch bei der Kontrolle des Lokales der Erstbeschwerdeführerin am 5. Juni 2016 wahrgenommen worden war, per Funk ein Reizgasaustritt veranlasst worden sein soll; demgegenüber konnte der auf dem gegenständlich in Rede stehenden Spielautomaten („Gerät FA Nr. 7“) angebrachte Aufkleber mit der Wendung „Achtung! – Unbefugtes Öffnen bewirkt folgende Reaktion: 1.) Stiller Alarm wird ausgelöst; 2.) Sie werden mit künstlicher DNA markiert; 3.) Paralysierendes Gas wird zur sofortigen Abwehr in großen Mengen freigesetzt; 4.) Nebelgranate wird gezündet“ (vgl. die von der Finanzpolizei angefertigte Fotodokumentation, ONr. 3 des hg. Aktes) erst nach dem am 22. Juni 2016 gewaltsam erfolgten Eindringen, nämlich im Zuge der anschließend durchgeführten Begutachtung der Spielapparate, wahrgenommen werden (vgl. S. 12 des Verhandlungsprotokolls, ONr. 12 des hg. Aktes).

 

3.3.2.2. Davon ausgehend konnte die Durchsuchung der Zweitbeschwerdeführerin sowie ihre Kleidung und Behältnisse (Handtasche) somit in rechtlicher Hinsicht nicht auf § 40 SPG gestützt werden:

 

Denn zum einen wurde – allseits unbestritten – keine Festnahme der Zweitbeschwerdeführerin vorgenommen, sodass eine Heranziehung des § 40 Abs. 1 SPG schon aus diesem Grund nicht in Betracht kam.

 

Außerdem ging – was auch von den Vertretern der belangten Behörden gar nicht in Abrede gestellt wurde (vgl. S. 13 des Verhandlungsprotokolls, ONr. 12 des hg. Aktes) – von der Zweitbeschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt ein gefährlicher Angriff i.S.d. § 40 Abs. 2 SPG aus; denn diese hatte sich lediglich unkooperativ, aber nicht einmal aggressiv verhalten.

 

Schließlich bestand auch – selbst seitens der Behördenvertreter unbestritten (vgl. S. 13 des Verhandlungsprotokolls, ONr. 12 des hg. Aktes) – keinerlei Grund für die Annahme, dass die Zweitbeschwerdeführerin den vermeintlich gesuchten Gegenstand, nämlich eine Funkfernbedienung, in einer Körperöffnung verborgen gehabt hätte, weshalb sich die einschreitenden Polizeibeamtinnen auch auf eine Besichtigung des unbekleideten Körpers der Zweitbeschwerdeführerin beschränkten und keine Durchsuchung gemäß § 40 Abs. 4 SPG vornahmen.

 

3.3.2.3. Eine andere Rechtsgrundlage für die Vornahme einer mit Blick auf die konkreten Umstände des vorliegenden Falles zulässigen Personendurchsuchung ist nicht erkennbar; insbesondere ermächtigt auch § 50 Abs. 4 GSpG weder die Behörde und erst recht nicht die Exekutivorgane aus eigenem zu einer derartigen Vorgangsweise.

 

3.3.2.4. Wäre die LPD im gegenständlichen Fall auf Grund des Vorliegens des Verdachtes einer gerichtlich strafbaren Handlung, etwa wegen eines Vergehens gegen § 168 StGB oder – wie in jenem Fall, der dem vom Vertreter der LPD in der öffentlichen Verhandlung relevierten Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 21. Dezember 2012, VwSen-420774, zu Grunde lag – gegen das Suchtmittelgesetz eingeschritten, so hätte selbst in dieser gleichsam am obersten Ende der ultima-ratio-Skala angesiedelten Konstellation die Durchsuchung der Person der Zweitbeschwerdeführerin in unbekleidetem Zustand gemäß § 120 Abs. 1 StPO nur dann von den Exekutivbeamten vorläufig ohne gerichtliche Bewilligung und ohne Anordnung der Staatsanwaltschaft vorgenommen werden dürfen, wenn insoweit auch Gefahr in Verzug vorgelegen wäre; nach § 122 Abs. 1 StPO wäre jedoch auch in diesem Fall von der Staatsanwaltschaft eine nachträgliche gerichtliche Bewilligung einzuholen und für den Fall von deren Nichterteilung der der gerichtlichen Entscheidung entsprechende Rechtszustand herzustellen gewesen.

 

Lag hingegen – wie im gegenständlichen Fall – Gefahr in Verzug nicht vor, hätte demgegenüber die Durchsuchung des unbekleideten Körpers der Zweitbeschwerdeführerin zwingend einer vorangehenden Ermächtigung der Staatsanwaltschaft, die sich auf eine entsprechende richterliche Bewilligung hätte gründen müssen, bedurft.

 

Da sich die einschreitenden Organe hier weder auf eine ex ante noch auf eine ex post erteilte Ermächtigung der Staatsanwaltschaft und erst recht nicht auf eine richterliche Bewilligung stützen konnten, wäre sohin sogar im Falle eines Einschreitens wegen des Verdachtes des Vorliegens einer gerichtlich strafbaren Handlung die Besichtigung des unbekleideten Körpers der Zweitbeschwerdeführerin gesetzlich nicht gedeckt gewesen.

 

3.3.2.5. Aus allen diesen Gründen erweist sich daher die Durchsuchung der Zweitbeschwerdeführerin schon deshalb, weil eine innerstaatliche Rechtsgrundlage hierfür überhaupt fehlt bzw. diese in unzutreffender Weise herangezogen wurde, als rechtswidrig.

 

3.3.2.6. Dazu kommt aber noch Folgendes:

 

Nach Art. 1 EGRC ist die Würde des Menschen unantastbar; sie ist zu achten und zu schützen. Im Besondern darf gemäß Art. 4 EGRC niemand einer erniedrigenden Behandlung unterzogen werden (vgl. auch Art. 3 EMRK).

 

Wie sich aus den AE zur EGRC ergibt, besteht die Besonderheit dieser Garantien darin, dass sie jeweils ohne Gesetzesvorbehalt, also absolut gewährleistet sind, d.h., dass die Menschenwürde „auch bei Einschränkungen eines Rechtes nicht angetastet werden darf“.

 

3.3.2.6.1. Im gegenständlichen Fall wird nicht in Abrede gestellt, dass die Zweitbeschwerdeführerin etwa für die Dauer einer Stunde in Gegenwart von Polizeibeamtinnen in einem abgesonderten Raum konfiniert wurde, d.h. diesen nicht verlassen durfte. Während dieses langen Zeitraumes ihrer Bewegungseinschränkung, bezüglich dessen für sie subjektiv zudem nicht absehbar war, wann dieser beendet sein würde, wurde die Zweitbeschwerdeführerin zunächst – obwohl sie bloß mit einem eng anliegenden ärmellosen Top, Leggins, Unterwäsche und Schuhen bekleidet war (vgl. Beilage 7 zum Verhandlungsprotokoll, ONr. 12 des hg. Aktes) – durch Abtasten ihres bekleideten Körpers zu dem Zweck, um einen bei ihr vermuteten Funkfernauslöser aufzufinden, durchsucht.

 

Soweit nicht bereits auf Grund ihrer eng anliegenden Kleidung klar war, dass die Zweitbeschwerdeführerin keine Funkfernbedienung bei sich trug, hätten aber jedenfalls nach dem Abtasten ihres Körpers jegliche diesbezügliche Zweifel beseitigt sein müssen, es sei denn, die Polizeibeamtinnen hätten vermutet, die Zweitbeschwerdeführerin hätte ein solches Gerät in einer ihrer Körperöffnungen verborgen; dies traf jedoch selbst nach dem Vorbringen des Vertreters der LPD nicht zu (vgl. S. 13 des Verhandlungsprotokolls, ONr. 12 des hg. Aktes).

 

3.3.2.6.2. Dass die Zweitbeschwerdeführerin unter derartigen Umständen dann noch dazu aufgefordert wurde, ihre Kleidung vollständig abzulegen, um eine Besichtigung ihres unbekleideten Körpers vornehmen zu können, muss daher bereits mehr als seltsam anmuten (vgl. in diesem Sinne auch das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 21. Juni 2016, VwSen-420337, Pkt. 4.5.); völlig unverständlich (vgl. so auch die Ansicht des Vertreters der LPD , S. 13 des Verhandlungsprotokolls [ONr. 12 des hg. Aktes]) ist jedoch der von den Polizeibeamtinnen an sie zusätzlich ergangene Befehl, sich in nacktem Zustand nach vorne bücken zu müssen.

 

Denn es bedarf keiner besonderen Vorstellungskraft, um nachvollziehen zu können, dass schon der Umstand, sich in einem abgesonderten Raum allein einer Mehrheit von uniformierten – und noch dazu bewaffneten – Exekutivbeamten gegenüberzusehen, geeignet ist, bei jedem durchschnittlichen Bürger den nachhaltigen Eindruck der Minderwertigkeit und des schutzlosen Ausgeliefertseins gegenüber den Vertretern der öffentlichen Gewalt zu erzeugen. Dass sich ausschließlich Angehörige desselben Geschlechts in diesem Raum befanden, vermag daran nichts zu ändern.

 

Davon ausgehend bedeutet es fraglos eine zusätzliche Degradierung, wenn einem befohlen wird, sich – als einzige der anwesenden Personen – seiner gesamten Kleidung entledigen zu müssen, weil eine gesteigerte Form der Schutzlosigkeit nur noch im Falle einer zusätzlichen Fesselung oder psychischen Ohnmacht vorstellbar ist. Insbesondere gerade aus diesem Grund ist daher die Möglichkeit der Besichtigung des unbekleideten Körpers einer Person durch Exekutivorgane schon von Gesetzes wegen insofern an enge und strenge Voraussetzungen gebunden, als eine solche für den Bereich des Verwaltungsstrafverfahrens – wegen hier schon a priori bestehender Unverhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme in Bezug auf das bedrohte Rechtsgut – überhaupt nicht und selbst im gerichtlichen Strafverfahren prinzipiell nur auf Basis einer zuvor eingeholten richterlichen Bewilligung zulässig ist (vgl. § 117 Z. 3 lit b i.V.m. § 120 Abs. 1 und § 122 Abs. 1 StPO).

 

Die an eine Person weiblichen Geschlechts ergehende Aufforderung, sich in gänzlich unbekleidetem Zustand auch noch bücken zu müssen, verkörpert aber nicht bloß eine deren Selbstwertgefühl beeinträchtigende erniedrigende Behandlung i.S.d. Art. 4 EGRC bzw. Art. 3 EMRK, sondern enthält zudem auch noch einen spezifischen Aspekt der Demütigung, der den Schutzanspruch der Zweitbeschwerdeführerin ignoriert, sie seitens der Öffentlichen Gewalt nicht zu einem bloßen Handlungsobjekt herabzusetzen, sondern in jeder Lage, d.h. eben „vorbehaltlos“, ihre Eigenschaft als menschliches Wesen und Persönlichkeit respektieren zu müssen, (vgl. in diesem Sinne z.B. auch EGMR vom 28. September 2015, 23380/09, RN 87, 90 und 104 ff [= NLMR 2015, 403]; s.a. M. Borowsky, in: J. Meyer [Hrsg], Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Aufl., Baden-Baden 2014, RN 36 und 38 f zu Art. 1 EGRC; M. Kau, in: K. Pabel – St. Schmahl [Hrsg.], Internationaler Kommentar zur Europäischen Menschenrechtskonvention, Köln [Loseblattausgabe seit 1996], RN 24 und 59 zu Art. 3 EMRK; W. Schabas, The European Convention on Human Rights, Oxford 2015, 181 und 184).

 

Dazu passt ins Bild, dass der Zweitbeschwerdeführerin trotz erkennbarer Übelkeit und mehrfachen entsprechenden Ersuchens die Einnahme von Wasser über einen langen Zeitraum hinweg verweigert wurde und sie sich auf Grund psychischer Belastung mehrere Zahnkronen ausgebissen hat.

 

3.3.2.6.3. Insoweit wurde daher auch das der Zweitbeschwerdeführerin – eine rumänische Staatsangehörige und damit Bürgerin eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union – gemäß Art. 1 EGRC gewährleistete Recht auf Schutz der Menschenwürde sowie das ihr gemäß Art. 4 EGRC bzw. Art. 3 EMRK garantierte Recht auf Nichtunterziehung einer erniedrigenden Behandlung verletzt.

 

3.3.2.7. Insgesamt ergibt sich daraus, dass die von den einschreitenden Beamten vorgenommene Durchsuchung der Kleidung und Handtasche der Zweitbeschwerdeführerin sowie die Besichtigung ihres unbekleideten Körpers und die Aufforderung, sich in nacktem Zustand nach vorne zu bücken, jeweils als rechtswidrig zu erklären waren.

 

 

3.4. Entscheidung

 

 

3.4.1. Aus allen diesen Gründen war der vorliegenden Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 und Abs. 6 VwGVG insoweit stattzugeben, als die zwangsweise Durchsuchung des Lokales der Erstbeschwerdeführerin einerseits und die Durchsuchung der Kleidung und der Handtasche der Zweitbeschwerdeführerin sowie die Besichtigung ihres unbekleideten Körpers und die Aufforderung, sich in nacktem Zustand nach vorne zu bücken, andererseits jeweils als rechtswidrig zu erklären waren.

 

Im Übrigen, nämlich hinsichtlich der Behauptung des rechtswidrigen Abdeckens der Objektive der Überwachungskameras, war die Beschwerde hingegen gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 6 VwGVG wegen sachlicher Unzuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zurückzuweisen.

 

3.4.2. Angesichts dieses Verfahrensergebnisses war der Bund (Verfahrenspartei: LPD ) gemäß § 35 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 1 und Z. 2 der VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl II 517/2013 (im Folgenden: VwG-AEV), dazu zu verpflichten, sowohl der Erstbeschwerdeführerin als auch der Zweitbeschwerdeführerin jeweils Kosten in einer Höhe von 1.198,60 Euro (Schriftsatzaufwand: jeweils 737,60 Euro; anteiliger Verhandlungsaufwand: 461,00 Euro), sohin Kosten in Höhe von insgesamt 2.397,20 Euro, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Demgegenüber war die Erstbeschwerdeführerin dazu zu verpflichten, dem Bund (Verfahrenspartei: Finanzamt Grieskirchen-Wels) gemäß § 35 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 bis Z. 5 VwG-AEV Kosten in einer Höhe von insgesamt 887,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro; Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro; Verhandlungsaufwand: 461,00 Euro) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

 

IV.

 

Revision an den Verwaltungsgerichtshof

 

 

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren mit Blick auf die die Entscheidung alternativ zur Frage der allfälligen Unions- bzw. Verfassungswidrigkeit des § 50 GSpG tragende, insoweit ausschließlich auf das nationale Verfassungsrecht und die innerstaatliche einfachgesetzliche Rechtslage abstellende Begründung keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, da insoweit eine Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, des Obersten Gerichtshofes und/oder des Verwaltungsgerichtshofes weder fehlt noch uneinheitlich ist noch mit der gegenständlichen Entscheidung von dieser abgewichen wird.

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

 

Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich

 

 

Dr.  G r o f

 

 

 

 

Rechtssätze:

 

LVwG-480003/14/Gf/MSch/DC/Mu

LVwG-480004/14/Gf/MSch/DC/Mu  vom 24. September 2016 ua.

 

Erkenntnis

 

Normen:

Art. 56 AEUV

Art. 1 EGRC

Art. 4 EGRC

Art. 3 EMRK

Art. 13 EMRK

§ 1 HausRG

§ 2 HausRG

§ 3 HausRG

§ 5 HausRG

Art. 94 B-VG

Art. 130 B‑VG

Art. 131 B‑VG

§ 117 StPO

§ 119 StPO

§ 120 StPO

§ 121 StPO

§ 122 StPO

§ 123 StPO

§ 50 GSpG

§ 6 SPG

§ 14 SPG

§ 16 SPG

§ 39 SPG

§ 40 SpG

§ 86a VfGG

§ 3 VwGVG

§ 1 BFinGG

§ 1 SEV

§ 5 SEV

§ 8 SEV

§ 13 AVOG

§ 10b AVOG-DV

 

 

Abstract:

 

Bei einer in der Betriebsstätte der Erstbeschwerdeführerin von Organen der LPO , der Bundespolizei, der Finanzpolizei und der Einsatzgruppe Cobra durchgeführten, auf § 50 Abs. 4 GSpG gestützten Kontrolle wurden mehrere Türen aufgebrochen, zwei im Lokal angebrachte Übermachungskameras mit Zetteln abgedeckt und die dort angetroffene, als Kellnerin angestellte Zweitbeschwerdeführerin von mehreren Polizeibeamtinnen zunächst am Körper nach einer bei ihr vermuteten Funkfernbedienung abgetastet; in der Folge wurde sie aufgefordert, ihre Kleidung vollständig abzulegen und sich in nacktem Zustand nach vorne zu bücken. Dagegen haben die Beschwerdeführerinnen sowohl an das Bundesfinanzgericht als auch an das LVwG eine Maßnahmenbeschwerde erhoben.

 

 

Rechtssätze:

 

* Zur Entscheidung über die auf Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Maßnahmenbeschwerde ist das LVwG nur insoweit sachlich und örtlich zuständig, als es nicht den Beschwerdevorwurf des Abdeckens der Kameraobjektive betrifft;

 

* § 86a VfGG ist einerseits auf unionsrechtliche Fragen nicht anzuwenden; andererseits wäre Art. 13 EMRK verletzt, wenn während jenes – möglicherweise lange währenden – Zeitraumes, für den ein vom VfGH gemäß § 86a VfGG gefasster Beschluss wirksam ist, über eine Maßnahmenbeschwerde nicht entschieden werden könnte;

 

* Das Rechtsinstitut der Maßnahmenbeschwerde verkörpert im Interesse der Vermeidung einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes grundsätzlich zwar bloß einen subsidiären Rechtsbehelf; diese Subsidiarität kommt jedoch nicht zum Tragen, wenn bzw. soweit im Besonderen mit einer Bescheidbeschwerde bloß die Aufhebung der Beschlagnahme von Spielautomaten, nicht jedoch auch in einer der Rechtskraft fähigen Weise die eigenständige Feststellung der Unverhältnismäßigkeit jener der Beschlagnahme vorausgegangenen, gegen eigenständige Rechtsgüter gerichteten Amtshandlungen erreicht werden kann, d.h.: Der Beschwerdegegenstand einer Bescheidbeschwerde i.S.d. Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B VG einerseits und jener einer Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B‑VG ist in einer derartigen Konstellation nicht deckungsgleich bzw. anders gewendet: wesensverschieden;

 

* Exekutivbeamte der Bundespolizei bedürfen im Falle der eigenmächtigen Vornahme einer Hausdurchsuchung selbst bei Gefahr in Verzug einer vorangehenden schriftlichen Ermächtigung der Behörde – dieser kommt in der Praxis vornehmlich deshalb essentielle Bedeutung zu, weil dadurch schon ex ante der Gegenstand und der Umfang der Durchsuchung beweiskräftig eingegrenzt und damit willkürlichen Eingriffen entsprechend vorgebeugt wird – und zudem müssen sie über die Vornahme derselben eine Bescheinigung ausstellen (§§ 2 und 3 HausRG); darüber hinaus sind auch die Bestimmungen der StPO – zumindest sinngemäß – zu beachten (§ 5 HausRG);

 

* Weiters erwies sich im gegenständlichen Fall die Art und Weise der Durchführung der bloß auf den Verdacht der Begehung einer Verwaltungsübertretung gegründeten Hausdurchsuchung als unverhältnismäßig, weil kein gefährlicher Angriff i.S.d. § 16 SPG vorlag und damit schon von vornherein weder eine Heranziehung der in § 39 SPG normierten Befugnisse noch der bloß zur Bekämpfung gravierender justizstrafrechtlicher Delikte eingerichteten Einsatzgruppe Cobra in Betracht kam;

 

* Im Übrigen erklärt sich aus dem Umstand, dass im HausRG für verwaltungsstrafrechtliche Angelegenheiten eine (vorangehende oder nachträgliche) justizrichterliche Bewilligung und/oder Ermächtigung der Staatsanwaltschaft nicht vorgesehen war bzw. ist, historisch besehen aus dem Grundprinzip der Gewaltenteilung (vgl. Art. 94 Abs. 1 B-VG); dies bedeutet jedoch nicht, dass daraus für den Bürger ein vergleichsweise geringerer Rechtsschutz resultieren würde – vielmehr ergibt sich aus einem Größenschluss gerade das Gegenteil: Wenn nämlich schon im Bereich des die vergleichsweise wesentlich gravierenderen Delikte regelnden gerichtlichen Strafrechts den staatlichen Eingriffsbefugnissen ein relativ hoher Rechtsschutzstandard des Betroffenen gegenübersteht – wie dieser beispielsweise in Bezug auf Haus- und Personendurchsuchungen durch eine vorangehende oder zumindest nachträgliche, auf eine entsprechende richterliche Bewilligung gegründete Ermächtigung der Staatsanwaltschaft gekennzeichnet ist –, so darf dieser Grundrechtsgewährleistungslevel von Verfassung wegen, nämlich insbesondere deshalb, weil Art. 6 Abs. 1 EMRK undifferenziert von einem einheitlichen Strafrechtsbegriff ausgeht (vgl. jüngst wiederum EGMR vom 20. September 2016, 926/08), im Bereich des Verwaltungsstrafrechts – wenn er dort nicht ohnehin schon a priori als signifikant höher angesetzt werden muss – zumindest keinesfalls unterschritten werden;

 

* Davon ausgehend, dass keine Festnahme der Zweitbeschwerdeführerin ausgesprochen wurde, konnte die Durchsuchung ihrer Person nicht auf § 40 SPG, unter den konkreten Umständen des vorliegenden Falles aber auch auf keine andere Rechtsgrundlage gestützt werden; angesichts dessen, dass schon der Umstand, sich in einem abgesonderten Raum allein einer Mehrheit von uniformierten – und noch dazu bewaffneten – Exekutivbeamten gegenüberzusehen, geeignet ist, bei jedem durchschnittlichen Bürger den nachhaltigen Eindruck der Minderwertigkeit und des schutzlosen Ausgeliefertseins gegenüber den Vertretern der öffentlichen Gewalt zu erzeugen, bedeutet es fraglos eine zusätzliche Degradierung, wenn einem befohlen wird, sich – als einzige der anwesenden Personen – seiner gesamten Kleidung entledigen zu müssen, weil eine gesteigerte Form der Schutzlosigkeit nur noch im Falle einer zusätzlichen Fesselung oder psychischen Ohnmacht vorstellbar ist; die darüber hinaus an eine Person weiblichen Geschlechts ergehende Aufforderung, sich in gänzlich unbekleidetem Zustand auch noch bücken zu müssen, verkörpert aber nicht bloß eine deren Selbstwertgefühl beeinträchtigende erniedrigende Behandlung i.S.d. Art. 4 EGRC bzw. Art. 3 EMRK, sondern enthält zudem auch noch einen spezifischen Aspekt der Demütigung, der den Schutzanspruch der Zweitbeschwerdeführerin ignoriert, sie seitens der Öffentlichen Gewalt nicht zu einem bloßen Handlungsobjekt herabzusetzen, sondern in jeder Lage, d.h. eben „vorbehaltlos“, ihre Eigenschaft als Mensch und Person respektieren zu müssen; insoweit wurde daher auch das der Zweitbeschwerdeführerin gemäß Art. 1 EGRC gewährleistete Recht auf Schutz der Menschenwürde verletzt.

 

 

Beschlagwortung:

 

Glücksspiel – Maßnahmenbeschwerde – Bescheidbeschwerde – Doppelgleisigkeit und Subsidiarität; Zuständigkeitsabgrenzung LVwG – BFinG; Verhältnismäßigkeitsgrundsatz; zwangsweises Betreten eines Spielsalons; Abdeckung von Kameraobjektiven; Aufforderung an Kellnerin, sich zu entkleiden und nackt nach vorne zu bücken; Hausrecht – Betriebsräumlichkeit; Zerstörung von Türen und sonstigen Einrichtungsgegenständen; Sondereinheit Cobra; gezielte Demütigung; erniedrigende Behandlung; Würde des Menschen; staatliche Machtdemonstration

Beachte:

Die Revision der LPD Oö wurde, soweit sie sich gegen die Spruchpunkte III. und V. der angefochtenen Entscheidung richtet, zurückgewiesen.

Die Revision des Bundesministers für Finanzen wurde abgewiesen.

Die angefochtene Entscheidung wurde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und IV. wgen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

VwGH vom 22. November 2017, Zl.: Ra 2016/17/0302-8 und 0303-7

Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses wurde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

VwGH vom 5. Dezember 2017, Zl.: Ra 2017/01/0373-3

Zur Revision der F.:

I. zu Recht erkannt: Spruchpunkt V. des angefochtenen Erkenntnisses wurde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

II. den Beschluss gefasst: Im Übrigen wurde die Revision zurückgewiesen.

VwGH vom 22. Mai 2018, GZ: Ra 2017/17/0812-7

Beachte:

E 2460/2016-14 vom 16. Juni 2017