LVwG-400002/2/Gf/Rt

Linz, 13.01.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K !

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Gróf über die Beschwerde des A gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 14. November 2012, Zl. 47606/2011, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes nach der am 26. Juni 2013 durchgeführten öffentlichen Verhandlung

 

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 17 VwGVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG wird von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen und stattdessen bloß eine Ermahnung erteilt.

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 64 VStG hat der Beschwerdeführer weder einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich noch einen Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 letzter Satz B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 14. November 2012, Zl. 47606/2011, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 34 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 30 Euro) verhängt, weil er am 7. Oktober 2011 um 12:37 Uhr auf der Autobahn A 7 im Gemeindegebiet der Stadt Linz ein mehrspuriges KFZ mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t gelenkt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, da das Abbuchungsgerät nicht der Mautordnung entsprechend montiert gewesen sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 7 Abs. 1 des Bundesstraßen-Mautgesetzes, BGBl.Nr. I 109/2002 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 135/2008 (im Folgenden: BStMG), begangen, weshalb er nach § 20 Abs. 2 BStMG zu bestrafen gewesen sei.

 

Dieses dem Rechtsmittelwerber angelastete Tatverhalten sei auf Grund einer Anzeige der ASFINAG als erwiesen anzusehen.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seinen mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: 1.200 Euro; kein Vermögen; keine Sorgepflichten).

 

Im Ergebnis wurde die gesetzliche Mindeststrafe verhängt.

 

2. Gegen dieses dem Rechtsmittelwerber am 20. November 2012 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 4. Dezember 2012 – und damit rechtzeitig – per E-Mail eingebrachte Beschwerde.

 

Darin wird der Sache nach vorgebracht, dass unerklärlich sei, warum die ASFINAG anstelle einer Anzeigeerstattung nicht zunächst pflichtgemäß eine automatische Nachverrechnung der geschuldeten Maut vorgenommen habe, zumal ihr diesbezüglich kein Ermessen zukomme – dies ganz abgesehen davon, dass es nicht zutreffe, dass im Oktober 2011 insgesamt 25 Mautportale ohne Abbuchung durchfahren worden seien. Vielmehr seien im Zeitraum zwischen dem 24. Mai 2011 und dem 10. Oktober 2011 in Bezug auf den verfahrensgegenständlichen LKW insgesamt 1.353 erfolgreiche Abbuchungen an 44 Mautstellen vorgenommen worden, denen nur 35 Fehlbuchungen an 6 Mautstellen gegenüberstünden. Dazu komme, dass es sich selbst dann, wenn man den Tatvorwurf als zutreffend unterstellen würde, in allen diesen Fällen nicht um gesonderte Einzeldelikte, sondern insofern um ein Dauerdelikt handle, als das Abbuchungsgerät lediglich einmal, nämlich im Mai 2011, nicht der Mautordnung entsprechend montiert worden sei. Schließlich sei auch nicht erkennbar, weshalb  im gegenständlichen Fall die Gründe für ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs. 1 VStG nicht zum Tragen kommen sollten.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu bloß die Erteilung einer Ermahnung beantragt.

 

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates Linz zu Zl. 47606/2011 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 26. Juni 2013, zu der als Parteien der Beschwerdeführer und dessen Vertreter Ing. K und Mag. R sowie der Zeuge M und der sachverständige Zeuge Ing. R erschienen sind.

 

Im Zuge dieser Beweisaufnahme konnte, soweit es den entscheidungsrelevanten Sachverhalt betrifft, festgestellt werden, dass – wie dies auch im Wege von Lichtbildaufnahmen entsprechend dokumentiert ist – das Abbuchungsgerät am LKW des Rechtsmittelwerbers zum Tatzeitpunkt derart montiert war, dass der Scheibenwischer in der Endstellung knapp unterhalb desselben bzw. dieses noch überdeckend zu liegen kam, sodass aus diesem Grund fallweise keine Abbuchungen vorgenommen wurden. Denn das Gerät (sog. „GO-Box“) kommuniziert mit den Mautportalen via Mikrowellentechnik, sodass die Kommunikation durch dazwischenliegende Gegenstände – wie z.B. die Metallteile eines Scheibenwischers –  gestört werden kann, sodass es in Folge zu Nicht- oder Fehlbuchungen kommen kann.

 

Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den Ausführungen des sachverständigen Zeugen, denen der Rechtsmittelwerber insoweit nicht – insbesondere nicht auf gleicher fachlicher Ebene – entgegengetreten ist.

 

Im Übrigen wird unter einem die Niederschrift der öffentlichen Verhandlung (ONr. 4 des Aktes VwSen-151008) zum integrierenden Bestandteil der Begründung dieses Erkenntnisses erklärt.   

 

2. Weil im BStMG Abweichendes nicht angeordnet ist, hatte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im vorliegenden Fall gemäß Art. 135 Abs. 1 B VG durch einen Einzelrichter zu entscheiden.

 

 

III.

 

In der Sache selbst hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich über die vorliegende Beschwerde erwogen:

 

1. Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG beging derjenige eine Verwaltungsübertretung und war hierfür mit einer Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen, der als Kraftfahrzeuglenker eine Mautstrecke – hierzu zählen nach § 1 Abs. 1 und Abs. 4 BStMG sämtliche als solche gekennzeichneten Bundesstraßen – benützte, ohne die nach § 6 BStMG geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben.

 

Davon ausgehend, dass die Maut gemäß § 2 BStMG entweder für zurückgelegte Fahrstrecken (fahrleistungsabhängige Maut) oder für bestimmte Zeiträume (zeitabhängige Maut) zu entrichten ist, unterlag die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, nach § 6 BStMG einer fahrleistungsabhängigen Maut. Diese war gemäß § 7 Abs. 1 BStMG entweder durch den Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder durch eine Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

2.1. Im gegenständlichen Fall wurde der Beschwerdeführer beim Lenken eines Kraftfahrzeuges mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t auf der Autobahn A 7 betreten.

 

Dies wird zum einen schon von ihm selbst gar nicht in Abrede gestellt. Zum anderen geht Gleichartiges auch aus der Anzeige der ASFINAG vom 8. November 2011, Zl. 3899156, wonach dieses Faktum von einem Mautaufsichtsorgan dienstlich festgestellt wurde (vgl. S. 1), sowie aus dem von der ASFINAG in der Beilage zu deren Schreiben vom 16. Jänner 2012 vorgelegter „Auflistung Kontrollfälle Oktober 2011 (Nichtabbuchungen)“ hervor.

 

In Würdigung dieser Umstände kann es daher insgesamt als erwiesen angesehen werden, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt (7. Oktober 2011, 12:37 Uhr) mit seinem LKW, der allseits unbestritten ein höchstzulässiges Gesamtgewicht über 3,5 t aufwies, die Autobahn A 7 benutzt hat.

 

2.2. Die Autobahn A7 zählte nach Teil B, Pkt. 3.1 (Seite 35), der auf § 14 BStMG basierenden „Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Österreichs“ in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Version 30[1]  (im Folgenden kurz: MautO V 30) zum Tatzeitpunkt zu den mautpflichtigen Bundesstraßen.

 

Der Beschwerdeführer war daher nach § 6 erster Satz BStMG dazu verpflichtet, für die Benützung der A 7 mit seinem ein über 3,5 t höchstzulässiges Gesamtgewicht aufweisenden LKW eine fahrleistungsabhängige Maut zu entrichten.

 

2.3. Hinsichtlich der Frage, ob diese Maut vom Beschwerdeführer ordnungsgemäß entrichtet wurde, ist zunächst auf Teil B, Pkt. 8.1 MautO V 30 zu verweisen.

 

Danach war das Abbuchungsgerät (GO-Box) dauerhaft an der Innenseite der Windschutzscheibe zwischen Fahrzeugmitte und Lenkstange nahe der Scheibenunterkante, und zwar in jenem Bereich der Windschutzscheibe, der vom Scheibenwischer gereinigt wird, so zu montieren, dass die Bedienungstaste der GO-Box in das Fahrzeuginnere gerichtet ist; dabei durfte der Scheibenwischer in Ruhestellung die GO-Box nicht überlappen; weiters war der Montagebereich der GO-Box auf der Windschutzscheibe von fremden Gegenständen freizuhalten und der Lenker hatte von der GO-Box alle Gegenstände fernzuhalten, die zu einer Beeinflussung der Bedienungstasten hätten führen können; jede andere Anbringung der GO-Box bedurfte explizit einer individuellen schriftlichen Zustimmung der ASFINAG.

 

Diesen Anforderungen entsprach die Anbringung im gegenständlichen Fall aber gerade deshalb nicht, weil hier das Abbuchungsgerät jedenfalls (auch noch) zum Tatzeitpunkt derart montiert war, dass – wie dies auch im Wege von Lichtbildaufnahmen entsprechend dokumentiert ist – der Scheibenwischer des LKW in seiner Endstellung knapp unterhalb desselben bzw. dieses noch überdeckend zu liegen kam. Davon ausgehend ist daher ohne Weiteres nachvollziehbar, dass die im Wege der Mikrowellentechnik erfolgende Kommunikation zwischen der GO-Box und den einzelnen Mautportalen durch die Metallteile des Scheibenwischers gestört war, sodass hier aus diesem Grund fallweise – wie eben auch am Ort der Betretung (A 7, Salzburger Straße/Neue Welt – Muldenstraße/Bindermichl) keine Abbuchungen vorgenommen wurden.

 

Vor diesem Hintergrund kann es daher objektiv betrachtet keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, es als erwiesen anzusehen, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich der ihm konkret angelasteten Übertretung (nicht ordnungsgemäße Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut am 7. Oktober 2011 um 12:37 Uhr auf der Autobahn A 7 im Gemeindegebiet von Linz deshalb, weil das Abbuchungsgerät nicht ordnungsgemäß angebracht war) tatbestandsmäßig handelte.

 

2.4. Hinsichtlich des Verschuldens ist ihm zumindest insoweit fahrlässiges Handeln vorzuwerfen, als von einem durchschnittlichen KFZ-Lenker verlangt werden kann, dass er sich vor Fahrtantritt darüber Gewissheit verschafft, ob die GO-Box den Anforderungen der MautO V 30 entsprechend sowohl ordnungsgemäß als auch funktionstüchtig angebracht ist. Dies ergibt sich insbesondere auch aus Teil B, Pkt.e 8.1 und 8.2. der MautO V 30 (S. 71 ff).

 

Seine Strafbarkeit ist daher gegeben.

 

2.5. Mit seiner vorliegenden Beschwerde wendet sich der Rechtsmittelwerber der Sache nach in erster Linie denn auch (nicht gegen die Tatbestandsmäßigkeit und Schuldhaftigkeit seines Handelns, sondern lediglich) gegen die Strafbemessung.

 

2.5.1. Soweit er in diesem Zusammenhang zunächst vorbringt, dass die ASFINAG dazu verpflichtet gewesen sei, vor der Erstattung einer Anzeige zunächst bloß eine Nachverrechnung vorzunehmen bzw. ihm die Bezahlung einer Ersatzmaut vorzuschreiben, ist er darauf zu verweisen, dass hierfür im gegenständlichen Fall weder die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen nach Teil B, Pkt. 7.1 MautO V 30 noch jene nach Teil B, Pkt. 7.2 MautO V 30 vorlagen.

 

Denn nach Teil B, Pkt. 7.1 MautO V 30 bestand die Möglichkeit der Nachzahlung im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die u.a. auf technische Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes zurückzuführen war, „ausnahmslos nur, wenn alle .... Bedingungen“ dieser Vorschrift erfüllt werden. Nachzahlungen konnten demnach insbesondere nur bei einer GO-Box-Vertriebsstelle oder bei einem Mautaufsichtsorgan im Zuge der Betretung (Anhaltung) dann erfolgen, wenn die Nachzahlung der nicht ordnungsgemäßen Mauttransaktion innerhalb eines Nachzahlungsbereiches von 100 km und innerhalb eines Zeitraumes von fünf Stunden vorgenommen wurde.

 

Beide Voraussetzungen trafen jedoch im gegenständlichen Fall – allseits unbestritten – nicht zu.

 

Davon ausgehend kann daher keine Rede davon sein, dass die ASFINAG anstelle einer Anzeigenerstattung zunächst eine Nachverrechnung hätte vornehmen müssen. Freilich hätte das Aufsichtsorgan bzw. die ASFINAG faktisch dennoch in dieser Weise vorgehen und es im Falle der Einbezahlung durch den Rechtsmittelwerber in der Folge dabei bewenden lassen können. Abgesehen von § 19 Abs. 6 BStGM, wonach dies explizit ausgeschlossen ist, bestand ein darauf gerichteter subjektiver Rechtsanspruch aber auch aus grundrechtssystematischen, insbesondere gleichheitsrechtlichen Überlegungen schon deshalb nicht, weil eine derartige Vorgangsweise im Hinblick auf Teil B, Pkt.e 7.1 und 7.2 MautO V 30 normwidrig gewesen und wäre und deshalb selbst dann, wenn die ASFINAG bzw. deren Aufsichtsorgane in anderen Einzelfällen so handeln würden bzw. gehandelt hätten, dem Rechtsmittelwerber kein Anspruch auf eine Gleichbehandlung im Unrecht zukommen konnte.      

 

2.5.2. Auch die Rechtsansicht des Beschwerdeführers, dass ihm lediglich deshalb ein Dauerdelikt – und nicht eine Summe von Einzeldelikten – anzulasten wäre, weil die ordnungswidrige Anbringung des Abbuchungsgerätes ja bereits am 24. Mai 2011 – und damit bereits fünf Monate vor dem Tatzeitpunkt – erfolgt ist, sodass die gegenständliche Übertretung durch zwischenzeitlich vorgenommene mehrfache Bestrafungen seitens der belangten Behörde und des Bezirkshauptmannes von Amstetten für die Verwendung dieses LKW bereits getilgt sei, trifft nicht zu.

 

Denn die bereits oben (s. Pkt. 2.4.) konstatierte Verpflichtung, sich vor der Benützung einer mautpflichtigen Strecke darüber Gewissheit zu verschaffen, ob die GO-Box den Anforderungen der MautO V 30 entsprechend sowohl ordnungsgemäß als auch funktionstüchtig angebracht ist (vgl. insbesondere Teil B, Pkt.e 8.1 und 8.2. der MautO V 30 [S. 71 ff]), entsteht vor Fahrtantritt jeweils wiederum von Neuem.

 

Auch ein schuldausschließender Irrtum kann ihm in diesem Zusammenhang nicht zugebilligt werden, weil ihm aufgrund der Gesamtsumme der Tatanlastungen im Zeitraum Mai bis Oktober 2011 jedenfalls Zweifel (auch) an der Funktionstüchtigkeit der von ihm verwendeten GO-Box hätten kommen und somit entsprechende Kontrolltätigkeiten hätten auslösen müssen.     

 

2.5.3. Dem gegenüber ist dem Rechtsmittelwerber zugute zu halten, dass über ihn bzw. seinen Lenker im Zeitraum zwischen der nicht ordnungsgemäßen Anbringung des Abbuchungsgerätes und dem hier verfahrensgegenständlichen Tatzeitpunkt mehrere Strafverfügungen verhängt – und von jenem bzw. vom Beschwerdeführer selbst auch (zumindest teilweise) bereits einbezahlt – wurden, ohne dass zuvor die Ursache hierfür, nämlich die Überlappung der GO-Box durch den Scheibenwischer, in einer allgemein ersichtlichen Form zu Tage getreten wäre, weil auch die Strafbehörden keine entsprechenden Ermittlungsschritte in die Wege geleitet hatten.

 

Da zudem der tatbestandsbezogen konkret angefallene Fehlbetrag äußerst gering war (insgesamt 1,52 Euro), resultiert daraus gesamthaft betrachtet, dass jedenfalls durch das ihm im angefochtenen Straferkenntnis angelastete Verhalten des Beschwerdeführers zum einen das strafrechtlich geschützte Rechtsgut nur in unbedeutender Intensität beeinträchtigt wurde; zum anderen ist auch das Verschulden des Rechtsmittelwerbers als gering – nämlich als bloß leicht fahrlässig  – zu qualifizieren. Insbesondere kann auch dem von ihm – erschließbar – erstatteten Vorbringen, dass er das Abbuchungsgerät umgehend ordnungsgemäß angebracht hätte, wenn er darauf hingewiesen worden oder ihm zu Bewusstsein gekommen wäre, dass die Überlappung der GO-Box durch einen Scheibenwischer die Ursache dafür war, dass fallweise keine Abbuchung vorgenommen wurde – angesichts der im Akt der belangten Behörde einliegenden, auf das Unternehmen des Beschwerdeführers Bezug habenden „Einzelleistungsinformationen“ für den Zeitraum Mai bis Oktober 2011 nicht mit guten Gründen entgegengetreten werden.

 

2.5.4. Davon abgesehen muss gemäß der übereinstimmenden Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und der nationalen Höchstgerichte zu Art. 6 Abs. 1 EMRK auch die überlange Dauer des Strafverfahrens als in einem merkbaren Ausmaß strafmildernd berücksichtigt werden (vgl. § 19 Abs. 2 VStG i.V.m. § 34 Abs. 2 StGB).

 

2.5.5. Um ihn künftig von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten, scheint es dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich aber dennoch geboten, dem Rechtsmittelwerber gemäß § 17 VwGVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung zu erteilen anstatt die gänzliche Einstellung des Verfahrens zu verfügen.

 

3. Bei diesem Verfahrensergebnis ist – weil im Endeffekt eine Geldstrafe nicht verhängt wird – dem Beschwerdeführer weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (vgl. § 64 VStG e contrario) noch ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (vgl. § 52 Abs. 9 VwGVG) vorzuschreiben.

 

IV.

 

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist für den Beschwerdeführer gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG i.V.m. Art. 133 Abs. 4 letzter Satz B-VG nicht zulässig.

 

Für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei ist eine ordentliche Revision deshalb unzulässig, weil im Zuge des vorliegenden Verfahrens keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

Weder weicht nämlich die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

 

Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG eine Revision wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z. 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht nur der belangten Behörde bzw. der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen.

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.  G r ó f

 

 

LVwG-400002/2/Gf/Rt vom 13. Jänner 2014

 

Erkenntnis

 

Rechtssatz

 

Art. 6 Abs. 1 EMRK;

§ 6 BStMG;

§ 7 Abs. 1 BStMG;

§ 19 Abs. 6 BStMG;

§ 20 Abs. 2 BStMG;

Teil B Pkt. 7.1 MautO;

Teil B Pkt. 7.2 MautO;

Teil B Pkt. 8.1 MautO;

Teil B Pkt. 8.2 MautO;

§ 34 Abs. 2 StGB;

§ 19 Abs. 2 VStG;

§ 45 Abs. 1 Z. 4 VStG

 

* Die Anbringung des Abbuchungsgerätes (GO-Box) entsprach im gegenständlichen Fall deshalb nicht den Anforderungen des Teiles B, Pkt. 8.1 MautO, weil dieses derart montiert war, dass der Scheibenwischer des LKW in seiner Endstellung knapp unterhalb desselben bzw. dieses noch überdeckend zu liegen kam. Davon ausgehend ist es nachvollziehbar, dass die im Wege der Mikrowellentechnik erfolgende Kommunikation zwischen der GO-Box und den einzelnen Mautportalen durch die Metallteile des Scheibenwischers gestört war, sodass aus diesem Grund fallweise keine Abbuchungen vorgenommen wurden.

 

* Bezüglich seines Vorbringens, dass die ASFINAG dazu verpflichtet gewesen sei, vor der Erstattung einer Anzeige zunächst bloß eine Nachverrechnung vorzunehmen bzw. ihm die Bezahlung einer Ersatzmaut vorzuschreiben, ist der Bf. darauf zu verweisen, dass hierfür weder die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen nach Teil B, Pkt. 7.1 MautO noch jene nach Teil B, Pkt. 7.2 MautO vorlagen, weil die Nachzahlung weder innerhalb eines Nachzahlungsbereiches von 100 km noch innerhalb eines Zeitraumes von fünf Stunden vorgenommen wurde oder hätte vorgenommen werden können. Davon ausgehend kann auch keine Rede davon sein, dass die ASFINAG anstelle einer Anzeigenerstattung zunächst eine Nachverrechnung hätte vornehmen müssen. Freilich hätte das Aufsichtsorgan bzw. die ASFINAG faktisch dennoch in dieser Weise vorgehen und es im Falle der Einbezahlung durch den Rechtsmittelwerber in der Folge dabei bewenden lassen können. Abgesehen von § 19 Abs. 6 BStGM, wonach dies explizit ausgeschlossen ist, bestand ein darauf gerichteter subjektiver Rechtsanspruch aber auch aus grundrechtssystematischen, insbesondere gleichheitsrechtlichen Überlegungen schon deshalb nicht, weil eine derartige Vorgangsweise im Hinblick auf Teil B, Pkt.e 7.1 und 7.2 MautO V 30 normwidrig gewesen und wäre und deshalb selbst dann, wenn die ASFINAG bzw. deren Aufsichtsorgane in anderen Einzelfällen so handeln würden bzw. gehandelt hätten, dem Rechtsmittelwerber kein Anspruch auf eine Gleichbehandlung im Unrecht zukommen konnte.     

 

* Auch die Rechtsansicht des Bf., dass ihm lediglich deshalb ein Dauerdelikt – und nicht eine Summe von Einzeldelikten – anzulasten wäre, weil die ordnungswidrige Anbringung des Abbuchungsgerätes ja bereits am 24. Mai 2011 – und damit bereits fünf Monate vor dem Tatzeitpunkt – erfolgt ist, sodass die gegenständliche Übertretung durch zwischenzeitlich vorgenommene mehrfache Bestrafungen seitens der belangten Behörde und des Bezirkshauptmannes von Amstetten für die Verwendung dieses LKW bereits getilgt sei, trifft nicht zu. Denn die Verpflichtung, sich vor der Benützung einer mautpflichtigen Strecke darüber Gewissheit zu verschaffen, ob die GO-Box den Anforderungen der MautO entsprechend sowohl ordnungsgemäß als auch funktionstüchtig angebracht ist (vgl. insbesondere Teil B, Pkt.e 8.1 und 8.2. der MautO V 30 [S. 71 ff]), entsteht vor Fahrtantritt jeweils wiederum von Neuem.

 

* Absehen von der Verhängung einer Geldstrafe und stattdessen bloß Erteilung einer Ermahnung deshalb, weil der tatbestandsbezogen konkret angefallene Fehlbetrag äußerst gering war (insgesamt 1,52 Euro), sodass jedenfalls durch das ihm im angefochtenen Straferkenntnis angelastete Verhalten des Bf. zum einen das strafrechtlich geschützte Rechtsgut nur in unbedeutender Intensität beeinträchtigt wurde; zum anderen war auch das Verschulden als gering – nämlich als bloß leicht fahrlässig  – zu qualifizieren. Insbesondere kann auch seinem Vorbringen, dass der Bf. das Abbuchungsgerät umgehend ordnungsgemäß angebracht hätte, wenn er darauf hingewiesen worden oder ihm zu Bewusstsein gekommen wäre, dass die Überlappung der GO-Box durch einen Scheibenwischer die Ursache dafür war, dass fallweise keine Abbuchung vorgenommen wurde, nicht mit guten Gründen entgegengetreten werden. Davon abgesehen muss gemäß der übereinstimmenden Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und der nationalen Höchstgerichte zu Art. 6 Abs. 1 EMRK auch die überlange Dauer des Strafverfahrens als in einem merkbaren Ausmaß strafmildernd berücksichtigt werden (vgl. § 19 Abs. 2 VStG i.V.m. § 34 Abs. 2 StGB).

 

 

Beschlagwortung:

 

GO-Box-Anbringung; Überdeckung durch Scheibenwischer; Ersatzmaut; Gleichheit im Unrecht

 

 

 

 

 



[1] Abrufbar unter www.asfinag.at/maut/mautordnung/archiv.