LVwG-550060/2/Kü/Ba

Linz, 17.01.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde der X, vertreten durch X, X, X, vom 12. März 2013 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 21. Februar 2013, UR-2006-7607/52, betreffend X der X in der Gemeinde X gemäß § 48 Abs.2b Abfallwirtschaftsgesetz 2002

 

zu Recht  e r k a n n t:

 

 

I.      Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

II.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGVG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I. 1. Mit Bescheid vom 21. Februar 2013, UR-2006-7607/52, hat der Landeshauptmann von Oberösterreich folgende Entscheidung getroffen:

 

"I. Neuberechnung der Sicherstellung:

 

Der X, X, X, werden betreffend X für die mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 3. März 1999, UR-304076/81-1999, genehmigten X auf den Grundstücken Nr. X, KG X, Marktgemeinde X, folgende Auflagen­punkte vorgeschrieben:

 

1.    Die offene, nicht projekts- bzw. bescheidgemäß abgedeckte Schüttfläche darf ein Ausmaß von 2.760 m2 nicht überschreiten.

 

2.    Die bis auf die planmäßige Höhe geschütteten Deponieabschnitte sind ehestmöglich in end­gültiger Gestalt auszuformen und die obersten Lagen der Schüttung sind entsprechend der zukünftig vorgesehenen Nachnutzung herzustellen. Beim Einbau der Rekultivierungsschicht sind neben der Deponieverordnung auch jene anerkannten Normen bzw. Richtlinien anderer Fachbereiche zu beachten, um unter anderem nicht beabsichtigte Vernässungen oder Aus­trocknungen der Oberflächen­abdeckung zu verhindern.

 

3.    Der für die Rekultivierung des jeweils offenen Abschnittes notwendige Mutter- bzw. Oberboden ist in ausreichender Menge und Qualität am Deponiegelände bis zum Einbau vorrätig zu halten.

 

4.    Für den Zeitraum der Ablagerungs- und Stilllegungsphase ist ein Sicherstellungsbetrag von 43.040 Euro zu erbringen. Der Nachweis der erbrachten Sicherstellungsleistung ist der Be­hörde spätestens mit Rechtskraft dieses Bescheides vorzulegen. Eine allfällige Bankgarantie muss zumindest jene Laufzeit aufweisen, welche dem Genehmigungszeitraum der Deponie entspricht. Nach der behördlichen Abnahme aller Stilllegungsmaßnahmen kann die Sicher­stellungsleistung auf 12.600 Euro verringert werden, wobei dieser Betrag bis zur Feststellung der Nachsorgefreiheit durch die zuständige Behörde aufrecht zu erhalten ist.

 

5.    Bei Änderungen der in der Sicherstellungsberechnung getroffenen Randbedingungen, die zu einer wesentlichen Erhöhung der Sicherstellung führen, ist der Sicherstellungsbetrag umge­hend anzupassen und die Behörde über diesen Umstand in Kenntnis zu setzen. Dies betrifft im Besonderen die Überschreitung der derzeit festgelegten offenen Fläche von 2.760 m2 und die nachträgliche Errichtung von Grundwasser­beweis­sicherungssystemen.

 

 

II. Aufhebung eines Auflagenpunktes:

 

Der Auflagenpunkt ll/A/25. des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 3. März 1999, UR-304076/81-1999, wird aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 48 Abs 2b Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), BGBl. I. Nr. 102/2002 idgF.

 

Begründung:

 

Zu den Spruchteilen I. und II.:

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 3. März 1999, UR-304076/81-1999, wurde der X die abfallwirtschafts­rechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer X auf den Grundstücken Nr. X, je KG X, Marktgemeinde X, erteilt.

 

Im Spruchabschnitt ll/A, Auflagenpunkt 25, des zitierten Bescheides wurde eine Sicherstellungs­leistung aufgetragen. Da die von der X vorgelegte Bankgarantie bereits abgelaufen ist, war es notwendig, die Sicherstellungsleistung der Deponie an den Stand der Technik anzupassen.

 

Zu diesem Zweck führte die Behörde am 31. Juli 2012 im Beisein eines Amtssachverständigen für Deponiebautechnik auf der Deponie einen Lokalaugenschein durch. Da sich in der Grube durch den voranschreitenden Schotterabbau und die nachfolgende Deponierung von Bodenaushub die Gegebenheiten betreffend Kiesabbau, Zwischenlagerung von Baurestmassen, Zwischenlagerung von Recyclingmaterial sowie den Flächen für die Deponierung von Bodenaushub im Laufe der letzten Jahre stark verändert haben, wurde vereinbart, dass das bestellte Deponieaufsichtsorgan einen Lageplan aufgrund von aktuellen Vermessungen anfertigt. Dieser Plan soll die Basis für eine neue Sicherstellungsberechnung sein. Nach Einlangen dieses Plans wurde dieser dem Amtssachverständigen für Deponiebautechnik zur Berechnung der Sicherstellung vorgelegt. Nach Einlangen der fachlichen Stellungnahme vom 5. Dezember 2012 wurde der Deponiebetreiberin die Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und gleichzeitig Gelegen­heit gegeben, bis zum 31. De­zember 2012 schriftlich Stellung zu nehmen. Diese Frist wurde auf Antrag des Rechtsvertreters bis 28. Jänner 2013 und dann nochmals bis 4. Februar 2013 er­streckt.

 

Da auch bis zu diesem Zeitpunkt keine Stellungnahme eingelangt ist, geht die Behörde - wie in ihrem Schreiben vom 17. Dezember 2012 festgehalten - davon aus, dass den Ausführungen des Sachverständigen für Deponiebautechnik zugestimmt wird. Es waren daher die Auflagen aus deponiebautechnischer Sicht vorzuschreiben."

 

 

2. Gegen Spruchpunkt I. Auflagepunkte 1. und 5. dieses Bescheides wurde von der X (im Folgenden: Bf) rechtzeitig Berufung erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid im Umfang der Anfechtung ersatzlos zu beheben, in eventu den angefochtenen Bescheid im Umfang der Anfechtung aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Verwaltungsbehörde erster Instanz zurückzuverweisen.

 

Begründend wurde festgehalten, dass die Verwaltungsbehörde erster Instanz die angefochtenen Auflagepunkte auf § 48 Abs.2b AWG 2002 stütze. Nach dieser Bestimmung habe die Behörde die bescheidmäßig festgelegte Sicherstellung, insbesondere die Höhe zu überprüfen und erforderlichenfalls bescheidmäßig anzupassen, wenn sich die rechtlichen Verpflichtungen, deren Erfüllung von der Sicherstellung umfasst ist, ändern.

 

Aus dieser Bestimmung könne nicht abgeleitet werden, dass sich die offene, nicht projekts- bzw. bescheidgemäß abgedeckte Schüttfläche nicht vergrößern dürfte. Ebenso wenig könne aus dieser Bestimmung abgeleitet werden, dass der Anlagenbetreiber von sich aus verpflichtet wäre, die Sicherstellungsbeträge auszurechnen und die Sicherstellung entsprechend anzupassen. Für die Auflagepunkte 1. und 5. bestehe somit keine Rechtsgrundlage, sodass diese ersatzlos zu entfallen hätten.   

 

3. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat die Berufung mit Schreiben vom 2. April 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

Mit 1.1.2014 trat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG Oö.) an die Stelle des Unabhängigen Verwaltungssenates. Das LVwG Oö. entscheidet gemäß § 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) durch einen Einzelrichter. Die Berufung gilt gemäß § 3 Abs.1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) als Beschwerde iSd Art 130 Abs.1 Z 1 B-VG. Die Zuständigkeit des erkennenden Richters ergibt sich aus § 3 Abs.7 VwGbk-ÜG.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden bzw. wurde von den Verfahrensparteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

 

5. In der Sache hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 48 Abs. 2 AWG 2002 hat die Behörde zugleich mit der Erteilung der Genehmigung die Leistung einer angemessenen Sicherstellung zur Erfüllung der mit der Genehmigung verbundenen Auflagen und Verpflichtungen, insbesondere für die ordnungsgemäße Erhaltung und Stilllegung oder Schließung der Deponie einschließlich der Nachsorge, aufzuerlegen. Als Leistung einer Sicherstellung gilt eine finanzielle Sicherheitsleistung oder etwas Gleichwertiges, wie zB eine ausreichende Haftungserklärung einer Gebietskörperschaft oder eines Wasser- oder Abfallverbandes. Für den Fall, dass die Maßnahmen betreffend die Einhaltung der Auflagen und Verpflichtungen gemäß dem ersten Satz nicht vom Deponieinhaber gesetzt werden, einschließlich für den Fall der Insolvenz des Deponieinhabers, muss die Sicherstellung der Behörde als Vermögenswert für die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen zur Verfügung stehen.

 

Nach § 48 Abs. 2a AWG 2002 hat die Berechnung einer Sicherstellung für eine Deponie bezogen auf die Auflagen und Verpflichtungen gemäß Abs. 2 erster Satz im Einzelfall zu erfolgen. Sofern keine finanzmathematische Berechnung der Sicherstellung erfolgt, hat die Behörde die Sicherstellung anhand des Baukostenindexes für den Straßenbau wertzusichern; bei einer aufsummierten Steigerung über fünf Prozentpunkte des Baukostenindexes gegenüber der geleisteten Sicherstellung hat der Deponieinhaber die Sicherstellung entsprechend zu erhöhen; sofern Teilbeträge vorgeschrieben sind, ist die Wertsteigerung bei der Bestimmung dieser Teilbeträge zu berücksichtigen. Bei einer Haftungserklärung einer Gebietskörperschaft oder eines Wasser- oder Abfallverbandes muss der Deponieinhaber mit einem Testat eines Wirtschaftsprüfers oder eines für derartige Gutachten allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen der Behörde nachweisen, dass die Kosten für die Einhaltung der Auflagen und Verpflichtungen gemäß Abs. 2 erster Satz in den Abfallübernahmepreisen im vollen Umfang berücksichtigt sind; weiters ist ein derartiges Testat bei jeder Senkung der Abfallübernahmepreise, jedenfalls aber alle fünf Jahre während der Ablagerungsphase, der Behörde vorzulegen.

 

Gemäß § 48 Abs. 2b AWG 2002 hat die Behörde die bescheidmäßig festgelegte Sicherstellung, insbesondere die Höhe, zu überprüfen und erforderlichenfalls bescheidmäßig anzupassen, wenn sich die rechtlichen Verpflichtungen, deren Erfüllung von der Sicherstellung umfasst ist, ändern. Eine Änderung der rechtlichen Verpflichtungen kann sich insbesondere durch eine Änderung der Verordnung gemäß § 65 Abs. 1 über Deponien oder durch eine Änderung des Genehmigungsbescheides ergeben.

 

§ 62 Abs. 3 AWG 2002 lautet: Ergibt sich nach der Erteilung einer Genehmigung gemäß den §§ 37, 44, 52 oder 54, dass die gemäß § 43 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die erforderlichen, nach dem nunmehrigen Stand der Technik geeigneten Maßnahmen vorzuschreiben. Geeignete Maßnahmen sind insbesondere Untersuchungen, Beprobungen, Messungen, nachträgliche Auflagen, Erstellung und Durchführung eines Sanierungskonzepts, Beseitigung von bereits eingetretenen Folgen von Auswirkungen der Behandlungsanlage, vorübergehende oder dauernde Einschränkungen der Behandlungsanlage oder die gänzliche oder teilweise Einstellung des Betriebs.

 

Gemäß § 62 Abs. 6 AWG 2002 sind die nach den §§ 43 Abs. 4, 44, 52 Abs. 5 oder 8 oder 54 Abs. 2 vorgeschriebenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen auf Antrag mit Bescheid aufzuheben oder abzuändern, wenn und soweit die Voraussetzungen für ihre Vorschreibung nicht mehr vorliegen. Dies gilt auch für Aufträge gemäß § 51.

 

Gemäß § 47 Abs.9 Deponieverordnung 2008 hat die Behörde für Kompartimente, die sich am 1. März 2008 in der Vorbereitungs- oder Ablagerungsphase befinden, bis spätestens 31. Oktober 2010 gemäß § 48 Abs. 2b AWG 2002 die bestehenden Sicherstellungen im Hinblick auf die in dieser Verordnung oder aufgrund dieser Verordnung im Bescheid festgelegten Auflagen und Verpflichtungen unter Anwendung des Anhangs 8 Punkt 2 zu überprüfen und erforderlichenfalls anzupassen. Für die Berechnung ist das offene Volumen am 1. Jänner 2008 heranzuziehen. Eine Erhöhung der Sicherstellung hat der Deponieinhaber zum 1. Jänner 2011 zu leisten.

 

 

5.2. Ausgangspunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bildet grundsätzlich die für die Bodenaushubdeponie der Bf erteilte abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung vom 3. März 1999, UR-304076/81-1999. Punkt II. A) 18. der Nebenbestimmungen aus deponiebautechnischer Sicht legt fest, dass zur Hintanhaltung nachteiliger Staubemissionen die Grundfläche eines Schüttabschnittes des Deponiekörpers eine Fläche von 4.500 m2 nicht überschreiten darf. Bei Erreichen dieses Flächenausmaßes ist daher der Schüttabschnitt sofort mit einer Oberflächenabdeckung auszustatten.

 

Aufbauend auf dieser Festlegung der offenen Schüttfläche von 4.500 m2 wurde von der Genehmigungsbehörde im Spruchpunkt II. A 25. zur Gewährleistung der Erfüllung der Auflagen und der ordnungsgemäßen Herstellung des Deponiekörpers einschließlich der Deponieoberflächenabdeckung festgelegt, dass vom Deponiebetreiber eine Sicherstellung in Höhe von 49.054,16 Euro (etwa in Form einer Bankgarantie) zu leisten ist.

 

Entgegen diesem bestehenden abfallrechtlichen Konsens wurde im Spruchpunkt I.1. des angefochtenen Bescheides festgeschrieben, dass die offene, nicht projekts- bzw. bescheidgemäß abgedeckte Schüttfläche ein Ausmaß von 2.760 m2 nicht überschreiten darf. Dem Grunde nach stellt diese Vorschreibung eine Änderung des abfallrechtlichen Konsenses für die gegenständliche Bodenaushubdeponie dar.

 

Gemäß § 62 Abs.6 AWG 2002 sind die nach den §§ 43 Abs.4, 44, 52 Abs.5 oder 54 Abs.2 vorgeschriebenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen auf Antrag mit Bescheid aufzuheben oder abzuändern, wenn und soweit die Voraussetzungen für ihre Vorschreibung nicht mehr vorliegen. Aus den vorliegenden Aktenunterlagen ergibt sich, dass sich die von der belangten Behörde festgelegte offene Deponieschüttfläche im Ausmaß von 2.760 m2 aus einer durch das Deponieaufsichtsorgan durchgeführten Lagevermessung der gegenständlichen Deponie vom 8.8.2012 ergeben hat. Diese offene Schüttfläche stellt die Ist-Situation zum genannten Zeitpunkt dar, ohne dass allerdings von der Konsenswerberin selbst diesbezüglich die Abänderung der abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung ausdrücklich beantragt wurde.

 

Aus dem vorliegenden Akteninhalt ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dahingehend, dass es trotz Einhaltung der in der abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung erteilten Auflagen zu einer Beeinträchtigung der gemäß § 43 AWG 2002 wahrzunehmenden Interessen gekommen wäre und die belangte Behörde aus diesem Grund gemäß § 62 Abs.3 AWG 2002 die Verpflichtung treffe, die erforderlichen, nach dem nunmehrigen Stand der Technik geeigneten Maßnahmen vorzuschreiben. Derartige geeignete Maßnahmen wären im Sinne des § 62 Abs.3 AWG 2002 unter anderem die Erteilung von nachträglichen Auflagen. All dies führt zum Ergebnis, dass eine Reduzierung der im abfallrechtlichen Konsens festgelegten Schüttfläche auch nicht auf die Bestimmung des § 62 Abs.3 AWG 2002 gestützt werden kann.

 

Der Begründung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, dass die belangte Behörde den Anlass für das Verfahren zur Anpassung der Sicherstellung darin sieht, dass die von der Bf vorgelegte Bankgarantie bereits abgelaufen ist und es deshalb notwendig ist, die Sicherstellungsleistung der Deponie an den Stand der Technik anzupassen. Zu diesem Argument ist allerdings festzuhalten, dass sich für die Konsenswerberin die Verpflichtung zur Leistung einer Sicherstellung aus dem Spruchpunkt II. A 25. des Bescheides vom 3. März 1999, UR-304076/81-1999, ergibt und daher für den Fall des Ablaufes einer vorgelegten Bankgarantie von der Nichteinhaltung einer Auflage auszugehen ist, welche ihrerseits die Erfüllung eines Verwaltungsstraftatbestandes darstellt.

 

Im Sinne der, in den Rechtsgrundlagen der angefochtenen Entscheidung, zitierten Bestimmung des § 48 Abs.2b AWG 2002 hat die Behörde die bescheidmäßig festgelegte Sicherstellung, insbesondere die Höhe zu überprüfen und erforderlichenfalls bescheidmäßig anzupassen, wenn sich die rechtlichen Verpflichtungen, deren Erfüllung von der Sicherstellung umfasst ist, ändern. Eine Änderung kann sich – nach der genannten Bestimmung – insbesondere durch eine Änderung der Verordnung gemäß § 65 Abs.1 leg.cit. über Deponien oder durch eine Änderung des Genehmigungsbescheides ergeben.

 

Wie bereits oben dargestellt, scheidet die Variante der Änderung des Genehmigungsbescheides als Grundlage für ein Verfahren nach § 48 Abs.2b AWG 2002 aus. Vielmehr ist der Grund für ein Verfahren zur Anpassung der Sicherstellung in der Neuregelung der Deponieverordnung 2008, BGBl.II Nr. 39/2008 mit Wirksamkeit 1.1.2008 zu sehen.

 

Durch die Deponieverordnung 2008 sollte – gegenüber der Deponieverordnung 1996 idF BGBl.II Nr. 49/2004 – eine Vereinheitlichung der Rahmenbedingungen für Sicherstellungen und eine Angleichung der in den Bewilligungen für Deponien festgelegten Sicherstellungen an die neuen Bestimmungen der Deponieverordnung 2008 erreicht werden. Darüber hinaus sollte Art. 10 EG-Deponierichtlinie umgesetzt werden, wonach eine Sicherheitsleistung in der Regel einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren abdecken muss. Die Übergangsbestimmung des § 47 Abs.9 iVm Anhang 8.2 Deponieverordnung 2008 bewirkt dementsprechend, dass einem Deponiebetreiber für eine bereits bestehende Deponie erforderlichenfalls eine höhere Sicherstellung als bisher bescheidmäßig vorgeschrieben werden kann (vgl. VfGH, Zl: V46/2013 vom 29.11.2013).

 

§ 47 Abs.9 Deponieverordnung 2008 löst für jene Kompartimente einer Deponie die Pflicht zur Überprüfung und erforderlichenfalls zur Anpassung der Sicherstellung aus, die sich am 1.3.2008 in der Vorbereitungs- oder Ablagerungsphase befinden. Damit knüpft die Verordnungsbestimmung an jenen Zeitpunkt an, an dem § 47 Abs.9 Deponieverordnung 2008 in Kraft getreten ist. Die Stichtagsregelung für die Ermittlung des noch offenen Deponievolumens (1.1.2008) knüpft an die jährlichen Betriebspflichten nach § 21 Abs.4 AWG 2002 an, denen zufolge unter anderem die im vorangegangenen Kalenderjahr abgelagerten Abfallmengen und die Restkapazität jährlich gemeldet werden müssen. Es ist daher jedenfalls aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht unsachlich, wenn in § 47 Abs.9 Deponieverordnung 2008 das offene Volumen am 1.1.2008 zur Berechnung der Anpassung der Sicherstellung herangezogen wird (vgl. VfGH, Zl: V46/2013 vom 29.11.2013).

 

Hinsichtlich der in § 47 Abs.9 Deponieverordnung 2008 genannten Frist zur Überprüfung und Anpassung der bestehenden Sicherstellungen bis 31. Oktober 2010 ist festzuhalten, dass im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH, 2012/07/0113 vom 25.10.2012, 2012/07/0126 vom 21.11.2012, 2012/07/0232 vom 24.1.2013) es sich dabei um eine Ordnungsvorschrift und keine Fallfrist handelt. Dies bedeutet, dass der Ablauf des genannten Zeitpunktes einem Anpassungsverfahren hinsichtlich der Sicherstellung für eine bestehende Deponie nicht entgegensteht.

 

Ausgehend vom Inhalt der Bestimmung des § 47 Abs.9 Deponieverordnung 2008 ist somit im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur einem Verfahren gemäß § 48 Abs.2b AWG 2002 das offene Deponievolumen zum Stichtag 1.1.2008 zugrunde zu legen, auch wenn das eigentliche Verfahren zur Anpassung der Sicherstellung erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfindet.

 

Mithin ist die Bf im Recht, wenn sie im Beschwerdevorbringen meint, dass eine Beschränkung der offenen Schüttfläche nicht auf die Bestimmung des § 48 Abs.2b AWG 2002 gestützt werden kann. Vielmehr hat im Sinne des § 47 Abs.9 Deponieverordnung 2008 für das Anpassungsverfahren das offene Volumen der Deponie mit Stichtag 1.1.2008 und die im abfallrechtlichen Konsens vorgeschriebene offene Schüttfläche von 4.500 m2 die Grundlage zu bilden. Ausgehend von diesen Größen wäre von der belangten Behörde eine Überprüfung der im Auflagepunkt II. A 25. des abfallrechtlichen Konsenses der gegenständlichen Bodenaushubdeponie festgelegten Sicherstellung vorzunehmen gewesen, ohne den genannten Auflagepunkt zu beheben.

 

Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid darüber hinaus vorgeschriebenen Auflagepunkte stehen de facto in untrennbarem Zusammenhang mit der getroffenen Annahme der offenen Schüttfläche im Ausmaß von 2.760 m2, die allerdings – wie oben dargestellt – nicht dem abfallrechtlichen Konsens entspricht. Dieser Umstand kann nur zum Ergebnis führen, dass – obwohl von der Bf konkret nur zwei Auflagepunkte angefochten wurden – insgesamt die angefochtene Entscheidung mit den Bestimmungen des § 48 Abs.2b AWG 2002 iVm § 47 Abs.9 Deponieverordnung 2008 nicht in Einklang steht, weshalb aus diesem Grund der Bescheid zur Gänze zu beheben war.

 

Das neuerliche Verfahren zur Anpassung der in Pkt. II A 25. des abfallrechtlichen Konsens vorgeschriebenen Sicherstellung ist aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes in verwaltungsökonomischer und zweckmäßiger Hinsicht von der belangten Behörde allenfalls in Verbindung mit einem von der Bf über Antrag einzuleitenden Verfahren zur Änderung des abfallrechtlichen Konsenses hinsichtlich der offenen Deponieschüttfläche zu führen. In diesem Sinne war daher – ohne dass vom Landesverwaltungsgericht eine Entscheidung in der Sache zu treffen ist – der Bescheid aufzuheben und wird die belangte Behörde nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens in Form der neuerlichen Beiziehung des Sachverständigen für Deponietechnik eine Entscheidung im Sinne der dargestellten Rechtslage zu treffen haben.

 

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

6. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da die gegenständliche Entscheidung den genannten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes bzw. Verfassungs­ge­richts­hofes folgt und somit keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger

 

LVwG-550060/2/Kü/Ba vom 17. Jänner 2014

 

Erkenntnis

 

Rechtssatz

 

§ 48 Abs. 2b AWG 2002

 

§ 48 Abs. 2b AWG 2002 stellt keine Rechtsgrundlage für eine Änderung des bestehenden abfallrechtlichen Konsenses im Verfahren zur Überprüfung und Anpassung der Sicherstellung für eine Deponie dar.

 

Beschlagwortung:

 

Abfalldeponie; abfallrechtlicher Konsens - Änderung