LVwG-600031/4/Br/AE

Linz, 20.01.2014

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bleier, über die Beschwerde des X, geb. x, X, vertreten durch die Rechtsanwälte X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft  Eferding vom 26. November 2013,  Zl. VerkR96-1500-2013, nach der am 20.1.2014 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht  e r k a n n t:

 

 

I.   Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde statt gegeben; das Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.  

 

II.   Gemäß § 52 Abs.9 VwGVG entfällt jeglicher Verfahrenskostenbeitrag.

 

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25 a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.  

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.              Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe mit seinem Fahrzeug X, Kennzeichen X, am 06.06.2013 um 07:30 Uhr, in der Gemeinde Hinzenbach, Gemeindestraße Ortsgebiet, Kreuzung X Gemeindestraße mit Ortschaftsweg X ein Fahrzeug, dessen Lenker die Absicht angezeigt hatte nach links einzubiegen, links anstatt rechts überholt. Dadurch sei die Rechtsvorschrift des § 15 Abs. 2 lit a StVO verletzt worden.                                      

 

 

I.1. Begründet wurde das Straferkenntnis mit der Strafanzeige der Polizeiinspektion Eferding, mit der Zeugenaussage des Unfallzweitbeteiligten X und der Vernehmung des Beschwerdeführers. Das Ergebnis der Zeugenaussage wurde dem Beschwerdeführer übermittelt. Weiters wurde er aufgefordert, der Behörde seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten bekanntzugeben. Im Fall der Nichtbekanntgabe würde die Behörde von einem monatlichen Nettoeinkommen von ca Euro 1.300,--, keinen Sorgepflichten und keinem verfahrensrelevanten Vermögen ausgehen.

 

 

I.2. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens der Behörde führte der Zeuge X (am 30.10.2013, VerkR96-1500-2013) Folgendes aus:

„Am 06.06.2013 fuhr ich mit meinem Mofa auf der X Gemeindestraße und habe ca. 100 Meter vor der Kreuzung Gemeindestraße X begonnen Blinkzeichen zum Linksabbiegen zu geben, vorher habe ich mich aber im Rückspiegel vergewissert, ob ich überholt werde. Es war wohl ein Fahrzeug hinter mir jedoch noch weit entfernt. Ich ordnete mich dann mit meinem Mofa zum Linksabbiegen mittig in die Fahrbahn ein als mir plötzlich und völlig unerwartet der LKW in die Seite hineinfuhr. Ich kam anschließend zu Sturz. Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass ich schon 100 Meter vor der Kreuzung geblinkt habe.“

Der Beschwerdeführer als Beschuldigter sagte Folgendes aus:

„Die Aussage von Herrn X er hätte sein Moped schon links eingeordnet gehabt stimmt nicht, unmittelbar vorm Kreuzungsbereich war der Mopedfahrer noch auf der rechten Seite. Hätte er sich schon mittig eingeordnet gehabt, dann hätte ich ihn eigentlich hinten anfahren müssen oder mit der Vorderfront streifen müssen. Die Beschädigungen am LKW befinden sich jedoch rechts seitlich und zwar ab dem Seitenspiegel nach hinten. Die Aussage daß mein LKW ihm in die Seite hineingefahren ist, ist falsch formuliert, tatsächlich ist er mit seinem Moped in meinen LKW hineingefahren. Ich konnte auch nicht wie in der Aussagte des Herrn X beschrieben irgendwelche gegebenen Hand- bzw. Blinkzeichen sehen. Bis zu dem Zeitpunkt wo er meinen Sichtbereich verlasse hat, war ich davon überzeugt, dass er gerade weiterfahren würde.“

 

 

II. Die Behörde schenkte dem Beschwerdeführer keinen Glauben und sah die Verwaltungsübertretung aufgrund der Zeugenaussage schlüssig als erwiesen an. Die Strafbemessung erfolgte entsprechend § 19 VStG IVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 im unteren Bereich des vorgesehenen Strafrahmens. Es gab keine straferschwerenden Umstände, strafmildernd war die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers.

 

 

II.1. Die Behörde hat den Verfahrensakt ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung noch vor dem 1. Jänner 2014 dem UVS vorgelegt.

Beweis erhoben wurde hg. durch Beischaffung eines maßstabsgetreuen Luftbildes, sowie durch Erörterung des sich aus dem Akt ergebenden Beweisergebnisses anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung (§ 44 Abs.1 VwGVG) .

Dabei wurde sowohl der zwischenzeitig anwaltlich vertretene Beschwerdeführer als Beschuldigter und der Mopedfahrer X als Zeuge einvernommen. Die Vertreterin der Behörde entschuldigte deren Nichtteilnahme mit dienstlichen Gründen am 17.1.2014.

 

 

II.2. Sachverhalt:

Unbestritten ist an sich das Unfallgeschehen an der im Spruch genannten Örtlichkeit. Das Landesverwaltungsgericht geht jedoch davon aus, dass der Mopedfahrer das Linksabbiegen nicht oder erst im letzten Moment anziegte, sodass dieses vom überholenden Beschwerdeführer nicht mehr wahrgenommen werden hat können. Weiteren Feststellungen sind zum Sachverhalt nicht zu treffen.

 

 

II.3. Beweiswürdigung:

Der Beschwerdeführer legt im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung anhand des Luftbildes die Situation dahingehend dar, dass er sich auf dem mit einer geben Linie eingezeichnet Straßenzuges mit einer Geschwindigkeit von etwa 30-50 km/h der späteren Unfallstelle angenähert habe. Etwa 100 m vor ihm sei der Mopedfahrer in seiner Fahrtrichtung in diesen Straßenzug eingebogen. Bereits im Zuge der nachfolgenden Annäherung habe er den Entschluss gefasst diesem Mopedfahrer zu überholen. Geschätzte 25 m vor der Unfallkreuzung habe er den Überholvorgang durch Ausschwenken und Betätigen des linken Fahrtrichtungsanzeigers eingeleitet. Als sich das Moped bereits in seinem toten Sichtwinkel befunden habe, ist es zum seitlichen Kontakt mit dem Moped im Bereich seines rechten Außenspiegels gekommen. Er sei dann etwa 10 bis 20 m nach der Kreuzung  zum Stehen gekommen und zwar so, dass ein Gegenverkehr nicht mehr an seinem Fahrzeug vorbeigekommen wäre, weil er auf auf der schmalen Straße ganz links gestanden sei. Zum Zeitpunkt als von seinem Fahrzeug ausgestiegen war, habe sich das Moped des Herrn X unmittelbar im Kreuzungsbereich am Boden liegend befunden und X sei daneben gestanden.

Auf Befragen durch den Richter, ab welchem Zeitpunkt ein Blinken des Mopeds wahrgenommen worden ist, wird dies vom Beschwerdeführer spontan damit beantwortet, zu keinem Zeitpunkt ein Blinkzeichen des Mopeds wahrgenommen zu haben.

Auf einen Widerspruch des Zeugen in seinen Aussagen vor der Polizei und der Behörde wurde bereits in der Beschwerde hingewiesen.

Im Gegensatz zu seiner Zeugenaussage vom 30.10.2013 gab der Zeuge X bei der Zeugenvernehmung am 06.06.2013, GZ: D1/2190/2013-Bu, „bei der Kreuzung mit der X Gemeindestraße etwa 100 Meter ohne Blinken gefahren zu sein, ehe er erneut den linken Blinker setzte, da er links bei der Kreuzung mit dem Ortschaftsweg X in Richtung X einbiegen wollte. Er fuhr mit etwa 20 km/h und ca 15 Meter vor der Kreuzung habe er den linken Blinker gesetzt.

Dies steht im Widerspruch zu seiner Zeugenaussage vom 30.10.2013 in der  X angegeben hatte, er sei sich „hundertprozentig sicher  schon 100 Meter vor der Kreuzung geblinkt zu  haben.“

 

 

II.4. Der Zeuge konnte sich in seiner Befragung vor dem LVwG nicht mehr erinnern wo sich der Pkw befand, als er von der X in die X Gemeindestraße eingebogen ist.

Die Straßenbreite schätzt der Zeuge mit etwa zweieinhalb bis drei Meter. Dies steht im Einklang mit dem vorliegenden Bildmaterial. Es befinden sich dort keine Leit- oder Sperrlinie. Das Auto habe er kurz vor dem Linksabbiegen bemerkt, als er noch in den Rückspiegel blickte. Der Zeuge zeigt dies am Luftbild knapp vor den Kreuzungsschnittpunkt. Als er in den Spiegel blickte habe er etwa zwei Sekunden später geblinkt.

Alleine daraus lässt sich aber schlussfolgern, dass zu diesem Zeitpunkt der anzunehmender Weise mit etwa 50 km/h fahrende Pkw-Lenker sich bereits auf seiner Höhe befunden haben musste, als der Zeuge mit dem Moped nach links abbog und dabei mit der rechten Fahrzeugseite auf Höhe des Spiegels vom Pkw gestreift wurde bzw. er gegen diesen im Zuge des Linksversetzens stieß.

Es wird ihm die Aussage im Zuge der polizeilichen Befragung vorgehalten. Daraus geht hervor, dass der Zeuge einen weißen kleinen Firmenbus nachkommen gesehen habe, als er in den linken Spiegel geblickt habe. Zu diesem Zeitpunkt habe der Bus noch nicht geblinkt. Am 30. Oktober 2013 schilderte im Gegensatz zur Darstellung bei der Polizei aber auch in der h. Verhandlung, den Beginn des Blinkens bereits 100 m vor der besagten Kreuzung. Dies würde bedeuten, dass er ganze sechs Sekunden geblinkt hätte, was im diametralen Widerspruch zu den anderen Darstellungen steht.

Seiner mehrfach geänderten Darstellung vermag daher nicht gefolgt werden, während die Verantwortung des Beschwerdeführer von Anbeginn gleichlautend und in sich schlüssig blieben und darüber hinaus der Beschwerdeführer, der zu dieser Verhandlung aus Wien anreiste, einen sehr glaubwürdigen Eindruck hinterließ.

 

 

III.         Rechtslage:

Nach § 15 Abs. 2a StVO 190, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 39/2013, sind Fahrzeuge, deren Lenker die Absicht anzeigen, nach links einzubiegen oder zum linken Fahrbahnrand zuzufahren und die Fahrzeuge links eingeordnet haben, rechts zu überholen. Gem. § 99 Abs. 3 a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,

 

a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

 

 

III.1. Da auf Grund des Beweisergebnisses von einem Blinken bzw. Anzeigen der Fahrtrichtung zum Linksabbiegen nicht ausgegangen werden kann, kann ein Fehlverhalten des Beschwerdeführers nicht erwiesen gelten bzw. konnte ein solches letztlich weitgehend ausgeschlossen werden.

Wie die Behörde so hat auch das LVwG von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann bzw der Beschwerdeführer diese nicht begangen hat.

 

 

III. Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Des Weiteren ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als nicht uneinheitlich zu beurteilen. Letztlich war hier ausschließlich eine Beweisfrage zu beurteilen, welche zwingend zur Aufhebung des Straferkenntnisses und zur Verfahrenseinstellung zu führen hatte.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde/der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. B l e i e r