LVwG-300045/5/Kl/Tk

Linz, 27.01.2014

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn W F, N, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. T D, F, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 7. Oktober 2013, Ge96-6/13-2013, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 16. Jänner 2014

 

 zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die verhängten Geldstrafen jeweils auf € 150 herabgesetzt und die jeweiligen Freiheitsstrafen aufgehoben werden sowie die jeweilige Strafnorm im Sinn des § 44a Z.3 VStG „ § 130 Abs.1 Einleitung ASchG“ zu lauten hat. Die Kosten des Strafverfahrens erster Instanz ermäßigen sich auf insgesamt € 60. Im Übrigen wird die Beschwerde hinsichtlich der Schuld mit der Maßgabe abgewiesen, dass die verletzte Rechtsvorschrift im Sinne des § 44a Z.2 VStG zu Spruchpunkt 2 “§ 61 Abs. 8 Z. 1 und § 130 Abs. 1 Z. 15 ASchG“ , zu Spruchpunkt 3 “§ 71 Abs. 2 und § 130 Abs. 1 Z 26 ASchG“ und zu Spruchpunkt 4 “§ 2 Abs. 2 ESV 2012 und § 130 Abs. 1 Z 15 ASchG“  zu lauten hat.

 

 

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 7. Oktober 2013, Ge96-6/13-2013, wurde über den Berufungswerber in vier Fällen je eine Geldstrafe von € 216, für den Fall der Uneinbringlichkeit keine Ersatzfreiheitsstrafe, jedoch eine (primäre) Freiheitsstrafe von je 8 Stunden,  wegen einer  Verwaltungsübertretung  von 1) § 27 Abs.3 und 8 und § 130 Abs. 1 Z. 15 ASchG, 2) § 61 Abs. 8 und § 130 Abs. 1 Z. 15 ASchG, 3) § 69 und § 130 Abs. 1 Z. 26 ASchG, 4) § 2 Abs. 2 ESV und  § 130 Abs. 1 Z. 15 ASchG verhängt, weil er  als nach außen hin vertretungsbefugtes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der „R“ E H GmbH, P, B,  Folgendes zu verantworten hat:

„Die Arbeitsinspektorin Frau U L hat anlässlich einer am 11. Dezember 2012 durchgeführten Kontrolle festgestellt, dass am 11. Dezember 2012 in der Arbeitsstelle “ R“ E H GmbH, R, J,

1. dem Arbeitnehmer in der Nähe des Arbeitsplatzes keine geeignete Toilette zur Verfügung gestellt wurde. Es konnte auch keine Vereinbarung einer Toilettenbenützung mit dem nahe liegenden Betrieb vorgelegt werden,

2. der Arbeitnehmer nicht gegen Witterungseinflüsse, schädliche Zugluft, Einwirkung durch Lärm, Abgase von Kraftfahrzeugen ausreichend geschützt war,

3. dem Arbeitnehmer keine entsprechende Arbeitskleidung zur Verfügung gestellt wurde,

4. die Steckverbindungen der Verlängerungskabel sowie der Kabeltrommeln nicht für die Verwendung im Freien geeignet waren.“

 

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde) eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass für die Tatvorwürfe keinerlei Beweisergebnisse vorliegen würden. Es sei der Verpflichtung, in ausreichender Anzahl geeignete Toiletten zur Verfügung zu stellen, vom BF nachgekommen worden, da Vereinbarungen mit den Eigentümern des Verkaufsplatzes bzw. angrenzenden Nachbarn getroffen worden seien. Im gegenständlichen Fall sei eine Toilettenbenützung mit dem nahe gelegenen Installationsbetrieb und Campingplatz persönlich vereinbart worden. Auch seien Unterstände mit Planabdeckungen jederzeit zur Verfügung gestellt worden. Insgesamt seien 24 Stück Zelte als Unterstand gekauft worden. Dass diese nicht benutzt wurden sei dem Beschuldigten nicht anzulasten. Auch seien sämtlichen Mitarbeitern Regenanzüge ausgehändigt worden. Ob diese tatsächlich auch benützt werden, liege im Ermessen der Arbeitnehmer, welche jedoch vielfach das Tragen der privaten Kleidung bevorzugten. Weiters seien die Steckverbindungen der Verlängerungskabel sowie der Kabeltrommeln mit Plastik abgedeckt worden. Es sei daher auch zu keinerlei Stromausfällen oder Fallen von Schutzschaltern gekommen. Auch sei es im Interesse des Geschäftsbetriebes, die Stromversorgung ununterbrochen aufrecht zu erhalten. Schließlich wurde die Höhe der verhängten Strafe bekämpft und auf die Parallelakte, welche verschiedene Arbeitnehmer aber gleichgelagerten Sachverhalt betreffen, hingewiesen, wonach von einem einzigen Verstoß auszugehen sei und nur eine einzige Strafe zu verhängen sei.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land als belangte Behörde hat die Berufung (Beschwerde) samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat, nunmehr Oö. Landesverwaltungsgericht, vorgelegt.

Gemäß § 3 Abs. 7 Z. 1 und 2 VwGbk-ÜG können mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei den unabhängigen Verwaltungsbehörden anhängige Verfahren von den Verwaltungsgerichten weitergeführt werden, wenn die Rechtssache in diesem Zeitpunkt zur Zuständigkeit eines Senates der unabhängigen Verwaltungsbehörde gehört hat, danach zur Zuständigkeit des Senates oder des Einzelrichters eines Verwaltungsgerichtes gehört und alle Mitglieder dieses Senates bzw. der Einzelrichter dem Senat der unabhängigen Verwaltungsbehörde angehört haben bzw. hat; zur Zuständigkeit eines einzelnen Mitglieds der unabhängigen Verwaltungsbehörde gehört hat, danach zur Zuständigkeit des Einzelrichters eines Verwaltungsgerichtes gehört und es sich um denselben Organwalter handelt.

Sowohl nach der für den Oö. Verwaltungssenat in Geltung gestandenen Geschäftsverteilung als auch nach der nunmehr geltenden Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich ist die eingangs genannte Einzelrichterin zur Entscheidung zuständig. Es war daher das Verfahren fortzuführen.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. Jänner 2014, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und der Beschwerdeführer mit Rechtsvertretung sowie das  zuständige Arbeitsinspektorat erschienen sind. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurden U L (UL), Arbeitsinspektorat Salzburg, J S (JS) und A S (AS) als Zeugen geladen und einvernommen. Der Zeuge JS ist anstelle seiner gesundheitlich beeinträchtigten Mutter und als nunmehriger Betriebsinhaber zur Verhandlung erschienen. Die weiters geladenen Zeugen G W (GW), Hans V (HV) und J K (JK) sind trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen. Hinsichtlich dieser beantragten Zeugen legte die Rechtsvertretung in der mündlichen Verhandlung eidesstattliche Erklärungen vor, dass der Christbaumverkäufer im Dezember 2012 die WC-Anlage im M B bzw. im Autohaus V.bzw. in der Pension “Haus K“ mitbenutzen durfte. Der ebenfalls nachweislich geladene Zeuge W H (WH) hat sich aus gesundheitlichen Gründen entschuldigt und bestätigt, dass um die Erlaubnis zur Benützung seiner Toilette vom Betreiber des Tannenbaumverkaufes gefragt wurde.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Der Beschwerdeführer (BF) war im Dezember 2012 (am 11.12.2012) handelsrechtlicher Geschäftsführer der „R“ E & H GmbH mit Sitz in  H. Er ist im Besitz der Gewerbeberechtigung. Er verfügt laut Steuerbescheid vom Jahre 2012 über ein monatliches Nettoeinkommen von € 1680. Er ist sorgepflichtig für drei minderjährige Kinder. Er verkauft schon etwa 30 Jahre Christbäume, davon seit 17 Jahren selbstständig. Seine ca. 66 Verkaufsstände befinden sich in Salzburg, Oberösterreich, Kärnten und Tirol. Diese Verkaufsstände befinden sich entweder auf Grundstücken von Lebensmittelmärkten oder auf Privatgrund. Bereits im November wird der Aufbau der Stände begonnen. Der Verkauf findet vom 8. bis 24. Dezember jeden Jahres statt. Der BF sieht sich stichprobenartig die Verkaufsplätze an, aber nicht alle. Jeweils bei erstmaliger Benützung des Standplatzes wird um eine günstige Gelegenheit in der Nähe zur Toilettenbenützung gesucht. Teilweise wurde die Mitbenützung der Toilette mit dem jeweiligen Filialleiter des Verkaufsmarktes bzw. den jeweiligen Betreibern der Pension oder des Gasthauses mündlich vereinbart, nachweislich mit dem Filialleiter in B, dem Autohaus V. in B, dem Campingplatzbetreiber in  J, dem Betreiber der Pension in H sowie dem Betreiber in E.

Mit den jeweiligen Arbeitnehmern an den Verkaufsständen wurde ein Dienstvertrag abgeschlossen, wonach in einem Zusatz die Öffnungszeiten mit Montag bis Donnerstag 9:00 Uhr bis 12:00 Uhr und 14:00 Uhr bis 18:00 Uhr, Freitag und Samstag 9:00 Uhr bis 18:00 Uhr sowie Sonntag 10:00 Uhr bis 12:00 Uhr und 13:00 Uhr bis 16:00 Uhr angeführt sind. In einem weiteren Zusatz “ Lieferschein für Zubehör und Werkzeug“ sind die ausgegebenen Werkzeuge, Gegenstände  und ein Regenanzug vermerkt. Der Regenanzug ist jeweils mit einem X versehen, was bedeutet, dass der Regenanzug nicht übernommen wurde. Die Übernahme wäre durch Anhaken vermerkt.

Am 11.12.2012 wurde beim Verkaufsstand R, J, festgestellt, dass dieser Verkaufsstand in der Nähe von verschiedenen Verkaufsmärkten, eines Schlosserei-und Installationsbetriebes sowie eines Campingplatzes und einer Pension des AS gelegen war. Der Arbeitnehmer wurde zur Möglichkeit einer Toilettenbenutzung von der Arbeitsinspektorin befragt. Der Arbeitnehmer sagte nichts über die Möglichkeit einer Toilettenbenutzung beim Campingplatz bzw. der Pension des AS. Eine schriftliche Vereinbarung konnte der Arbeitsinspektorin nicht vorgelegt werden. Vom Betreiber AS wurde eine Mitbenutzungsmöglichkeit durch den Christbaumverkäufer bestätigt. Es wurde von ihm angegeben, dass der Campingplatz immer frei zugänglich ist. Der Arbeitnehmer hingegen hat über eine solche Benutzung der Arbeitsinspektorin nichts mitgeteilt. Der Arbeitnehmer war auch nicht gegen Einflüsse durch Witterung, schädliche Zugluft, Lärm und Abgase von Kraftfahrzeugen ausreichend geschützt. Planen oder ein Unterstand waren für den Arbeitnehmer nicht vorhanden. Der Arbeitnehmer hatte auch seine private Kleidung an. Eine entsprechende Arbeitskleidung gegen Kälte und Regen wurde ihm vom Arbeitgeber nicht zur Verfügung gestellt. Der Arbeitnehmer wurde auch diesbezüglich ausdrücklich gefragt und gab bei seiner Kontrolle an, dass ihm keine Arbeitskleidung von seinem Arbeitgeber angeboten wurde und ihm nur die Privatkleidung zur Verfügung steht. Auch waren zum Kontrollzeitpunkt keine für den Außenbereich geeigneten Steckverbindungen der Verlängerungskabel sowie der Kabeltrommeln verwendet worden. Teilweise war eine Abdeckung durch Müllsäcke oder Folien als Schutz gegen Spritzwasser vorhanden. Dies entspricht nicht den Sicherheitsvorschriften.

Diese Mängel wurden bereits bei einer Kontrolle im Dezember 2011 von der Arbeitsinspektorin am benannten Verkaufsstand festgestellt und auch dem BF zur Kenntnis gebracht und die Mängelbeseitigung mit Schreiben vom 4.1.2012, Zl. 011-4/1-10/12 gefordert. Darauf wurde nicht reagiert und keine Mängelbehebung dem Arbeitsinspektorat bekannt gegeben. Dies war daher auch der Anlass, dass im Dezember 2012 die Kontrolle durchgeführt wurde und die gleichen Mängel wieder festgestellt wurden.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf das Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung, insbesondere auf die Aussagen der Arbeitsinspektorin sowie des BF selbst und des Zeugen AS. Insbesondere waren die Aussagen der Arbeitsinspektorin als sachverständige Zeugin fundiert und besteht an der Wahrheitsgemäßheit der Aussage kein Zweifel. Sie legte ausführlich und glaubwürdig dar, dass sie eingehende Gespräche mit dem jeweiligen Arbeitnehmer durchgeführt hat und diesen ausdrücklich zu den jeweils aufgezeigten Mängeln befragt hat. An diesem Ergebnis kann auch nicht die Beteuerung des Betreibers des Campingplatzes über die Möglichkeit der Benützung der Toilette des Campingplatzes etwas ändern, zumal der Arbeitnehmer nichts davon wusste und dies auch nicht der Arbeitsinspektorin äußerte. Auch hinsichtlich der erforderlichen Arbeitskleidung waren die Angaben des Arbeitnehmers eindeutig und widersprachen den Ausführungen des BF. Es konnten daher diese Aussagen zu Grunde gelegt werden.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs. 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen

Z. 15 die Verpflichtungen betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Arbeitsstätten oder Baustellen einschließlich der Sozial- und Sanitäreinrichtungen verletzt,

Z. 26 die Verpflichtungen betreffend persönliche Schutzausrüstungen oder Arbeitskleidung verletzt.

Gemäß § 27 Abs. 3 ASchG sind den Arbeitnehmern in der Nähe der Arbeitsplätze, der Aufenthaltsräume, der Umkleideräume und der Waschgelegenheiten oder Waschräume in ausreichender Zahl geeignete Toiletten zur Verfügung zu stellen. Der Verpflichtung zur Einrichtung von Waschräumen, Toiletten und Umkleideräumen kann auch in der Weise entsprochen werden, dass mehrere Arbeitgeber gemeinsam für ihre Arbeitnehmer Waschräume, Toiletten und Umkleideräume zur Verfügung stellen (Abs. 8).

Gemäß § 61 Abs. 8 Z. 1 ASchG gilt für Verkaufsstände im Freien abweichend von Abs. 7, dass an Verkaufsständen im Freien Arbeitnehmer nur beschäftigt werden dürfen, wenn sie gegen Witterungseinflüsse, schädliche Zugluft, Einwirkungen durch Lärm, Erschütterungen und Abgase von Kraftfahrzeugen ausreichend geschützt sind.

Gemäß § 71 Abs. 2 ASchG sind, wenn die Art der Tätigkeit zum Schutz der Arbeitnehmer eine bestimmte Arbeitskleidung erfordert oder wenn die Arbeitskleidung durch gesundheitsgefährdende oder ekelerregende Arbeitsstoffe verunreinigt wird, die Arbeitgeber verpflichtet, auf ihre Kosten den Arbeitnehmern geeignete Arbeitskleidung zur Verfügung zu stellen und für eine ausreichende Reinigung dieser Arbeitskleidung zu sorgen.

Gemäß § 2 Abs. 2 Elektroschutzverordnung 2012 - ESV 2012 haben Arbeitgeber/innen dafür zu sorgen, dass nur solche elektrische Anlagen und elektrische Betriebsmittel verwendet werden, die im Hinblick auf Betriebsart und Umgebungseinflüsse den jeweiligen betrieblichen und behördlichen Anforderungen entsprechen und den zu erwartenden Beanspruchungen (wie gegebenenfalls insbesondere Hitze, Kälte, Feuchtigkeit sowie elektrische, mechanische oder chemische Beanspruchungen) sicher widerstehen können.

 

5.2. Im Grunde des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes wurden daher die Anforderungen des Arbeitnehmerschutzes nicht erfüllt. Auch wenn die Toilettenbenützung am Campingplatz grundsätzlich gegeben gewesen wäre, so war dies dennoch dem Arbeitnehmer nicht bekannt und kann daher nicht von einer ausreichenden Möglichkeit für den Arbeitnehmer gesprochen werden. Auch war eine ausreichende Unterstandsmöglichkeit und Schutzmöglichkeit für den Arbeitnehmer nicht gegeben und war der Arbeitnehmer zur Verwendung der persönlichen Kleidung gezwungen, weil ihm keine Arbeitskleidung durch den BF angeboten und zur Verfügung gestellt wurde. Insofern ist den Angaben des Arbeitnehmers bei seiner Kontrolle mehr Glauben zu schenken und wird durch diese Aussage die Vorlage eines Zusatzblattes zum Dienstvertrag widerlegt. Darüber hinaus ist aus diesem Zusatzblatt nur ersichtlich, dass die Arbeitskleidung nicht ausgefolgt wurde. Ein Grund der Nichtausfolgung ist dem Arbeitsblatt nicht zu entnehmen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Annahme durch den Arbeitnehmer verweigert wurde. Auch zur Unterstandsmöglichkeit ist auszuführen, dass diese vom Arbeitgeber zu gewährleisten ist. Ausführungen des BF dahingehend, dass Planen oder Paletten zur Verfügung gestellt wurden und der Arbeitnehmer sich einen Unterstand selber aufstellen hätte sollen, reichen nicht aus. Es wurde nämlich festgestellt, dass die zur Verfügung gestellten Mittel für einen ausreichenden Schutz nicht geeignet waren. Auch ist der BF darauf hinzuweisen, dass der Arbeitgeber für eine entsprechende Unterstandsmöglichkeit zu sorgen hat. Gleiches gilt auch für die Verwendung von elektrischen Steckverbindungen im Freien. Auch diesbezüglich hat der Arbeitgeber Vorsorge zu treffen und war dies beim kontrollierten Standort nicht dem Gesetz und der Sicherheit entsprechend durchgeführt. Das Abdecken mit Säcken oder Folien entspricht nicht der Elektroschutzverordnung und ist nicht ausreichend. Vielmehr gibt es hiefür besonders zugelassene Elektrotechnikartikel.

Es ist daher der objektive Tatbestand der jeweiligen Verwaltungsübertretungen einwandfrei erfüllt.

Als handelsrechtlicher Geschäftsführer und gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ war der BF daher verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom BF kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der BF initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem BF nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Das Vorbringen des BF kann eine Entlastung nicht bewirken. Vielmehr gibt der BF

in der mündlichen Verhandlung an, dass er zwar stichprobenartig zu den Verkaufsständen kommt, aber nicht alle Verkaufsstände kontrolliert, insbesondere nicht alle vor Inbetriebnahme bzw. vor dem Verkauf kontrolliert. Gerade dies ist aber im Sinn der obigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dem BF als Sorgfaltsverletzung anzulasten. Als Arbeitgeber hat er die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu kontrollieren und zu überwachen, was auch bedeutet, dass er die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen vor Inbetriebnahme des Verkaufsstandes durch den Arbeitnehmer zu kontrollieren hat. Auch müssen die Arbeitnehmerschutzbestimmungen während der gesamten Arbeitszeit erfüllt werden und reicht ein teilweiser Arbeitnehmerschutz nicht aus. Darüber hinaus ist auch im Rahmen des Verschuldens zu beachten, dass der BF bereits im Jahr 2012 über die Missstände vom Arbeitsinspektorat schriftlich in Kenntnis gesetzt wurde und er trotz eines schriftlichen Mängelbehebungsauftrages nicht für einen ausreichenden Arbeitnehmerschutz gesorgt hat. Es ist daher eine Entlastung des BF im Sinn des § 5 Abs. 1 VStG nicht gelungen und war daher zumindest von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

 

5.4. Gründe für die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens liegen daher nicht vor. Insbesondere ist im Hinblick auf den Mängelbehebungsauftrag aus dem Jahr 2012 die Intensität der Beeinträchtigung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten nicht mehr als gering zu bezeichnen ( § 45 Abs.1  Z. 4 VStG).

 

5.5. Gemäß § 19 Abs.1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses keine Strafmilderungsgründe zugrunde gelegt. Erschwerend wurde jedoch gewertet, dass der BF trotz eines schriftlichen Auftrages des Arbeitsinspektorates vom 4.1.2012 den gesetzlich geforderten Zustand nicht hergestellt hat und daher ein erhöhter Verschuldensgrad zu Grunde zu legen ist.

Dies musste auch vom erkennenden Landesverwaltungsgericht berücksichtigt werden. Darüber hinaus war aber auch darauf bedacht zu nehmen, dass gerade bei Tätigkeiten im Freien dem Arbeitnehmerschutz ein besonderes Augenmerk zu schenken ist. Allerdings war gemäß den Angaben des BF bei der Strafbemessung zu berücksichtigen, dass der BF Sorgepflichten für drei minderjährige Kinder hat. Auch ist sein Einkommen nur durchschnittlich bzw. bescheiden. Wenn auch nicht Unbescholtenheit des BF vorliegt, weil zum Tatzeitpunkt bereits eine rechtskräftige Verwaltungsstrafe vorliegt, so ist dem Beschwerdeführer trotzdem zugutezuhalten, dass einschlägige Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nicht vorliegen und der BF sich bemüht gezeigt hat, die Mängel in Hinkunft zu beseitigen.

Insbesondere in Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse waren daher die verhängten Geldstrafen auf ein Mindestmaß von jeweils € 150 herabzusetzen. Diese Geldstrafen waren erforderlich um den BF zu einem rechtmäßigen Verhalten zu leiten und ihn von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Da die Voraussetzungen für eine Verfahrenseinstellung gemäß § 45 Abs. 1 VStG nicht vorlagen, war auch nicht mit einer Ermahnung vorzugehen. Ein Überwiegen der Milderungsgründe konnte nicht festgestellt werden, sodass von einer außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG nicht Gebrauch zu machen war.

Gemäß § 16 Abs. 1 VStG ist bei Verhängung einer Geldstrafe zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen. Dieser gesetzlichen Anordnung ist die belangte Behörde nicht nachgekommen. Gemäß dem im Strafverfahren geltenden Grundsatz des Verschlechterungsverbotes konnte dieser Mangel im Rechtsmittelverfahren nicht beseitigt werden.

Da gemäß § 130 Abs. 1 ASchG eine primäre Freiheitsstrafe nicht vorgesehen ist, war der diesbezügliche Ausspruch der belangten Behörde rechtswidrig und musste daher aufgehoben werden.

 

5.5. Ein fortgesetztes Delikt konnte entgegen den Ausführungen der Beschwerde nicht angenommen werden und war daher keine Einheitsstrafe zu verhängen, weil es sich bei den jeweiligen Fällen um verschiedene Standorte und verschiedene Arbeitnehmer handelte. Hinsichtlich jedes Verkaufsstandortes war aber hinsichtlich des dortigen Arbeitnehmers der Arbeitnehmerschutz einzuhalten und war bei Missachtung das geschützte Rechtsgut der Unversehrtheit und der Gesundheit des Arbeitnehmers gefährdet. (Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1386, Rn. 25 mit Judikaturnachweisen). Es war somit hinsichtlich jedes Standortes und Arbeitnehmers eine Verwaltungsübertretung gegeben und unter Strafe zu stellen. Ein fortgesetztes Delikt im Sinn der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes war daher nicht gegeben.

 

6. Die Spruchkorrekturen waren in den gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

7. Weil die Beschwerde zumindest teilweise Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren nicht aufzuerlegen (§ 52 Abs. 8 VwGVG). Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz hingegen ermäßigt sich auf 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafen, das sind insgesamt € 60 (§ 64 Abs. 1 und 2 VStG).

 

8. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Dr. Ilse Klempt