LVwG-410986/18/Wg LVwG-411034/8/Wg

Linz, 12.11.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerden der T.M. KG,  vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F.M., x, x, gegen die Bescheide der Bezirks­hauptmannschaft Braunau am Inn vom 29. Mai 2015 und vom 27. August 2015, jeweils GZ Pol96-698-2015, betr. Schließungsanordnung iSd § 56a GSPG, nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Den Beschwerden wird stattgegeben. Die Bescheide vom 29. Mai 2015 und vom 27. August 2015 werden behoben.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.1.      Die Beschwerdeführerin (Bf) ist Betreiberin des „C. R. B.“ im Standort x, x, und erhob Beschwerde gegen die Bescheide der Bezirks­hauptmannschaft Braunau am Inn (in der Folge: belangte Behörde) vom 29. Mai 2015 und vom 27. August 2015, jeweils GZ Pol96-698-2015, betreffend Schließungsanordnungen iSd § 56a GSPG.

 

1.2.      Das LVwG verband die Beschwerden zur gemeinsamen Verhandlung am 9. November 2015. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme und Erörterung des Akteninhaltes sowie Einvernahme des Zeugen Z. (Finanzpolizei).

 

2.           Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

2.1.      Das Amt der Oö. Landesregierung übermittelte der belangten Behörde mit Schreiben vom 18. September 2014 eine Liste mit Lokalen, bei denen vermutet werde, dass an diesen Standorten illegale Ausspielungen mit Glücksspiel­automaten durchgeführt bzw betrieben werden. In dieser Liste ist auch das Lokal „R.“ enthalten, das von der Beschwerdeführerin (Bf) in der Betriebsart „Gasthaus“ unter der Bezeichnung „C. R. B.“ (umbenannte Adresse: x, x) geführt wird.

 

2.2.      Auf Grund dieser Mitteilung wandte sich die belangte Behörde an die Bf und teilte ihr im Schreiben vom 1. April 2015 mit, dass der begründete Verdacht bestehe, dass Glücksspiele entgegen den Vorschriften des Glücksspielgesetzes durchgeführt würden. Sollte der illegale Spielbetrieb nicht eingestellt werden, werde die Behörde – so das Schreiben vom 1. April 2015 – mit einer gänzlichen oder teilweisen Schließung ihres Betriebes im Sinne des § 56a GSPG vorgehen. Eine Kontrolle nach dem GSPG durch Finanzpolizisten war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgt.

 

2.3.      Am 19. Mai 2015 zeigte ein Privatdetektiv bei der belangten Behörde schriftlich an, er habe am 18. Mai 2015 im Lokal der Bf drei Glücksspiel­automaten der Marke K. festgestellt. Die belangte Behörde leitete diese Anzeige noch am selben Tag an das Finanzamt Braunau-Ried-Schärding (in der Folge: Finanzamt) weiter und ersuchte um Erhebung und Berichterstattung.

 

2.4.      Finanzpolizisten des Finanzamtes führten am 28. Mai 2015 eine Glücks­spielkontrolle im Lokal der Bf durch, bei der sie vier Geräte vorfanden, die – wie sich später herausstellte – im Eigentum der P. GmbH und der G. s.r.o. stehen. Es handelte sich nach Ansicht der Finanzpolizisten um drei sogenannte Walzenspielgeräte und ein „afric2go“. Die Finanzpolizisten hatten den Verdacht, dass mit diesen Geräten gegen das Glücksspielgesetz verstoßen wurde und verfügten die vorläufige Beschlagnahme gemäß GSPG. Vertreter der belangten Behörde verfügten mündlich um 16:45 Uhr die teilweise Schließung des Betriebes, die in der Folge mit Bescheid vom 29. Mai 2015 – am selben Tag zugestellt – mit Wirkung ab 28. Mai 2015 angeordnet wurde. Laut Spruch des Bescheides bezieht sich die Betriebsschließung auf das Nebenzimmer des Gastgewerbebetriebes, welches mit einer Schwingtür vom Flur aus bzw. von im Außenbereich gelegenen Gastgarten betretbar ist. Der betroffene Nebenraum ist in einer der Niederschrift des LVwG als Beilage 1 angeschlossenen Handskizze mit blauer Farbe markiert.

 

2.5.      Am 29. Mai 2015 ergab die im Auftrag der belangten Behörde von der PI Ostermiething vorgenommene Überprüfung, dass der Nebenraum nicht benützt wurde. Am 10. Juli 2015 ergab eine neuerliche im Auftrag der Behörde vorgenommene Überprüfung, dass nun nicht im Nebenraum, sondern im Vorraum vier – von den Exekutivbeamten als Glücksspielautomaten bezeichnete – Geräte in Betrieb waren. Ein Gast benützte dabei einen Automaten. Die belangte Behörde hatte den Verdacht, dass T.M. – die gewerbe­rechtliche Geschäftsführerin der Bf – offenbar die vier beschlagnahmten Automaten vom Nebenraum entfernt und im Vorraum, so wie bei der Überprüfung vom 10. Juli 2015 vorgefunden, aufgestellt hatte. Am 18. Juli 2015 nahmen Exekutivorgane der PI Ostermiething daher im Auftrag der belangten Behörde eine Überprüfung der im Vorraum stehenden Geräte vor. Dabei ergab sich, dass von den vier vorhandenen Geräten ein Automat, nämlich der ursprünglich versiegelte Spielautomat „Afric2go“ mit der Nummer x, mit drei anderen Geräten im Vorraum angeschlossen und für den Spielbetrieb geeignet abgestellt worden war.

 

2.6.      Am 27. August 2015 führten Finanzpolizisten in Begleitung von Behörden­vertretern erneut eine Kontrolle nach dem GSPG durch. Im Akt befindet sich der Bescheid vom 27. August 2015 mit folgendem Spruch „Es wird die Schließung des Betriebes mit der Bezeichnung „C. R. B.“ in P., x, mit Wirkung ab 27. August 2015, 12.00 Uhr angeordnet“. Die Bescheidausfertigung wurde von T.M. um 12.45 Uhr übernommen. Aus der Begründung geht hervor, dass am 27. August 2015 neuerlich 4 Glücksspielgeräte festgestellt worden wären. Dies ergibt sich auch aus dem von der Behörde angefertigten Aktenvermerk vom 28. September 2015.

 

2.7.      Die PI Ostermiething stellte am 28. August 2015 fest, dass das Lokal geöffnet war und zeigte T.M. mit Abschlussbericht vom 28. August 2015 wegen des Verdachts des Siegelbruches bei der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis an. Die belangte Behörde verhängte wegen Missachtung der Schließungsanordnung mit Bescheid vom 8. September 2015, über die Bf eine Zwangsstrafe von 8.000 Euro.

 

2.8.      In der mündlichen Verhandlung des LVwG am 9. November 2015 wurden der Verfahrensablauf und der Ablauf der Kontrollen eingehend erörtert. Herr W. führte als Vertreter des Finanzamtes dazu aus: „Die von Herrn Mag. A. (Anm: Rechtsanwalt der Bf) erwähnten drei „Skill Games“, die am 27. August 2015 von der Finanzpolizei vorgefunden wurden, waren ausgesteckt. Als wir das Lokal betreten haben, waren die Geräte nicht eingesteckt und hatten einen schwarzen Bildschirm. Diese drei „Skill Games“ wurden dann von uns eingeschaltet es konnte aber keine Verbindung zum Internet hergestellt werden, es stand lediglich auf den Bildschirmen „connected“. Wir konnten nicht feststellen, welche Spiele auf diesen Geräten laufen. Weiters war ein „afric2go“ vor Ort, der war auch ausgeschaltet. Wir haben aber festgestellt, dass dieses Gerät dieselbe Seriennummer aufwies, wie bei der ersten Kontrolle am 28. Mai 2015. Es besteht der Verdacht, da es sich bei den drei „Skill Games“ um dieselben Geräte handelte wie bei der ersten Kontrolle am 28. Mai 2015, wobei wir das nicht anhand von Seriennummern verifiziert haben.“ Herr Mag. A. verwies darauf, dass im Bescheid vom 27. August 2015 betreffend die gänzliche Betriebsschließung bezüglich der drei „K.“ Geräte eine andere Seriennummer angeführt wird als im Betriebsschließungsbescheid vom 29. Mai 2015. Der Vertreter des Finanzamtes führt dazu aus: „Unserer Ansicht nach besteht der Verdacht, das bei diesen Geräten die Seriennummer ausgetauscht wurde. Es handelt sich unserer Ansicht nach aber bzw. besteht der Verdacht, dass es sich um dieselben Geräte handelt. Auf den angefertigten Fotos bei der Kontrolle am 27. August 2015 ist ersichtlich, dass teilweise hier noch Plaketten, die von der ersten Kontrolle stammen, angebracht waren.“ Der Vertreter des Finanzamtes legte dem Verhandlungsleiter dazu eine Fotodokumentation vom 27. August 2015 vor, die der Verhandlungsleiter der Niederschrift als Beilage 2 anschloss. Der Vertreter des Finanzamtes führte dazu Folgendes aus: „Beispielsweise ist hier bezüglich Gerät FA-Nr. 2 auf Seite 7 der Fotodokumentation eine Plakette über die vorläufige Beschlagnahme ersichtlich. Weiters lege ich dem Verhandlungsleiter einen Aktenvermerk vom 31. August 2015 sowie vier GSp26-Formulare zur Einsichtnahme vor. Bezüglich der Kontrolle am 27. August 2015 ist aus unserer Sicht aber festzuhalten, dass hier ja eben keine Bespielung möglich war, weshalb die GSp26-Formulare auch nicht weiter ausgefüllt wurden. Aus den GSp26-Formularen sind auch die Versiegelungsetiketten ersichtlich, die anlässlich der Kontrolle angebracht wurden, weil die vorläufige Beschlagnahme dieser Geräte verfügt wurde.“ Der Verhandlungsleiter schloss den Aktenvermerk sowie die GSp26-Formulare als Beilage 3 der Niederschrift an. Dem Vertreter der Beschwerdeführerin wurden die Beilagen 1, 2 und 3 zur Kenntnis gebracht. Dieser erklärte dazu: „Bei der zweiten Kontrolle am 27. August 2015 waren wie bereits ausgeführt die Geräte nicht in Betrieb, sondern ausgesteckt, weshalb hier schon deshalb kein Verdacht einer Übertretung des Glücksspielgesetzes bestehen kann.“

 

2.9.      Die Vertreterin der Bezirkshauptmannschaft erklärte ergänzend Folgendes: „Wie im bekämpften Bescheid vom 27. August 2015 ausgeführt, wurde die Schließung mit Wirkung ab 12.00 Uhr angeordnet. Es ist so, dass ich um 12.00 Uhr gegenüber Frau T. die Schließung mündlich verkündet habe, in der Folge wurde dann auch ein schriftlicher Bescheid mit Wirkung auf diesen Zeitpunkt 12.00 Uhr ausgefertigt. Daraus erklärt sich, der Zeitpunkt 12.00 Uhr, weil wir ja  diesem Zeitpunkt als Vertreter der Bezirkshauptmannschaft die mündliche Schließung verfügt haben.“ Der Vertreter der Beschwerdeführerin hielt fest: „Die mündliche Schließung ist im Akt nicht dokumentiert, weshalb wir davon ausgehen, dass erst mit Zustellung des Bescheides vom 27. August 2015 (12:45 Uhr) eine Schließungsanordnung wirksam wurde. Dies ist gesetzlich aber nicht vorgesehen, weil vor einer schriftlichen Ausfertigung des Bescheides eine mündliche Schließung angeordnet werden muss.“ Die Vertreterin der belangten Behörde hielt Folgendes fest: „Ausdrücklich festzuhalten ist, dass wir bei der Kontrolle am 27. August 2015 die vier Geräte, die wir im Mai 2015 in den von der Teilschließung betroffenen Bereich transportiert haben, wieder in einem nicht von der Schließung betroffenen Bereich, nämlich im Gang aufgestellt waren. Ausdrücklich zu verweisen ist auf die Fotodokumentation Seite 13, wo ersichtlich ist, dass die schriftliche Schließungsbestätigung der Bezirkshauptmannschaft auf der Tür zum Nebenzimmer angebracht war, darüber aber eine Steckerlfischpartie von der Beschwerdeführerin angebracht und angekündigt wird. Es wird daher aus unserer Sicht die Schließungsanordnung von der Beschwerdeführerin bzw. von Frau T. ignoriert, was sie mit der Steckerlfischanordnung klar zum Ausdruck bringt.“

 

2.10.   Der Verhandlungsleiter richtete an den Vertreter der Beschwerdeführerin die Frage, wer Veranstalter der Spiele war, die auf den Geräten liefen. Mag. A. führte dazu aus: „Dazu ist mir nichts bekannt, ich verweise bezüglich der Veranstaltereigenschaft darauf, dass die Bezirkshauptmannschaft bzw. hier der Amtswegigkeitsgrundsatz zum Tragen kommt.“ Mag. A. hält dazu Folgendes fest: „G. s.r.o. und P. GmbH haben sich bzgl. der  bei der ersten Kontrolle am 28. Mai 2015 beschlagnahmten Geräte als Eigentümer der Geräte bzw. Banknotenleser erklärt. Ausdrücklich festzuhalten ist, dass P. GmbH und G. s.r.o. keine darüber hinausgehende Tätigkeit, Dienstleistung oder ähnliches eingewendet haben. P. GmbH und G. s.r.o. wenden keine Veranstaltereigenschaft ein. Dies gilt nur für die Geräte 1-3, nicht für den „afric2go“. „Afric2go“ steht im Eigentum der A. GmbH, die aber auch nicht Veranstalterin der Spiele ist. Gleiches gilt bezüglich der bei der Kontrolle am 27. August 2015 vorgefundenen und vorläufig beschlagnahmten Geräte. Auch insoweit hat sich die G. s.r.o. als Eigentümerin der Geräte deklariert, die P. GmbH hat sich insoweit nicht deklariert. Auch die A. GmbH hat sich bezüglich dem „afric2go“ als Eigentümer deklariert.“

 

2.11.   Die Verfahrensparteien hielten als unstrittig fest, dass hunderte Verwaltungsstrafverfahren nach dem Glücksspielgesetz anhängig sind, bei denen G. s.r.o. und P. GmbH bzw. auch die A. GmbH als Eigentümer der Geräte als beteiligt aufscheinen. Mag. A. führte dazu aus: „Wie schon erwähnt die Glücksspieleigenschaft ist strittig und wird ausdrücklich bestritten.“

 

2.12.   Die Verfahrensparteien hielten weiters als unstrittig fest, dass es öfters vorkommt, dass während der Kontrolle von Finanzpolizisten auf kontrollierten Geräten bei Glücksspielkontrollen auf einmal die Fehlermeldung „Net error“ aufscheint“. Die Vertreterin der Bezirkshauptmannschaft und des Finanzamtes hielten dazu fest: „Dies ist ein Phänomen, das öfter festzustellen ist.“ Der Vertreter des Finanzamt ergänzte: „Ausdrücklich festzuhalten ist, das auch die Geräte, die bei den Kontrollen festgestellt werden auch vom Ablauf der Spiele sich einander gleichen bzw. ähneln. Bei den am 28. Mai 2015 und 27. August 2015 vorgefundenen drei Geräten mit der Aufschrift beispielsweise „K.“ üblicherweise auch Walzenspiele laufen. Es handelt sich auch insoweit um eine Erfahrung, die die Finanzpolizei aus vielen Kontrollen gewonnen hat.“ Mag. A. hielt dazu Folgendes fest: „Richtig ist, dass auf derartigen Geräten „Skill Games“ zum Einsatz kommen. Es handelt sich dabei um Spiele, mit einem Walzenlauf. Wie aus dem Gutachten aber dokumentiert ist, handelt es sich dabei um Geschicklichkeitsspiele.“

 

2.13.   Der Verhandlungsleiter richtete die Frage an den Vertreter der T.M. KG, in welchem Rechtsverhältnis die T.M. KG zu P. GmbH,  A. Handels GmbH und G. s.r.o. steht. Mag. A. führt dazu aus: „Dazu kann ich keine Angaben machen.“ Mag. A. hält dazu Folgendes fest: „Ich verweise auf die mit Frau T. aufgenommene Niederschrift bei der Kontrolle am 28. Mai 2015, die ausdrücklich als verlesen gilt und insoweit auf eine wörtliche Verlesung verzichtet wird.“

 

3.           Beweiswürdigung:

 

Der festgestellte Sachverhalt (1 und 2) beschränkt sich auf die Wiedergabe des Verfahrensablaufes.

 

4.           Rechtliche Beurteilung:

 

4.1.      § 56a GSPG lautet unter der Überschrift „Betriebsschließung“:

 

(1) Besteht der begründete Verdacht, dass im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veran­staltet oder durchgeführt werden, und ist mit Grund anzunehmen, dass eine Gefahr der Fortsetzung besteht, so kann die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren, aber nicht ohne vorher zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert zu haben, an Ort und Stelle die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes verfügen. Von einer Betriebsschließung ist Abstand zu nehmen, wenn eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols durch andere geeignete Vorkehrungen, wie die Stilllegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstige Maßnahmen, mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

(2) Bei der Erlassung einer Verfügung nach Abs. 1 sind bestehende Rechte soweit zu schonen, als dies ohne Gefährdung der Ziele dieses Bundesgesetzes möglich ist. Eine Verfügung nach Abs. 1 ist unverzüglich aufzuheben, wenn feststeht, dass der Grund für ihre Erlassung nicht mehr besteht.

(3) Über eine Verfügung nach Abs. 1 ist binnen drei Tagen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. Ein Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn eine Zustellung an den Verfügungs­berechtigten an dessen Unternehmenssitz oder an der Betriebsstätte nicht möglich ist. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

(4) In einem Bescheid nach Abs. 3 können auch andere nach Abs. 1 zulässige Maßnahmen angeordnet werden.

(5) Ordentlichen Rechtsmitteln gegen Bescheide über Verfügungen nach Abs. 1 kommt keine aufschiebende Wirkung zu.

(6) Die Bescheide gemäß Abs. 3 treten, wenn sie nicht kürzer befristet sind, mit Ablauf eines Jahres außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.

(7) Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs. 3 nicht mehr vor und ist zu erwarten, dass in Hinkunft jene glücksspielrechtlichen Vorschriften, deren Nichteinhaltung für die Maßnahmen nach Abs. 3 bestimmend war, von der Person eingehalten werden, die die betriebliche Tätigkeit ausüben oder die Betriebsanlage betreiben will, so hat die Behörde auf Antrag dieser Person die mit Bescheid gemäß Abs. 3 getroffenen Maßnahmen ehestens zu widerrufen.

 

4.2.      Es besteht unstrittig ein Zusammenhang mit Gesellschaften, die in „hunderte“ Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretungen des GSPG involviert sind (2.11.). Unstrittig ist, dass bei den „Skill Games“ Walzen zum Einsatz kommen (2.12.). Hinsichtlich der Walzenspiele besteht im Hinblick auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 08.09.2005, 2000/17/0201) jedenfalls der Verdacht, dass das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängt und die virtuellen Walzenspiele als Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG zu qualifizieren sind. Die Bf hat trotz Aufforderung nicht erklärt, welcher Art das Vertragsverhältnis zu den genannten Gesellschaften ist (2.13.).

 

4.3.      Jedoch legt die Bestimmung des § 56a GSPG enge formelle Grenzen und Bedingungen für das behördliche Einschreiten fest.

 

4.4.      Nach Ansicht des LVWG setzt eine Schließungsanordnung idR voraus, dass eine vorangegangene (vorläufige) Beschlagnahme nicht geeignet war, den Betreiber von weiteren Übertretungen abzuhalten (vgl LVwG Oö. vom 4. September 2015, GZ LVwG-410829/12/HW). Mangels vorangegangene Beschlagnahme ist der Teilschließungsbescheid vom 29. Mai 2015 wegen Rechtswidrigkeit zu beheben.

 

4.5.      Bei der Kontrolle am 27. August 2015 waren die vorgefundenen Geräte unstrittig nicht (mehr) in Betrieb (2.8.). Ein begründeter Verdacht iSd § 56a Abs 1 GSPG, dass im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet oder durchgeführt werden, war daher nicht gegeben.

 

4.6.      Aus diesem Grund waren sowohl der Bescheid vom 29. Mai 2015 als auch der Bescheid vom 27. August 2015 zu beheben.

 

5.           Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

5.1.      Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

5.2.      Auch wenn das LVwG die Rechtsauffassung der belangten Behörde nicht teilt, erscheint deren Rechtsansicht keinesfalls unvertretbar. Es liegt dazu keine Rechtsprechung des VwGH vor (vgl auch LVwG-410829/12/HW).

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Wolfgang Weigl

Beachte:

Die Revision wurde, soweit sie sich gegen die Aufhebung des Teilbetriebsschließungsbescheides vom 29. Mai 2015 richtete, als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren in diesem Umfang eingestellt.

Das angefochtene Erkenntnis wurde im Umfang der Aufhebung des Betriebsschließungsbescheides vom 27. August 2015 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

VwGH vom 27. Juli 2016, Zl.: Ro 2016/17/0019-6