LVwG-450091/5/Gf/Mu

Linz, 18.12.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K !

 

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des C B, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Mauerkirchen vom 29. Juli 2005, Zl. 920/3, wegen einer Abgabennachforderung für die Jahre 2000 bis 2002 auf Grund des Kommunalsteuergesetzes

 

 

 

z u  R e c h t  e r k a n n t:

 

 

 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass sich die im angefochtenen Bescheid festgesetzte Abgabennachforderung in Höhe von 4.474,41 Euro (enthaltend einen Säumniszuschlag von 87,73 Euro) als rechtmäßig erweist.

 

II. Unter einem wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer durch die überlange Dauer des Verwaltungsverfahrens in seinem gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Entscheidung innerhalb einer angemessenen Frist verletzt wurde; zum Ausgleich dafür wird die Abgabennachforderung gemäß § 235 Abs. 1 BAO von Amts wegen in einem Ausmaß von 2.000 Euro nachgesehen.

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a VwGG nicht zulässig.

 


 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

 

 

I.

 

Verfahren vor der Verwaltungsbehörde

 

 

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Mauerkirchen vom 30. September 2003, Zl. 920/3, wurde für die von einer Rechtsanwalts-GmbH in den Jahren 2000 bis 2002 in dieser Gemeinde unterhaltene Betriebsstätte die Kommunalsteuer mit 10.384,55 Euro festgesetzt, woraus sich nach Abzug der von der GmbH für diesen Zeitraum selbst bemessenen und entrichteten Abgaben in Höhe von 5.997,87 Euro ein Fehlbetrag von 4.386,88 Euro ergebe; davon ausgehend wurde die GmbH verpflichtet, binnen eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides den Betrag von 4.474,41 Euro (enthaltend einen Säumniszuschlag in Höhe von 87,73 Euro) durch Überweisung auf das Konto der Gemeinde zu entrichten.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die von der GmbH in diesen drei Jahren an zwei Gesellschafter ausbezahlten Bezüge nicht in die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer eingerechnet worden seien.

 

2. Gegen diesen der GmbH am 2. Oktober 2003 zugestellten Bescheid wurde am 30. Oktober 2003 – und damit fristgerecht – Berufung erhoben und dessen ersatzlose Aufhebung beantragt, weil die beiden Gesellschafter nicht als Dienstnehmer der GmbH fungiert, sondern ihre Rechtsanwaltskanzlei jeweils völlig eigenständig geführt hätten.

 

3. Mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Mauerkirchen vom 13. Februar 2004, Zl. 920/3, wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Dagegen wurde rechtzeitig Vorstellung an die Oö. Landesregierung erhoben.

 

4. Dieser Vorstellung wurde mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom
10. August 2004, Zl. Gem-524400/3-2004-Wa/Gan, Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat zurückverwiesen.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass sich auf Grund des von der Gemeinde durchgeführten Ermittlungsverfahrens nicht feststellen lasse, ob die beiden Gesellschafter auch ein Unternehmerrisiko in einem solchen Ausmaß, dass dadurch ihre Dienstnehmereigenschaft ausgeschlossen sei, getragen haben.

 

5. Mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Mauerkirchen vom 29. Juli 2005, Zl, 920/3, wurde die Berufung gegen den Abgabenbescheid vom 30. September 2003 neuerlich abgewiesen.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der VwGH seit seinem zwischenzeitlich ergangenen Erkenntnis vom 10. November 2004, 2003/13/0018 (verstärkter Senat), die Rechtsansicht vertrete, dass nunmehr die Eingliederung des Gesellschafters in den Organismus des Betriebes die einzige Voraussetzung für die Kommunalsteuerpflicht bilde und eine solche hinsichtlich beider hier in Rede
stehender Rechtsanwälte unzweifelhaft vorliege.

 

6. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Vorstellung erhoben und in dieser darauf hingewiesen, dass sich aus den Gesetzesmaterialien unstrittig ergebe, dass bei geschäftsführenden Gesellschaftern einer Rechtsanwalts-GmbH weder ein dienstnehmerähnliches Verhältnis noch eine typische Beteiligung an einer
Kapitalgesellschaft i.S.d. Einkommensteuergesetzes anzunehmen sei, weshalb auch keine Hinzurechnung zur Bemessungsgrundlage der Kommunalsteuer zu erfolgen habe.

 

7. Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 6. April 2006 wurde diese Vorstellung als unbegründet abgewiesen.

 

Dagegen hat die GmbH eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

 

8. Mit Erkenntnis des VwGH vom 6. Juli 2006, 2006/15/0188, wurde diese Beschwerde mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückgewiesen: Weil nämlich der angefochtene Vorstellungsbescheid noch an die zum Zeitpunkt seiner Erlassung bereits aus dem Firmenbuch gelöscht gewesene GmbH – und nicht an deren Rechtsnachfolger – gerichtet war, handle es sich im Ergebnis um einen Nichtbescheid.

 

9. In der Folge wurde dem Beschwerdeführer als Rechtsnachfolger der GmbH mit – als „Berufungsvorentscheidung“ intendiertem – Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Mauerkirchen vom 4. April 2011, Zl. 920/3, neuerlich ein Betrag von 4.474,41 Euro als Kommunalsteuernachforderung für die Jahre 2000 bis 2003 zur Zahlung vorgeschrieben.  

 

10. Der dagegen eingebrachte „Vorlageantrag“ wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Mauerkirchen vom 30. September 2011, Zl. 920/3, als unbegründet abgewiesen.

 

Dagegen hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Vorstellung erhoben.

 

Dieser wurde mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 17. April 2012, Zl. IKD(Gem)-524400/9-2012-Has/Pü, Folge gegeben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat zurückverwiesen.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass das Recht der Gemeinde auf Abgabenfestsetzung zwischenzeitlich verjährt sei.

 

11. Der gegen diesen Bescheid der Vorstellungsbehörde von der Gemeinde
Mauerkirchen eingebrachten Beschwerde wurde mit Erkenntnis des VwGH vom 30. September 2015, 2012/15/0111, stattgegeben.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass das Berufungsverfahren gegen den Bescheid vom 30. September 2003 erst durch die Berufungsentscheidung vom 30. September 2011 eine Erledigung erfahren habe. Zu diesem Zeitpunkt seien bereits die Verjährungsvorschriften der BAO anzuwenden gewesen. Davon ausgehend, dass der Beschwerdeführer in vollem Umfang in die Rechtsstellung der GmbH eingetreten sei, erweise sich die Abgabenfestsetzung sohin als zeitgerecht, zumal auch § 209a BAO dem Eintritt der Verjährung nicht entgegenstehe.

 

12. Diese Entscheidung wurde vom VwGH am 27. Oktober 2015 zuständigkeitshalber (vgl. Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG i.V.m. Art. 131 Abs. 1 B-VG) dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich übermittelt.

 

 

 

II.

 

Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung

durch das Verwaltungsgericht

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Gemeinde Mauerkirchen zu Zl. 920/3; von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte angesichts des Umstandes, dass der entscheidungswesentliche, oben unter I. dargestellte Sachverhalt zwischen den Verfahrensparteien nicht strittig ist, mit der vorliegenden Beschwerde lediglich Rechtsfragen geltend gemacht werden und ein entsprechender Antrag von den Verfahrensparteien nicht gestellt wurde, abgesehen werden (vgl. auch VwGH vom 5. März 2013, Zl. 2013/05/0131, unter Hinweis auf die jüngste Rechtsprechung des EGMR).

 

 

 

III.

 

Rechtliche Beurteilung

 

 

Über die gegenständliche Beschwerde hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich erwogen:

 

 

A) Zur Zuständigkeit

 

1. Wie sich aus dem oben unter I.8. angeführten Erkenntnis des VwGH vom 6. Juli 2006, 2006/15/0188, ergibt, war die als Bescheid die Vorstellung der Beschwerdeführerin zu erledigen intendierte Entscheidung der Oö. Landesregierung vom  6. April 2006, Gem-524400/5-2006-Wa/Pl, als Nichtbescheid zu qualifizieren.

 

Damit war aber über die Vorstellung des Beschwerdeführers objektiv besehen nicht (mehr) entschieden, d.h. das Vorstellungsverfahren war wieder offen und wäre sohin von der Vorstellungsbehörde – im Übrigen nicht von der Oö. Landesregierung, sondern, weil es sich bei der Kommunalsteuer um eine im Bereich der Vollziehung des Bundes angestammte Angelegenheit handelt (vgl. Art. 119a Abs. 3 B-VG), vom Landeshauptmann für Oberösterreich – weiterzuführen gewesen.

 

2. Indem jedoch stattdessen der Bürgermeister der Gemeinde Mauerkirchen mit Bescheid vom 4. April 2011, Zl. 920/3, eine – erstinstanzliche – „Berufungsvorentscheidung“ (gemäß § 276 BAO [nunmehr § 262 BAO]) erlassen hat, ist dieser als (gänzlich) unzuständiges Organ eingeschritten.

 

War die Unterbehörde aber unzuständig, so ist die Berufungsbehörde nach ständiger Rechtsprechung des VwGH allein dafür zuständig, die sachliche Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz aufzugreifen, den bekämpften Bescheid aufzuheben und das Ansuchen an die zuständige Behörde weiterzuleiten. Die Nichtbeachtung der Zuständigkeitsnormen, die eine erste Instanz als unzuständig erscheinen lassen, durch die zweite Instanz, die über das Rechtsmittel zu entscheiden hatte, stellt eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des Berufungsbescheides (vgl. z.B. VwGH vom 20. März 2014, 2013/07/0140, und vom 24. Februar 2005, 2003/07/0171 u.a., jeweils mwN) bzw. eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG dar, und zwar selbst dann, wenn in höherer Instanz die zuständige Behörde eingeschritten ist (vgl. z.B. VfGH vom 9. März 2005, B 1290/04, und vom 4. Oktober 1986, B 313/85, jeweils m.w.N.).

 

Indem der Gemeinderat der Gemeinde Mauerkirchen hier den „Vorlageantrag“ des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 30. September 2011, Zl. 920/3, abgewiesen und den Bescheid des Bürgermeisters vom 4. April 2011 bestätigt hat, wurde sohin im gegenständlichen Fall nicht bloß die angefochtene Entscheidung der unzuständigen Behörde aufgehoben, sondern eine Sacherledigung vorgenommen; diese erweist sich jedoch im Sinne der vorzitierten Judikatur als inhaltlich rechtswidrig.

 

3. Davon ausgehend hätte auch die – im Übrigen funktionell unzuständige – Oö. Landesregierung keine meritorische Erledigung treffen, sondern mit ihrem Bescheid vom 17. April 2012, Zl. IKD(Gem)-524400/9-2012-Has/Pü, den Bescheid des Gemeinderates lediglich aufheben dürfen.

 

Diese Rechtswidrigkeit wurde jedoch (im Ergebnis) durch das aufhebende Erkenntnis des VwGH vom 30. September 2015, 2012/15/0111, eliminiert.

 

4. Somit ist nunmehr (wiederum) das Vorstellungsverfahren aus Anlass des dementsprechenden Rechtsmittels der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Mauerkirchen vom 29. Juli 2005, Zl. 920/3, fortzuführen.

 

Hierfür ist jedoch nach der zwischenzeitlich erlassenen Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle BGBl I 51/2012 nicht mehr der Landeshauptmann von Oö., sondern gemäß Art. 151 Abs. 51 Z. 8 B-VG das Verwaltungsgericht des Landes Ober-österreich zuständig.

 

 

B) In der Sache

 

1.1. Gemäß § 1 des Kommunalsteuergesetzes, BGBl 819/1993 i.d.g.F. BGBl I 76/2011 (im Folgenden: KommStG), unterliegen jene Arbeitslöhne, die jeweils den Dienstnehmern einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt wurden, der Kommunalsteuer. Als Dienstnehmer gelten nach § 2 lit. a KommStG u.a. einerseits Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z. 2 des Einkommensteuergesetzes andererseits.

 

Die Bemessungsgrundlage für diese Abgabe bildet gemäß § 5 Abs. 1 KommStG die Summe der Arbeitslöhne, und zwar ungeachtet dessen, ob die Löhne bei deren Empfängern der Einkommensteuer (Lohnsteuer) unterliegen. Als Arbeitslöhne gelten nach § 5 Abs. 1 lit. a KommStG im Falle des § 2 lit. a KommStG die Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b des Einkommensteuergesetzes  sowie die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z. 2 des Einkommensteuergesetzes.

 

Nach § 11 Abs. 1 KommStG entsteht die Steuerschuld mit Ablauf des Kalendermonates, in dem Lohnzahlungen gewährt worden sind. Die Kommunalsteuer ist gemäß § 11 Abs. 2 KommStG vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und jeweils bis zum 15. Tag des darauffolgenden Monates (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten. Erweist sich diese Selbstberechnung als unrichtig oder wird die selbstberechnete Kommunalsteuer nicht oder nicht vollständig entrichtet, so hat die Gemeinde gemäß § 11 Abs. 3 KommStG einen Kommunalsteuerbescheid zu erlassen.

 

Nach § 11 Abs. 3 i.V.m. § 12 KommStG verkörpert die bescheidmäßige Einhebung der Kommunalsteuer eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde.

 

1.2. Gemäß § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes, BGBl 400/1988 i.d.g.F. BGBl I 118/2015 (im Folgenden: EStG), liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die beschäftigte Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des
Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ein Dienstverhältnis ist weiters aber auch dann anzunehmen, wenn bei einer Person, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z. 2 EStG beteiligt ist, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. b EStG vorliegen.

 

Als einerseits i.S.d. § 2 Abs. 3 Z. 2 EStG der Einkommensteuerpflicht unterliegende Einkünfte gelten nach § 22 Z. 2 EStG Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit u.a. dann, wenn es sich um Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art handelt, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses i.S.d. § 47 Abs. 2 EStG aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25% beträgt.

 

Als andererseits i.S.d. § 2 Abs. 3 Z. 4 EStG der Einkommensteuerpflicht unterliegende Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) gelten gemäß § 25 Abs. 2 Z. 1 lit. b EStG Bezüge und Vorteile von Personen, die an Kapitalgesellschaften nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z. 2 EStG beteiligt sind, dann, wenn bei einer sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG) aufweisenden Beschäftigung die Verpflichtung, den Weisungen eines anderen zu folgen, lediglich auf Grund gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmung fehlt.

 

1.3. Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass die in Rede stehenden Bezüge der beiden Gesellschafter der Rechtsanwalts-GmbH in den Jahren 2000 bis 2002 dann gemäß § 2 lit. KommStG der Kommunalsteuerpflicht unterlagen, wenn diese entweder als Arbeitslohn i.S.d. § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. b EStG (d.h. als Bezüge von Personen, die – von einer Weisungsbindung abgesehen – Dienstnehmern gleichzuhalten und nicht wesentlich, nämlich bloß mit 25% oder weniger an einer Kapitalgesellschaft beteiligt sind) oder als Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.S.d. § 22 Z. 2 EStG (d.h. als Gehälter bzw. Zuwendungen an wesentlich, nämlich mit mehr als 25% an einer Kapitalgesellschaft beteiligte Personen) zu qualifizieren waren.

 

2. Diesbezüglich wird im vorliegenden Fall auch vom Beschwerdeführer gar nicht in Abrede gestellt, dass er in den Jahren 2000 bis 2002 an der verfahrensgegenständlichen Rechtsanwalts-GmbH selbst zu 20% und der zweite in Rede stehende Gesellschafter zu 30% an dieser GmbH beteiligt waren und beide Personen – wie durch § 21c Z. 2 der Rechtsanwaltsordnung, RGBl 96/1868 i.d.g.F. BGBl I 40/2014 (RAO), vorgegeben – jeweils die Funktion eines Geschäftsführers ausübten.

 

3. In Bezug auf Geschäftsführer-Gesellschafter, die über einen Anteil von mehr als 25% an der Gesellschaft verfügen, hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 10. November 2004, 2003/13/0018 (verstärkter Senat), ausgesprochen, dass dann, wenn bei der Tätigkeit eines Gesellschafters für seine Gesellschaft eine nur auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführende Weisungsungebundenheit – wie sie der Ausdruck "sonst" in § 22 Z. 2 EStG unterstellt – vorliegt, im Falle der klar erkennbaren Eingliederung des Gesellschafters in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft alle weiteren Merkmale, die vor dem Hintergrund einer weisungsgebundenen Tätigkeit (im Zweifelsfall zusätzlich heranziehbare) Indizien für ein Dienstverhältnis wären, für das Zutreffen dieses Abgabentatbestandes ebenso irrelevant sind wie die zivilrechtliche Gestaltung der Leistungsbeziehung zwischen Gesellschaft und tätigem Gesellschafter. Übt davon ausgehend ein Geschäftsführer einer Gesellschaft diese Tätigkeit unstrittig über Jahre hinweg aus, so ist das Merkmal seiner Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Gesellschaft zweifelsfrei gegeben.

 

Übertragen auf den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass die in den Jahren 2000 bis 2003 erfolgten Zuwendungen an den mit 30% an der Rechtsanwalts-GmbH beteiligten Gesellschafter als Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit i.S.d. § 22 Z. 2 EStG zu qualifizieren sind, womit diese gemäß § 2 lit. a i.V.m. § 5 Abs. 1 lit. a KommStG als Arbeitslöhne in die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer einzurechnen waren.

 

4. Soweit es die 20%ige Beteiligung des Beschwerdeführers selbst betrifft, hat der VwGH bereits in seiner Entscheidung vom 24. Februar 1999, 97/13/0234, festgestellt, dass dem § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. b EStG nur die Bedeutung beigemessen werden kann, dass damit eine Regelung für solche Personen getroffen wird, die an der Kapitalgesellschaft überhaupt, wenn auch nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z. 2 EStG beteiligt sind. Diese Regelung soll also nur solche Personen treffen, die in einem Beteiligungsverhältnis zur Gesellschaft stehen, wobei diese Absicht des Gesetzgebers auch aus den Erläuterungen der RV zum Abgabenänderungsgesetz 1994 hervorgeht, sollte damit doch klargestellt werden, dass Gesellschafter-Geschäftsführer mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit jedenfalls auch als in einem Dienstverhältnis stehend anzusehen sind (vgl. 1624 BlgNR, 18. GP).

 

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Bezüge des Beschwerdeführers selbst – ungeachtet seiner vertraglichen Weisungsfreistellung – sohin als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) i.S.d. § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. b i.V.m. § 47 Abs. 2 EStG zu qualifizieren und somit ebenfalls gemäß § 2 lit. a  i.V.m. § 5 Abs. 1  lit. a KommStG als Arbeitslöhne in die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer einzurechnen waren.

 

5. Soweit der Beschwerdeführer dagegen ins Treffen führt, dass sich schon aus den Gesetzesmaterialien zur Vorgängerbestimmung – nämlich aus § 22 Abs. 1 Z. 2 des Einkommensteuergesetzes 1972 i.d.F. BGBl 620/1981 – ergebe, dass Rechtsanwalts-GmbHs hiervon nicht erfasst sein sollten, ist er darauf zu verweisen, dass nach den Materialien bloß Tätigkeiten von „Werkverträgen und anderen Rechtsbeziehungen“ außerhalb der GmbH, nicht jedoch auch Vergütungen für die aus der Beteiligung an der GmbH resultierenden Verrichtungen ausgenommen sein sollten, wenn es dort wörtlich heißt (vgl. 850 BlgNR, 15. GP, S. 17 f [Hervorhebungen nicht im Original]):

 

„Von der Neuregelung des § 22 Abs. 1 Z 2 sollen alle an einer Kapitalgesellschaft (Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung) mit mehr als 25 vH beteiligten Personen mit ihren Vergütungen für Tätigkeiten erfasst werden, die – abgesehen vom in bestimmten Fällen fehlenden Merkmal der Weisungsgebundenheit – alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisen. Diese Tätigkeitsvergütungen sollen als Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit gelten. Dies soll auch dann gelten, wenn die Tätigkeit nicht als Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied ausgeführt wird oder nur eine mittelbare Beteiligung vorliegt. Tätigkeiten im Rahmen von Werkverträgen und anderen Rechtsbeziehungen (zB Rechtsberatung durch einen an der Kapitalgesellschaft beteiligten Rechtsanwalt) sollen von der Bestimmung des § 22 Abs. 1 Z 2 hingegen nicht erfasst werden.“

 

Gegenteiliges lässt sich insbesondere auch der inzwischen reichhaltigen Judikatur des VwGH zu § 22 Z. 2 EStG nicht entnehmen.

 

6. Hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers, dass der gegenständlichen Abgabennachforderung bereits Verjährung entgegenstünde, ist schließlich auf das im gegenständlichen Fall zu dieser Frage bereits ergangene Erkenntnis des VwGH vom 30. September 2015, 2012/15/0111, zu verweisen (vgl. oben, I.11.).

 

7.1. Da vom Beschwerdeführer gegen die Berechnung der Höhe keine Einwände vorgebracht wurden, war die gegenständliche Beschwerde sohin gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abzuweisen sowie festzustellen, dass sich die im Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Mauerkirchen vom 29. Juli 2005, Zl, 920/3, festgesetzte Abgabennachforderung in Höhe von 4.474,41 Euro (enthaltend einen Säumniszuschlag von 87,73 Euro) als rechtmäßig erweist.

 

7.2. Nach ständiger Rechtsprechung des VfGH wird eine Person in ihrem durch Art. 6 Abs. 1 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren, im Besonderen auf Entscheidung innerhalb angemessener Frist, verletzt, wenn die ungewöhnlich lange Dauer des Verwaltungsverfahrens ausschließlich dem Verhalten der Behörden zuzuschreiben ist und keine für die Dauer sprechenden Gründe vorliegen (vgl. z.B. VfGH vom 2. Oktober 2013, B 1566/2012, m.w.N.).

 

Dies trifft im gegenständlichen Fall, wo einerseits zwischen dem am 6. Juli 2006 ergangenen Erkenntnis des VwGH zu Zl. 2006/15/0188 und einer am 3. November 2011 an den Beschwerdeführer gerichteten Zahlungserinnerung, also über einen Zeitraum von nahezu 31/2 Jahren hinweg, überhaupt keine Verfahrensschritte gesetzt wurden, und andererseits dieses Verfahren erst nach einer
Gesamtdauer von mehr als 12 Jahren (!) abgeschlossen werden kann, zweifellos zu.

 

Wird eine Verletzung im Recht auf Entscheidung innerhalb angemessener Frist konstatiert, so ist nach ständiger Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte eine adäquate Entschädigung dieser Rechtsbeeinträchtigung geboten; ein solcher Entschädigungsanspruch darf nicht unangemessen niedrig sein (vgl. z.B. EGMR vom 26. Juli 2001, 51.585/99, RN 47 u. 64, und vom 29. März 2006, 36.813/97, RN 189, 202 ff u. 213).

 

Vor diesem Hintergrund findet es das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich geboten, unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des vorliegenden Falles gemäß § 235 Abs. 1 BAO von Amts wegen eine Nachsicht der Abgabennachforderung in einem Ausmaß von 2.000 Euro (≈ 45%) festzusetzen.

 

 


 

IV.

 

Revision an den Verwaltungsgerichtshof

 

 

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, zumal hierzu – wie unter III.B. aufgezeigt – eine höchstgerichtliche Judikatur weder fehlt noch mit der vorliegenden Entscheidung von dieser abgewichen wurde.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Eine solche Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigen Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichten.

 

 

           

 

 

 

Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich

 

 

Dr.  G r o f

 

 

 

 

Rechtssatz:

 

LVwG-450091/5/Gf/Mu vom 18. Dezember 2015

 

Erkenntnis

 

Abstract:

 

Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 30.9.2003 wurde der Bf. als Gesellschafter einer Rechtsanwalts-GmbH zur Nachzahlung von Kommunalsteuer in Höhe von Euro 4.474,71 aufgefordert. Dagegen hat der Bf. seinerzeit mit der Begründung eine Berufung erhoben, dass die an der GmbH beteiligten Rechtsanwälte keine Dienstnehmer und deren Bezüge sohin nicht in die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer einzurechnen seien. Nach mehreren Rechtsgängen wurde zuletzt das eine Vorstellungsentscheidung der OöLReg aufhebende Erkenntnis des VwGH vom 30.9.2015, 2012/15/0111, zuständigkeitshalber dem LVwG übermittelt. 

 

Normen:

Art. 6 EMRK

Art. 119a B-VG

Art. 151 B-VG

§ 21c RAO

§ 2 KommStG

§ 5 KommStG

§ 235 BAO

§ 262 BAO

 

Rechtssätze:

 

* Im gegenständlichen Fall war das Vorstellungsverfahren aufgrund des aufhebenden Erkenntnisses des VwGH wieder offen und wäre sohin von der Vorstellungsbehörde – hier: nicht von der OöLReg, sondern, weil es sich bei der Kommunalsteuer um eine im Bereich der Vollziehung des Bundes angestammte Angelegenheit handelt (vgl. Art. 119a Abs. 3 B‑VG), vom LH für OÖ – weiterzuführen gewesen. Indem jedoch stattdessen der Bürgermeister eine – erstinstanzliche – „Berufungsvorentscheidung“ (gemäß § 276 BAO [nunmehr § 262 BAO]) erlassen hat, ist dieser als (gänzlich) unzuständiges Organ eingeschritten. Deshalb erweist sich auch der Bescheid des Gemeinderates, mit dem nicht bloß eine Aufhebung wegen Unzuständigkeit, sondern eine Sacherledigung erfolgte, als inhaltlich rechtswidrig. Für das nunmehr fortzuführende Vorstellungsverfahren ist jedoch nach der zwischenzeitlich ergangenen Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle BGBl I 51/2012 nicht mehr der LH von OÖ, sondern gemäß Art. 151 Abs. 51 Z. 8 B-VG das LVwG OÖ zuständig.

 

* Die Rechtsfrage der Abgabennachforderung für Geschäftsführer-Gesellschafter einer Rechtsanwalts-GmbH wurde von der Gemeinde im Hinblick auf die Judikatur des VwGH (z.B. vom 10.11.2004, 2003/13/0018) zwar zutreffend beurteilt; nach ständiger Rechtsprechung des VfGH wird jedoch eine Person in ihrem durch Art. 6 Abs. 1 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren, im Besonderen auf Entscheidung innerhalb angemessener Frist, dann verletzt, wenn die ungewöhnlich lange Dauer des Verwaltungsverfahrens ausschließlich dem Verhalten der Behörden zuzuschreiben ist und keine für die Dauer sprechenden Gründe vorliegen (vgl. z.B. VfGH vom 2.10.2013, B 1566/2012, m.w.N.). Dies trifft im gegenständlichen Fall, wo einerseits zwischen dem am 6. Juli 2006 ergangenen Erkenntnis des VwGH und einer am 3. November 2011 an den Beschwerdeführer gerichteten Zahlungserinnerung, also über einen Zeitraum von nahezu 31/2 Jahren hinweg, überhaupt keine Verfahrensschritte gesetzt wurden, und andererseits dieses Verfahren erst nach einer Gesamtdauer von mehr als 12 Jahren (!) abgeschlossen werden kann, zweifellos zu. Wird eine Verletzung im Recht auf Entscheidung innerhalb angemessener Frist konstatiert, so ist nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte eine adäquate Entschädigung dieser Rechtsbeeinträchtigung geboten; ein solcher Entschädigungsanspruch darf nicht unangemessen niedrig sein (vgl. z.B. EGMR vom 26.7.2001, 51.585/99, RN 47 u. 64, und vom 29.3.2006, 36.813/97, RN 189, 202 ff u. 213). Vor diesem Hintergrund findet es das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich geboten, unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des vorliegenden Falles gemäß § 235 Abs. 1 BAO von Amts wegen eine Nachsicht der Abgabennachforderung in einem Ausmaß von 2.000 Euro (≈ 45%) festzusetzen.

 

Schlagworte:

 

Rechtsanwalts-GmbH; Geschäftsführer-Gesellschafter; Kommunalsteuer; Abgabennachforderung; Verwaltungsgerichtbarkeits-Novelle – Übergangsrecht; Verfahrensdauer, überlange; Nachsicht in angemessenem Ausmaß