LVwG-300076/8/WG/Gru

Linz, 20.02.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde des x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 5.11.2013, Gz. Ge96-54-2013, betreffend eine Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 4.2.2014,

 

zu Recht  e r k a n n t:

 

I. Der Beschwerde wird gem. § 50 VwGVG teilweise stattgegeben. Die verhängte Geldstrafe wird auf 500,-- Euro und die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf 20 Stunden herabgesetzt. Im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses wird neben der Wortfolge x die Wortfolge als Arbeitgeberin eingefügt. Maßgebliche Strafnorm iSd § 44 a Z 3 VStG ist die Bestimmung des § 130 Abs 1 Einleitungssatz ASchG idF BGBl I Nr. 118/2012. Der Verfahrenskostenbeitrag für das Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft Freistadt reduziert sich auf 50,-- Euro. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.   

 

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.           Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt (im Folgenden: belangte Behörde) verhängte über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) mit Straferkenntnis vom 5.11.2013, Gz. Ge96-54-2013, gem. § 43 Abs. 2 Z. 5 iVm § 130 Abs. 1 Z. 17 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes über Antrag des Arbeitsinspektorates Linz eine Geldstrafe in der Höhe von 1.500,-- Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen. An Verfahrenskosten wurden 150,-- Euro vorgeschrieben. Im Spruch wird die als erwiesen angenommene Tat wie folgt beschrieben: Der Beschuldigte, Herr x hat es als bestellter verantwortlicher Beauftragter (Dienstort x) und somit als für die Einhaltung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Person der x zu verantworten, wie anlässlich einer Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat Linz am 1.7.2013 festgestellt wurde und wie aus der Anzeige des Arbeitsinspektorates Linz vom 8.7.2013, ZI.041-84/1-9/13, hervorgeht, dass am 1.7.2013 bei der Baustelle x, beim Bohren von Bohrlöchern im Bereich des Kämpfers für die durchzuführenden Sprengarbeiten die in Verwendung stehenden, frei werdenden gefährlichen Arbeitsstoffe (Quarzstaub) nicht an ihrer Austritts- oder Entstehungsstelle erfasst wurden, obwohl gefährliche Gase, Dämpfe oder Schwebstoffe an ihrer Austritts- oder Entstehungsstelle vollständig zu erfassen und anschließend ohne Gefahr für die Arbeitnehmer zu beseitigen sind, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist. Die Behörde argumentierte gem § 130 Abs 1 Z 17 ASchG begehe eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen sei, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtung betreffend Arbeitsstoffe verletze. Die Behörde führte zudem aus, Erschwerungs- und Milderungsgründe seien keine gefunden worden.

 

2.           Dagegen richtet sich die Berufung vom 19.11.2013. Darin wird der Antrag gestellt, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Strafverfahren nach § 45 Abs. 1 VStG einstellen in eventu dahingehend abändern, dass die verhängte Strafe reduziert wird, in eventu aufheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen. Die Ausführungen zur Beweiswürdigung würden im bekämpften Straferkenntnis völlig fehlen. Ihn treffe kein Verschulden, zumal nicht vorhersehbar gewesen sei, dass es zu Bohrvorgängen mit einem Bohrgerät ohne Absaugvorrichtung kommen würde. Es sei nicht vorhersehbar gewesen, dass das betreffende Gerät wegen dringend notwendiger Bohrarbeiten sofort zum Einsatz kommen würde, noch bevor er selbst von seinem Arzttermin in Wien zurückkehren würde. Die Strafbemessung sei zudem überhöht. Der Bf hielt dem Arbeitsinspektorat mit Schreiben vom 23. Dezember 2013 entgegen, bei dem Gestein, mit welchem man es im Baustellenbereich zu tun habe, handle es sich um Granodiorit. Der Quarzanteil im Granodiorit betrage zwischen 19 % und 26 %. Es wäre durch Befassung eines Sachverständigen zu klären, ob Gesteinsstaub mit einem Quarzanteil zwischen 19 % und 26 % als fibrogen anzusehen sei. Gesteinsstaub könne also noch nicht per se als gefährlicher Arbeitsstoff anzusehen sein.

 

3.           Das Landesverwaltungsgericht hat in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 4.2.2014 Beweis erhoben. Dabei wurde der gesamte Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt Ge96-54-2013 sowie der Verfahrensakt des UVS VwSen-281625-2013 und des Landesverwaltungsgerichtes LVwG-300076-2014 einschl. aller darin befindlicher Beweismittel einvernehmlich verlesen. Der meldungslegende Arbeitsinspektor x wurde als Zeuge einvernommen. Der Beschuldigte x wurde als Partei befragt. Herr x wurde als Arbeitsinspektionsarzt und damit Amtssachverständiger einvernommen. Abschließend verzichteten die Verfahrensparteien auf eine weitere Beweisaufnahme.

 

I.     Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

4.           Der Bf verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von 3.000 Euro, besitzt kein Vermögen und hat keine Sorgepflichten (Aussage Bf Tonbandprotokoll Seite 5). Der Bf war im Tatzeitpunkt (1. Juli 2013) verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs 2 VStG der x.

 

5.           Der Polier wies den Bf vor dem Tag der Kontrolle darauf hin, dass nicht ausreichend Bohrgeräte vorhanden wären und daher ein entsprechendes Bohrgerät anzuschaffen wäre. Der Bf erteilte dem Polier den Auftrag, bei dieser Anschaffung die Vorgaben betreffend Arbeitnehmersicherheit, insbesondere das Vorhandensein von Absaugvorrichtungen einzuhalten. Es wurde dann vom Lieferanten der Bohrgeräte versehentlich ein Gerät ohne Absaugvorrichtung geliefert. Der Bf bekam von der Anlieferung des Gerätes nichts mit, weil er am 1. Juli 2013 in der Früh einen dringenden Arzttermin hatte (Aussage Bf TBP Seite 4, Berufungsvorbringen).

 

6.           Der Bf war während der am 1. Juli 2013 von AI x durchgeführten Baustellenüberprüfung nicht anwesend. Dabei führten Arbeitnehmer der x auf der Baustelle x im Verantwortungsbereich des Bf Bohrarbeiten an einer Felsnase durch, ohne dass Absaugvorrichtungen verwendet wurden. Bei dem Gestein, mit welchem man es im Baustellenbereich zu tun hat, handelt es sich um Granodiorit. Der Quarzanteil im Granodiorit beträgt zwischen 19 % und 26 %. Die bei der Bohrung freiwerdenden Arbeitsstoffe (Gesteinsstaub mit einem Quarzanteil zwischen 19 % und 26 %) wurden nicht an ihrer Austritts- oder Entstehungsstelle erfasst, weil keine Absaugvorrichtung verwendet wurde. Nach dem Stand der Technik hätte eine Absaugvorrichtung verwendet werden müssen (Zeugenaussage x TBP Seite 2, Strafantrag des AI, Aussage des Bf TBP Seite 5, Stellungnahme des Bf vom 23. Dezember 2013).

 

7.           Gesteinsstaub mit einem Quarzanteil zwischen 19 % und 26 % ist als fibrogen anzusehen. Aus arbeitsmedizinischer Sicht ist der festgestellte Staub als gefährlicher Arbeitsstoff zu qualifizieren. Ob im konkreten Fall die Grenzwerte der Grenzwertverordnung für die Exposition von Quarzstaub überschritten wurden und es zu einer konkreten Gesundheitsgefährdung eines bestimmten Arbeitnehmers gekommen ist, konnte aber nicht festgestellt werden (Befund und Gutachten x, Tonbandprotokoll Seite 5f).

 

8.           AI x befragte den zuständigen Polier, aus welchem Grund keine Absaugvorrichtung verwendet wurde. Diese nannte ihm als Grund die schwierigen örtlichen Gegebenheiten bzw. die schwierige örtliche Zufahrtssituation. Weiters sagte ihm der Polier, dass es wegen der „paar Löcher doch sicher kein Problem geben werde“. (Zeugenaussage x, Tonbandprotokoll Seite 2).

 

9.           Die Staubvermeidung war im Zusammenhang mit Arbeitsvorgängen bei der Errichtung der S10 immer schon ein Thema. x hatte bei den Baubesprechungen die bei der S10 tätigen Firmen, so insbesondere die x auf die Erforderlichkeit von entsprechenden Absaugvorrichtungen bei der Durchführung von Bohrungen hingewiesen. x hat vor der Baustellenüberprüfung am 1.7.2013 noch keine Bohrgeräte ohne Absaugvorrichtung auf dieser Baustelle beobachtet. Es war das erste Mal, dass er eine Bohrvorrichtung ohne Absauvorrichtung auf der Baustelle x, vorgefunden hat (Zeugenaussage x, Tonbandprotokoll Seite 3).

 

10.        Das AI Linz brachte den Vorfall mit Eingabe vom 8.7.2013 bei der belangten Behörde zur Anzeige und beantragte die Verhängung eine Geldstrafe von 1.500,-- Euro gem. § 43 Abs. 2 Z. 5 ASchG, woraufhin die belangte Behörde nach Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens das bekämpfte Straferkenntnis erließ. 

 

11.        Der Bf kündigte in weiterer Konsequenz bei der x (Aussage Bf TBP Seite 4).

 

 

 

 

II.   Beweiswürdigung

 

12.        Zu den Pkten 4, 5 und 6: Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus den in Klammer angegebenen Beweismitteln. Die Zusammensetzung des im Baustellenbereich befindlichen Gesteinsmaterials (Granodiorit) ergibt sich aus der Stellungnahme des Bf vom 23. Dezember 2013. Der Bf räumt ein, dass eine Absaugvorrichtung verwendet hätte werden müssen (TBP Seite 5). Die Angaben des Bf zur Vorgeschichte werden den Feststellungen zu Pkt 5 zu Grunde gelegt. Dem Bf ist es damit aber – wie noch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung auszuführen ist - nicht gelungen, ein fehlendes Verschulden glaubhaft zu machen. 

 

13.        Die zu Pkt 7 getroffenen Feststellungen stützen sich auf Befund und Gutachten des Arbeitsinspektionsarztes x. Der Bf ist dessen schlüssigen Ausführungen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Auf Grund des Gutachtens des AI x (Tonbandprotokoll Seite 5f) steht fest, dass ein Gesteinsstaub mit einem Quarzanteil von zwischen 19 % und 26 % als fibrogen anzusehen ist. Jedem Staub mit einem Quarzanteil kommen gesundheitsgefährdende Eigenschaften zu. Es handelt sich um einen gefährlichen Arbeitsstoff. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob es im konkreten Fall tatsächlich zu einer Gesundheitsgefährdung eines bestimmten Arbeitnehmers gekommen ist. Ob die auf der von x angefertigten Lichtbilder abgebildete Staubentwicklung zu einer Erkrankung bzw. Beeinträchtigung der Gesundheit geführt hat, kann man in dieser Weise auf Grund der Lichtbilder nicht beurteilen, weil man dazu die Dauer der Exposition und die Vorgeschichte kennen müsste. Das konkrete Erkrankungsrisiko lässt sich aus einem solchen Lichtbild nicht erschließen. x führte dazu im Befund und Gutachten aus, bloß anhand des Lichtbildes bzw. der Darstellung des Kontrollverlaufes lässt sich nicht erschließen, ob der Grenzwert lt. Grenzwerteverordnung überschritten wurde. Ob es für den Tatbestand der konkreten Verwaltungsübertretung auf eine konkrete Gefährdung eines Arbeitnehmers ankommt, ist im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu behandeln (s. Pkt 17).

 

14.        Zu Pkt 8, 9, 10 und 11: Die Feststellungen ergeben sich unstrittig aus den genannten Beweismitteln und Aktenbestandteilen.

 

III.      Rechtliche Beurteilung

 

15.         Die Berufung richtet sich an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes OÖ. Mit 1.1.2014 trat das Landesverwaltungsgericht OÖ. an die Stelle des Unabhängigen Verwaltungssenates. Die Berufung gilt als Beschwerde im Sinn des Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG, über die das Landesverwaltungsgericht zu entscheiden hat.

 

16.        Die maßgeblichen Rechtsvorschriften ergeben sich aus folgenden gesetzlichen Bestimmungen:

 

§ 40 Abs 1 und 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchg) lautet:

(1) Gefährliche Arbeitsstoffe sind explosionsgefährliche, brandgefährliche und gesundheitsgefährdende Arbeitsstoffe sowie biologische Arbeitsstoffe, sofern nicht die Ermittlung und Beurteilung gemäß § 41 ergeben hat, daß es sich um einen biologischen Arbeitsstoff der Gruppe 1 ohne erkennbares Gesundheitsrisiko für die Arbeitnehmer handelt.

 (3) Gesundheitsgefährdende Arbeitsstoffe sind Arbeitsstoffe, die

1. sehr giftige, giftige, gesundheitsschädliche (mindergiftige), ätzende, reizende, krebserzeugende, erbgutverändernde fortpflanzungsgefährdende oder sensibilisierende oder

2. fibrogene, radioaktive oder biologisch inerte Eigenschaften aufweisen.

 

§ 43 Abs 1 und 2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchg) lautet:

(1) Krebserzeugende, erbgutverändernde, fortpflanzungsgefährdende und biologische Arbeitsstoffe der Gruppe 2, 3 oder 4 dürfen, wenn es nach der Art der Arbeit und dem Stand der Technik möglich ist, nur in geschlossenen Systemen verwendet werden.

(2) Stehen gefährliche Arbeitsstoffe in Verwendung, haben Arbeitgeber Maßnahmen zur Gefahrenverhütung in folgender Rangordnung zu treffen:

1. Die Menge der vorhandenen gefährlichen Arbeitsstoffe ist auf das nach der Art der Arbeit unbedingt erforderliche Ausmaß zu beschränken.

2. Die Anzahl der Arbeitnehmer, die der Einwirkung von gefährlichen Arbeitsstoffen ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein könnten, ist auf das unbedingt erforderliche Ausmaß zu beschränken.

3. Die Dauer und die Intensität der möglichen Einwirkung von gefährlichen Arbeitsstoffen auf Arbeitnehmer sind auf das unbedingt erforderliche Ausmaß zu beschränken.

4. Die Arbeitsverfahren und Arbeitsvorgänge sind, soweit dies technisch möglich ist, so zu gestalten, daß die Arbeitnehmer nicht mit den gefährlichen Arbeitsstoffen in Kontakt kommen können und gefährliche Gase, Dämpfe oder Schwebstoffe nicht frei werden können.

5. Kann durch diese Maßnahmen nicht verhindert werden, daß gefährliche Gase, Dämpfe oder Schwebstoffe frei werden, so sind diese an ihrer Austritts- oder Entstehungsstelle vollständig zu erfassen und anschließend ohne Gefahr für die Arbeitnehmer zu beseitigen, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist.

6. Ist eine solche vollständige Erfassung nicht möglich, sind zusätzlich zu den Maßnahmen gemäß Z 5 die dem Stand der Technik entsprechenden Lüftungsmaßnahmen zu treffen.

7. Kann trotz Vornahme der Maßnahmen gemäß Z 1 bis 6 kein ausreichender Schutz der Arbeitnehmer erreicht werden, haben Arbeitgeber dafür zu sorgen, daß erforderlichenfalls entsprechende persönliche Schutzausrüstungen verwendet werden.

 

§ 130 Abs 1 Z 17 ASchG lautet:

(1) Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8 324 €, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16 659 € zu bestrafen ist, begeht, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen

17. die Verpflichtungen betreffend Arbeitsstoffe verletzt.

 

17.         Der bei den Bohrungen angefallene Gesteinsstaub weist einen Quarzanteil zwischen 19 % und 26 % auf. Ein Gesteinsstaub mit einem solchen Quarzanteil ist als fibrogen und damit gesundheitsgefährdend einzustufen (§ 40 Abs 3 Z 2 ASchG, s. Pkt 7). Ob es zu einer konkreten Gesundheitsgefährdung gekommen ist und eine Übertretung der Grenzwerteverordnung begangen wurde, ist für den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 43 Abs. 2 Z. 5 ASchG nicht erforderlich. Es hätte unstrittig eine Absaugvorrichtung verwendet werden müssen. Eine solche wurde aber nicht verwendet, weshalb die angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt ist. Präzisierend war im Spruch gemäß § 44a Z 1 VStG zu ergänzen, dass die Verwaltungsübertretung – wie schon aus der Begründung des bekämpften Straferkenntnisses hervorgeht - von der A GmbH & Co KG, als Arbeitgeberin begangen wurde.

 

18.        Gem. § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

19.        Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein entsprechendes Kontrollsystem auch für den Fall eigenmächtige Handlungen von Arbeitnehmern gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften Platz zu greifen. Es kann kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die  Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (vgl. VwGH vom 24.5.2013, Gz. 2012/02/0072). Das Kontrollsystem hätte auch für den Fall einer durch den Arztbesuch bedingten Abwesenheit Vorsorge für die Verhinderung von Verwaltungsübertretungen treffen müssen. Vor diesem Hintergrund reicht das vorhandene Kontrollsystem wie auch der Hinweis auf dringend notwendige Bohrarbeiten und das allfällige Fehlverhalten des Lieferanten und des Poliers nicht aus, um ein fehlendes Verschulden glaubhaft zu machen. Es ist gem. § 5 Abs. 1 VStG von leichter Fahrlässigkeit auszugehen.

 

20.        Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 Abs 1 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies gemäß § 19 Abs 2 VStG die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

21.        Die belangte Behörde wendete den mit 31.12.2012 außer Kraft getretenen Strafrahmen von 145 bis 7.260 Euro an, wodurch der Bf aber nicht in seinen Rechten verletzt wurde. Der am 1.7.2013 geltende - höhere Strafrahmen idF BGBl I Nr. 118/2012 - beläuft sich auf 166 bis 8.324 Euro, was gem § 44a Z 3 VStG im Spruch klarzustellen war. Im vorgelegten Verwaltungsstrafakt befinden sich keine Hinweise auf Verwaltungsvorstrafen, weshalb entgegen der Ansicht der belangten Behörde als Milderungsgrund die Unbescholtenheit zu werten ist. Erschwerend war kein Umstand. Die festgestellten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse waren der Strafbemessung zugrunde zu legen.

 

22.        Da auf der ggst. Baustelle großer Wert auf die Einhaltung der entsprechenden Arbeitnehmerschutzvorschriften gelegt wird und es sich im Übrigen um das erste Mal handelt, dass DI. Hinterreiter eine Bohrung ohne Absaugvorrichtung auf der Baustelle feststellte, konnte mit einer niedrigeren Geldstrafe das Auslangen gefunden werden.

 

23.        Die nunmehr festgesetzte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe ist dem Verhalten schuld- und tatangemessen. Eine Ermahnung § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG kam nicht in Betracht, zumal das Verhalten nicht in einer besonderen Weise vom typischen Unrechtsgehalt abweicht. Damit reduziert sich der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz. Für das Beschwerdeverfahren ist kein Kostenbeitrag zu entrichten.

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

 

IV.  Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

24.        Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die ggst, Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Es ist unstrittig, dass eine Absaugvorrichtung erforderlich gewesen wäre. Bzgl Kontrollsystem wird auf die st. Rsp des VwGH (s. dazu das zit. Erkenntnis vom 24.5.2013, GZ 2012/02/0072) verwiesen.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Wolfgang Weigl