LVwG-750282/2/BP/SA

Linz, 24.08.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des C A, geb. x, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. G S, N, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 5. Juni 2015, GZ: A3/54725/2015, mit dem eine angezeigte Versammlung gemäß § 6 Versammlungsgesetz untersagt wurde,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm. § 6 VersG wird der Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben, als festgestellt wird, dass die Untersagung der vom Beschwerdeführer angezeigten Versammlung mittels Bescheid vom 5. Juni 2015 rechtswidrig erfolgte.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.               

 

1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 5. Juni 2015, GZ.: A3/54725/2015, wurde unter Spruchpunkt 1. eine von Herrn C A mit Eingabe vom 25. Mai 2015 gemeldete Versammlung zum Thema „Xxx“, die am x.x. 2015 in L., mit folgender Route:

am H. beginnend, über die K.straße – L.straße – S.platz – R.straße – V.straße – K.straße – zurück zum H. führend, stattfinden sollte, gemäß § 6 Versammlungsgesetz 1953 i.d.g.F. iVm Art. 11 Abs. 1 und Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte – EMRK i.d.g.F. untersagt.

 

Unter Spruchpunkt 2. wurde die aufschiebende Wirkung einer allfälligen, gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gem. § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG i.d.g.F. ausgeschlossen.

 

a.     Zunächst führt die Behörde nachstehenden Sachverhalt aus:

Mit Eingabe vom 25.05.2015 zeigten Sie der Landespolizeidirektion Oberösterreich eine für Samstag, den x.x.2015 von 08:00 bis 20:00 Uhr in L geplante Versammlung zum Thema „Xxx" an. Dieses Thema ist unter dem Schlagwort „P" in der öffentlichen Diskussion bekannt und war bereits zurückliegend Gegenstand verschiedener Versammlungen im Ausland aber auch in Österreich.

Diese geplante P-Versammlung sollte am Hauptbahnhof beginnen und über die K.straße - L.straße - S.platz - R.straße – V.straße -K.straße - zurück zum Hauptbahnhof führen und dort enden.

 

Für den 03.06.2015 um 09.00 Uhr wurden Sie zur Landespolizeidirektion Oberösterreich eingeladen: Sie kamen der Einladung nach.

Nach Vorhalt, dass bei vergangenen P-Versammlungen Teilnehmer, Ordner und Sympathisanten überwiegend der rechten Szene zuzuordnen waren und auch Anzeigen (Berichte) nach dem Verbotsgesetz erstattet wurden, führten Sie aus, dass dies alles vor Ihrer Zeit passiert sei. Seit etwa zwei Monaten besteht unter Ihrer Führung die Partei „P in Österreich" und diese habe nichts mit dem gleichlautenden Verein zu tun.

 

Das Landesamt für Verfassungsschutz stellte fest, dass bei stattgefundenen P-Versammlungen die eingesetzten Ordner nahezu der „Rechten Szene" zuzuordnen bzw. auch einschlägig vorbestraft sind (nach dem Verbotsgesetz). Ebenso konnte ein Großteil der Teilnehmer der „Rechten Szene" zugeordnet werden.

 

Wissenschaftler, Politiker, Vertreter von Religionsgemeinschaften und weiteren Organisationen warnen vor Fremdenfeindlichkeit, teilweise vor Rassismus, die von den P-Demonstrationen ausgehen würden.

 

Verfassungsschutzbehörden weisen auf rechtsextreme Tendenzen bei einigen Ablegern von P hin.

 

Zur Frage der verwendeten Mittel verwiesen Sie auf die Versammlungsanmeldung, wo Sie ankündigten Transparente, Flugblätter, Bühne, Musikanlage, Megaphon und ein Zelt zu verwenden. Als geplante Redner bei der Versammlung nannten Sie den Obmann der Partei, W W (Nationale im Akt) und eine - nicht näher konkretisierte - Frau. Bezüglich dieser Sprecherin wollten Sie keine näheren Angaben machen, weil diese noch nicht endgültig zugesagt habe. Es soll sich Ihrer Aussage nach um eine Abgeordnete zum österreichischen Nationalrat handeln.

 

Im Zuge Ihrer niederschriftlichen Einvernahme ersuchten Sie abschließend um ehestmögliche Information über den Ausgang des Ermittlungsverfahrens bzw. um Zustellung des Bescheides per E-Mail.

 

Auch wenn Sie angaben, dass die Partei „P in Österreich" nichts mit der P-„Bewegung" vor Gründung der Partei zu tun hätte, ist festzuhalten, dass in der Öffentlichkeit der Begriff „P" klar besetzt ist. Es ist daher davon auszugehen, dass sowohl Sympathisanten (und damit eventuelle Versammlungsteilnehmer) als auch die breite Öffentlichkeit die geplante P-Versammlung mit den bisher stattgefundenen P-Versammlungen in Verbindung bringen.

Der Begriff „P" hat - mit anderen Worten - in der Öffentlichkeit einen im Wesentlichen eindeutigen Begriffskern, nämlich eine Gleichstellung mit „Ausländerfeindlichkeit" oder anders ausgedrückt mit „Rechtsextreme gegen Ausländer."

 

Zur P:

P ist die gängige Abkürzung für „Xxx".

Die Bewegung P nahm Ende Oktober 2014 in D (Deutschland) ihren Ausgang. Sie hat sich mit zahlreichen Ablegern in kurzer Zeit über fast ganz Deutschland ausgebreitet und protestiert gegen eine aus Ihrer Sicht verfehlte Einwanderungs- und Asylpolitik Deutschlands bzw. Europas und kritisiert vor allem eine liberale Haltung der Politik gegenüber Muslimen und islamgläubigen Bürgerinnen im Allgemeinen, sowie eine zu schwache Abwehr radikal-islamischer Tendenzen und Rekrutierungen für den IS („Islamischer Staat"). Vor allem die letzten beiden Punkte werden als unmittelbare Gefahr für die christlich-jüdisch geprägte Abendkultur interpretiert. Ihre Kritik am politischen System und seinen etablierten Parteien hat die Bewegung P in einem „19 Punkte Positionspapier" zusammengefasst, in dem zwar das grundsätzliche Recht auf Asyl festgehalten ist, jedoch Bedingungen an Asylwerber und Politik geknüpft sind, die vor allem die Verschärfung des Asyl- und Fremdenrechts aber auch Elemente der direkten Demokratie und eine Abkehr von der bisherigen „Gender-Politik" einfordert.

 

Gründer und führender Vertreter von P ist - laut Internet (Quelle: http://www.... und http://de.wikipedia.org/wiki/...) - L B. Nachdem ausländerfeindliche Aussagen von ihm bekannt geworden waren, traten sechs Mitbegründer bis zum 27.01.2015 aus der Vereinsführung aus.

S D und T T, ebenfalls Gründungsmitglieder P, fielen seit Sommer 2013 im Internet mit verächtlichen und rassistischen Äußerungen über Muslime, Kurden, Türken und Asylbewerber auf. T musste deshalb als Stadtrat zurücktreten. D besuchte am 26.10.2014 die Kundgebung der „H" (H G S) in K., bei der es zu Gewaltausschreitungen kam. Danach warb er nach Recherchen des MDR auf einer Facebook Seite der „H G S des Ostens" mit rassistischen Aussagen über Muslime („bärtige Ziegenwämser") für die Teilnahme an P. Auf derselben Internetseite (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Xxx) wurden die Verbrennung von Muslime und die öffentliche Koranverbrennung gefordert.

 

Rechtsextremisten unterstützten bereits die erste P-Kundgebung am 20.10.2014 in D öffentlich über Facebook.

 

Im Dezember 2014 rief die NDP zur Teilnahme an P-Kundgebungen auf. Die „G D L" und der islamfeindliche Internetblog P I veröffentlichten einen „Propagandaclip" als Aufruf zu P.

 

Nach Polizeiangaben beteiligen sich seit dieser Zeit einige hundert gewaltbereite Hooligans an den D. P-Kundgebungen. Hooligans stellen laut Medienberichten fast alle Ordner. Die der Neuen Rechten zugeordneten Zeitschriften „J", „B N", „S" (Herausgeber: G K), die Zeitschrift „Z" aus dem rechtsextremen Verlag D Ms und das Querfront-Magazin „C" (Herausgeber: J E) unterstützen P.

 

Demonstranten reagierten auf Pressearbeit vor Ort regelmäßig mit Sprechchören wie „Lügenpresse, Lügenpresse" und „Volksverräter" für Politiker. Die NS-Propaganda hatte den Kampfbegriff „Lügenpresse" in den 1930er und 1940er Jahren gegen Kommunisten und Juden gerichtet. Zudem wurden „Volksverräter" in der Sprache des Nationalsozialismus verwendet.

Nach Aussagen eines Augenzeugen griff am 22.12.2014 in D im Zuge einer P-Versammlung ein Ordner der P einen Journalisten an und beschimpfte ihn als „Judenschwein".

Am 09.12.2014 wurde auf Facebook erstmals auch ein Österreich-Ableger der P-Bewegung mit dem Gemeinschaftstitel „P-Österreich" gegründet. Unmittelbar nach Gründung der Facebook Gemeinschaft wurden gegen Mitte Dezember 2014 sämtliche sogenannte „Bundesländer-Töchter" auf Facebook gegründet.

 

Anders als in Deutschland verfolgen die Bestrebungen von P in Österreich den Zweck, einen klaren Bundeslandbezug einzuhalten. Auf Facebook werden Sicherheitsfragen, Statistiken zur Bevölkerungsentwicklung, Asylwesen sowie Kultur- und Religionskonflikte zwischen Christentum und dem Islam äußerst selektiv und mit rassistischem Unterton thematisiert.

 

Ebenfalls anders als in Deutschland verschwimmt in Österreich die Bewegung P mit der Bewegung H G S („H").

 

Bis dato wurden in Österreich sechs P-Versammlungen abgehalten, und zwar in W. am x.x.2015 sowie am x.x.2015, in L. am x.x.2015 und x.x.2015, in G. am x.x.2015 und in B. am x.x.2015. Zurückliegend wurden drei weitere beabsichtigte und angezeigte P-Versammlungen - in L. für den x.x.2015 von der Landespolizeidirektion Oberösterreich sowie in B. für den x.x.2015 und x.x.2015 von der Landespolizeidirektion Vorarlberg - untersagt.

 

Bei allen in Österreich stattgefundenen P-Versammlungen war eine beträchtliche Anzahl der Versammlungsteilnehmer und auch die Ordner der gewaltbereiten (rechten) Fußballszene und der (rechten) Hooliganszene zuzuordnen. Darüber hinaus waren zahlreiche Personen der ideologisch rechten Szene anwesend.

 

Im Zusammenhang mit der P-Versammlung am 02.02.2015 in W wurden acht Anzeigen wegen Wiederbetätigung nach dem Verbotsgesetz erstattet, weil Versammlungsteilnehmer den Hitler- und den Kühnengruß zeigten, sowie „Heil Hitler" riefen. Es gibt Hinweise (Quelle: http://www.... http://w.orf.at/news/stories/...) darauf, dass rechtsextreme Teilnehmer der P-Versammlung „Jagd" auf Gegendemonstranten gemacht hätten.

 

Wie auf einem Video im Internet (http://P.....html) deutlich zu sehen ist, nahmen Personen an der Versammlung teil, die deutlich sichtbar Hakenkreuz-Tätowierungen hatten. Viele P-Versammlungsteilnehmer waren vermummt und es sind rassistische Aussprüche auf dem Video zu hören.

Auch in diesem Fall wurden Anzeigen nach dem Verbotsgesetz erstattet (oben auf Seite 4 des gegenständlichen Bescheides bereits angeführt und in der Anzahl enthalten).

Bei der zweiten P-Versammlung am 19.04.2015 in W wurden erneut zwei Teilnehmer der P-Versammlung nach dem Verbotsgesetz zur Anzeige gebracht, weil sie den Hitlergruß gezeigt hatten. Zudem wurden vier P-Versammlungsteilnehmer wegen Anstandsverletzung und Ordnungsstörung nach dem Sicherheitspolizeigesetz zur Anzeige gebracht.

 

Im Zuge der P-Versammlung am x.x.2015 in L. wurde eine Anzeige wegen Körperverletzung gegen einen P-Versammlungsteilnehmer an die Staatsanwaltschaft erstattet, weil ein Versammlungsteilnehmer einen Gegendemonstranten durch einen Faustschlag verletzt hatte.

 

Am 29.03.2015 konnten bei der P-Versammlung in G. Versammlungsteilnehmer, darunter M S, der als Redner in G. und B. aufgetreten ist, ausgeforscht und zur Anzeige nach dem Verbotsgesetz gebracht werden. M S ist ein ehemaliges Mitglied der deutschen politischen Partei C, der im Jahre 2011 aus der Partei ausgeschlossen wurde. M S ist für seine radikal islamfeindliche Haltung bekannt. Er ist Mitglied der Partei „D F". Er trat in den vergangenen Monaten bereits bei zahlreichen Versammlungen als Redner auf, beispielsweise auch bei Kundgebungen der Gruppierung H G S („H"). Zuletzt berichteten die Medien, dass M S ein Parteimitglied in Schutz nahm, das rechtskräftig vom Amtsgericht München wegen Verhetzung aufgrund Leugnens des Holocausts verurteilt worden war. Im September 2011 zeigte M S bei einer Kundgebung ein Plakat mit der Abbildung Heinrich Himmlers in der Öffentlichkeit. Da das Plakat jedoch nur kurz zu sehen war, wurde er vom Amtsgericht München freigesprochen. Nach Auftritten in W. und G. werden Ermittlungen gegen ihn geführt (§ 283 StGB - Verhetzung).

 

Bei der am x.x.2015 abgehaltenen P-Versammlung traten S H und I B als Redner auf.

Bei der Anzeige dieser P-Versammlung wurde - da auch im Versammlungsgesetz nicht vorgesehen - nicht angeführt, wer als Redner auftritt.

S A H hatte mit einem Mail ihre Einstellung und Ideologie preisgegeben, als sie am 28.09.2014, 11:34 Uhr eine E-Mail mit folgendem Inhalt an einen Abgeordneten zum Vorarlberger Landtag gesendet hatte: „Was soll das: Adolf Hitler als Kotzbrocken zu bezeichnen. Ohne ihn wären Österreich und Deutschland viel ärmer dran." Diesbezüglich werden bereits Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Feldkirch geführt. Dieses Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

 

Der Schweizer I B war Mitglied der Partei N O S (P). Die Partei N O S (P) ist eine rechtsextreme, nationalistische Schweizer Partei, die im Jahr 2000 von J G und S K gegründet wurde. 2007 trat B als Redner am rechtsextremen Europatag 2007 auf und soll mehrfach bei weiteren Neonazi-Anlässen teilgenommen haben. Im Sommer 2012 gründete er die rechtspopulistische Direktdemokratische Partei S (D). Ein Schwerpunkt der Partei ist das „Nein zur Islamisierung." Als Sprecher der P-Bewegung in der Schweiz musste er im Jänner 2015 zurücktreten, als seine rechtsradikale Vergangenheit und die gegen ihn eingeleiteten Ermittlungen der Schweizer Bundesanwaltschaft wegen Beleidigung der deutschen Bundeskanzlerin und der deutschen Bundesregierung, da er diese als „die wahren Nazis in Berlin" bezeichnete, bekannt wurden. Auf Facebook ist er bereits mehrfach wegen des Postens von Hitler-Zitaten aufgefallen.

 

1.2. In rechtlicher Hinsicht führte die Behörde wie folgt aus:

 

Gemäß Art. 11 Abs.1 EMRK haben alle Menschen das Recht, sich friedlich zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschließen.

 

Nach Art. 11 Abs.2 EMRK darf die Ausübung dieser Rechte keinen anderen Einschränkungen unterworfen werden, als den vom Gesetz vorgesehenen, die in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen und öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral oder des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind. Dieser Artikel verbietet nicht, dass die Ausübung dieser Rechte durch Mitglieder der Streitkräfte, der Polizei oder der Staatsverwaltung gesetzlichen Einschränkungen unterworfen wird.

Wer eine allgemein zugängliche Versammlung ohne Beschränkung aufgeladene Gäste veranstalten will, muss dies wenigstens 24 Stunden vor der beabsichtigten Abhaltung unter Angabe des Zweckes, des Ortes und der Zeit der Versammlung der Behörde (§ 16 VersG) schriftlich anzeigen. Die Anzeige muss spätesten 24 Stunden vor dem Zeitpunkt der beabsichtigten Versammlung bei der Behörde einlangen (§ 2 VersG).

Gemäß § 6 VersG sind Versammlungen, deren Zweck den Strafgesetzen zuwiderläuft oder deren Abhaltung die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet, von der Behörde zu untersagen.

§16 lit. a VersG normiert, dass unter der in diesem Gesetz erwähnten Behörde an Orten, die zum Gebiet einer Gemeinde gehören, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, die Landespolizeidirektion zu verstehen ist. Gemäß § 8 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. 566/1991 idgF, ist im Gemeindegebiet von L. die Landespolizeidirektion Oberösterreich zuständig.

 

§ 3 Verbotsgesetz, StGBl. 13/1945 idgF, bestimmt, dass es jedermann untersagt ist, sich, sei es auch außerhalb dieser Organisation, für die NSDAP oder ihre Ziele sich irgendwie zu betätigen.

 

Gemäß § 13 Abs.2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung von Beschwerden ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

 

Aus den genannten Rechtsgrundlagen ergibt sich:

 

Die Behörde ist nur dann zur Untersagung einer Versammlung ermächtigt, wenn dies aus einem der in Art. 11 Abs.2 EMRK genannten Gründe notwendig ist. Die Behörde hat, wenn sie eine Untersagung der Versammlung in Betracht zieht, die Interessen des Veranstalters an der Abhaltung der Versammlung in der geplanten Form gegen die im Art.11 Abs.2 EMRK aufgezählten öffentlichen Interessen am Unterbleiben der Versammlung abzuwägen (vgl. VfSlg. 10443/85).

 

Die Entscheidung der Behörde ist eine Prognoseentscheidung, die die Behörde auf Grundlage der von ihr festzustellenden, objektiv erfassbaren Umstände in sorgfältiger Abwägung zwischen dem Schutz der Versammlungsfreiheit und den von der Behörde wahrzunehmenden öffentlichen Interessen zu treffen hat.

Dabei hat die Behörde abzuwägen, ob die mit der Versammlung verbundenen Beeinträchtigungen im Interesse der Versammlungsfreiheit von der Öffentlichkeit hinzunehmen sind, oder nicht (vgl. zB VfGH 1.10.1988 B 1068/88). Die Behörde hat ihre (Prognose-) Entscheidung aufgrund konkret festgestellter, objektiv erfassbarer Umstände zu treffen (vgl. zB VfSlg.5087/1965).

Mit § 6 VersG wurde die Möglichkeit geschaffen, eine Versammlung aus präventiver Begründung zu verbieten, womit aber lediglich eine Einzelfallentscheidung gemeint sein kann (Eigner/Keplinger, Versammlungsrecht (2012), S. 142).

 

Ob die geplante Versammlung den Strafgesetzen zuwiderläuft oder deren Abhaltung die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet, ist anhand konkreter Umstände zu treffen, wobei es nicht auf die Absichten des Veranstalters ankommt, sondern auf die objektive Einschätzung des tatsächlich zu erwartenden Geschehensablaufes (Eigner/Keplinger, Versammlungsrecht (2012), S. 145).

Bei der von der Behörde zu treffenden Prognoseentscheidung kommt es nicht nur auf die Absichten des Veranstalters, sondern auch auf die realistische und nachvollziehbare Einschätzung des zu erwartenden Ablaufes des Geschehens an.

 

 

Die Ermittlungen der ho Behörde führen zu folgendem Ergebnis:

 

Die angemeldete gegenständliche Versammlung ist eine P-Versammlung. Sowohl in der Anzeige als auch bei der Besprechung am 03.06.2015 mit dem Versammlungsanmelder sind keine Umstände bekannt geworden, die darauf hindeuten, dass die geplante Versammlung inhaltlich oder bezüglich der teilnehmenden Personen (Redner, Ordner, Teilnehmer) von den bisherigen in Österreich stattgefundenen P-Versammlungen abweichen wird. Insbesondere ist die Errichtung einer P-Partei irrelevant, da nicht die Partei sondern Sie als Person als Anmelder und damit Verantwortlicher auftreten.

 

Die festgestellten Umstände und strafgesetzwidrigen Vorgänge bei den bisherigen P-Versammlungen in Österreich, insbesondere die vom Veranstalter ausgewählten Personen (Redner, Ordner) und die Teilnehmer lassen einen Geschehensablauf bei der angemeldeten Versammlung erwarten, der klar den österreichischen Strafgesetzen widerspricht und das öffentliche Wohl gefährdet. Es ist anzunehmen, dass durch Redner, aber insbesondere auch durch Versammlungsteilnehmer Äußerungen gemacht oder Zeichen (Hitler-Gruß, Hakenkreuz-Tätowierungen) gezeigt werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Sie wenige Tage vor der geplanten Versammlung selbst noch nicht abschließend angeben konnten (oder wollten), wer als Redner auftreten wird.

 

Die Verfassungsbestimmung des § 3 VerbotsG verbietet jedermann, sich für die NSDAP oder ihre Ziele irgendwie zu betätigen; sie erklärt damit derartige Akte der Wiederbetätigung ausnahmslos für rechtswidrig: die kompromisslose Ablehnung des Nationalsozialismus ist ein grundlegendes Merkmal der wiedererstandenen Republik. Wie der Verfassungsgerichtshof dazu bereits in seinem richtungsweisenden Erkenntnis VfSlg. 10.705/1985 aussprach, hat sich jedes staatliche Handeln an diesem Verbot als unmittelbar anwendbarem Verfassungsrecht zu orientieren. Es darf folglich kein behördlicher Akt ergehen, der eine Mitwirkung des Staates an nationalsozialistischer Wiederbetätigung bedeuten würde. Im Lichte dessen ist auszuführen, dass die Abhaltung einer Versammlung etwa dann das öffentliche Wohl gefährdet, wenn geplante Vorträge nationalsozialistische Bestrebungen und Gedankengänge stärken könnten (vgl. VfSlg. 2002/1950)

 

Nach der Rechtsprechung kann die Abhaltung von Versammlungen wegen Gefährdung des öffentlichen Wohls dann untersagt werden, wenn diese Versammlungen mit nationalsozialistischen Agitationen (VfSlg 2002/1950) einhergehen können oder wenn Anstoß erregende und dem StGB zuwiderlaufende Äußerungen (bspw. Verhetzung) durch den Redner zu befürchten sind (VfSlg 2301/1952).

 

Zu Ihren Aussagen bezüglich der Vorhalte (festgehalten auf Seite 2 des gegenständlichen Bescheides) in der Niederschrift bei der Landespolizeidirektion Oberösterreich am 03.06.2015 um 09.00 Uhr muss Ihnen seitens der ho Behörde entgegengehalten werden, dass es sich bei den Sympathisanten, Teilnehmern und auch Ordnern bei den zurückliegenden P-Versammlungen laut Landespolizeidirektion Oberösterreich -Landesamt für Verfassungsschutz - im Wesentlichen um den gleichen Personenkreis handelt.

Bei einer sorgfältigen Abwägung Ihres Interesses an der Abhaltung der Versammlung und dem öffentlichen Interesse an einer behördlichen Untersagung kam die Landespolizeidirektion Oberösterreich als zuständige Behörde auf Grund des angeführten Sachverhaltes und der ständigen Rechtsprechung des VfGH zu der Auffassung, dass das Interesse der Allgemeinheit an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung, sowie am Schutz der Rechte und Freiheiten anderer schwerer wiegt, als Ihr Interesse an der Abhaltung dieser Versammlung.

 

Der Vollständigkeit halber wird ausgeführt, dass die Untersagung der gegenständlichen P-Versammlung (angezeigt für Samstag, den x.x.2015) das Ultima Ratio Prinzip beachtet. Es gibt keine andere behördliche Möglichkeit als die Untersagung, um die Einhaltung der Strafgesetze zu erwirken. Eine bloß teilweise Untersagung oder eine Vorschreibung behördlicher Auflagen ist gesetzlich nicht möglich. Aber auch mit einer Änderung der Versammlungsanzeige hätte den angeführten Gefahren nicht begegnet werden können.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die angezeigte Versammlung zu untersagen.

 

Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde gegen diesen Bescheid ist auszuschließen, da ansonsten die Gefahr der Vereitelung des durch die Untersagung beabsichtigten Zweckes besteht.

 

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, durch den rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf) rechtzeitig am 3. Juli 2015 eingebrachte Beschwerde.

 

Darin wird ua. Folgendes ausgeführt:

1. Hinsichtlich der Feststellungen im Sachverhalt des bekämpften Bescheides ergeht sich die bezogene Behörde auf den Seiten 2 bis 5 lediglich in politischen Wertungsurteilen und ideologischen Zuordnungen, welche mit der Person des Beschwerdeführers zumeist nicht einmal am Rande in einem sachlichen Zusammenhang stehen.

 

Selbst wenn Teilnehmer der angezeigten Veranstaltung „der rechten Szene" zuzuordnen wären, so bildete dies noch keinen tauglichen Versagungsgrund. In diesem Zusammenhang ist es auch nicht von Bedeutung, ob Wissenschaftler, Politiker (sie!), Vertreter von Religionsgemeinschaften und von weiteren Organisationen, welche allerdings jeweils nicht genannt werden, „vor Fremdenfeindlichkeit, teilweise vor Rassismus" warnen, welche angeblich von P-Demonstrationen ausgehen würden. Dies sind Argumentationen der P C, die in der Rechtslage keine Deckung finden. Die P C bildet jedoch keine Rechtsquelle.

 

Die bezogene Behörde bleibt auch bei der Behauptung, dass Verfassungsschutzbehörden auf rechtsextreme Tendenzen „bei einigen Ablegern" von P hinweisen würden, im Allgemeinen, ohne einen sachlichen Zusammenhang zum Beschwerdeführer oder zur konkreten Veranstaltung herzustellen. Weder werden die entsprechenden Warnungen der Verfassungsschutzbehörden im Einzelnen nachvollziehbar genannt, noch werden die „Ableger von P" genannt welche angeblich rechtsextreme Tendenzen hätten. Selbst für den Fall, dass es derartige Tendenzen tatsächlich gäbe, so wäre auch dies noch keine taugliche Grundlage, die angezeigte Versammlung zu untersagen.

 

Es ist ferner völlig unerheblich, ob in der Öffentlichkeit der Begriff „P" klar besetzt ist oder nicht, und ob in der Öffentlichkeit im Wesentlichen P mit „Ausländerfeindlichkeit" oder mit „Rechtsextreme gegen Ausländer" gleichgesetzt wird oder nicht. Damit macht die bezogene Behörde deutlich, dass sie auf eine öffentliche Stimmung, noch dazu auf eine lediglich medial transportierte, in ihrer Beurteilung abstellt, nicht jedoch auf objektive Tatsachen und auf die Gesetzeslage.

 

Die zum Teil unnötig ausführlichen Darstellungen der P in Deutschland sind von einem ductus der P C getragen und angesichts der Tatsache, dass sodann ein Unterschied zwischen der deutschen P und der österreichischen Bewegung festgestellt wird, sogar entbehrlich. Sie haben offensichtlich lediglich den Zweck, eine „Stimmung" im Bescheid zu erzeugen, weil rechtliche und sachlich fundierte Argumente fehlen.

 

Die bezogene Behörde versteigt sich ferner bei ihren Feststellungen zu den bisher in Österreich stattgehabten P Versammlungen dahingehend, dass sie bereits durch die Zuordnung einzelner Teilnehmer oder Ordner zu einer Fußballszene oder einer Hooligan-Szene die Versammlung in ihrer Gesamtheit als „rechts" verdächtig zu machen versucht, genauso wie sie dann feststellt, dass „darüber hinaus zahlreiche Personen der ideologisch rechten Szene anwesend" gewesen seien. Damit gibt die bezogene Behörde zu erkennen, dass es bereits genügt, wenn nach der Einschätzung der bezogenen Behörde jemand ideologisch rechts zuzuordnen ist. Dabei übersieht die bezogene Behörde jedoch die Tatsache, dass selbst im österreichischen Parlament, wie im übrigen in sämtlichen neun Landtagen, politische Parteien sitzen, welche eindeutig „ideologisch der rechten Szene" zuzuordnen sind. Dass dies ein Kennzeichen einer pluralistischen parlamentarischen Demokratie ist, übersieht die bezogene Behörde jedoch geflissentlich. Links oder rechts ist kein Kriterium für die Untersagung der Versammlung, es kommt lediglich darauf an, ob sich die geplante Veranstaltung im vielbemühten „Verfassungsbogen" findet.

 

An substantiierten Vorhaltungen orientiert sich die bezogene Behörde jedoch erst hinsichtlich der P Versammlung vom x.x. 2015 in W, wobei sie als „verlässliche" Quelle für angebliche verbotsgesetzwidrige Taten die Internetseiten der Tageszeitung „H", des Wochenmagazins „N", der Tageszeitung „Ö" und des „O" anführt. Bezeichnenderweise hat die bezogene Behörde keine einzige polizeiliche oder strafbehördliche Feststellung zu zitieren vermocht, um ihre Behauptung objektiv abzustützen, dass eine dem Veranstalter vorwerfbare Ermöglichung verbotsgesetzwidriger Handlungen bei der P Versammlung am x.x. 2015 zur Begründung des hier bekämpften Versammlungsverbotes vorhanden ist.

 

Hinsichtlich der Veranstaltung vom x.x. 2015 legt der Beschwerdeführer eine eidesstattliche Erklärung des Zeugen A S vom 30. Juni 2015 vor, welcher offensichtliche Provokateure bei dieser Veranstaltung wahrgenommen und die Polizei um Einschreiten ersucht hat. Dies wurde jedoch von den angesprochenen Polizisten ausdrücklich verweigert. Ferner legt der Beschwerdeführer einen Auszug von Medienberichten vor, die belegen, dass Provokationen und Aggression regelmäßig von Gegendemonstranten ausgingen und die Polizei dabei untätig blieb.

 

Beweis:  Eidesstattliche Erklärung A S vom 30. 6. 2015, Beilage 1; A S, T; Presseanzeige - Übersicht, Beilage .12; BF.

 

Es ist bezeichnend, dass die bezogene Behörde bei ihrer dürftigen Beweislage zur Veranstaltung vom x.x. 2015 in weiterer Folge keinerlei Feststellungen darüber getroffen hat, in welcher Weise durch polizeiliche Maßnahmen die behaupteten und erwähnten Verbotshandlungen hätten unterbunden werden können. Das gleiche gilt im übrigen auch für die angeführte P-Versammlung vom 19. April 2015, wobei die bezogene Behörde bezeichnenderweise hier jegliche Quellennennung schuldig bleibt.

 

Die angeführte P-Versammlung vom 8. Februar 2015, bei der ein Versammlungsteilnehmer einen Gegendemonstranten durch einen Faustschlag verletzt haben soll, bildet ebenfalls keine taugliche Grundlage, die angezeigte Versammlung zu verbieten, weil der geschilderte Faustschlag noch keine Tathandlung darstellt, welche das Überwiegen des öffentlichen Interesses am Verbot der Versammlung begründen könnte.

 

Die von der bezogenen Behörde für den 29. März 2015 in G. und vom 21. Februar 2015 in B. geschilderten Veranstaltungen von angeblichen P-Ablegern haben mit dem Beschwerdeführer so gut wie nichts zu tun, worauf dieser bei seiner Einvernahme am 3. Juni 2015 ausdrücklich hingewiesen hat.

 

Beweis:  Niederschrift der LPD vom 3.6. 2015, GZ A3/54725/2015 - im Akt; BF.

 

Zudem werden nicht einmal von der bezogenen Behörde strafbare Handlungen bei diesen genannten Veranstaltungen angeführt, welche eine taugliche Grundlage für ein Versammlungsverbot im hier anhängigen Verfahren liefern könnten. Für die vom Beschwerdeführer angezeigte Versammlung wäre weder Herr M S noch Frau S H noch der genannte Schweizer Staatsbürger I B als Teilnehmer oder gar als Redner vorgesehen gewesen. Der Beschwerdeführer legt größten Wert darauf, dass er mit den drei genannten Personen in keinerlei Kontakt steht und mit ihnen auch nichts zu tun haben möchte. Es stellt jedenfalls einen Mangel im Ermittlungsverfahren dar, dass der Beschwerdeführer zu den drei im bekämpften Bescheid genannten Personen bei seiner Einvernahme am 3. Juni 2015 gar nicht befragt wurde.

 

2. In rechtlicher Hinsicht stellt der Beschwerdeführer fest, dass er die am 26. März 2015 beim Bundesministerium für Inneres angemeldete politische Partei „Xxx"-„P" vertritt.

 

Beweis:  Bescheinigung des BMI zur Parteigründung, Beilage .13; BF.

 

Es ist Aufgabe einer politischen Partei, am politischen Diskurs in einer pluralistischen Demokratie teilzunehmen und hiezu öffentliche Veranstaltungen, Versammlungen und Kundgebungen durchzuführen. Diese Rechte einer politischen Partei treten zum Grundrecht des Beschwerdeführers auf Versammlungsfreiheit gemäß Artikel 11 Abs. 1 EMRK hinzu. Es ist Aufgabe der Sicherheitsbehörden und der polizeilichen Organe, durch Schutzmaßnahmen die Ausübung der Grund- und Freiheitsrechte und die Wahrung der politischen Partizipationsrechte zu gewährleisten.

 

Die bezogene Behörde ist auf die Tatsache, dass der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme vom 3. Juni 2015 ausdrücklich auf die Gründung der politischen Partei hingewiesen hat und deutlich machte, dass er diese als Veranstalter vertrete, gar nicht eingegangen. Der bekämpfte Bescheid ignoriert die Frage der Ausübung politischer Partizipationsrechte durch die genannte Partei schlichtweg.

 

Weder im Ermittlungsverfahren noch im bekämpften Bescheid sind Gründe zu Tage getreten oder angeführt, welche eine nach dem Verbotsgesetz verbotene Tätigkeit durch Vorträge, Flugblätter, Transparente oder ähnliches bei der angemeldeten Versammlung durch eine substantiierte Prognose befürchten hätte lassen müssen. Im Ergebnis läuft der bekämpfte Bescheid auf ein vorbeugendes Versammlungsverbot auf Grund eines bloß aufgezeigten Risikos hinaus, dass eine der bezogenen Behörde offenkundig missliebige Gesinnung unter Tatbestände des Verbotsgesetzes subsumiert werden könnten. Diesbezüglich sind die Prognosen der bezogenen Behörde nicht nur nicht hinreichend substantiiert, sondern sogar überschießend. Hiebei genügt es nicht, wenn die bezogene Behörde auf Seite 7 in einem zentralen Punkt des bekämpften Bescheides lediglich ausführt, dass „die vom Veranstalter ausgewählten Personen (Redner, Ordner) und die Teilnehmer.... einen Geschehensablauf bei der angemeldeten Versammlung erwarten" lassen, „der klar den österreichischen Strafgesetzen widerspricht und das öffentliche Wohl gefährdet." Weder wird im bekämpften Bescheid ein Redner noch ein Ordner angeführt, der vom Beschwerdeführer bei seiner Versammlungsanzeige genannt wurde und der oder die den von der Behörde willkürlich angenommenen Geschehensablauf prognostizierbar machen würde.

 

Auch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer die als Rednerin in Frage kommende Abgeordnete zum österreichischen Nationalrat zum Zeitpunkt der Einvernahme noch nicht nennen konnte, begründet keine Prognoseentscheidung, wie sie die bezogene Behörde willkürlich vorgenommen hat. Dabei übersieht die bezogene Behörde, dass im österreichischen Nationalrat bei keinem der 183 Abgeordneten anzunehmen ist, dass dieser bei einem öffentlichen Auftritt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen würde und strafgesetzwidrige Äußerungen, insbesondere nach dem Verbotsgesetz, tätigen würde. Auch diesbezüglich ist die bezogene Behörde jegliche substantiierte Prognose schuldig geblieben.

 

Bei der von der bezogenen Behörde angeführten Beurteilung nach dem „ultima ratio -Prinzip" hätte diese allerdings zu untersuchen gehabt, ob durch vertretbare sicherheitspolizeiliche Maßnahmen die Durchführung der Versammlung möglich gewesen wäre, sodass dem öffentlichen Interesse soweit genüge getan werden kann, dass dieses nicht in unvertretbarer Weise vor das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu treten hätte.

 

Im Ergebnis ist der bekämpfte Bescheid rechts- und verfassungswidrig und stellt eine unvertretbare Verletzung des Grundrechtes des Beschwerdeführers auf Versammlungsfreiheit dar.

 

 

 

 

3. Aus den vorstehend genannten Gründen beantragt daher der Beschwerdeführer:

 

·       Der angefochtene Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 5. Juni 2015, GZ A3/54725/2015 wolle wegen Rechts- und Verfassungswidrigkeit ersatzlos aufgehoben werden;

 

·       Das OÖ Landesverwaltungsgericht wolle nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens durch Urteil feststellen, dass die angemeldete Versammlung nicht zu untersagen gewesen wäre;

 

·       Der Beschwerdeführer beantragt ferner die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und die Erörterung der Sach- und Rechtslage, sowie die Erhebung der angebotenen Beweismittel im Rahmen eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens in einer solchen Verhandlung.

 

 

3. Die Landespolizeidirektion legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 7. Juli 2015 zur Entscheidung vor. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass eine weitere mündliche Erörterung eine Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, konnte gemäß § 24 Abs 3 und Abs 4 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Dass dem Entfall der Verhandlung Art 6 EMRK oder Art 47 der EU-Charta der Grundrechte entgegenstünde, vermag nicht erkannt zu werden.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten I.1. und I.2. dieses Erkenntnisses dargestellten – unwidersprochenen - relevanten Sachverhalt aus.

 

 

II.             

 

Im vorliegenden Fall ist die Sach- und Beweislage keinesfalls in Frage gestellt, weshalb hier keine differenzierte Beweiswürdigung vorzunehmen war.

 

 

 

III.            

 

1. Gemäß Art. 11 Abs. 1 EMRK haben alle Menschen das Recht, sich friedlich zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschließen.

 

Gemäß Art. 11 Abs. 2 EMRK darf die Ausübung dieser Rechte keinen anderen Einschränkungen unterworfen werden, als den vom Gesetz vorgesehenen, die in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen und öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral oder des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind. Dieser Artikel verbietet nicht, dass die Ausübung dieser Rechte durch Mitglieder der Streitkräfte, der Polizei oder der Staatsverwaltung gesetzlichen Einschränkungen unterworfen wird.

 

Gemäß § 6 Versammlungsgesetz - VersG sind Versammlungen, deren Zweck den Strafgesetzen zuwiderläuft oder deren Abhaltung die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet, von der Behörde zu untersagen.

 

2. In Art 11 Abs. 1 EMRK wird zunächst allen Menschen ein Versammlungsrecht eingeräumt. Dieses unterliegt nach Art. 11 Abs. 2 EMRK gewissen Schranken, die gesetzlich ausgestaltet sein müssen. Eine derartige Determinierung traf der einfachgesetzliche Legislator insbesondere in § 6 VersG.

 

Ein Eingriff in das durch Art. 11 EMRK verfassungsgesetzlich garantierte -unter Gesetzesvorbehalt stehende - Recht ist dann verfassungswidrig, wenn die ihn verfügende Entscheidung ohne Rechtsgrundlage ergangen ist, auf einer dem Art. 11 EMRK widersprechenden Rechtsvorschrift beruht oder wenn bei Erlassung der Entscheidung eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet wurde; ein solcher Fall liegt vor, wenn die Entscheidung mit einem so schweren Fehler belastet ist, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre, oder wenn der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise ein verfassungswidriger, insbesondere ein dem Art. 11 Abs. 1 EMRK widersprechender und durch Art. 11 Abs. 2 EMRK nicht gedeckter Inhalt unterstellt wurde (vgl. zuletzt VfSlg. 19.818/2013 mwN zur Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK).

 

Gemäß § 6 VersammlungsG sind Versammlungen, deren Zweck den Strafgesetzen zuwiderläuft oder deren Abhaltung die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet, von der Behörde (§ 16 leg.cit.) - bescheidmäßig - zu untersagen. Die Behörde ist hiezu jedoch nur dann ermächtigt, wenn dies aus einem der in Art. 11 Abs. 2 EMRK genannten Gründe notwendig ist. Die Behörde hat/wenn sie eine Untersagung der Versammlung in Betracht zieht, die Interessen des Veranstalters an der Abhaltung der Versammlung in der geplanten Form gegen die in Art. 11 Abs. 2 EMRK aufgezählten öffentlichen Interessen am Unterbleiben der Versammlung abzuwägen (vgl. zB VfSlg. 10.443/1985,12.257/1990).

 

Die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Untersagung der Versammlung vorliegen, ist in einer sogenannten "Prognoseentscheidung" zu beantworten. Die Behörde hat nämlich auf Grund konkret festgestellter, objektiv erfassbarer Umstände zu prognostizieren, ob und weshalb bei Abhaltung der Versammlung etwa die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet werden (vgl. zB VfSlg. 5087/1965 und 16.054/2000).

 

Dass diese Verpflichtung des Staates nach Lage des Falles nach der gemäß  Art. 11 Abs. 2 EMRK verpflichtend vorgesehenen Durchführung der Interessens-abwägung auch zur Untersagung einer Versammlung bzw. Kundgebung führen kann, steht ebenfalls außer Streit. Bei widerstreitenden Interessen haben die zuständigen Behörden eine Interessensabwägung verpflichtend durchzuführen.

 

Wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Erkenntnis im Fall Öllinger und in darauf folgenden Entscheidungen (vgl. zB EGMR 4.12.2014, Fall Navalnyy ua., Appl. 76.204/11) hervorgehoben hat, sind bei der Untersagung von Versammlungen zudem auch sämtliche Aspekte des Einzelfalles zu prüfen. Dann und nur dann kann die Untersagung gerechtfertigt sein.

 

§ 6 VersammlungsG sieht vor, dass Versammlungen, deren Zweck den Strafgesetzen zuwiderläuft oder deren Abhaltung die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet, von der Behörde zu untersagen sind. Für die Auflösung der Versammlung selbst und mehr noch für eine auf § 6 VersammlungsG gestützte Untersagung im Vorfeld des Stattfindens einer Versammlung ist (ebenso wie bei der Frage, ob eine Versammlung iSd Art. 11 EMRK vorliegt) eine strengere Kontrolle geboten. Diese Maßnahmen beinträchtigen D F der Versammlung in besonders gravierender Weise und berühren den Kernbereich des Grundrechts. Sie sind daher nur zulässig, wenn sie zur Erreichung der in Art. 11 Abs. 2 EMRK genannten Ziele zwingend notwendig sind, sodass die Untersagung einer Versammlung stets nur ultima ratio sein kann (vgl. VfSIg. 19.741/2013; VfGH 4.3.2014, B 1008/2013).

 

§ 6 VersG erkennt nun 3 Alternativen, bei deren Vorliegen eine Versammlung zu untersagen ist, also in die verfassungsmäßige Grundfreiheit eingegriffen werden muss.

 

-      erstens betrifft dies Fälle, in denen der Zweck einer Versammlung Strafgesetzen zuwiderlaufen würde.

-      Zweitens muss durch die Abhaltung der Versammlung die öffentliche Sicherheit oder

-      drittens die öffentliche Ordnung gefährdet werden.

 

3.1. Betreffend die erste Alternative kommen nach den Gegebenheiten Straftatbestände der Verhetzung sowie des Verbotsgesetzes in Betracht bzw. wurden von der belangten Behörde herangezogen.

 

Bezogen auf den Zweck der in Rede stehenden Versammlung wird man nicht davon ausgehen können, dass dieser auf Verstöße gegen das Verbotsgesetz abzielt. Fraglich ist hier eher, wenn man die Erfahrungen mit P-Versammlungen in verschiedenen Städten Österreichs in der Vergangenheit wertet, ob eine derartige Versammlung geeignet ist, nationalsozialistisch geprägtes Gedankengut, das bei derartigen Veranstaltungen zuweilen von Teilnehmern wie auch Ordnern zum Ausdruck gebracht wurde (vielfältige im  Akt medial dokumentierte Äußerungen, T-Shirts mit dem Aufdruck „blood and honour“, die von Ordnern getragen wurden, bildlich festgehaltene Personengruppen, die den Hitlergruß skandierten), nachhaltig zu unterbinden. Auch konnte festgestellt werden, dass unter den Teilnehmern bei früheren Veranstaltungen auch Personen mit einschlägigen Vorstrafen präsent waren.

 

Weiters scheint im vorliegenden Fall auch eine gewisse Affinität zum Tatbestand der Verhetzung gemäß § 283 StGB gegeben.

 

3.2. Gemäß § 283 Abs. 1 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen, wer öffentlich auf eine Weise, die geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu gefährden, oder wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar zu Gewalt gegen eine Kirche oder Religionsgesellschaft oder eine andere nach den Kriterien der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe auffordert oder aufreizt.

 

Gemäß § 283 Abs. 2 StGB ist ebenso zu bestrafen, wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar gegen eine in Abs. 1 bezeichnete Gruppe hetzt oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft und dadurch verächtlich zu machen sucht.

 

3.3. Die in Rede stehende Veranstaltung sollte unter dem Titel P firmieren, was im Volltext „Xxx“ bedeutet.

 

Auffällig ist hier zunächst, dass schon im Titel dieser diversifizierten Gruppierung (die am 26. März 2015 auch als politische Partei bei der Innenministerin ihre Statuten hinterlegte, worauf innerhalb der entsprechenden Frist keine Untersagung erfolgte) ein soziokultureller bzw. religiöser Gegner aufgebaut wird, dem es zu begegnen gelte. Es ist sohin nicht die positive Formulierung gewählt, etwa sich dem Erhalt der Grundwerte des Abendlandes zu verschreiben, die nach der wohl bekannten 3-Hügeltheorie (Akropolis, Kapitol und Golgata)  der Gründerväter des europäischen Einigungsprozesses der Nachkriegszeit das kulturelle, philosophische und spirituelle Fundament der europäischen Identität bilden; im Gegenteil wird klar die Ablehnung eines sozioreligiösen Phänomens (im Übrigen einer in Österreich anerkannten Religion) zum Ausdruck gebracht, die pauschal und stark generalisierend wohl dazu geeignet sein wird, den Aufbau von Feindbildern zu fördern. Dieser Titel P wurde auch als Versammlungszweck vom Bf introduziert, wird per se aber nicht den Maßstab einerseits des Aufreizens zur Gewalt (vgl. § 283 Abs. 1 StGB) und andererseits des Hetzens (vgl. § 283 Abs. 2 StGB) voll erfüllen, wenn auch die Tendenz klar erkennbar sein mag. 

 

3.4. Aufschluss über den Zweck einer Versammlung lässt sich auch aus dem Inhalt und der Botschaft der beabsichtigten Mittel gewinnen, wie etwa Spruchbänder, Transparente udgl., da daraus die Intention der Veranstalter erkennbar ist. Im vorliegenden Fall hat es aber die Behörde verabsäumt hier nähere Erkundigungen einzuziehen. Auch in der ex-post-Betrachtung scheint es nicht zutreffend – nach dem doch längeren Zeitverlauf – hier gesicherte Informationen erhalten zu können. Bei den – aufgrund der Erfahrungswerte – nicht unberechtigten Bedenken der belangten Behörde wäre es aber unbedingt erforderlich gewesen den Bf – im Rahmen der mit ihm aufgenommenen Niederschrift – zur Bekanntgabe dieser Informationen (allenfalls unter Setzung einer kurzen Frist) aufzufordern. Gleiches gilt auch für die Rednerliste und den Ordnerdienst.

 

Aus Erfahrungen mit Veranstaltungen von P in den Vormonaten konnte die belangte Behörde durchaus erhebliche Bedenken dahingehend hegen, dass wiederum einzelne Ordner mit T-Shirts mit dem Aufdruck „blood and honour“ eingesetzt werden könnten (entsprechendes Bildmaterial befindet sich im dem LVwG vorliegenden Verwaltungsakt), zumal sich der ggst. Anmeldungszweck bzw. -titel davon nicht unterschied. Auch waren Redner bzw. Rednerinnen aufgetreten oder vorgesehen gewesen, die schon einschlägig wegen Verhetzung strafgerichtlich verurteilt worden waren, wovor im Übrigen auch Abgeordnete zum österreichischen Nationalrat nicht gänzlich gefeit sein mögen, weshalb der in der Beschwerde diesbezüglich aufgestellten Anmerkung nicht gefolgt werden kann. Der Bf hatte bei der niederschriftlichen Einvernahme angegeben, dass u.a. eine Abgeordnete zum Nationalrat sprechen werde, die aber noch nicht gänzlich zugesagt habe, weshalb er ihren Namen nicht nennen wolle. Hier wäre die belangte Behörde angehalten gewesen die Bekanntgabe des Namens einzufordern, da aus dieser Information ersehen hätte werden können, ob es sich dabei um dieselbe Person handelte, die wegen Verhetzung verurteilt worden war und die auch schon bei einer allerdings ebenfalls untersagten P-Veranstaltung in L. einen Monat zuvor als Rednerin vorgesehen gewesen wäre. Bei einer allfälligen beharrlichen Weigerung eines Versammlungsanzeigers Redner oder Ordner bekanntzugeben könnte dies in einem vergleichbaren Fall durchaus als Indiz dafür gesehen werden, dass der eigentliche Zweck (vgl. § 283 Abs. 1 StGB) einer Versammlung nicht offenbart werden soll.

 

3.5. Nun hat aber der Bf – wie sich aus dem Akt ergibt – klar deponiert, dass er bzw. diese Versammlung sich von bisherigen P-Veranstaltungen unterscheide, dass nach Gründung der politischen Partei mit Hinterlegung der Statuten am 26. März 2015 ein klarer Abstand zu gewissen früheren Mitgliedern des Vereins P und deren Gesinnung bestehe. Diesem Hinweis folgte die belangte Behörde aber nicht weiter, sondern bezog sich lediglich auf die bisherigen Erfahrungswerte. Im Sinne des oa. angeführten ultima ratio Postulats zum Eingriff in das Grundrecht auf Versammlung in Form der Untersagung ist hier festzuhalten, dass eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsprinzips erkannt werden muss.

 

 

4.1. Die 2. Alternative, die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit umfasst fraglos auch die Verwirklichung von Strafdelikten entgegen dem Verbotsgesetz. Bei der von der Behörde zu treffenden Prognoseentscheidung kommt es nicht nur auf die Absichten des Veranstalters, sondern auch auf die realistische und nachvollziehbare Einschätzung des zu erwartenden Geschehnisablaufes an.

 

Die 3. Alternative bildet die Gefährdung des öffentlichen Wohls. Hiebei handelt es sich um einen unbestimmten Gesetzesbegriff, der einer differenzierten Betrachtung bedarf. Klar ist dabei zunächst, dass das hier angesprochene Wohl nicht individueller, sondern kollektivierter Natur sein muss, das öffentlich rechtlich geschützt ist. Dabei ist von einem verfassungsstaatlichen Gemeinwohlverständnis auszugehen, das sich an den Gemeinwohlwerten des Grundgesetzes / des Grundrechtskataloges wie Menschenwürde, Freiheit, Rechtssicherheit, Frieden und Wohlstand und damit an den Grundrechten, dem Rechtsstaat-, Sozialstaat- und Demokratieprinzip festmachen lässt. (vgl. Armin: Gemeinwohl und Gruppeninteressen x, S. 22 ff.).

 

4.2. Wie schon oben angeführt, MUSSTEN bei P-Versammlungen im ersten Halbjahr 2015 bisweilen klare Verstöße gerade gegen das Verbotsgesetz festgestellt werden, die von Teilnehmern an diesen Versammlungen an den Tag gelegt wurden. Auch wurden Äußerungen dokumentiert, die eine generalisierte und pauschalierte Ablehnung bestimmter Gesellschaftsgruppen qualifizierten. Sowohl die öffentliche Sicherheit als auch die öffentliche Ordnung wurden hievon negativ tangiert und bisweilen der Maßstab der Gefährdung dieser Institute erreicht.

 

Wenn auch nicht erwartet werden kann, dass sämtlichen Teilnehmern an der hier in Rede stehenden Versammlung die Neuausrichtung der gegründeten Partei und die Abgrenzung zu den anderen unter dem Titel P firmierenden Gruppen bewusst gewesen wäre, so hat es die belangte Behörde im konkreten Fall unterlassen, dem Hinweis des Bf im Rahmen der mit ihm aufgenommenen Niederschrift, dass sich die politische Partei von den bisherigen Gruppierungen inhaltlich unterscheide und mit diesen nichts zu tun haben wolle, weiter nachzugehen. Insoweit aber konnte sie ihre Prognoseentscheidung nicht allein auf die bisherigen Erfahrungswerte gründen, zumal jene vom Bf ja als nicht zutreffend behauptet wurden. Auch hier liegt im Sinne der ultima ratio eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgebots vor.

 

Im Übrigen fehlt es (nach Aktenlage) an Hinweisen darauf, welche Personengruppen an der Versammlung teilgenommen haben würden. Insofern hier Personen namhaft geworden wären, die bei vorigen Versammlungen einschlägig in Erscheinung getreten waren, hätte die belangte Behörde ihre Prognose auf konkrete Umstände stützen und dem Verhältnismäßigkeitsgebot entsprechen können. Der Adressatenkreis der Versammlung kam aber nicht zur Sprache. Es sei hier noch angemerkt, dass auch bei intensiven Nachforschungen – angesichts des mit der Anmeldung einer Versammlung für die Behörde nur kurzen zur Verfügung stehenden Zeitraums – wohl schwerlich restlose Klarheit wird erreicht werden können; dennoch bedarf es, um eine Grundrechtsverletzung hintanzuhalten, dieser Nachforschungen, die als Basis für die zu treffende Prognoseentscheidung dienen.

 

5. Es war im vorliegenden Fall sohin der Beschwerde mit der Maßgabe stattzugeben als die Untersagung der in Rede stehenden Versammlung als rechtswidrig (weil unverhältnismäßig) festzustellen und spruchgemäß zu entscheiden war. 

 

 

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Bernhard Pree