LVwG-301030/6/KLi/PP

Linz, 23.05.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 8. April 2016 des J S, geb. x, x, G, vertreten durch die h e p R x, x, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 11. März 2016, GZ: SanRB96-94-2015, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung samt Verkündung am 23. Mai 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe gemäß § 111 Abs. 2 ASVG iVm § 20 VStG auf 1.090 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 73 Stunden herab­gesetzt wird. Darüber hinaus wird die Beschwerde abgewiesen.

 

II.      Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde reduziert sich auf 109 Euro. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG fallen im Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich keine Kosten an.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 11.3.2016, GZ: SanRB96-94-2015, wurde dem Beschwerdeführer (Bf) vorgeworfen, er habe als handels­rechtlicher Geschäftsführer der Firma S B x in x, E, zu verantworten, dass die genannte Firma als Dienstgeberin nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handle, ab dem 29.6.2015 um 7:00 Uhr beschäftigt habe, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oö. GKK zur Pflichtversicherung als vollversicherte Person angemeldet worden sei. Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den Beschäftigten vor Arbeitsantritt anzumelden.

Name: M T, geb. x

Arbeitsantritt: 29.6.2015, 7:00 Uhr

Beschäftigungsort: x, E

Tatort: Gemeinde E, x

Kontrollzeit: 1.10.2015, 11:30 Uhr

Anmeldung: 29.6.2015, 7:11 Uhr

 

Der Bf habe dadurch § 111 Abs. 1 Z 1 iVm § 33 Abs. 1 ASVG verletzt. Über ihn werde eine Geldstrafe von 2.180 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 146 Stunden verhängt. Ferner habe der Bf einen Beitrag von 218 Euro zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, seitens der Finanzpolizei Team 43 sei mit Eingabe vom 3.11.2015 Anzeige über den im Spruch angeführten Sachverhalt erstattet worden. Der dem Bf als Verwaltungsübertretung zur Last gelegte Sachverhalt sei ihm in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30.11.2015 zur Kenntnis gebracht worden und sei ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme bzw. Beibringung allfälliger seiner Verteidigung dienender Beweismittel eingeräumt worden. In einer mit der Bezirkshaupt­mannschaft aufgenommenen Niederschrift habe er um eine Reduzierung der beantragten Strafhöhe ersucht. Ein E-Mail mit dem Schriftverkehr der Steuerberatungskanzlei sei vorgelegt worden, aus dem hervorgehe, dass die Adresse des vorherigen Arbeitgebers nicht mehr aktuell sei. Die Anmeldung sei am 29.6.2015 um 7:11:45 Uhr, also kurz nach Arbeitsantritt erfolgt.

 

Im Sinne des § 37 AVG sei der maßgebende Sachverhalt festgehalten und dem Bf Gelegenheit zur Geltendmachung seiner Rechte und rechtlichen Interessen gegeben worden. Gemäß § 39 AVG könne die Behörde, wenn die Sache zur Entscheidung reif sei, das Ermittlungsverfahren für geschlossen erklären. Neue Tatsachen und Beweismittel seien von der Behörde nur zu berücksichtigen, wenn sie allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens eine anders lautende Entscheidung der Sache herbeiführen könnten. Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig seien, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstelle, bedürften keines Beweises. Die Behörde habe unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen sei oder nicht. Als Beweismittel komme alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich sei. Im Ermittlungsverfahren seien keine neuen Tatsachen und Beweise hervorgekommen, weshalb von der Behörde über den Verfahrensgegenstand entschieden werde.

 

Bei der am 1.10.2015 um 11:30 Uhr in 4209 Niedertal 42 durchgeführten Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei sei unter anderem Herr M T kontrolliert worden. Dieser habe in dem von ihm eigenhändig ausgefüllten Personalblatt angegeben, dass er am 29.6.2015 um 7:00 Uhr zu arbeiten begonnen habe. Dies werde auch durch die Arbeitsaufzeichnungen bestätigt. Ein Auszug aus der Versicherungsdatenbank bestätigte diese Angaben, die Meldung laut ELDA-Abfrage sei jedoch erst am selben Tag um 7:11 Uhr durchgeführt worden.

 

Aufgrund des vorliegenden Sachverhalts liege ein Verstoß nach dem ASVG vor und sei die Durchführung eines entsprechenden Verwaltungsstrafverfahrens beantragt worden. Als Erschwerungsgrund sei das Kurzerkenntnis der BH Urfahr-Umgebung, SV96-8-2012-Bd/P, angeführt worden. Es sei eine Strafhöhe von 2.180 Euro für angemessen bzw. in Anbetracht der Gesamtumstände als gebotenes Minimum erachtet worden.

 

Unter Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde aus, dass der Tatbestand der dem Bf angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt sei. Die Übertretung sei auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. In der bei der BH Urfahr-Umgebung am 26.1.2016 aufgenommenen Niederschrift seien ein Nettoein­kommen von 2.300 Euro, Sorgepflichten für drei Kinder und als Vermögen ein Haus angegeben worden. Der allgemeine Milderungsgrund der verwaltungs­rechtlichen gänzlichen Unbescholtenheit käme dem Bf nicht mehr zugute, Erschwerungsgründe seien nicht gewertet worden. Die verhängte Geldstrafe im Ausmaß der gesetzlichen Mindeststrafe bei Wiederholungstatbestand erscheine der Behörde dennoch als ausreichend, um ihn von künftigen einschlägigen Übertretung abzuhalten.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde vom 8.4.2016 mit welcher inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses geltend gemacht wird.

 

Ausdrücklich zugestanden wird zunächst die Tatsache, dass der Bf den Dienstnehmer M T am 29.6.2015 um 7:11 Uhr beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet habe. Ob der Dienstnehmer, so wie im Personalblatt dargestellt, am 29.6.2016 bereits um 7:00 Uhr zu arbeiten begonnen habe, stehe nicht fest. Vielmehr sei es so, dass der Dienstnehmer faktisch um 7:11 Uhr noch nicht gearbeitet habe, sondern zu diesem Zeitpunkt das Büro des Bf noch mit administrativen Angelegenheiten, insbesondere mit der Aufnahme der Personalien beschäftigt gewesen sei.

 

Erwähnenswert sei in diesem Zusammenhang, dass ohnehin erst am 1.10.2015 bei der Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei der Dienstnehmer kontrolliert worden sei. Erst mit nachträglicher Überprüfung der Arbeitsaufzeichnungen und laut ELDA-Abfrage habe sich herausgestellt, dass in der Versicherungsdatenbank die Anmeldung per 7:11 Uhr durchgeführt worden sei.

 

Unter Heranziehung der ratio legis des § 33 ASVG solle die Meldepflicht vor Dienstantritt der Bekämpfung der Schwarzarbeit dienen. In diesem Zusammen­hang sei ergänzend festzuhalten, dass der Geschäftsführer die Anmeldung des Dienstnehmers nicht persönlich durchgeführt habe, sondern (sowie auch sonst üblich) das Büro seines Steuerberaters mit der Anmeldung beauftragt worden sei. Warum es letztendlich zu einer 11-minütigen „Verspätung" gekommen sei, lasse sich nicht mehr genau nachvollziehen. Tatsache sei jedoch, dass die
11-minütige verspätete Darstellung der Anmeldung in der Versicherungsdaten­bank keinerlei Folgen nach sich gezogen habe. Es sei zu keiner Beitrags­verkürzung gekommen. Es sei in der Folge auch zu keiner Anzeige der Krankenversicherung bzw. zu keinem Beitragszuschlag gekommen.

 

Feststehe jedenfalls, dass die Meldung – nachweislich – vor Dienstantritt vom Geschäftsführer beim Steuerberater beauftragt worden sei.

 

Tatsache sei, dass im Unternehmen des Beschwerdeführers ein internes Kontrollsystem eingezogen worden sei, welches gegenständlich (ausnahmsweise) nicht vollständig funktioniert habe. Nach Maßgabe dieses Kontrollsystems, werde bei jeder Anmeldung gemäß § 33 Abs. 1 ASVG das beabsichtigte Datum des Arbeitsantrittes schriftlich festgehalten und ausnahmslos vor Arbeitsantritt die Steuerberatungskanzlei mit der Durchführung der Anmeldung beauftragt. Dies sei auch gegenständlich der Fall gewesen. Selbstverständlich sei auch der Steuerberatungskanzlei der Inhalt des § 33 Abs. 1 ASVG und der Schutzzweck der Norm bekannt. Die Steuerberatungskanzlei bekomme entsprechend den gesetzlichen Vorgaben vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, Namen und Versicherungsnummer bzw. Geburtsdaten der zu beschäftigenden Person sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme mitgeteilt.

 

So wie dargestellt, sei es durch ein heute nicht mehr aufklärbares Versehen zu einer 11-minütigen Verspätung bei der Anmeldung gekommen. Den Geschäfts­führer treffe diesbezüglich jedenfalls gemäß § 5 Abs. 1 VStG kein Verschulden.

 

Selbst wenn von einem geringen Verschulden des Geschäftsführers und Bf auszugehen wäre, so würden gegenständlich die Milderungsgründe allfällige Erschwerungsgründe bei weitem überwiegen. Trotz Vollendung der Tat sei keinerlei Schaden eingetreten (§19 Abs. 2 VStG iVm §34 Abs. 1 Z 13 StGB). Der Bf habe sich zumindest auf Tatsachenebene geständig verantwortet (§ 19 Abs. 2 VStG iVm § 34 Abs. 1 Z 17 StGB), der Bf habe persönlich (zeitgerecht) den Auftrag zur Anmeldung gemäß § 33 Abs. 1 ASVG erteilt und liege daher ein Verhalten mit Gebotserfüllungstendenz vor. Gemäß § 20 VStG bestehe bei einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe die Möglichkeit die Mindeststrafe bis zur Hälfte zu unterschreiten.

 

Der Bf stelle daher die Anträge, das Verwaltungsgericht möge der Beschwerde stattgeben und das Straferkenntnis aufheben sowie unter Hinweis auf das mangelnde Verschulden sowie den nicht verletzten Normzweck des § 33 ASVG die Einstellung des Strafverfahrens nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG aussprechen, in eventu die über den Bf verhängte Strafe gemäß § 20 VStG um die Hälfte vermindern.

 

I.3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat daraufhin eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 23.5.2016, 9:00 Uhr, anberaumt.

 

Die belangte Behörde hat an dieser Verhandlung nicht teilgenommen und war entschuldigt gemäß E-Mail vom 3.5.2016. Auch das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr, Finanzpolizei Team 43, hat an dieser Verhandlung nicht teilgenommen und war entschuldigt gemäß Telefonat vom 20.5.2016. Der Bf ist zu dieser Verhandlung nicht erschienen, die Ladung erfolgte am 26.4.2016, 13:14 Uhr per E-Mail an seinen Rechtsvertreter.

 

Aufgrund der ordnungsgemäß erfolgten Ladung aller Parteien konnte in Abwesenheit verhandelt werden und erging das mündlich verkündete Erkenntnis, wie im Spruch dargestellt.

 

Im Übrigen war der relevante Sachverhalt geklärt, sodass lediglich das Strafausmaß einer Überprüfung zu unterziehen war.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Der Bf ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma S B x mit Sitz in E, x. Das Unternehmen des Bf beschäftigt unter anderem den Dienstnehmer M T, geb. x, welcher vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung bei der Oö. GKK anzumelden gewesen wäre.

 

II.2. Der zu Punkt II.1. genannte Dienstnehmer trat seine Arbeit beim Unternehmen des Bf am 29.6.2015 um 7:00 Uhr an. Eine Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgte allerdings erst (am 29.6.2015) um 7:11 Uhr. Dieser Dienstantritt wurde auch vom Dienstnehmer in dem von ihm auszufüllenden Personalblatt angegeben.

 

II.3. Der Bf verständigte seinen Steuerberater mit E-Mail vom 27.6.2015, 15:46 Uhr, dass der Dienstnehmer als neuer Hilfsarbeiter anzumelden sei. Am 29.6.2015 um 6:56 Uhr ersuchte der Steuerberater um Bekanntgabe der Adresse des Dienstnehmers, um die Anmeldung durchführen zu können.

 

Tatsächlich erfolgte die Anmeldung sodann am 29.6.2015 um 7:11 Uhr. Nach­dem der Dienstantritt aber schon um 7:00 Uhr stattfand, war die Anmeldung um 11 Minuten verspätet.

 

II.4. Die Kontrolle durch die Finanzpolizei fand am 1.10.2015 um 11:30 Uhr statt. Zum Zeitpunkt dieser Kontrolle war die ordnungsgemäße Anmeldung bei der Sozialversicherung bereits durchgeführt.

 

II.5. Der Bf verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von zirka 2.300 Euro. An Vermögen besitzt er ein Haus. Er ist sorgepflichtig für drei Kinder. Der Bf ist zum Tatvorwurf geständig. Allerdings ist der Bf nicht unbescholten, weil bereits ein Erkenntnis der BH Urfahr-Umgebung zu GZ: SV96-8-2012-Bd/P vorliegt.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

III.1. Die Sachverhaltsfeststellungen zum Unternehmen des Bf und zum Bf selbst ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde sowie aus dem Firmenbuch. Diese Sachverhaltselemente werden außerdem nicht bestritten.

 

III.2. Dass der Dienstnehmer M T seinen Dienst am 29.6.2015 um 7:00 Uhr angetreten hat ergibt sich ebenfalls aus dem Akteninhalt. Vor allem hat der Dienstnehmer selbst das in seiner Muttersprache ausgegebene Personalblatt dementsprechend ausgefüllt. Wenngleich der Bf in seinem Vorbringen ausführt, dass von 7:00 bis 7:11 Uhr noch administrative Tätigkeiten durchgeführt worden seien, ändert dies nicht daran, dass der Dienstnehmer um 7:00 Uhr im Unter­nehmen des Bf anwesend war. Dies wird vom Bf zugestanden.

 

Dass der Bf bereits im Vorfeld seinen Steuerberater über die durchzuführende Anmeldung zur Sozialversicherung informiert hat, geht aus den vom Bf vorgelegten E-Mail-Verkehr hervor, ändert allerdings nicht daran, dass die Anmeldung letzten Endes tatsächlich verspätet erfolgt ist.

 

III.3. Dass die verspätete Anmeldung erst nachträglich bei einer Kontrolle der Finanzpolizei am 1.10.2015 um 11:30 Uhr festgestellt wurde, ergibt sich ebenfalls aus dem Akteninhalt.

 

III.4. Die persönlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bf gehen aus seinem Vorbringen hervor. Diese Angaben machte der Bf in seiner Rechtfertigung am 26.1.2016 vor der belangten Behörde.

 

Auch das Geständnis des Bf ergibt sich aus dieser Niederschrift, zumal der Bf dort lediglich die Höhe der zur verhängenden Strafe beanstandet und darum ersucht, die vom Finanzamt beantragte Strafhöhe zu reduzieren.

 

 

IV. Rechtslage:

 

IV.1. Als Dienstnehmer gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz entlohnt werden, oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

IV.2. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensions­versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten ist.

 

IV.3. Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgelts verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

IV.4. Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes 1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder 2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder 3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder 4. gehörig ausgewiesene Bedienstete oder Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt. Gemäß § 111 Abs. 2 leg.cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hierzu erwogen:

 

V.1. Gegenständlich hat das Verfahren ergeben – und wird vom Bf auch zuge­standen – dass für den Dienstnehmer M T trotz eines Dienstantrittes am 29.6.2015 um 7:00 Uhr die Anmeldung zur Sozialversicherung erst um 7:11 Uhr erfolgte, somit um 11 Minuten verspätet.

 

Allerdings ist fraglich, inwiefern hier die Verhängung der Mindeststrafe von 2.180 Euro (Wiederholungsfall) geboten ist. Das Straferkenntnis war insofern im Hinblick auf die Strafhöhe zu überprüfen.

 

V.2. Zunächst hat das durchgeführte Verfahren ergeben, dass die Anmeldung lediglich sehr geringfügig verspätet (11 Minuten) erfolgt ist, nämlich noch am Tag des Arbeitsantrittes, den 29.6.2015.

 

Darüber hinaus erfolgte die Anmeldung des Dienstnehmers bei der Sozialver­sicherung nicht aufgrund einer Kontrolle der Finanzpolizei, sonders bereits vor der durchgeführten Kontrolle. Erst am 1.10.2015 wurde im Zuge einer Kontrolle durch die Finanzpolizei die verspätete Anmeldung festgestellt. Die tatsächliche Anmeldung war im Zeitpunkt der Kontrolle allerdings längst erfolgt.

 

Darüber hinaus wurden auch alle Versicherungsbeiträge für den Dienstnehmer entrichtet; es ist zu keiner Beitragsverkürzung und somit auch zu keinem Schadenseintritt gekommen.

 

V.3. Der Bf hat sich zu der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung außerdem von Anbeginn an geständig verantwortet. Er hat auch zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen und den diesbezüglichen E-Mail-Verkehr mit seiner Steuerberatungskanzlei vorgelegt.

 

Erschwerend ist allerdings zu werten, dass der Bf bereits einmal verurteilt wurde und ein Straferkenntnis zu GZ: SV96-8-2012-Bd/P der belangten Behörde vorliegt.

 

V.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögens­verhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

V.5. Gemäß § 32 Abs. 2 StGB hat das Gericht bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, in wie weit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und in wie weit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurück zu führen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen nahe liegen könnte. Nach Abs. 3 leg.cit ist maßgeblich, wie intensiv ein Täter durch seine Handlung Pflichten verletzt hat, wie reiflich er seine Tat überlegt hat, wie sorgfältig er sie vorbereitet oder wie rücksichtslos er sie ausgeführt hat.

 

V.6. § 20 VStG regelt, dass dann, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen, die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden kann. Im vorliegenden Fall liegen mehrere Milderungsgründe vor. Insbesondere hat sich der Bf zum Tatvorwurf geständig verantwortet und an der Aufklärung des Sachverhaltes mitgewirkt. Darüber hinaus ist trotz Verwirklichung der Verwaltungsübertretung kein Schaden eingetreten. Die Sozialversicherungsbeiträge des in Rede stehenden Dienstnehmers wurden zur Gänze entrichtet. Darüber hinaus ist diese Verwaltungsübertretung erst im Nachhinein im Zuge einer Kontrolle durch die Finanzpolizei am 1.10.2015 hervorgekommen, die Anmeldung des Dienstnehmers war zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen.

 

Nachteilig ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Bf nicht unbescholten ist und bereits einmal eine Bestrafung erfolgt ist. Wäre der Bf unbescholten, wäre das Vorgehen mittels Ermahnung in Erwägung zu ziehen gewesen. Aufgrund der bestehenden Vorstrafe war dies nicht mehr möglich.

 

V.7. Allerdings waren im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 20 VStG gegeben. Auch der Verwaltungsgerichtshof hatte sich bereits mit der Frage der Anwendung des § 20 VStG im Zusammenhang mit einer Vorstrafe auseinanderzusetzen.

 

Im Hinblick auf das AuslBG hat er dazu ausgeführt, dass der Umstand, dass ein Bf wegen Übertretung des AuslBG einschlägig vorbestraft wurde, wohl die Anwendung des zweiten Strafsatzes des § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG rechtfertigt, hingegen das Vorliegen von Strafvormerkungen nicht bedeutet, dass allein deshalb hinsichtlich der Verwaltungsübertretung bei der Strafbemessung die außerordentliche Milderung nach § 20 VStG nicht anwendbar wäre (VwGH 28.12.2001, 99/09/0043; VwGH 18.5.2010, 2006/009/0235). Diese für das AuslBG bestehenden Erwägungen lassen sich auch auf das ASVG umlegen.

V.8. Aus diesen Erwägungen sowie den Strafzumessungsgründen (deutliches überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen) ergibt sich insofern, dass im vorliegenden Fall § 20 VStG zur Anwendung gebracht werden und die verhängte Strafe reduziert werden kann.

 

V.9. Für den Wiederholungsfall beträgt die Mindeststrafe 2.180 Euro, unter Anwendung des § 20 VStG kann diese mit 1.090 Euro festgesetzt werden. Die Ersatzfreiheitsstrafe war mit 73 Stunden neu zu bemessen.

 

Die Kosten im Verfahren vor der belangten Behörde reduzieren sich insofern auf 109 Euro. Im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich fallen gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keine Kosten an.

 

V.10. Der Beschwerde war insofern im Hinblick auf das Eventualbegehren Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

VI.1. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

VI.2. Hinsichtlich des Vorgehens mittels außerordentlicher Strafmilderung wird auf die obige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 28.12.2001, 99/09/0043; VwGH 18.5.2010, 2006/009/0235) verwiesen. Die vorliegende Entscheidung steht im Einklang mit dieser Rechtsprechung und weicht nicht davon ab.

 

Außerdem bildet die Strafzumessung jeweils eine Einzelfallbewertung im Hinblick auf den jeweiligen Beschuldigten und ist einer Verallgemeinerung nicht zugänglich. Auch aus diesem Grund ist die ordentliche Revision nicht zulässig.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s e :

1.   Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichts­hof einzubringen.

 

2.   Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer